BGH Urteil v. - XI ZR 157/16

Darlehensvertrag: Wirksamkeit der formularmäßigen Bestimmung einer laufzeitunabhängigen "Kostenbeteiligung"

Leitsatz

Zur Inhaltskontrolle der formularmäßigen Bestimmung einer laufzeitunabhängigen "Kostenbeteiligung" in einem Darlehensvertrag bei Gewährung des Darlehens zu einem unter Marktpreisniveau liegenden Zins (Abgrenzung zu Senatsurteil vom , XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 47).

Gesetze: § 305 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 2 Nr 1 BGB, § 307 Abs 3 S 1 BGB, § 488 Abs 1 S 2 BGB

Instanzenzug: LG Frankenthal Az: 2 S 349/15 Urteilvorgehend AG Ludwigshafen Az: 2c C 136/15

Tatbestand

1Die Kläger begehren die Rückzahlung von 1.000 €, die sie bei der Gewährung eines Darlehens als "Kostenbeteiligung" bezahlt haben.

2Der Kläger zu 1 war im Jahre 2005 Mitarbeiter der BA.          GmbH, einer Gruppengesellschaft der B.        ; die Klägerin zu 2 ist seine Ehefrau. Der Beklagte ist eine Sozialeinrichtung der B.       zur betrieblichen Altersversorgung, die in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) betrieben wird. Mitglied des Beklagten kann nur werden, wer Mitarbeiter der Trägergesellschaft B.       bzw. einer der Gruppengesellschaften oder Rentenbezieher dieser Arbeitgeber ist.

3Der Beklagte vergibt an seine Mitglieder zinsgünstige Baudarlehen. Im Mai 2005 erhielten die Kläger ein Baudarlehen über 100.000 €. Bei einer Laufzeit von zehn Jahren betrug der effektive Jahreszins anfänglich 3,87%.

4Ziffer 8.2 der Darlehensbedingungen sieht das Recht des Beklagten zur fristlosen Kündigung des Darlehens vor, wenn der Darlehensnehmer aus den Diensten der Trägergesellschaft oder einer mit dieser wirtschaftlich verbundenen Gesellschaft ausscheidet.

5Nach Ziffer 9.4.1 der Darlehensbedingungen hat der Darlehensnehmer eine "Kostenbeteiligung" in Höhe von einem Prozent der Darlehenssumme, maximal 1.500 € zu leisten. In ein dafür unter Ziffer 4 der Vertragsurkunde vorgesehenes Textfeld wurde der entsprechende Betrag von 1.000 € eingefügt, den die Kläger im Jahre 2005 an den Beklagten bezahlten.

6Die Parteien streiten um die Wirksamkeit dieser Kostenbeteiligungsklausel. Der Beklagte erhebt zudem die Einrede der Verjährung. Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Gründe

7Die Revision der Kläger hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

8Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9Die Einrede der Verjährung greife nicht durch. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Bearbeitungsentgelten in Verbraucherdarlehensverträgen wäre die dreijährige Verjährungsfrist am abgelaufen. Durch den Eingang des Antrages auf Erlass eines Mahnbescheides am und dessen anschließende Zustellung sei die Verjährung jedoch rechtzeitig gehemmt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei auch die Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB noch nicht abgelaufen gewesen.

10Die streitige Klausel halte aber richterlicher Überprüfung stand. Entgegen der Ansicht des Erstrichters handele es sich vorliegend um einen Verbraucherdarlehensvertrag. Der Beklagte habe als Unternehmer gehandelt. Auf eine Gewinnerzielungsabsicht komme es dafür genauso wenig an wie darauf, dass die Darlehensvergabe nicht zum Kerngeschäft des Beklagten gehöre und dass dieser nur an seine Mitglieder Darlehen vergebe.

11Für Verbraucherdarlehensverträge habe der Bundesgerichtshof zwar im Grundsatz festgehalten, dass die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sei. Diese Rechtsprechung betreffe jedoch die Kreditvergabe durch Banken und sei deswegen auf die hier vorliegenden Geschäftsbedingungen nicht uneingeschränkt übertragbar.

12Entgegen der Ansicht des Beklagten sei allerdings die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht schon deshalb unanwendbar, weil keine Bearbeitungsgebühr im Streit stehe, sondern eine "Kostenbeteiligung". Diese betreffe nämlich Aufwand für Tätigkeiten, zu denen der Beklagte als Verwender nebenvertraglich verpflichtet gewesen sei oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbracht habe.

13Jedoch habe der Bundesgerichtshof die Unwirksamkeit solcher Klauseln vor dem Hintergrund angenommen, dass es sich um eigene Aufwendungen des Kreditgewährenden handele und die Kosten entgegen dem Leitbild des § 488 Abs. 1 BGB laufzeitunabhängig verlangt würden. Diese Gedanken führten nicht zur Unwirksamkeit der hier angegriffenen Klausel, weil im vorliegenden Falle zum einen kein derart strenges Leitbild des Darlehensvertrages festzustellen sei und zum anderen bei der nach § 307 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung berücksichtigt werden müsse, dass den Klägern Vorteile eingeräumt würden, welche die vertragliche Regelung nicht als unangemessen erscheinen ließen.

14Es handele sich um ein Arbeitgeberdarlehen im Sinne des § 491 Abs. 2 Nr. 4 BGB. Nach dem im ersten Rechtszug unbestrittenen Sachvortrag des Beklagten erfolge die Darlehensgewährung zu einem niedrigeren als dem marktüblichen effektiven Jahreszins. Die Kläger hätten also ein gegenüber dem Marktniveau deutlich günstigeres Darlehen erlangt.

15Zwar sei auch auf Arbeitgeberdarlehensverträge das AGB-Recht anzuwenden. Dabei müsse aber berücksichtigt werden, dass Arbeitgeberdarlehen in vielen Punkten in zulässiger Weise von Bankdarlehen im üblichen Sinne abwichen. Vorliegend hätten die Parteien etwa ein Kündigungsrecht des Beklagten ohne Fristbestimmung für den Fall des Ausscheidens des Arbeitnehmers vereinbart. In diesem Zusammenhang erscheine auch die Beteiligung des Darlehensnehmers am Kostenaufwand für den Vertragsschluss nicht systemwidrig. Denn durch diese laufzeitunabhängige Beteiligung werde sichergestellt, dass auch im Falle der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei dem Beklagten, der ansonsten als Sozialeinrichtung tätig sei, keine Kosten zurückblieben, welche er im Hinblick auf die Erwartung einer langfristigen Vertragsbindung auf sich genommen habe. Entscheidend sei jedoch, dass der Nachteil der "Kostenbeteiligung" in seiner Wirkung durch den günstigen Zinssatz mehr als ausgeglichen werde.

II.

16Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Den Klägern steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der an diesen bezahlten "Kostenbeteiligung" in Höhe von 1.000 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu, weil der Beklagte diese Zahlung ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Die formularmäßige Vereinbarung der "Kostenbeteiligung" in dem Darlehensvertrag ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

171. Rechtsfehlerfrei und von den Parteien unbeanstandet ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass es sich bei der angegriffenen Regelung in Ziffer 9.4.1 i.V.m. Ziffer 4 des Darlehensvertrags um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass der bezifferte Entgeltbetrag anhand der Daten des einzelnen Darlehensvertrags errechnet und sodann in die Vertragsurkunde eingetragen worden ist (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 21).

182. Die "Kostenbeteiligung" hat das Berufungsgericht weiter zu Recht als kontrollfähige Preisnebenabrede eingeordnet. Es handelt sich weder um ein laufzeitabhängiges Entgelt für die Kapitalnutzung (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) noch um Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung. Auch die Tatsache, dass der Beklagte zur Sicherung betrieblicher Altersversorgung und zur Förderung seiner Mitglieder tätig wird, entzieht die Klausel nicht der AGB-Kontrolle.

19a) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung. Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfreie Preisabrede oder eine kontrollfähige Preisnebenabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln.

20Diese hat sich, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben nur solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (, BGHZ 201, 168 Rn. 25, vom - XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 24 und vom - XI ZR 562/15, WM 2017, 1643 Rn. 25).

21b) Ausgehend von diesem Maßstab handelt es sich bei der angegriffenen Klausel, die der Senat selbständig auslegen kann (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15), um eine kontrollfähige Preisnebenabrede, die eine einmalige und laufzeitunabhängige Beteiligung der Kläger an den Vertragskosten des Beklagten vorsieht, die auch bei vorzeitiger Tilgung nicht zu erstatten ist.

22An welchen konkreten Kosten sich der Darlehensnehmer mit der Zahlung des pauschal festgesetzten Betrages beteiligen soll, wird im Vertragstext nicht näher ausgeführt. Aus dem an die Klausel anschließenden Text lässt sich lediglich ersehen, dass Notariats- und Gerichtskosten sowie Kosten der Feuerversicherung davon nicht umfasst werden, weil diese gesondert umgelegt werden sollen und hinsichtlich ihrer Höhe auf die "Kostenordnung" und auf den "Tarif der Feuerversicherung" verwiesen wird. Nach dem in der Vertragsurkunde gewählten weiten Wortlaut "Kostenbeteiligung" sollen folglich alle weiteren, dem Beklagten entstehenden Vertragskosten - ganz oder teilweise - auf den Darlehensnehmer umgelegt werden. Dem entspricht eine von dem Beklagten vorgelegte Aufstellung der von der Klausel umfassten Kostenpositionen. Dazu gehören nach Darstellung des Beklagten Kosten für die Ermittlung des Beleihungswertes, für die Bearbeitung des Darlehensantrages, für die "Darlehensgewährung, z.B. Darlehensvertrag erstellen, Grundschuldbestellung versenden,…", für die Darlehensverwaltung über eine Laufzeit von zehn Jahren hinweg, für mögliche Anschlussfinanzierungen sowie für die "Weiterentwicklung des Darlehensprogramms z.B. Änderungen der Richtlinien, Verträge, Konditionen …".

23Danach regelt die Klausel nach Wortlaut und Zweck kein Entgelt für die Kapitalnutzung. Vielmehr wälzt sie nicht nur Kosten auf den Darlehensnehmer ab, die dem Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages zu Beginn des Vertragsverhältnisses entstehen, sondern auch Kosten, die ihm erst im Laufe der zehnjährigen Darlehenslaufzeit entstehen oder möglicherweise entstehen können. In allen Fällen handelt es sich um Aufwand für Tätigkeiten, die der Beklagte - ganz oder überwiegend - im eigenen Interesse erbringt.

24c) Die hier streitige "Kostenbeteiligung" stellt - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - kein Entgelt für rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistungen dar.

25Der Beklagte macht geltend, er handele im Interesse der Gesamtheit seiner Mitglieder bei der Sicherung von deren betrieblicher Altersversorgung und werde mit der Förderung eines einzelnen Mitglieds durch Gewährung eines zinsgünstigen Darlehens außerhalb seines "Kerngeschäfts" tätig.

26Das stellt jedoch keine zur Erfüllung der Pflichten aus dem Darlehensvertrag hinzutretende Sonderleistung des Beklagten dar, sondern beschreibt dessen geschäftspolitische Entscheidung, neben der Funktion als Pensionskasse seinen Mitgliedern Darlehen zu Sonderkonditionen anzubieten. Die Bereitschaft, einen Darlehensvertrag abzuschließen, stellt aber als solche keine bepreisbare Sonderleistung dar. Denn der Abschluss eines Vertrags bildet erst die Grundlage für das Entstehen der wechselseitigen Hauptleistungspflichten und löst vertragliche Vergütungsansprüche aus (Senatsurteil vom - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 54). Auch die anschließende Kapitalüberlassung an den Darlehensnehmer ist keine Sonderleistung, sondern die gesetzlich geregelte Hauptleistungspflicht des Darlehensgebers, die ebenso wie dessen Verpflichtung zur fortdauernden Belassung der Darlehensvaluta im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Zinszahlungspflicht steht. Ob dies der Beklagte als Teil seines "Kerngeschäfts" betrachtet, ist dabei ohne Belang.

273. Die danach als Preisnebenabrede einzuordnende Klausel zur Erhebung einer "Kostenbeteiligung" von 1% der Darlehenssumme hält der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Klausel weicht nach den vom Senat angewandten Grundsätzen (, BGHZ 201, 168 Rn. 66 ff. und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 71 ff.) von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Dadurch werden die Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

28a) Die Klausel dient - wie oben ausgeführt - der Abdeckung von Aufwand des Beklagten für Tätigkeiten, die dieser im eigenen Interesse erbringt, und wälzt folglich Kosten auf die Kläger ab, die für die Erfüllung der Hauptleistungspflicht des Beklagten anfallen (vgl. , BGHZ 201, 168 Rn. 66 und vom - XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 40).

29b) Unabhängig davon weicht die Klausel durch die Festlegung eines laufzeitunabhängigen Kostenbeitrags von wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Leitbilds in § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ab, das ein laufzeitabhängiges Entgelt für die Darlehensgewährung vorsieht (vgl. , BGHZ 201, 168 Rn. 67 f. und vom - XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 38 ff.).

30Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt dieses Leitbild auch für den streitgegenständlichen Darlehensvertrag. Die Tatsache, dass der Beklagte kein Kreditinstitut, sondern eine Sozialeinrichtung zur betrieblichen Altersversorgung ist, ändert entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nichts an der Rechtsnatur des geschlossenen Darlehensvertrages. Dessen vertragstypische Pflichten sind in § 488 Abs. 1 BGB geregelt. Mithin ist auch für dieses Darlehen nach der gesetzlichen Regelung des § 488 Abs. 1 BGB das Entgelt laufzeitabhängig zu leisten (vgl. dazu auch Senatsurteil vom - XI ZR 552/15, WM 2017, 87 Rn. 36). Die von dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang thematisierte Frage, ob es sich hier um ein Arbeitgeberdarlehen im Sinne von § 491 Abs. 2 Nr. 2 BGB in der nach Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf den Vertrag zeitlich anwendbaren, vom bis gültigen Fassung handelt, ist dafür ohne Bedeutung, da auch insoweit das Leitbild des § 488 Abs. 1 BGB gilt.

31Gegen dieses Leitbild verstößt die von dem Beklagten verlangte "Kostenbeteiligung", da diese, wie die Regelung in Ziffer 9.4.1 der Darlehensbedingungen zeigt, laufzeitunabhängig ausgestaltet ist. Eine Erstattung ist auch bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensvertrages ausgeschlossen.

32c) Diese Abweichungen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligen die Kläger unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

33aa) Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners wird indiziert, wenn eine klauselmäßige Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gegeben ist (, BGHZ 141, 380, 390 und vom - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 69). Die Vermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wäre widerlegt, wenn die Klausel auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung den Kunden nicht unangemessen benachteiligt. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sachlich gerechtfertigt oder der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist (, BGHZ 199, 355 Rn. 45 mwN und vom - XI ZR 9/15, WM 2017, 80 Rn. 32). Solche Gründe sind aber weder von dem Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich.

34(1) Der Senat hat allerdings entschieden, dass Darlehensnehmer durch laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte dann nicht unangemessen benachteiligt werden, wenn es sich um die zweckgebundene Gewährung besonders günstiger Mittel zur Förderung wirtschaftspolitischer Ziele handelt und das streitige Bearbeitungsentgelt Teil dabei vorgegebener Förderbedingungen ist (Senatsurteil vom - XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 47). Damit ist die vorliegende Fallgestaltung nicht vergleichbar.

35Zwar ist auch hier das Darlehen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zu einem unter dem Marktniveau liegenden effektiven Jahreszins gewährt worden. Eine solche Unterschreitung des Marktzinses rechtfertigt aber nach der Rechtsprechung des Senats für sich genommen nicht die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts. Erforderlich ist zusätzlich, dass das Darlehen der Umsetzung staatlicher Wirtschaftsförderung dient und die streitige Klausel dem Klauselverwender durch Förderbedingungen vorgegeben worden ist (vgl. dazu , BGHZ 209, 71 Rn. 46 ff. und von - XI ZR 101/16, BKR 2016, 470 Rn. 25 ff.). Beide Bedingungen sind vorliegend nicht erfüllt. Anders als in den vom Senat entschiedenen Fallgestaltungen, die Förderdarlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau betroffen haben, beruht die Darlehensgewährung im vorliegenden Fall nicht auf einem staatlichen Auftrag zur finanziellen Förderung wirtschaftspolitischer Ziele (vgl. dazu auch Senatsurteil vom - XI ZR 49/93, WM 1993, 2204, 2205) und dem Beklagten war es nicht verwehrt, die Bedingungen für die Darlehensgewährung auch hinsichtlich der Erhebung von Gebühren frei zu bestimmen.

36(2) Sonstige Anhaltspunkte, die gegen die Vermutung nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB sprechen, liegen nicht vor. Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, ist vom Gesetzgeber mit der Schaffung von § 312a Abs. 3 BGB in der seit dem geltenden Fassung nicht zum Ausdruck gebracht worden, dass er Bearbeitungsentgelte generell für zulässig erachtet (Senatsurteil vom - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 72). Eine unangemessene Benachteiligung kann auch nicht unter Verweis auf betriebswirtschaftliche Erwägungen des Darlehensgebers verneint werden. Denn Klauseln in Verbraucherdarlehensverträgen, die laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte vorsehen, sind nicht deswegen angemessen, weil der Darlehensgeber eine gegebenenfalls anfallende Vorfälligkeitsentschädigung zur Deckung seiner Vertragskosten nicht für auskömmlich erachtet (vgl. dazu Senatsurteil vom , aaO Rn. 74 ff.).

37bb) Unabhängig davon benachteiligt die hier streitige Klausel bei der gebotenen Gesamtbetrachtung zusammen mit der den Beklagten zu einer fristlosen Kündigung des Darlehensvertrags berechtigenden Ziffer 8.2 der Darlehensbedingungen die Kläger entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben.

38(1) Bei der Inhaltskontrolle einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Klausel ist diese nicht isoliert, sondern unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts zu würdigen (vgl. , BGHZ 82, 238, 240 f., vom - VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056 Rn. 22 und vom - III ZR 207/08, NJW 2010, 57 Rn. 16; , WM 1993, 701, 702). Denn die Interessenwidrigkeit kann auch darin bestehen, dass sich Benachteiligungen des Vertragspartners aus dem Zusammentreffen mehrerer sachlich zusammenwirkender Klauseln ergeben, deren Effekte sich verstärken, sodass die aus der Gesamtregelung für den Vertragspartner des Klauselverwenders resultierende Benachteiligung unangemessen ist ( aaO; , NJW 2006, 2116 Rn. 16 und vom - X ZR 165/03, NJW 2007, 997 Rn. 27).

39(2) Danach werden die Kläger unangemessen benachteiligt, da sie durch das Zusammenwirken des in Ziffer 8.2 der Darlehensbedingungen geregelten Rechts des Beklagten zur fristlosen Kündigung des Darlehens mit Ziffer 9.4.1 der Darlehensbedingungen die laufzeitunabhängige "Kostenbeteiligung" in Höhe von einem Prozent der Darlehenssumme auch dann in vollem Umfang zu leisten haben, wenn der Kläger zu 1 aus Gründen aus dem Unternehmensverbund ausscheidet, die aus der Sphäre der Arbeitgeberseite herrühren.

40Wird nämlich das Darlehen wirksam gekündigt, verbleibt dem Beklagten als Darlehensgeber selbst bei nur kurzer Vertragslaufzeit die volle von den Klägern als Darlehensnehmern bereits entrichtete laufzeitunabhängige "Kostenbeteiligung" auch dann, wenn die Kläger keinen Anlass für die Kündigung gegeben haben. Hätte der Beklagte als Darlehensgeber hingegen diese Kosten in den laufenden Zins einkalkuliert, stünde ihm zum Ausgleich seiner Vertragskosten und sonstigen Schäden lediglich im Falle einer vom Darlehensnehmer zu vertretenden Vertragsbeendigung eine entsprechende Vorfälligkeitsentschädigung zu (vgl. dazu Senatsurteil vom - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 86). Eine zeitnahe Kündigung kann zudem den im Darlehensvertrag genannten effektiven Jahreszins beträchtlich ansteigen lassen (vgl. dazu Senatsurteil vom , aaO Rn. 87). Das Zusammenwirken der beiden Klauseln benachteiligt die Kläger als Darlehensnehmer mithin zusätzlich unangemessen nach § 307 Abs. 1 BGB, da sie die volle "Kostenbeteiligung" auch dann zu leisten haben, wenn der Darlehensvertrag aus Gründen gekündigt wird, die aus der Sphäre des Arbeitgebers stammen (vgl. dazu auch BAG, NJW 2014, 2138 Rn. 33).

41(3) Die Klausel in Ziffer 9.4.1 der Darlehensbedingungen, die ein nicht eingeschränktes außerordentliches Kündigungsrecht des Beklagten bei Beendigung der Zugehörigkeit des Klägers zu 1 zur Trägergesellschaft des Beklagten oder einer mit dieser wirtschaftlich verbundenen Gesellschaft vorsieht, ist nicht deswegen einer Berücksichtigung in der Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen entzogen, weil sie bereits für sich unwirksam sein könnte (vgl. dazu BAG, NJW 2014, 2138 Rn. 33).

42Denn dem Verwender von Geschäftsbedingungen ist es grundsätzlich versagt, sich darauf zu berufen, eine der von ihm gestellten Klauseln sei unangemessen und deswegen bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zu berücksichtigen (, BGHZ 127, 245, 254). Deswegen ist bei der Beurteilung einer durch mehrere Klauseln ausgelösten Benachteiligung auch eine unwirksame Klausel einzubeziehen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit einer weiteren, für sich genommen möglicherweise wirksamen Klausel steht ( aaO; , NJW 2003, 2234, 2235 und vom - X ZR 165/03, NJW 2007, 997 Rn. 27). Ein sich daraus ergebender Summierungseffekt führt - wie hier - bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung im Allgemeinen zur Unwirksamkeit aller in die Gesamtwürdigung einbezogenen Klauseln, weil es nicht Sache des Gerichts ist auszusuchen, welche der beteiligten Klauseln bestehen bleiben soll ( aaO). Deshalb bedarf es in solchen Fällen keiner Entscheidung, welche der in die Gesamtabwägung einbezogenen und wegen ihrer Summierungswirkung den Vertragspartner benachteiligenden Klauseln für sich der Inhaltskontrolle standhalten würde (vgl. dazu aaO).

43cc) Ohne Einfluss auf die Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Rechtsform des Beklagten als Verein auf Gegenseitigkeit, der von dem Gedanken genossenschaftlicher Selbsthilfe geprägt ist (vgl. hierzu , WM 1995, 1446, 1447) und bei dem Gewinne regelmäßig nicht Aktionären, sondern den Versicherungsnehmern als Vereinsmitgliedern zugute kommen. Denn die hier zu prüfende Klausel, mit der eine "Kostenbeteiligung" von Darlehensnehmern angeordnet wird, betrifft weder das Mitgliedschaftsverhältnis noch einen zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag. Die Parteien haben vielmehr einen gesonderten Darlehensvertrag geschlossen, dessen Inhalt in Allgemeinen Vertragsbedingungen des Beklagten im Grundsatz nicht anders geregelt ist als bei einer Darlehensgewährung durch ein Kreditinstitut. In diesem Darlehensverhältnis hat die nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Interessenabwägung nach objektiv generalisierenden Kriterien zu erfolgen, die von der Rechtsform des Beklagten als VVaG im Grundsatz nicht berührt werden (vgl. dazu auch , VersR 2013, 565 Rn. 14).

444. Zutreffend hat das Berufungsgericht die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) für nicht durchgreifend erachtet.

45Der Senat hat für Ansprüche auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelt im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen (Senatsurteil vom - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 46) und Unternehmerdarlehensverträgen (Senatsurteil vom - XI ZR 562/15, WM 2017, 1643 Rn. 94 ff.) eine Klageerhebung erst im Jahre 2011 als zumutbar angesehen. Denn in diesem Jahr hatte sich eine gefestigte Auffassung der Oberlandesgerichte herausgebildet, wonach Klauseln über Bearbeitungsentgelte in Abweichung von einer früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung unwirksam sind. Folglich war mit Ablauf dieses Jahres eine Rückforderungsklage für den Bankkunden zwar nicht risikofrei, aber zumutbar.

46Gemessen hieran ist der streitige bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch der Kläger nicht verjährt. Dieser ist zwar bereits mit Zahlung im Jahr 2005 entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Da die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB mangels vorheriger Zumutbarkeit der Klageerhebung - wie dargelegt - erst mit Ablauf des Jahres 2011 zu laufen begann, wurde die Verjährung aber durch den am eingegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids, der dem Beklagten am zugestellt wurde, rechtzeitig vor Ende des Jahres 2014 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 253 Abs. 1, § 167 ZPO).

III.

47Das angefochtene Urteil ist daher im erkannten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen in der Hauptsache getroffen. Weitergehende Feststellungen zu den Nebenforderungen sind mangels insoweit erforderlicher Sachaufklärung (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht geboten. Der Klage ist danach - bis auf den für vorgerichtlich gezogene Nutzungen begehrten Ersatz - stattzugeben.

48Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt. Bei einer Bank besteht insoweit eine tatsächliche Vermutung, dass diese Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. hierzu , BGHZ 172, 147 Rn. 35 mwN und vom - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 71). Eine entsprechende Vermutung, dass auch ein Versicherer - wie hier der Beklagte - Nutzungen in Höhe des gesetzlichen Verzugszinses gezogen hat, besteht aber nach der maßgebenden Rechtsprechung des für das Versicherungsrecht zuständigen IV. Zivilsenats nicht (, WM 2015, 2311 Rn. 48, vom - IV ZR 173/15, NJW-RR 2017, 485 Rn. 28 und vom - IV ZR 176/15, NJW 2017, 2406 Rn. 25). Zur Höhe der von dem Beklagten gezogenen Nutzungen haben auch die als Gläubiger des Anspruchs darlegungsbelasteten Kläger keine Anhaltspunkte vorgetragen.

IV.

49Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:171017UXIZR157.16.0

Fundstelle(n):
NJW 2018 S. 383 Nr. 6
WM 2017 S. 2308 Nr. 48
ZIP 2017 S. 2343 Nr. 49
BAAAG-62944