Online-Nachricht - Donnerstag, 08.02.2018

MwSt | Deutschland wendet Sonderregelung für Reisebüros nicht korrekt an (EuGH)

Deutschland hat gegen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112 verstoßen, indem es Reiseleistungen für Steuerpflichtige von der Sonderregelung für Reisebüros ausschließt, die diese für ihr Unternehmen nutzen ().

Hintergrund: In dem Verfahren wirft die EU-Kommission Deutschland vor, die Sonderregelung für Reisebüros nicht zutreffend in nationales Recht umgesetzt zu haben und bezieht sich dabei explizit auf das , Kommission/Spanien. Nach Ansicht der Kommission hat Deutschland seine Verpflichtungen aus den Art. 306 bis 310 MwStSystRL verletzt, indem es Reiseleistungen für Steuerpflichtige, die diese für ihr Unternehmen nutzen, von der Sonderregelung für Reisebüros ausschließt.

Darüber hinaus habe Deutschland gegen Art. 73 MwStSystRL verstoßen, indem es Reisebüros gestattet, die Steuerbemessungsgrundlage pauschal für Gruppen von Leistungen und für jeden Besteuerungszeitraum zu ermitteln (ausführliche Infos: ; ).

Hierzu führt der EuGH weiter aus:

  • Deutschland wendet die Sonderregelung für Reisebüros gemäß der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112 nicht korrekt an.

  • Die Sonderregelung bezweckt zum einen die Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften für Reisebüros. Zum anderen sollen die Einnahmen aus der Erhebung der Mehrwertsteuer ausgewogen zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt werden.

  • Deutschland hat unstreitig den B2B-Bereich von der Sonderregelung ausgeschlossen, indem es davon die Reiseleistungen ausgeschlossen hat, die gegenüber steuerpflichtigen Leistungsempfängern erbracht werden, die sie für ihr Unternehmen nutzten.

  • Mit diesem Ausschluss verhindert Deutschland, dass steuerpflichtige Unternehmen, die Reiseleistungen an andere steuerpflichtige Unternehmen verkaufen, in den Genuss der Sonderregelung kommen können.

  • Damit schränkt Deutschland die Anwendung dieser Regelung in einer Weise ein, die deren Zielsetzung beeinträchtigt.

  • Dem Argument Deutschlands, dass die von der Kommission befürwortete Einbeziehung der Verkäufe im B2B-Bereich in den Anwendungsbereich der Sonderregelung zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führt, ist nicht zu folgen. Die Anwendung der Sonderregelung auf den Verkauf von Reisen an alle Arten von Kunden, einschließlich der steuerpflichtigen Unternehmen, ist am besten geeignet, den Schwierigkeiten für die Reisebüros zu begegnen.

  • Zur zweiten Rüge führt der EuGH aus, dass die Steuerbemessungsgrundlage der Gewinnmarge von Reisebüros unter Bezugnahme auf jede einheitliche Dienstleistung des Reisebüros zu ermitteln ist und dass die Berücksichtigung von Gruppen von Leistungen oder von sämtlichen innerhalb eines bestimmten Besteuerungszeitraums erbrachten Leistungen, wie sie nach deutschem Recht vorgesehen ist, nicht mit Art. 308 der Mehrwertsteuerrichtlinie vereinbar ist.

  • Der Umstand, dass die Berechnung der Marge, wie sie in diesem Art. 308 vorgesehen ist, bei Verkäufen im B2C-Bereich zu Schwierigkeiten führen mag, ist kein Ausschlusskriterium für diese Auslegung. Die Mitgliedstaaten müssen die Mehrwertsteuerrichtlinie auch dann, wenn sie sie für verbesserungswürdig halten, anwenden.

Quelle: sowie NWB Datenbank (il)

Hinweis:

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Lesen Sie zu der Entscheidung auch die Kommentierung von Trinks in unserem NWB Experten-Blog.

Fundstelle(n):
NWB LAAAG-72182