BFH Beschluss v. - V B 31/00

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft Luxemburgischen Rechts; sie wird in Luxemburg als Mehrwertsteuerpflichtige behandelt. Sie betreibt ein Transportunternehmen mit in Luxemburg registrierten Fahrzeugen. Dort unterhielt sie auch ein Büro. Ihre Gesellschafter waren in Deutschland ansässig und betrieben auch hier ein Transportunternehmen.

Die Klägerin beantragte die Vergütung von Vorsteuern aus Leistungsbezügen der Jahre 1990 bis 1992 im Verfahren nach §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) 1980/1991.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Bundesamt für Finanzen —BfF—) lehnte die beantragte Vergütung mit der Begründung ab, dass es sich bei der Klägerin um ein im Inland ansässiges Unternehmen handele; der Ort der Geschäftsleitung befinde sich im Inland. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde, die sie auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt und der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1999, 664).

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die ”Rechtsfrage”, ob ”bei der Frage des Sitzes der Gesellschaft die sogenannte Sitztheorie oder Gründungstheorie anzuwenden ist”, im Streitfall nicht geklärt werden.

Bei der sog. Sitz- oder Gründungstheorie geht es um die Frage, ob die Rechtsfähigkeit von Kapitalgesellschaften, die zwar ihren statuarischen Sitz im Ausland, den tatsächlichen Sitz ihrer Hauptverwaltung aber in Deutschland haben, nach deutschem internationalen Privatrecht sich nach deutschem oder ausländischem Gesellschaftsrecht richtet (vgl. , BFHE 168, 285, BStBl II 1992, 972, und zum Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften —EuGH— vom 9. März 1999 Rs. C-212/97 Centros Ltd., Slg. 1999, I-1459, Kieninger, Niederlassungsfreiheit als Rechtswahlfreiheit, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht —ZGR— 1999, 724).

Um diese Frage geht es im vorliegenden Rechtsstreit aus zwei Gründen nicht: Zum einen hängt die Umsatzsteuerpflicht einer Gesellschaft nicht von ihrer Rechtsfähigkeit ab; zum anderen haben BfF und FG gar nicht bestritten, dass die Klägerin Unternehmerin ist; sie sind lediglich davon ausgegangen, dass die Klägerin gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV 1980/1991 ihre Geschäftsleitung im Inland habe und deshalb gemäß § 59 UStDV 1980/1991 nicht vergütungsberechtigt sei.

3. Die gerügten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen ebenfalls nicht vor.

a) Ein derartiger Mangel kann entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in der Unterlassung einer Vorlage nach Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) gesehen werden. Nach Art. 234 EG sind in den dort genannten Fällen diejenigen Gerichte zur Anrufung des EuGH verpflichtet, deren Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Da die Vorentscheidung jedenfalls mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden konnte, war das FG —unabhängig davon, ob sich im vorliegenden Falle eine der in Art. 234 EG genannten Fragen stellte— nicht zur Anrufung des EuGH verpflichtet (in diesem Sinne auch , BFH/NV 1998, 1091).

b) Die Rüge, das FG habe die im Schriftsatz vom 13. Juli 1999 benannten Zeugen nicht vernommen, erfüllt ebenfalls nicht die Anforderungen an die schlüssige Bezeichnung eines Verfahrensmangels.

Zur schlüssigen Bezeichnung einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht wegen übergangener Beweisanträge gehört die Darlegung, weshalb in der mündlichen Verhandlung die Nichterhebung der Beweise nicht gerügt wurde (vgl. , BFH/NV 1995, 441). Hieran fehlt es.

Das FG war zur Vernehmung der im Ausland wohnenden Zeugen auch nicht von Amts wegen verpflichtet. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Steuerpflichtige einen Auslandszeugen in der mündlichen Verhandlung zu stellen (vgl. z.B. , BFH/NV 1988, 12, sowie , BFH/NV 1999, 490). Dies hat die Klägerin —wie sich auch aus ihrem eigenen Vortrag ergibt— nicht getan.

4. Von der Bekanntgabe einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1505 Nr. 12
UR 2001 S. 314 Nr. 7
YAAAA-65769