BAG Urteil v. - 8 AZR 543/15

Instanzenzug: ArbG Essen Az: 5 Ca 3381/14 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 9 Sa 421/15 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger rückständiges Entgelt für die Monate Dezember 2013 bis einschließlich Dezember 2014 sowie eine rückständige Jahressonderzahlung für das Jahr 2014 schuldet.

2Die Beklagte, eine GmbH & Co. KG, betreibt eine große Rehabilitationsklinik. Ausweislich der aktuellen Handelsregisterauszüge ist persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der Beklagten die F Verwaltungs-Gesellschaft mbH. Kommanditistin der Beklagten ist die K gesellschaft mbH & Co. KG. Deren Komplementärin ist die K verwaltungsgesellschaft mbH. Kommanditistin der K gesellschaft mbH & Co. KG ist die M AG. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erwarb die M AG am die Gesellschaftsanteile an der Beklagten.

3Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom heißt es auszugsweise:

4In einem von mehreren zwischen den Parteien über die Höhe der Vergütung des Klägers geführten Verfahren verkündete das Arbeitsgericht Essen am unter dem Aktenzeichen - 8 (6) Ca 4610/06 - ein Urteil mit ua. folgendem Tenor:

5Das Urteil ist rechtskräftig.

6Unter dem schlossen die Beklagte und ihr Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung“ (im Folgenden BV) ab. Diese hat ua. den folgenden Inhalt:

7Der Kläger unterzeichnete den ihm angebotenen Änderungsvertrag nicht.

8Die Beklagte zahlte an den Kläger in den Monaten Dezember 2013 bis März 2014 eine Vergütung iHv. monatlich 2.787,13 Euro brutto sowie ab April 2014 eine monatliche Vergütung iHv. 2.816,22 Euro brutto.

9Der Kläger hat mit der Klage die Differenz zwischen der ihm für die Monate Dezember 2013 bis einschließlich Dezember 2014 gezahlten Vergütung und der sich für diesen Zeitraum aus der Entgeltgruppe 7a Stufe 6 der Kr-Anwendungstabelle zum TVÜ-VKA ergebenden Vergütung sowie rückständige Jahressonderzahlung für das Jahr 2014 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, auf das Arbeitsverhältnis fänden der TVöD sowie der TVÜ-VKA in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Zudem schulde die Beklagte ihm ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 7a Stufe 6 der Anlage 4 zum TVÜ-VKA. Beides stehe aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) rechtskräftig fest.

10Der Kläger hat zuletzt beantragt,

11Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finde nicht der TVöD/VKA zeitdynamisch, sondern der BAT statisch Anwendung. Sie sei aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Alemo-Herron ua. ( -) nicht an die dynamische Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien vom gebunden. Die M AG habe zum sämtliche Gesellschaftsanteile an ihr, der Beklagten, übernommen (Share-Deal) und übe seitdem die Kontrolle über sie aus. Hierin liege ein Unternehmensübergang iSd. Richtlinie 2001/23/EG. Da sie zudem als privatrechtlich organisiertes Unternehmen weder auf das Tarifwerk für den öffentlichen Dienst Einfluss nehmen könne, noch die Möglichkeit habe, dem tarifschließenden Arbeitgeberverband beizutreten, sei eine dynamische Bindung an den TVöD und den TVÜ-VKA mit Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG und Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden GRC) unvereinbar. Aus dem rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) ergebe sich nichts anderes. Durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Alemo-Herron ua. ( -) werde dessen Rechtskraft durchbrochen. Jedenfalls könne der Kläger Leistungen allenfalls nach Maßgabe der BV beanspruchen.

12Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

13Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung der Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Zwar richten sich die Ansprüche des Klägers - wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist - nicht nach dem BAT oder der BV. Vielmehr hat der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung rückständigen monatlichen Entgelts nach § 15 TVöD iVm. der für ihn jeweils maßgeblichen Anlage zum TVÜ-VKA sowie dem Grunde nach Anspruch auf eine rückständige Jahressonderzahlung für das Jahr 2014 nach § 20 TVöD. Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings die Höhe des rückständigen Entgelts und der rückständigen Jahressonderzahlung auf der Basis der Entgeltgruppe 7a Stufe 6 der Anlage 4 zum TVÜ-VKA (Kr-Anwendungstabelle - Geltungsbereich § 40 BT-K bzw. § 40 BT-B) errechnet und deshalb der Klage in vollem Umfang stattgegeben hat, hält dies einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. In welchem Umfang die Klage begründet ist, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

14I. Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung rückständigen monatlichen Entgelts nach § 15 TVöD iVm. der für ihn jeweils maßgeblichen Anlage zum TVÜ-VKA sowie dem Grunde nach Anspruch auf eine rückständige Jahressonderzahlung für das Jahr 2014 nach § 20 TVöD. Aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) steht rechtskräftig fest, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vorschriften des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom einschließlich der diese Vorschriften ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Damit richtet sich der Entgeltanspruch des Klägers nach § 15 TVöD iVm. der für ihn jeweils maßgeblichen Entgelttabelle. Sein Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2014 bestimmt sich nach § 20 TVöD.

151. Aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) steht rechtskräftig fest, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vorschriften des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom einschließlich der diese Vorschriften ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. An diese Feststellung ist der Senat nach § 322 Abs. 1 ZPO gebunden. Die Rechtskraft bewirkt, dass (unter den Parteien) über das Bestehen oder Nichtbestehen der aus dem vorgetragenen Sachverhalt im Urteil hergeleiteten Rechtsfolge eine nochmalige Verhandlung und Entscheidung unzulässig ist, die erkannte Rechtsfolge also unangreifbar ist. Dies gilt nicht nur dann, wenn in einem nachfolgenden Prozess über den gleichen prozessualen Anspruch gestritten wird, sondern auch dann, wenn es sich - wie hier - zwar um einen anderen Anspruch handelt, für diesen aber - wie hier - die bereits rechtskräftig festgestellte Rechtsfolge vorgreiflich ist. Hat das Gericht im Zweitprozess den Streitgegenstand des rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses als Vorfrage erneut zu prüfen, hat es den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung seinem Urteil zugrunde zu legen. Das Wiederholungsverbot („ne bis in idem“) zwingt das Gericht, die präjudizielle Wirkung der Vorentscheidung ohne erneute sachliche Prüfung zu beachten (vgl. etwa  - zu II 2 a aa der Gründe mwN; - 2 AZR 276/99 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 94, 313;  IVb ZR 76/83 - zu 1 der Gründe).

16a) Das Arbeitsgericht Essen hat im Tenor des Urteils vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) zwar nur festgestellt, dass die Vorschriften des TVöD einschließlich der diese Vorschriften ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden. Dass damit das entsprechende Tarifwerk für den Bereich der VKA (Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände) und nicht das für den Bereich des Bundes oder der TdL (Tarifgemeinschaft der Länder) einschlägig ist, steht zwischen den Parteien allerdings nicht im Streit.

17b) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten kann vorliegend dahinstehen, ob die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union überhaupt durchbrochen werden kann und ob das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (- C-426/11 - [Alemo-Herron ua.]) überhaupt den Inhalt hat, den die Beklagte dieser Entscheidung entnimmt. Selbst wenn beides der Fall sein sollte, würde das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Alemo-Herron ua. ( -) nicht zu einer Durchbrechung der Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) führen. Weder der von der Beklagten angeführte Umstand, dass die M AG sämtliche Gesellschaftsanteile an ihr, der Beklagten, übernommen hat, noch der von der Beklagten vorgetragene Umstand, dass die M AG seitdem die tatsächliche Kontrolle, dh. die tatsächliche Herrschaftsmacht über sie ausübt, führen dazu, dass der vorliegende Sachverhalt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23/EG und von Art. 16 GRC fällt. Der bloße Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen und die Ausübung von Herrschaftsmacht über dieses Unternehmen durch ein anderes Unternehmen genügen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht für die Annahme eines Übergangs von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- und Betriebsteilen iSd. Richtlinie 2001/23/EG.

18aa) Zwar trifft es zu, dass im Anwendungsbereich des Unionsrechts die Verpflichtung zur Einhaltung der in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte, darunter Art. 16 GRC, besteht (vgl. dazu - neben Art. 51 Abs. 1 GRC - die st. Rspr. des EuGH, ua. - C-201/15 - [AGET Iraklis] Rn. 62 mwN). Außerhalb unionsrechtlich geregelter Fallgestaltungen finden diese Grundrechte allerdings keine Anwendung (st. Rspr., ua.  - [Biuro podróży Partner] Rn. 24 mwN). Demnach wären Art. 16 GRC und das Urteil in der Rechtssache Alemo-Herron ua. ( -) hier nur zu beachten, wenn eine unionsrechtlich geregelte Fallgestaltung iSd. Richtlinie 2001/23/EG vorläge.

19bb) Dies ist aber nicht der Fall. Der vorliegende Sachverhalt fällt nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Insbesondere handelt es sich nicht um einen - auch bei der Auslegung und Anwendung von § 613a BGB maßgebend zu berücksichtigenden - Übergang iSd. Richtlinie 2001/23/EG. Dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Deshalb kommt es hier - anders als die Beklagte meint - weder auf das Urteil in der Rechtssache Alemo-Herron ua., noch auf Art. 16 GRC oder das in diesem Zusammenhang ergangene Vorabentscheidungsersuchen des Vierten Senats des in den Sachen - 4 AZR 61/14 (A) - (BAGE 152, 12) sowie - 4 AZR 95/14 (A) - an.

20(1) Die Richtlinie 2001/23/EG betrifft die „Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen“.

21Die Richtlinie 2001/23/EG soll nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse unabhängig von einem Inhaberwechsel gewährleisten. Für die Anwendbarkeit der Richtlinie 2001/23/EG ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Buchst. b deshalb entscheidend, dass der Übergang eine ihre Identität bewahrende (auf Dauer) angelegte wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft (vgl. etwa  - [Aira Pascual ua.] Rn. 31; - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25; - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN). Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck ( - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN; - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 42 mwN, Slg. 2011, I-7491 zur Vorgängerrichtlinie 77/187/EWG; - C-151/09 - [UGT-FSP] Rn. 26, Slg. 2010, I-7591; - C-458/05 - [Jouini ua.] Rn. 31, Slg. 2007, I-7301; - C-175/99 - [Mayeur] Rn. 32, Slg. 2000, I-7755 zur Vorgängerrichtlinie 77/187/EWG). Darauf, ob es sich dabei um ein Unternehmen, einen Betrieb oder einen Unternehmens- oder Betriebsteil - auch iSd. jeweiligen nationalen Rechts - handelt, kommt es nicht an (vgl.  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25; - C-463/09 - [CLECE] Rn. 30, Slg. 2011, I-95).

22Im Übrigen ist die Richtlinie 2001/23/EG nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nur in den Fällen anwendbar, in denen die für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, (im Rahmen vertraglicher Beziehungen) wechselt (ua.  - [Aira Pascual ua.] Rn. 28; - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 24 mwN; - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 29 mwN). Ein „Übergang“ iSd. Richtlinie 2001/23/EG erfordert eine Übernahme durch einen „neuen“ Arbeitgeber (st. Rspr., ua.  - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 60 mwN, Slg. 2011, I-7491). Diese Rechtsprechung ist auch für das Verständnis der anzuwendenden Bestimmungen des nationalen Rechts, hier: § 613a BGB, maßgebend.

23Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 1 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2001/23/EG. Diese Bestimmung stellt entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten keine „Ausnahme“ dar. Sie stellt vielmehr (nur) klar, dass die Richtlinie für öffentliche Unternehmen gilt, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht ( - [Aira Pascual ua.] Rn. 24; - C-463/09 - [CLECE] Rn. 25, Slg. 2011, I-95). Ausgenommen sind nur die strukturelle Neuordnung der öffentlichen Verwaltung oder die Übertragung von Verwaltungsaufgaben von einer öffentlichen Verwaltung auf eine andere ( - [Mayeur] Rn. 33, Slg. 2000, I-7755; - C-298/94 - [Henke] Rn. 14 f., Slg. 1996, I-4989).

24(2) Vorliegend ist keine Übernahme iSd. Richtlinie 2001/23/EG erfolgt, denn es fehlt an einem Wechsel in der natürlichen oder juristischen Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht; es fehlt an einer Übernahme durch einen „neuen“ Arbeitgeber. Weder der von der Beklagten angeführte Umstand, dass die M AG sämtliche Gesellschaftsanteile an der Beklagten übernommen hat, noch der von ihr vorgetragene Umstand, dass die M AG seitdem die tatsächliche Kontrolle, dh. die tatsächliche Herrschaftsmacht über sie ausübt, ändern etwas daran, dass nach wie vor die Beklagte Arbeitgeberin ist. Beide Umstände betreffen lediglich das (Innen-)Verhältnis der Beklagten zur M AG. Der Fortbestand und die Identität der Beklagten werden durch die Übernahme der Gesellschaftsanteile und die Ausübung von Herrschaftsmacht durch die M AG nicht berührt (vgl. etwa  - Rn. 27; - II ZR 223/64 - zu I 2 a der Gründe, BGHZ 44, 229;  - zu B II 1 a der Gründe).

25Damit liegt der vorliegende Sachverhalt auch außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 16 GRC.

26(3) Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Die vorliegend maßgeblichen unionsrechtlichen Fragen sind insbesondere durch die unter Rn. 21 bis 23 angeführten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union ausreichend geklärt.

272. Entgegen der Annahme der Beklagten folgt aus den Bestimmungen der BV nichts Abweichendes. Zwar heißt es in § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien vom , dass für das Arbeitsverhältnis auch die für die Beklagte erlassenen Betriebsvereinbarungen gelten. Allerdings finden die Bestimmungen der BV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Nach II. der BV besteht Einvernehmen zwischen den Betriebspartnern, dass die Rechte aus der Betriebsvereinbarung unmittelbar zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber bestehen. Nach der von den Betriebspartnern unter I. zum Geltungsbereich der BV getroffenen Abrede gilt diese nur für Arbeitnehmer, die den in der Anlage befindlichen Änderungsvertrag unterzeichnet haben. Eine solche Änderungsvereinbarung hat der Kläger jedoch nicht unterzeichnet, weshalb dahinstehen kann, ob es sich bei der BV überhaupt um eine Betriebsvereinbarung im Rechtssinne handelt.

28II. Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings die Höhe des rückständigen Entgelts und der rückständigen Jahressonderzahlung auf der Basis der Entgeltgruppe 7a Stufe 6 der Anlage 4 zum TVÜ-VKA errechnet und deshalb der Klage in vollem Umfang stattgegeben hat, hält dies einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.

291. Nach § 15 Abs. 1 TVöD bestimmt sich das dem Kläger zustehende Tabellenentgelt nach der Entgeltgruppe, in die dieser eingruppiert ist, und nach der für ihn geltenden Stufe. Nach § 20 Abs. 2 TVöD beläuft sich die Jahressonderzahlung für das Jahr 2014 in den Entgeltgruppen 1 bis 8 auf 90 vH des dem Kläger in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlten Entgelts. Damit kommt es sowohl für den Anspruch des Klägers auf rückständiges Entgelt als auch für seinen Anspruch auf rückständige Jahressonderzahlung darauf an, in welche Entgeltgruppe der Kläger übergeleitet bzw. ein-/umgruppiert und welcher Stufe er zuzuordnen ist.

302. Das angefochtene Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landesarbeitsgericht nicht - nicht einmal summarisch - geprüft hat, ob die Voraussetzungen für eine Eingruppierung des Klägers in die im Vergleich zur Entgeltgruppe 6 bzw. Entgeltgruppe 4a höhere Entgeltgruppe 7a Stufe 6 der Anlage 4 zum TVÜ-VKA erfüllt waren. Von dieser Prüfung war das Landesarbeitsgericht weder aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) befreit noch war es an einer solchen Prüfung gehindert.

31a) Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) steht nur fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 der Kr-Anwendungstabelle, Anlage 5 zum TVÜ-VKA zu vergüten. Zwar ist die (ehemalige) Anlage 5 zum TVÜ-VKA (Kr-Anwendungstabelle) in der Anlage 4 zum TVÜ-VKA (Kr-Anwendungstabelle - Geltungsbereich § 40 BT-K bzw. § 40 BT-B) aufgegangen, so dass nunmehr diese Anlage für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche maßgeblich wäre. Allerdings entspricht die Entgeltgruppe 7a, die sowohl der Kläger als auch das Landesarbeitsgericht ihrer Berechnung zugrunde legen, nicht der Entgeltgruppe 6. Diese hat ihre Entsprechung vielmehr in der geringer vergüteten Entgeltgruppe 4a.

32b) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten steht die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom (- 8 (6) Ca 4610/06 -) einer solchen Prüfung auch nicht entgegen. Der Kläger hatte in dem vor dem Arbeitsgericht Essen geführten Verfahren (- 8 (6) Ca 4610/06 -) beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 der Kr-Anwendungstabelle, Anlage 5 zum TVÜ-VKA zu vergüten. Damit war Streitgegenstand des Vorprozesses nur die Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts aus der damals begehrten Entgeltgruppe. Wegen der Bindung des Gerichts an den Antrag des Klägers durfte im Vorprozess nicht geprüft werden, ob und inwieweit die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in eine höhere als die begehrte Entgeltgruppe erfüllt waren (vgl.  - BAGE 23, 343; zur Bindung des Gerichts an die vom Kläger angeführten „Eingruppierungstatbestände“ vgl.  - Rn. 17).

33III. In welchem Umfang die Klage begründet ist, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

34Das Landesarbeitsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, auf deren Grundlage vom Senat beurteilt werden könnte, in welche Entgeltgruppe der Kläger übergeleitet bzw. ein-/umgruppiert ist und nach welcher Stufe sich sein Entgelt bestimmt. Zwar hat es festgestellt, dass der Kläger bei der Beklagten seit dem als Masseur und medizinischer Bademeister angestellt ist; diese Feststellung basiert aber erkennbar auf der Angabe in § 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom , wonach der Kläger als Masseur und medizinischer Bademeister eingestellt wurde. Feststellungen dazu, ob, wann und inwieweit sich die vom Kläger auszuübende Tätigkeit verändert hatte, enthält das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2017:230317.U.8AZR543.15.0

Fundstelle(n):
EAAAG-50274