BMF - III C 2 - S 7330/09/10001: 004 BStBl 2017 I S. 885

Umsatzsteuer; Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG im Insolvenzverfahren;

Nach den Grundsätzen der o. g. BFH-Urteile führt eine Rückzahlung eines bereits entrichteten Entgelts an den Insolvenzverwalter, welche nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und aufgrund einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. AO erfolgt, zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG. Diese ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Entgeltrückgewähr vorzunehmen und nicht bereits bei Entstehung des (zivilrechtlichen) Anspruchs auf Rückgewähr. Der Berichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG entsteht demnach im Rahmen der Masseverwaltung und erhöht folglich die gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO als Masseverbindlichkeit festzusetzende Umsatzsteuerschuld.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:

I. Grundsätzliches

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Der Vorsteuerabzug ist zu berichtigen, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, geändert haben.

Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG gilt Abs. 1 dieser Vorschrift sinngemäß, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.

Uneinbringlich ist ein Entgelt i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann. Auch ein vom Leistenden bereits vereinnahmtes Entgelt kann aufgrund einer Rückgewähr nachträglich uneinbringlich werden und zu einer Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 UStG führen.

Wird eine vom Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistete Entgeltzahlung für eine bezogene Leistung erfolgreich nach §§ 129 ff. InsO vom Insolvenzverwalter angefochten und das Entgelt zurückgezahlt, ist der Vorsteuerabzug gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Entgeltrückgewähr an den Insolvenzverwalter vorzunehmen und nicht bereits bei Entstehung des zivilrechtlichen Anspruchs auf Rückgewähr. Denn erst mit der Rückzahlung des Entgelts wird dieses nachträglich uneinbringlich, so dass der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand erst zu diesem Zeitpunkt eintreten kann.

Da sich die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten danach bestimmt, ob der den Anspruch begründende Tatbestand vor oder nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und abgeschlossen ist, entsteht der Anspruch auf Berichtigung des Vorsteuerabzugs infolge der Rückgewähr einer insolvenzrechtlich angefochtenen Entgeltzahlung gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 UStG regelmäßig im Rahmen der Masseverwaltung und erhöht die gem. § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO als Masseverbindlichkeit festzusetzende Umsatzsteuerjahresschuld, welche gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen ist.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom , BStBl 2010 I S. 864, der zuletzt durch das , BStBl 2017 I S. 858, geändert worden ist, wird in Abschnitt 17.1 nach Abs. 16 folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) 1 Wird auf Grund einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO ein bereits entrichtetes Entgelt für eine vom Insolvenzschuldner bezogene Leistung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Insolvenzverwalter zurückgezahlt, ist der Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG durch den Insolvenzverwalter in dem Zeitpunkt der tatsächlichen Entgeltrückgewähr zu berichtigen. 2 Der Berichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG entsteht dann im Rahmen der Masseverwaltung und stellt folglich nach § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO eine Masseverbindlichkeit dar (vgl. , BStBl 2017 II S. 735, und , BStBl 2017 II S. 738).”

III. Anwendung

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

BMF v. - III C 2 - S 7330/09/10001: 004


Fundstelle(n):
BStBl 2017 I Seite 885
BB 2017 S. 1622 Nr. 29
DB 2017 S. 1556 Nr. 27
GStB 2017 S. 35 Nr. 9
StB 2017 S. 275 Nr. 9
UStB 2017 S. 236 Nr. 8
JAAAG-49997