Online-Nachricht - Mittwoch, 20.12.2017

Verfahrensrecht | U.a. zur Wahrung der Klagefrist bei einer Entschädigungsklage (BFH)

Der BFH hat zur Wahrung der Klagefrist sowie zur Bestimmtheit des Zahlungsantrags auf Geldentschädigung im Fall einer Entschädigungsklage geurteilt (; X K 3/16; X K 4/16; X K 5/16; X K 6/16; X K 7/16; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG muss eine Entschädigungsklage spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Ausgangsverfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Ausgangsverfahrens erhoben werden. Die Angemessenheit einer Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG).

Sachverhalt: Die Kläger begehren wegen der von ihnen als unangemessen angesehenen Dauer der seit dem vor dem FG München anhängigen Verfahren 3 K 752/13 sowie 6 K 768, 770, 772, 774/13. Das Verfahren 3 K 752/13 wurde nach Erledigung der Hauptsache durch einen Kostenbeschluss vom beendet, die Verfahren 6 K 768, 770, 772, 774/13 wurden am durch Zustellung der Urteile an die Kläger beendet.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die Klagen sind zulässig. Insbesondere ist die Klagefrist für sämtliche Entschädigungsklagen gewahrt: Bis zur - mit Wirkung zum vorgenommenen - Anfügung des § 66 Satz 2 FGO trat die Rechtshängigkeit in finanzgerichtlichen Verfahren bereits mit Erhebung der Klage ein (§ 66 [Satz 1] FGO).

  • Gleiches gilt nach Auffassung des Senats für die Zeit danach: Für die Klageerhebung wird in § 64 Abs. 1 FGO unverändert auf den Zeitpunkt der schriftlichen Einreichung der Klage bei Gericht abgestellt (und nicht auf die Zustellung der Klage beim Beklagten). Somit ist der Eingang der Klage beim BFH maßgebend.

  • Demgegenüber wird in der ordentlichen Gerichtsbarkeit gemäß § 253 Abs. 1 ZPO ausdrücklich auf die Zustellung beim Beklagten abgestellt.

  • Die Klagen sind darüber hinaus in vollem Umfang begründet. Die Ausgangsverfahren sind um jeweils elf Monate in unangemessener Weise verzögert worden.

  • Die von den Klägern jeweils beantragten Mindestbeträge von 600 EUR werden durch die eingetretenen Verzögerungen in den Ausgangsverfahren in vollem Umfang getragen.

  • Darüber hinausgehende Entschädigungsansprüche bestehen jedoch nicht: Der Verzicht auf einen bestimmten Klageantrag (Beschränkung auf die Nennung eines Mindestbetrags) und die Inanspruchnahme einer Befugnis des Gerichts, über einen bezifferten Mindestbetrag hinauszugehen, ist nur insoweit erforderlich und geboten, als das Gericht gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG in Fällen der "Unbilligkeit" einen höheren oder niedrigeren als den im Gesetz genannten Pauschalbetrag für Nichtvermögensnachteile festsetzen kann.

  • Soweit die Höhe des Entschädigungsanspruchs maßgeblich durch die Dauer der Verzögerung (vgl. § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG: "1.200 EUR für jedes Jahr der Verzögerung") bestimmt wird, ist es dem Entschädigungskläger - wie jedem anderen Kläger auch - zuzumuten, sich in seinem Klageantrag auf die Annahme einer bestimmten Dauer der Verzögerung festzulegen, seinen Antrag danach auszurichten und den Entscheidungsumfang des Gerichts sowie sein eigenes Kostenrisiko damit zu begrenzen.

  • Etwas anderes gilt nur dann und nur insoweit, als der Kläger in Anwendung der Billigkeitsnorm des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG die Zuerkennung eines anderen Betrags als den gesetzlichen Regelbetrag für Nichtvermögensnachteile begehrt (Präzisierung der bisherigen Senatsrechtsprechung in den Urteilen v. - X K 7/14, BStBl II 2016, 405, Rz 15 ff., und v. - X K 6/14, BFH/NV 2016, 755, Rz 17 ff.).

Quelle: Urteil vom - X K 3-7/16; X K 3/16; X K 4/16; X K 5/16; X K 6/16; X K 7/16; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB VAAAG-68049