BFH Urteil v. - I R 56/01

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Autohaus. Sie erteilte ihrem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer (X) erstmals am eine Pensionszusage. X war seinerzeit 53 Jahre alt. Zum schied er als Geschäftsführer aus, wurde aber am wieder als solcher bestellt und erhielt die gleiche Pensionszusage wie zuvor. Vertraglicher Eintritt in den Ruhestand sollte der sein. Da der Zeitraum zwischen diesem Zeitpunkt und dem weniger als 10 Jahre betrug, konnte die Pension nach Meinung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) nicht mehr erdient werden. Folglich wurden die Zuführungen zur Pensionsrückstellung in den Streitjahren 1996 und 1997 als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) behandelt. Zugleich wurde der Teilwert der von der Klägerin gebildeten Pensionsrückstellung gemäß § 6a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aber auf einen fiktiven Dienstbeginn zum berechnet; die Vordienstzeit vom bis zum sei dem anschließenden neuen Dienstverhältnis insoweit vorzuschalten.

Die Klage gegen die hiernach erlassenen Steuerbescheide für die Streitjahre 1996 und 1997 blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) schloss sich der Auffassung des FA an. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 46 abgedruckt.

Ihre vom Senat zugelassene Revision stützt die Klägerin auf Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Sie hat keinen ausdrücklichen Revisionsantrag gestellt, wendet sich in der Sache aber nach wie vor gegen das FG-Urteil. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage.

1. Eine dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH erteilte Pensionszusage kann nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Senats u.a. nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt (zur prinzipiellen Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes s. zuletzt Urteil vom I R 70/99, BFHE 193, 422, BStBl II 2001, 866) und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens 10 Jahre liegen (Urteile vom I R 98/93, BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419; vom I R 52/97, BFHE 184, 487, BStBl II 1999, 318; vom I R 36/97, BFHE 186, 226, BStBl II 1998, 689; vom I R 51/98, BFH/NV 1999, 1384; Beschlüsse vom I B 48/98, BFH/NV 1999, 671; vom I B 3/99, BFH/NV 2000, 892). Andernfalls handelt es sich bei den Zuführungen zur Pensionsrückstellung regelmäßig um eine vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des KörperschaftsteuergesetzesKStG—). Diesen Grundsatz will auch die Klägerin nicht in Frage stellen.

2. Den Anforderungen an die Erdienbarkeit wird im Streitfall zwar nicht genügt, wenn man isoliert auf die am —erneut— erteilte Pensionszusage als insoweit erstmalige abstellt; X war dann nicht mehr für einen Zeitraum für mindestens 10 Jahren im Unternehmen der Klägerin tätig. Anders verhält es sich indes, wenn man die vorherige Zeit seines Dienstverhältnisses bei der Klägerin bis zum mit einbezieht.

Der Senat erachtet die Einbeziehung angesichts des vom FG festgestellten Sachverhalts des Streitfalls für richtig. Er geht dabei davon aus, dass die von der Klägerin geschilderten betrieblich bedingten Umstände für die vorübergehende Unterbrechung des Anstellungsverhältnisses als Geschäftsführer zutreffen. Sie werden vom FA und letztlich auch vom FG nicht in Frage gestellt. Das FG hält es aber ungeachtet dessen für ausschlaggebend, dass die frühere Pensionszusage ”durch die Kündigung im Jahre 1994 hinfällig (geworden sei), weil die Ansprüche aus dieser Zusage noch nicht unverfallbar waren” und weil X ”in der Zwischenzeit keinerlei bezahlte Tätigkeit mehr für die Klägerin ausübte und sein Dienstverhältnis dadurch in vollem Umfang beendet war”. Diese Begründungen sind nicht tragfähig.

a) Zum einen kommt es nicht darauf an, dass die zunächst erteilte Zusage bereits unverfallbar war. Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften unterfallen nicht dem Betriebsrentenrecht (vgl. auch Senatsurteil vom I R 49/97, BFHE 187, 474, m.w.N.). Folglich werden ihre Versorgungsansprüche auch nicht gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) unverfallbar. Dass der Senat die Dauer, in welcher die Ansprüche erdient werden müssen, gleichwohl an den (arbeitsrechtlichen) Unverfallbarkeitsfristen orientiert hat, ändert daran nichts. Diese Zeitgrößen sind lediglich herangezogen worden, um eine einigermaßen verlässliche praktische Handhabung für den unbestimmten Begriff der Erdienensdauer zu ermöglichen. Ein Unverfallbarkeits- oder Verfallbarkeitserfordernis wurde dadurch nicht hergestellt.

Zum anderen gibt der bloße Umstand, dass X in der Zeit vom bis zum keiner bezahlten Tätigkeit für die Klägerin nachging, nichts dafür her, dass sein Dienstverhältnis dadurch vollen Umfanges beendet worden wäre. Er kann dennoch in unbezahlter Funktion weiterhin für diese geschäftsleitend oder auch anderweitig außerhalb seiner Gesellschafterstellung tätig gewesen sein. Davon sind das FG und im Ergebnis offenbar aber auch das FA ausgegangen, indem es den Teilwert der für die Zusage gebildeten Rückstellung gemäß § 6a Abs. 3 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) unter Einbeziehung entsprechender Vordienstzeiten berechnet hat (vgl. dazu , BFHE 183, 119, BStBl II 1997, 799; vom I R 25/98, BFH/NV 2001, 154; R 41 Abs. 11 der Einkommensteuer-RichtlinienEStR— 1996/1998/1999).

b) Beide Aspekte sind für die Frage danach, ob die Zusage erdient werden kann, nicht entscheidend. Grund dafür, dass die Pension, die dem (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft versprochen wird, erdienbar sein muss, ist der Umstand, dass sie Lohn für die von diesem erbrachten Dienste ist. In diesem Zusammenhang dient der besagte 10-Jahres-Zeitraum (lediglich) als Anhaltspunkt und als Indiz für die ausschließliche Veranlassung der Zusage durch das Dienstverhältnis. Er ist indes keine starre, verbindliche Vorgabe, die unabdingbar wäre. Das widerspräche dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE) gemachten Vorgaben (vgl. die sog. Oder-Konto-Beschlüsse, z.B. Beschluss vom 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, und dem folgend für die vGA z.B. , BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35; vom I R 43/96, BFH/NV 1997, 806; s. zur Berechnung der Erdienensdauer auch Senatsurteil vom I R 40/99, BFHE 191, 330, BStBl II 2000, 504). Ist aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles anderweitig sichergestellt, dass mit der Zusage die künftige Arbeitsleistung des Geschäftsführers abgegolten werden soll, ist dies deshalb auch dann anzunehmen, wenn der besagte Zeitraum von 10 Jahren gerechnet vom Zeitpunkt der (ggf. letztmaligen) Zusage an bis zur Pensionierung nicht erreicht wird.

So liegen die Dinge im Streitfall: X war Geschäftsführer der Klägerin. Er konnte bezogen auf die am und die am gegebenen Zusagen insgesamt noch mehr als 10 Jahre für die Klägerin arbeiten. Die vergleichsweise kurzfristige Unterbrechung seiner Anstellung von rund 1 1/2 Jahren ist weder Grund, an der ausschließlichen Veranlassung der Zusagen durch das Dienstverhältnis zu zweifeln, noch Anlass für die Annahme, dass diese Lohn für die von ihm erbrachten und noch zu erbringenden Dienste sein sollen. Dass auch die Zusagebeteiligten von einer Aufrechterhaltung der erreichten Versorgungsanwartschaft ausgegangen sind, zeigt sich nicht zuletzt an der zwar für die besagten 1 1/2 Jahre beitragsfrei gestellten, aber gleichwohl als solche —ungeachtet der fehlenden Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft— fortbestehenden und ungekündigten Rückdeckungsversicherung. Das FG hat nichts Gegenteiliges festgestellt; es ist zu seiner Erkenntnis lediglich infolge der schematischen Anwendung des 10-Jahres-Zeitraums beginnend mit dem gelangt. Das genügt, wie erwähnt, nicht. Ob es sich anders verhalten würde, wenn der Zeitraum von 10 Jahren insgesamt —also unter Einbeziehung der gesamten noch aktiven Erdienenszeit innerhalb des Zusagezeitraums— nicht erreicht werden könnte, kann angesichts dessen offen bleiben.

3. Die in den Streitjahren der Pensionsrückstellung zugeführten Beträge stellen sonach keine vGA dar. Da die Vorinstanz eine abweichende Auffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben. Die angefochtenen Steuerbescheide sind antragsgemäß zu ändern. Die Ermittlung und Berechnung der festzusetzenden und festzustellenden Steuerbeträge wird dem FA nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1055 Nr. 8
DStRE 2002 S. 895 Nr. 14
KÖSDI 2002 S. 13456 Nr. 10
BAAAA-68120