BAG Urteil v. - 6 AZR 237/15

Vergütung einer stellv. Schulleiterin in Thüringen

Leitsatz

Bei fehlender vertraglicher Vergütungsabrede kann eine auf Dauer zur ständigen Vertreterin des Schulleiters bestellte Lehrkraft gemäß § 612 Abs. 1 BGB erwarten, eine der Verantwortung und Belastung dieser Funktion entsprechende Vergütung zu erhalten. Die Höhe der Vergütung und damit die Eingruppierung bemisst sich dann nach § 612 Abs. 2 BGB. Als übliche Vergütung ist grundsätzlich die Beamtenbesoldung anzusehen.

Gesetze: § 612 Abs 1 BGB, § 26 Abs 2 S 8 BG TH vom , § 26 Abs 3 BG TH vom , Anl 1 BesG TH, Anl 8 BesG TH, § 6 Abs 2 SchulLbV TH, § 22 Nr 2 Buchst b SchulLbV TH, § 45 SchulLbV TH, § 24 Abs 1 TV-L, § 17 Abs 1 S 1 TVÜ-L, § 17 Abs 1 S 2 TVÜ-L, § 17 Abs 7 S 1 TVÜ-L, § 17 Abs 7 S 2 TVÜ-L, Anl 4 Teil B TVÜ-L, § 11 Abs 2 LbV TH 1995, § 58 Abs 1 Nr 4 LbV TH 1995

Instanzenzug: ArbG Erfurt Az: 8 Ca 994/12 Urteilvorgehend Thüringer Landesarbeitsgericht Az: 4 Sa 74/13 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin sowie über einen Anspruch auf eine Zulage für die Tätigkeit als ständige Vertreterin des Schulleiters.

2Die Klägerin erwarb nach dem Recht der ehemaligen DDR den Fachschulabschluss als Lehrerin für die unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule. Im Anschluss war sie bis 1990 als Unterstufenlehrerin an einer solchen Schule tätig. Nach Ausübung einer selbständigen Tätigkeit war sie ab dem bei dem Beklagten als Lehrerin am Staatlichen regionalen Förderzentrum in P tätig. Diese Förderschule hat mehr als 90 Schüler und den Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“.

3Der Arbeitsvertrag der Parteien lautet in der Fassung vom auszugsweise wie folgt:

4Die in Bezug genommenen Lehrer-Richtlinien-O der TdL unterscheiden sowohl in der bis zum geltenden Fassung vom als auch in der Folgefassung vom zwischen Lehrkräften an allgemein bildenden und an berufsbildenden Schulen, bei denen die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind (Abschnitt A - sog. Erfüller) und sonstigen Lehrkräften (Abschnitt B - sog. Nichterfüller). Bezüglich der Erfüller sieht Abschnitt A Nr. 1 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL vor, dass die Lehrkräfte nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom zum BAT-O in der Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert sind, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dies gilt auch nach Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom (vgl. § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 7 Sätze 1 und 2, Anlage 4 Teil B des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom ). Abschnitt A Nr. 1 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL vom führt nunmehr aber die Zuordnung der Entgeltgruppen des TV-L zu den jeweiligen Besoldungsgruppen an. Demgegenüber waren die Nichterfüller nach Abschnitt B der Lehrer-Richtlinien-O der TdL vom aufgrund bestimmter Tätigkeitsmerkmale Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT-O zugeordnet. Die Lehrer-Richtlinien-O der TdL vom regeln die Eingruppierung der Nichterfüller jetzt bezogen auf die Entgeltgruppen des TV-L.

5Nach ihrer Einstellung nahm die Klägerin ein berufsbegleitendes Studium an der Pädagogischen Hochschule in Erfurt auf, das sie mit dem Bestehen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Förderschulen am abschloss. Der Beklagte verweigerte der Klägerin jedoch mit Schreiben vom die beantragte Höhergruppierung und die Anerkennung der Befähigung für eine Laufbahn im Förderschuldienst nach § 6 Abs. 2 ThürSchuldLbVO. Die Klägerin habe die erforderliche vierjährige Einarbeitungszeit nicht bis zum zurückgelegt.

6Nach der Überleitung in den TV-L wurde die Klägerin zunächst nach Entgeltgruppe 10 TV-L vergütet. Das zuständige Schulamt teilte ihr mit Schreiben vom mit, dass sie mit Wirkung zum in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert werde. Dies entspreche „dem Amt A 12 Fußnoten 3 und 4 des Thüringer Besoldungsgesetzes“.

7Ab dem nahm die Klägerin die Aufgaben der stellvertretenden Schulleiterin an dem Staatlichen regionalen Förderzentrum P wahr. Zum wurde sie formell mit der Wahrnehmung der Geschäfte der ständigen Vertreterin des Schulleiters beauftragt. Mit Wirkung zum wurde sie dauerhaft zur ständigen Vertreterin des Schulleiters bestellt.

8Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom forderte die Klägerin eine Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L zuzüglich der Amtszulage für ständige Vertreter des Schulleiters nach Anlage 1 Besoldungsordnung A Besoldungsgruppe A 14 Fußnote 2 iVm. Anlage 8 zum ThürBesG. Dies lehnte der Beklagte ab. Mit ihrer dem Beklagten am zugestellten Klage hat die Klägerin die geltend gemachten Vergütungsansprüche weiterverfolgt.

9Sie ist der Auffassung, ein Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L nebst Zulage stehe ihr spätestens ab der dauerhaften Bestellung zur ständigen Vertreterin des Schulleiters zu. Ihre Eingruppierung richte sich auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen nach Abschnitt A der Lehrer-Richtlinien-O der TdL. Sie erfülle die Voraussetzungen für die Anerkennung der Befähigung für die Laufbahn des Förderschullehrers und die Übernahme in das Beamtenverhältnis. Die von dem Beklagten angeführte Stichtagsregelung bezüglich einer bis zum abzuleistenden Einarbeitungszeit gelte nicht mehr und sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar gewesen. Ihre Laufbahnbefähigung sei durch das Schreiben des Schulamtes vom auch anerkannt worden, indem dort auf die entsprechenden Regelungen des Besoldungsgesetzes verwiesen wurde (Besoldungsgruppe A 12). Zudem sei es widersprüchlich, wenn der Beklagte sie einerseits als Förderschullehrerin und ständige Vertreterin des Leiters einer Förderschule einsetze, andererseits aber keine Laufbahnbefähigung für den Förderschuldienst anerkenne.

10Wäre sie Beamtin, hätte sie als Förderschulkonrektorin nach der Besoldungsordnung A (Anlage 1 zum ThürBesG) einen Anspruch auf Besoldung nach Besoldungsgruppe A 14. Der Besoldungsgruppe A 14 entspreche die Entgeltgruppe 14 TV-L. Hinzu käme die in der Fußnote 2 der Besoldungsregelung vorgesehene Amtszulage nach Anlage 8 zum ThürBesG. Die begehrte Vergütung ergebe sich auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Andere stellvertretende Schulleiter würden entsprechend ihrer Funktion korrekt vergütet. Unter Berücksichtigung der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 37 TV-L sei bei einer Geltendmachung des Vergütungsanspruchs mit Schreiben vom von einer Zahlungspflicht ab dem auszugehen.

11Die Klägerin hat daher beantragt

12Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit diesem Antrag wegen fehlender Anerkennung der Laufbahnbefähigung hat die Klägerin beantragt,

13Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. Die Klägerin sei nicht einer verbeamteten Förderschulkonrektorin gleichzustellen. Sie verfüge mangels Ableistung eines zweijährigen Vorbereitungsdienstes und des Zweiten Staatsexamens nicht über die regelmäßigen Voraussetzungen für eine Laufbahn im Förderschuldienst. Ihr Antrag auf Anerkennung einer Laufbahnbefähigung sei mit Bescheid vom ausdrücklich abgelehnt worden. Nach einem Erlass des Thüringer Kultusministeriums vom wäre für die Anerkennung einer Laufbahnbefähigung eine bis zum abgeschlossene vierjährige ununterbrochene Unterrichtszeit als Einarbeitungszeit erforderlich gewesen. Dieses Kriterium erfülle die Klägerin nicht. Im Schreiben vom sei keine Anerkennung einer Laufbahnbefähigung enthalten. Zudem hätte die Klägerin, wäre sie Beamtin, nicht von dem Amt der Förderschullehrerin der Besoldungsgruppe A 12 in das einer Förderschulkonrektorin der Besoldungsgruppe A 14 befördert werden können. Dem hätte das Verbot der Sprungbeförderung gemäß § 26 Abs. 2 Satz 8 ThürBG in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden ThürBG aF) und § 11 Abs. 2 ThürLbVO entgegengestanden.

14Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben, wobei es einen Anspruch der Klägerin auf Verzinsung der Vergütungsdifferenz ab dem als Tag der Rechtshängigkeit festgestellt hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.

Gründe

15Die Revision ist teilweise begründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klägerin seit dem Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L beanspruchen kann. Die sich daraus ergebenden monatlichen Vergütungsdifferenzen sind jedoch nach Maßgabe des § 24 Abs. 1 TV-L gestaffelt zu verzinsen. Ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Zulage entsprechend Anlage 1 Besoldungsordnung A Besoldungsgruppe A 14 Fußnote 2 iVm. Anlage 8 zum ThürBesG hat, konnte der Senat noch nicht abschließend entscheiden. Insoweit war der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die nur für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellten Hilfsanträge fielen dem Senat daher nicht zur Entscheidung an.

16I. Der Hauptantrag ist zulässig.

171. Er bedarf jedoch der Auslegung (vgl. hierzu  - Rn. 15 mwN).

18a) Nach dem Antrag besteht die Verpflichtung zur Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L „spätestens“ ab dem . Bei wörtlichem Verständnis wäre der Antrag bezogen auf die Zeit vor dem wegen fehlender Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, weil der Beginn der streitgegenständlichen Zahlungspflicht insoweit nicht zuverlässig erkennbar wäre (zum Bestimmtheitserfordernis vgl.  - Rn. 21). Ihrem gesamten Vortrag nach begehrt die Klägerin die fragliche Vergütung aber erst seit dem , obwohl der Anspruch schon mit ihrer dauerhaften Bestellung zur ständigen Vertreterin des Schulleiters ab dem entstanden sein soll. Die Klägerin geht nachvollziehbar davon aus, dass wegen der erst mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom erfolgten schriftlichen Geltendmachung die Ansprüche auf Differenzvergütung für die Zeit vor dem gemäß § 37 TV-L verfallen sind. Die Einfügung des Wortes „spätestens“ soll deshalb nur verdeutlichen, dass der Anspruch bereits vor dem bestanden haben soll. Vor diesem Hintergrund kann das Wort „spätestens“ als überflüssiger Bestandteil des Antrags angesehen werden.

19b) Hinsichtlich des Beginns des Zinslaufs ist der Hauptantrag ersichtlich darauf gerichtet, die bis zur Rechtshängigkeit monatlich fällig gewordenen Differenzbeträge gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verzinsen und für die Folgezeit Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zu entrichten. Soweit im Antrag auf die „jeweilige Fälligkeit“ Bezug genommen wird, ist offensichtlich die Fälligkeit nach § 24 Abs. 1 des unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren TV-L gemeint.

202. Mit diesem Inhalt ist der Hauptantrag zulässig (vgl. zur Eingruppierungsfeststellungsklage  - Rn. 22 mwN). Im Rahmen eines Feststellungsantrags kann auch die Verzinsung der Vergütungsdifferenz zum Streitgegenstand gemacht werden (vgl.  - Rn. 12; - 6 AZR 23/12 - Rn. 16).

21II. Der Hauptantrag ist begründet, soweit er die Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L und Verzinsung der monatlichen Vergütungsdifferenzen zum Gegenstand hat. Hinsichtlich der Zulage konnte noch nicht abschließend entschieden werden.

221. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L seit dem . Dieser ergibt sich für den Fall, dass die Klägerin eine Nichterfüllerin iSd. Abschnitts B der Lehrer-Richtlinien-O der TdL ist, aus § 612 BGB. Sollte sie eine Erfüllerin sein, könnte sie die begehrte Vergütung nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 4 des Arbeitsvertrags vom und Abschnitt A Nr. 1 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL beanspruchen. Es kann daher offenbleiben, ob die Klägerin die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt.

23a) Wäre die Klägerin eine Nichterfüllerin iSd. Abschnitts B der Lehrer-Richtlinien-O der TdL, wäre der Beklagte nach § 612 BGB verpflichtet, die Klägerin ab ihrer dauerhaften Bestellung zur ständigen Vertreterin des Schulleiters nach Entgeltgruppe 14 TV-L zu vergüten. Die Bestellung erfolgte zum , so dass der Zeitraum ab dem umfasst wäre.

24aa) Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die Vorschrift ist Ausdruck des althergebrachten Satzes, dass „jede Arbeit ihres Lohnes wert ist“ ( - Rn. 14). § 612 Abs. 1 BGB bildet folglich nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung. Diese Bestimmung ist vielmehr auch anzuwenden, wenn über die vertraglich geschuldete Tätigkeit hinaus Sonderleistungen erbracht werden, die durch die vereinbarte Vergütung nicht abgegolten sind, und weder einzel- noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind. § 612 Abs. 1 BGB umfasst neben der quantitativen auch die qualitative Mehrarbeit, also das Erbringen höherwertiger Leistungen als die vertraglich geschuldeten. Denn nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung nur die vereinbarte Tätigkeit ( - Rn. 20; - 5 AZR 874/12 - Rn. 20, 24).

25bb) Vorliegend hätten die Parteien keine Vereinbarung über die Vergütung der Klägerin als Nichterfüllerin für die Tätigkeit als ständige Vertreterin des Schulleiters geschlossen.

26(1) Die in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vom enthaltene Verweisung auf die Lehrer-Richtlinien-O der TdL würde insoweit ins Leere gehen. Die unter Abschnitt B Unterabschnitt III der Lehrer-Richtlinien-O der TdL enthaltenen Regelungen für Lehrkräfte an Sonderschulen enthalten keine Vorgaben für die Eingruppierung einer ständigen Vertreterin des Schulleiters. Es wird nur die Tätigkeit als Lehrkraft ohne Leitungsfunktion abgebildet.

27(2) Eine Vergütungsvereinbarung für die nunmehr ausgeübte Leitungsfunktion bestünde auch nicht durch die Verweisung in § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrags auf § 2 Nr. 3 Sätze 1 und 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom zum BAT-O. Die dort vorgesehene Gleichstellung mit beamteten Lehrkräften kommt bei Nichterfüllern nicht zum Tragen.

28(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müssen die angestellten Lehrkräfte nach der tariflichen Regelung in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom zum BAT-O die in den Besoldungsgruppen genannten fachlichen und pädagogischen Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus ist erforderlich, dass diese Angestellten in die entsprechende Besoldungsgruppe auch tatsächlich eingestuft worden wären, wenn sie im Beamtenverhältnis stünden. Sie müssen deshalb unter anderem die Laufbahnvoraussetzungen erfüllen (vgl.  - zu I 2 c bb der Gründe). Bei der Übertragung eines Funktionsamtes müssen sie die erforderlichen Probezeiten durchlaufen haben (zum Sonderfall einer Einstellung in ein Funktionsamt vgl.  - Rn. 27 f.). Es ist ein „fiktiver Beamtenlebenslauf“ zugrunde zu legen ( - Rn. 24, BAGE 126, 149). Dies entspricht der bezweckten Gleichstellung mit den beamteten Lehrkräften (vgl. hierzu  - Rn. 16; - 4 AZR 304/10 - Rn. 23). Vor diesem Hintergrund liegt bei Anwendbarkeit des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom zum BAT-O in der dauerhaften Übertragung einer Schulleiterstelle zugleich die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die der übertragenen Stelle entsprechende Vergütung ( - Rn. 18, BAGE 148, 323; - 2 AZR 451/10 - Rn. 21, 26).

29(b) Eine solche vertragliche Grundlage für die Vergütung liegt hier nicht vor, falls die Klägerin eine Nichterfüllerin ist. Eine Gleichstellung mit beamteten Lehrkräften ist für diese Beschäftigtengruppe gerade nicht beabsichtigt.

30(3) Mit der dauerhaften Bestellung zur ständigen Vertreterin des Schulleiters hat sich der Beklagte im Einverständnis mit der Klägerin von der vertraglichen Vergütungsvereinbarung gleichsam gelöst. Eine den veränderten Gegebenheiten angepasste Vergütungsregelung haben die Parteien unstreitig nicht getroffen.

31cc) Die Klägerin könnte als Nichterfüllerin für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum eine Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L verlangen. Dies ist die übliche Vergütung für die ihr ab dem dauerhaft übertragene Stelle.

32(1) Entscheidet sich der öffentliche Arbeitgeber für eine zivilrechtliche Gestaltung seiner Dienstverhältnisse, muss er die sich aus diesen Regeln ergebenden Folgen gegen sich gelten lassen ( - Rn. 34). Dies umfasst bei fehlender Vergütungsvereinbarung die Erfüllung berechtigter Vergütungserwartungen der betroffenen Arbeitnehmer nach § 612 BGB. Die Höhe der Vergütung bemisst sich nach § 612 Abs. 2 BGB. In Ermangelung einer Taxe ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen (vgl. ErfK/Preis 16. Aufl. § 612 BGB Rn. 36). Bei Übernahme einer Führungsposition im öffentlichen Dienst kann dies die Höhe der Beamtenbesoldung sein (vgl. zum Fall einer vorübergehenden höherwertigen Vertretungstätigkeit  - Rn. 28).

33(2) Die Klägerin konnte hier anlässlich der formellen, auf Dauer angelegten Bestellung zur ständigen Vertreterin des Schulleiters des Förderzentrums P erwarten, eine der Verantwortung und Belastung der neuen Funktion entsprechende Vergütung zu erhalten. Der Beklagte hat die Bewertung dieses Funktionsamtes durch die besoldungsrechtliche Einordnung nach dem Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung (§ 16 ThürBesG) vorgenommen und damit auch einen Maßstab für die Üblichkeit der Vergütung geschaffen. Die Besoldungsordnung A (Anlage 1 zum ThürBesG) ordnet das Amt eines Förderschulkonrektors als ständiger Vertreter des Leiters eines Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Lernen mit mehr als 180 Schülern oder mit mindestens einem anderen Förderschwerpunkt mit mehr als 90 Schülern der Besoldungsgruppe A 14 zu. Das Förderzentrum in P erfüllt unstreitig diese Voraussetzungen, da es den Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ aufweist und mehr als 90 Schüler hat. Dementsprechend werden beamtete Lehrkräfte in einer Laufbahn des Förderschuldienstes nach Besoldungsgruppe A 14 besoldet, wenn sie dieses Funktionsamt übertragen bekommen. Der Besoldungsgruppe A 14 entspricht die Entgeltgruppe 14 TV-L. Insoweit können die für Erfüller geltenden Zuordnungsregelungen herangezogen werden (vgl. Abschnitt A Nr. 1 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL, § 17 Abs. 7 Sätze 1 und 2 iVm. Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder).

34b) Sollte die Klägerin entsprechend ihrer Ansicht die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen, wäre sie als Erfüllerin nach Abschnitt A Nr. 1 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL in diejenige Entgeltgruppe eingruppiert, die der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher sie eingruppiert wäre, wenn sie im Beamtenverhältnis stünde. Entgegen der Auffassung der Revision hätte die Klägerin, wäre sie Beamtin, von dem Amt der Förderschullehrerin (Besoldungsgruppe A 12) in das Amt der Förderschulkonrektorin als ständige Vertreterin des Leiters des Förderzentrums (Besoldungsgruppe A 14) befördert werden können. Dies würde - wie dargelegt - einen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L begründen.

35aa) Entsprechend dem Schreiben des Schulamtes vom ist die Klägerin seit dem in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert, was der Besoldungsgruppe A 12 entspricht. Hiervon geht auch die Revision aus. Nach § 22 Nr. 2 Buchst. b ThürSchuldLbVO gehören zur Laufbahn des Förderschullehrers der Besoldungsgruppe A 12 als Beförderungsämter die in der Besoldungsordnung A für diese Laufbahn ausgewiesenen besonderen Beförderungsämter des Dienstes in der Schulleitung. Nach den angeführten Regelungen der Besoldungsordnung A (Anlage 1 zum ThürBesG) handelt es sich bei der Funktion des ständigen Vertreters des Leiters eines Förderzentrums um ein solches Amt.

36bb) Nach § 45 ThürSchuldLbVO dürfen Beförderungen in Ämter des Dienstes in der Schulleitung nur nach einer fünfjährigen Dienstzeit als Lehrer vorgenommen werden. Zum Zeitpunkt ihrer dauerhaften Bestellung als ständige Vertreterin des Schulleiters am wäre die zum eingestellte Klägerin mehr als fünf Jahre als Lehrerin beschäftigt gewesen.

37cc) Die Klägerin hatte sich in der Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters jedenfalls seit dem bewährt (vgl. § 10 ThürLbVO in der vom bis zum geltenden Fassung vom ). Der Beklagte hat die Eignung der Klägerin für das fragliche Beförderungsamt nicht in Abrede gestellt.

38dd) Eine freie Planstelle wäre unstreitig vorhanden gewesen (vgl. zu diesem Erfordernis  - Rn. 19).

39ee) Das sog. „Verbot der Sprungbeförderung“ nach § 11 Abs. 2 ThürLbVO, § 26 Abs. 2 Satz 8 ThürBG aF hätte der Beförderung nicht zwingend entgegengestanden.

40(1) Der Beklagte weist allerdings zu Recht darauf hin, dass nach § 11 Abs. 2 ThürLbVO in der vom bis zum geltenden Fassung vom bestimmt war, dass bei Beförderungen Ämter, die regelmäßig zu durchlaufen sind, nicht übersprungen werden dürfen. Regelmäßig zu durchlaufen waren nach dieser Vorschrift die Ämter einer Laufbahn, die unterschiedlichen Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A zugeordnet sind, soweit nichts anderes bestimmt ist. Dies entsprach § 26 Abs. 2 Satz 8 ThürBG aF.

41(2) Nach § 26 Abs. 3 ThürBG aF hätte der Landespersonalausschuss jedoch Ausnahmen zulassen können. Dies sah auch § 58 Abs. 1 Nr. 4 ThürLbVO vor. Demnach konnte der Landespersonalausschuss auf Antrag der obersten Dienstbehörde ein Überspringen von Ämtern bei Beförderungen zulassen (vgl. nunmehr aber § 35 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 ThürLaufbG). Eine Beamtin hätte demnach als Förderschullehrerin der Besoldungsgruppe A 12 zum zur Förderschulkonrektorin der Besoldungsgruppe A 14 befördert werden können. Dem Vortrag des Beklagten ist nicht zu entnehmen, warum eine Sprungbeförderung hier nicht in Betracht gekommen wäre.

42(3) Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob eine unzulässige Sprungbeförderung nach Ernennung und Einweisung in die entsprechende Planstelle noch rückgängig gemacht werden könnte oder ob der Verstoß gegen das Verbot der Sprungbeförderung für den betroffenen Beamten letztlich folgenlos bliebe (vgl.  - Rn. 30;  2 C 25.87 - BVerwGE 81, 282).

43c) Hinsichtlich der Verzinsung der Vergütungsdifferenz zwischen den Entgeltgruppen 11 und 14 TV-L ist die Revision teilweise begründet. Die Vorinstanzen haben fehlerhaft einen einheitlichen Zinsbeginn ab dem Tag der Rechtshängigkeit, dh. ab dem , angenommen. Bis zur Rechtshängigkeit waren nur die monatlichen Differenzbeträge für Oktober 2011 bis einschließlich Mai 2012 fällig, denn das Entgelt für Mai wurde nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L am zur Zahlung fällig. Die Klägerin kann daher gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Prozesszinsen ab dem Folgetag der Rechtshängigkeit verlangen ( - Rn. 27). Bezüglich der Folgemonate richtet sich die Fälligkeit jeweils nach § 24 Abs. 1 Sätze 2 und 3 TV-L. Die Verzugszinsen (§ 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem tariflich bestimmten Zahltag zu entrichten (vgl.  - Rn. 35).

442. Ob die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Zulage entsprechend Anlage 1 Besoldungsordnung A Besoldungsgruppe A 14 Fußnote 2 iVm. Anlage 8 zum ThürBesG hat, konnte noch nicht abschließend entschieden werden. Es fehlen die hierfür erforderlichen Feststellungen.

45a) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Klägerin als beamtete Förderschulkonrektorin die besoldungsrechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Amtszulage erfüllen würde, da das Förderzentrum in P den erforderlichen Förderschwerpunkt aufweist und mehr als 90 Schüler hat. Besoldungsrechtlich würde damit der erhöhte Aufwand im Zusammenhang mit der stellvertretenden Leitung der Schule vergütet (vgl.  - Rn. 25).

46b) Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Zulage hat.

47aa) Die Lehrer-Richtlinien-O der TdL stellen unter Abschnitt A Nr. 3 sowohl in der Fassung vom als auch in der vom die Zulagengewährung für Erfüller in das Ermessen des Arbeitgebers. Demnach kann Lehrkräften, die durch ausdrückliche Anordnung zum Schulleiter oder zum ständigen Vertreter des Schulleiters bestellt sind, eine Zulage in der Höhe gezahlt werden, wie sie vergleichbaren beamteten Lehrkräften in diesen Funktionen als Amtszulage zusteht. Im Gegensatz zum Besoldungsrecht sehen die Lehrer-Richtlinien-O der TdL damit eine tatbestandlich gebundene Ermessensentscheidung vor. Insoweit besteht kein Gleichlauf der Vergütung von angestellten und beamteten Lehrkräften ( - Rn. 36; - 10 AZR 625/13 - Rn. 16).

48bb) Wäre die Klägerin Erfüllerin iSd. Abschnitts A der Lehrer-Richtlinien-O der TdL hätte sie daher grundsätzlich nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Einen Anspruch auf die Zulagengewährung ohne Ermessensausübung des Beklagten wäre nur dann gegeben, wenn die Zahlung der Zulage die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten wäre. Eine solche Ermessensreduzierung kann dem Vortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin derzeit nicht entnommen werden. Die Klägerin hat lediglich behauptet, dass andere stellvertretende Schulleiterinnen und Schulleiter „korrekt nach ihrer Funktion und dem hieraus resultierenden Statusamt besoldet/vergütet werden“. Daraus ist nicht ersichtlich, ob andere angestellte stellvertretende Schulleiterinnen und Schulleiter die Zulage erhalten und aus welchen Gründen der Ermessensspielraum des Beklagten derart stark eingeschränkt sein soll. Da die Vorinstanzen zwischen der Eingruppierung und der Zulagengewährung nicht unterschieden haben, ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Klägerin diesbezüglich noch einen hinreichend substantiierten Sachvortrag erbringt, auf welchen der Beklagte entsprechend erwidern könnte. Eine Ermessungsreduzierung auf Null wäre vorstellbar, wenn alle anderen angestellten stellvertretenden Schulleiterinnen bzw. Schulleiter die Amtszulage erhielten. Der Beklagte könnte dann zur Herstellung der Gleichbehandlung gezwungen sein, diese Zulage auch für die fragliche Stelle in P zu gewähren, wenn keine besonderen Gründe dagegen sprechen (vgl. zum Gleichbehandlungsgrundsatz  - Rn. 38 mwN).

49cc) Gleiches gilt, falls die Klägerin Nichterfüllerin iSv. Abschnitt B der Lehrer-Richtlinien-O der TdL sein sollte. Die zu erwartende übliche Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB entspricht hinsichtlich der Zulage derselben Erwartungshaltung, die eine Erfüllerin nach Abschnitt A Nr. 3 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL haben kann. Die Klägerin kann nicht erwarten, hinsichtlich der Zulage besser als eine Erfüllerin zu stehen. Dies wäre ein Wertungswiderspruch zu § 4 ihres Arbeitsvertrags vom , der das System der Lehrervergütung nach den Lehrer-Richtlinien-O der TdL in Bezug nimmt. Dem ist zu entnehmen, dass sogar Erfüller hinsichtlich der streitgegenständlichen Zulage nicht mit den Beamten gleichgestellt werden sollen, obwohl sie die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Aufnahme in das Beamtenverhältnis erfüllen. Es wäre widersprüchlich, wenn eine Nichterfüllerin diesbezüglich bessergestellt wäre und die Zulage - wie eine vergleichbare Beamtin - ohne Ermessensspielraum des Beklagten erhielte. Die Klägerin kann daher keine Erwartung haben, wie eine Beamtin und besser als eine Erfüllerin gestellt zu werden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:040816.U.6AZR237.15.0

Fundstelle(n):
BB 2016 S. 2739 Nr. 45
NJW 2016 S. 10 Nr. 48
RAAAF-85636