BGH Urteil v. - 1 StR 20/16

Betrug: Vermögensschaden beim Erwerb einer angeblich verpachteten Immobilie; Erfordernis der Stoffgleichheit; Urteilsfeststellungen bei Annahme eines Scheingeschäfts

Gesetze: § 263 Abs 1 StGB, § 171 Abs 1 BGB

Instanzenzug: LG Kaiserslautern Az: 2 KLs 6055 Js 529/10

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen, vorsätzlichen Unterlassens der Bilanzerstellung, vorsätzlichen Bankrotts, Betrugs in zwei Fällen und wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Zur Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hat es zwei Monate dieser Strafe für vollstreckt erklärt. Weiterhin hat es angeordnet, dass die als Bewährungsauflage für die einbezogene Freiheitsstrafe erbrachte Geldzahlung auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet wird.

2Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und sachlich-rechtliche Beanstandungen erhebt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

3Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

41. Tatkomplex II.1. der Urteilsgründe (Steuerhinterziehung)

5Der Angeklagte handelte im Jahr 2009 mit Immobilien. Da er kein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 Abs. 2 HGB betrieb und auch nicht aus sonstigen Gründen verpflichtet war, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen (vgl. § 141 Abs. 1 und 2 AO), konnte gemäß § 4 Abs. 3 EStG für die Einkommensteuer als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden. Neben weiteren Einkünften von 10.000 Euro flossen dem Angeklagten in diesem Jahr aus Immobiliengeschäften Verkaufserlöse in Höhe von 2.394.668 Euro zu; die veräußerten Grundstücke hatte er im selben Jahr gegen Zahlung von 1.173.202,41 Euro erworben. Gleichwohl gab er für das Jahr 2009 trotz eingeräumter Fristverlängerungen weder eine Einkommensteuererklärung noch eine Gewerbesteuererklärung ab. Hierdurch verkürzte er Einkommensteuer in Höhe von 358.471 Euro und damit zusammenhängenden Solidaritätszuschlag in Höhe von 19.602,16 Euro sowie Gewerbesteuer in Höhe von 135.338 Euro.

6Das Landgericht hat dies als zwei tatmehrheitliche Fälle der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO gewertet.

72. Tatkomplex II.2. der Urteilsgründe (Bankrottdelikte)

8a) Die von dem Angeklagten als alleinigem Gesellschafter gegründete S. GmbH, deren Geschäfte er führte, stellte zum Ende des Jahres 2008 die Zahlungen ein und war spätestens im März 2009 zahlungsunfähig; im Mai 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die letzte für die Gesellschaft erstellte Bilanz stammt aus dem Jahr 2006.

9b) Obwohl der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer für die S. GmbH zur Aufstellung einer Bilanz für das Jahr 2007 verpflichtet war, kam er dieser Verpflichtung nicht nach.

10Das Landgericht hat dieses Verhalten als vorsätzliches Unterlassen der Bilanzerstellung gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Abs. 3 i.V.m. § 283 Abs. 6 StGB gewertet.

11c) Auch für das Jahr 2008 erstellte der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer für die S. GmbH keine Bilanz, obwohl er die spätestens seit Ende 2008 drohende und im März 2009 eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft kannte.

12Das Landgericht hat dieses Unterlassen als vorsätzlichen Bankrott gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b, Abs. 6 StGB gewertet.

133. Fall II.3. der Urteilsgründe (Betrug zum Nachteil des Zeugen A. )

14Im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens hatte der Angeklagte den Zuschlag für zwei Grundstücke in K. erhalten. Er ließ die Flurstücke vereinigen und begründete an dem vereinigten Grundstück Wohnungs- und Teileigentum.

15Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen veranlasste er den Zeugen A. zum Abschluss eines Kaufvertrages über einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück, der mit dem Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbunden war. Der Angeklagte erreichte den Vertragsabschluss zu einem Kaufpreis von 130.000 Euro namentlich mit der unwahren Behauptung, er habe mit dem amerikanischen Schatzamt für diese Räume einen Pachtvertrag mit einer zehnjährigen Laufzeit zum monatlichen Pachtzins von 600 Euro abgeschlossen, weshalb für die nächsten zehn Jahre mit sicheren Einkünften zu rechnen sei. Nach den gegenüber dem Zeugen A. aufgestellten Berechnungen hätte dieser 250 Euro im Monat zur freien Verfügung erzielt und mit den restlichen 350 Euro monatlich seine Darlehensraten aus der Finanzierung des Objekts bezahlen können. Tatsächlich hatte der Angeklagte weder mit dem amerikanischen Schatzamt noch mit sonstigen potentiellen Mietern verhandelt. Ein Mietzins für die verkommene Gewerbeeinheit, ein ehemaliger Imbiss, in Höhe von 600 Euro monatlich wäre auch nur nach einer umfassenden Sanierung zu erzielen gewesen. Zudem versprach der Angeklagte, die Ehefrau des Zeugen A. unter Verwendung von KfW-Fördergeldern in Höhe von 23.500 Euro „aus der Privatinsolvenz zu holen“, obwohl ein förderwürdiger Zweck nicht vorhanden war.

16Der Kaufpreis von 130.000 Euro war, was der Angeklagte auch wusste, vollkommen überhöht. Angesichts eines Verkehrswerts des Objekts von 62.000 Euro sei der Zeuge A. durch den täuschungsbedingten Abschluss des Kaufvertrages in Höhe von 68.000 Euro geschädigt worden.

174. Fall II.4. der Urteilsgründe (Betrug zum Nachteil der Zeugin W. )

18Zwei Eigentumswohnungen aus dem vereinigten Grundstück verkaufte der Angeklagte unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Gesamtpreis von 105.000 Euro an die Zeugin W. . Er erreichte dies insbesondere mit der Behauptung, ihr aus ihrer schlechten finanziellen Situation dadurch heraushelfen zu können, dass er nach Unterzeichnung eines notariellen Kaufvertrags und Auszahlung der Darlehenssumme durch die den Kaufpreis finanzierende Bank dafür sorgen werde, dass der Vertrag später rückgängig gemacht werde. Der Angeklagte gab gegenüber der in Immobiliengeschäften unerfahrenen Zeugin W. wahrheitswidrig an, die Wohnungen innerhalb von drei Monaten von ihr wieder zurückzukaufen. Für ihre Unterschrift unter dem notariellen Kaufvertrag versprach er ihr zudem einen Betrag von 10.000 Euro. „Wenn sie gewusst hätte, dass es nicht zu einer Rücknahme kommt, hätte sie sich nicht auf die Sache eingelassen“ (UA S. 31).

19Wie der Angeklagte wusste, war der von ihm erlangte Kaufpreis von 105.000 Euro für die beiden Eigentumswohnungen, die insgesamt einen Verkehrswert von 24.400 Euro hatten, vollkommen überhöht. Der Zeugin W. sei deshalb ein Schaden in Höhe von 80.600 Euro entstanden. Den ihr für die Unterschriften vor dem Notar versprochenen Betrag von 10.000 Euro hat sie nicht erhalten.

205. Fall II.5. der Urteilsgründe (Urkundenfälschung bei der Finanzierungsanfrage für den Zeugen A. )

21Um die finanziellen Verhältnisse des Zeugen A. bei der an die I. Bank gerichteten Finanzierungsanfrage besser erscheinen zu lassen, ließ der Angeklagte von dem Zeugen G. einen Original-Kontoauszug der T. BANK einscannen und mit einem Bildbearbeitungsprogramm so verändern, dass darin eine Überweisung eines Teilkaufpreises von 23.500 Euro an den Angeklagten ausgewiesen wurde. Den so erstellten Kontoauszug faxte der Angeklagte an die I. Bank.

226. Fall II.6. der Urteilsgründe (Urkundenfälschung bei der Finanzierungsanfrage für die Zeugin W. )

23In gleicher Weise ließ der Angeklagte von dem Zeugen G. zur Verwendung im Zusammenhang mit einer für die Zeugin W. bei der I. Bank gestellten Finanzierungsanfrage Gehaltsbescheinigungen für die Monate Mai bis Juli 2011 sowie zwei Kontoauszüge, die Guthaben, eine vermeintliche Überweisung an „Immo Sa. “ und einen angeblichen Gehaltszufluss ausweisen, fälschen und zur Täuschung über die sich daraus ergebenden Tatsachen an die I. Bank übermitteln.

II.

24Die Revision des Angeklagten erzielt den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet. Zwar dringt die Rüge der Verletzung formellen Rechts nicht durch. Jedoch hält das Urteil in den Fällen II.4. bis II.6. der Urteilsgründe sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand; dies zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitstrafe nach sich.

251. Die Verfahrensrüge der „Verletzung der gerichtlichen Mitteilungspflicht über eine erfolgte Verständigung und vorangegangene Verständigungsversuche (§ 338 Nr. 6 StPO i.V.m. §§ 243 Abs. 4, 257c StPO)“ ist jedenfalls unbegründet.

26Die Revision macht geltend, es liege „eine Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO und damit des Öffentlichkeitsgrundsatzes nach § 169 GVG i.V.m. § 338 Nr. 6 StPO“ vor, weil der Vorsitzende nicht über Rechtsgespräche zwischen der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern vom 5. und vom unterrichtet habe.

27Ein Verfahrensfehler wird damit jedoch nicht aufgezeigt, denn diese Gespräche, die auch die Straferwartung für den Fall eines Geständnisses zum Gegenstand hatten, fanden noch vor Anklageerhebung im Ermittlungsverfahren statt. Solche der Regelung des § 160b StPO unterfallenden Erörterungen werden von der Vorschrift des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO, die lediglich „Erörterungen nach den §§ 202a, 212“ StPO betrifft, nicht erfasst (vgl. , NStZ 2015, 232). Dies gilt auch dann, wenn aufgrund von Verständigungsgesprächen nach Anklageerhebung eine Verständigung im Sinne des § 257c StPO doch noch zustande kommt. Einen Verstoß gegen die Dokumentationspflicht der Staatsanwaltschaft aus § 160b Satz 2 StPO macht die Revision nicht geltend. Vielmehr trägt sie vor, dass die Staatsanwaltschaft Vermerke über diese Gespräche zu den Akten genommen habe. Damit ist die mit der Vorschrift des § 160b StPO bezweckte Transparenz gewahrt.

282. Die Verurteilung des Angeklagten in den Tatkomplexen II.1. und II.2. der Urteilsgründe wird von den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Die in diesen Fällen vom Landgericht verhängten Einzelstrafen halten ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.

29Auch im Fall II.2. Buchst. b der Urteilsgründe tragen die Feststellungen die vom Landgericht angenommene Strafbarkeit des Angeklagten gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB. Zur Klarstellung ersetzt der Senat im Schuldspruch die Formulierung des „vorsätzlichen Unterlassens der Bilanzerstellung“ durch die im Gesetz verwendete Bezeichnung des Straftatbestands „Verletzung der Buchführungspflicht“; der Strafausspruch ist hiervon nicht betroffen.

303. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.3. der Urteilsgründe wegen Betruges zum Nachteil des Geschädigten A. hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.

31a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen kaufte der Zeuge A. eine aus nicht zu Wohnzwecken nutzbaren Räumen bestehende Immobilie aufgrund eines vom Angeklagten mit falschen Tatsachenbehauptungen herbeigeführten Irrtums. Er vertraute dabei auf die Richtigkeit der Angabe des Angeklagten, das amerikanische Schatzamt habe die Räume für 600 Euro pro Monat über einen Zeitraum von zehn Jahren gepachtet. Ob der Irrtum vermeidbar gewesen wäre, ist hierbei ohne Bedeutung.

32b) Infolge der Täuschung ist dem Zeugen A. aus dem Immobilienkauf ein Vermögensschaden i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB in Höhe von 68.000 Euro entstanden.

33aa) Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; st. Rspr.; vgl. Rn. 33, NStZ 2016, 286 und vom – 1 StR 359/13 Rn. 31 ff., BGHSt 60, 1 mit Anm. Albrecht JZ 2016, 841 und C. Dannecker NZWiSt 2015, 173; Beschlüsse vom – 4 StR 21/14 Rn. 24, NStZ 2014, 640; vom – 5 StR 510/13, wistra 2014, 270; vom – 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711; vom – 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 113 f. und vom – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201, jeweils mwN; Urteil vom – 2 StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77). Maßgeblich ist die Vermögenslage zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung (vgl. , NStZ 2011, 638, 639).

34Bei einem Betrug durch Abschluss eines Vertrages ergibt ein Vergleich der Vermögenslage vor und nach dem Vertragsabschluss, ob ein Vermögensschaden eingetreten ist. Dabei sind die beiderseitigen Vertragsverpflichtungen zu vergleichen (Eingehungsschaden; st. Rspr.; vgl. , BGHSt 16, 220, 221; Urteil vom – 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 111 f.; Beschlüsse vom   – 5 StR 510/13, wistra 2014, 270 und vom – 4 StR 317/15; jeweils mwN). Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Geschädigten (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt, bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird (vgl. Rn. 31, BGHSt 60, 1; Beschlüsse vom – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639 und vom – 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238).

35bb) Die Bewertung des Vermögens und des Vermögensschadens erfolgt nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten (vgl. Rn. 31 ff., BGHSt 60, 1; Beschluss vom – 1 StR 45/11 Rn. 80, BGHSt 57, 95, 115). Dabei schützt die Vorschrift des § 263 StGB weder das bloße Affektionsinteresse noch die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit noch die Wahrheit im Geschäftsverkehr (vgl. , NStZ-RR 2001, 41), sondern allein das Vermögen. Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung des Schadens zwar eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (, 2 BvR 1857/10, Rn. 176, NStZ 2012, 496, 504; BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 182/14, NStZ 2014, 517; vom – 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 114 und vom – 1 StR 458/10, wistra 2011, 335). Dementsprechend sind Leistung und Gegenleistung zunächst nach ihrem Verkehrs- bzw. Marktwert zu vergleichen ( Rn. 80, BGHSt 57, 95, 115; vgl. auch C. Dannecker NStZ 2016, 318, 319). Ergibt sich danach ein Wertgefälle zum Nachteil des durch die Täuschung Betroffenen, weil er etwa gegen Bezahlung des vollen Kaufpreises eine minderwertige Ware erhält, so liegt ein Vermögensschaden vor ( Rn. 33, BGHSt 60, 1 mwN). Auf die subjektive Einschätzung, ob der irrtumsbedingt Verfügende sich geschädigt fühlt, kommt es ebenso wenig an (vgl. Rn. 80, BGHSt 57, 95, 115), wie auf die Frage, wie hoch der Verfügende subjektiv den Wert der Gegenleistung taxiert (st. Rspr.; vgl. Rn. 33, BGHSt 60, 1 mwN; vgl. auch Albrecht, NStZ 2014, 17).

36cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht den entstandenen Vermögensschaden rechtsfehlerfrei als Differenz zwischen der vom Zeugen A. mit dem Kaufvertrag eingegangenen Verbindlichkeit und dem objektiven Wert der erworbenen Immobilie bestimmt. Als Wert der Immobilie hat es ohne Rechtsfehler den – auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens ermittelten – Verkehrswert angesetzt.

37dd) Die Täuschung des Zeugen A. war für den entstandenen Vermögensschaden auch kausal, weil der Zeuge – wäre er nicht getäuscht worden – die Immobilie vom Angeklagten nicht erworben hätte.

38(1) Die Täuschung bezog sich auf Tatsachen, die einen Bezug zum Kaufobjekt aufwiesen und für die Kaufentscheidung des Erwerbers ausschlaggebend waren. Der vorgetäuschte Umstand, dass die erworbenen Räume für einen Zeitraum von zehn Jahren für 600 Euro pro Monat an das amerikanische Schatzamt verpachtet seien, hatte zum einen Bedeutung für den Wert der Immobilie und war zum anderen ausschlaggebender Grund für die Kaufentscheidung des Zeugen A. .

39(2) Die Zurechnung des entstandenen Vermögensschadens beschränkte sich auch nicht auf die Summe der dem Zeugen A. als sicher vorgespiegelten Pachtzahlungen. Eine derartige Begrenzung des strafrechtlichen Vermögensschutzes vor täuschungsbedingten Vermögensverfügungen enthält der Straftatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB nicht (vgl. Rn. 41 ff., BGHSt 60, 1 mwN; zum Streitstand in der Literatur vgl. auch C. Dannecker NZWiSt 2015, 173, 179 mwN). Auch besteht beim Betrug das Erfordernis der „Stoffgleichheit“ nur zwischen dem Vermögensschaden und dem angestrebten Vermögensvorteil, nicht aber zwischen dem Vermögensschaden und dem Gegenstand der Täuschung ( Rn. 42, BGHSt 60, 1). Der Vermögensschaden, der sich hier aus dem Minderwert der erworbenen Immobilie im Verhältnis zum Wert der eingegangenen Kaufpreisverbindlichkeit ergab, hätte der Täuschungshandlung allenfalls dann nicht zugerechnet werden können, wenn sich der Zeuge A. beim Erwerb der Immobilie dieses Minderwerts bewusst gewesen wäre und somit ein Selbstschädigungsbewusstsein gehabt hätte (vgl. Rn. 44, BGHSt 60, 1 mwN; C. Dannecker NZWiSt 2015, 173, 180). Dies war jedoch nicht der Fall.

404. Demgegenüber belegen im Fall II.4. der Urteilsgründe die Feststellungen einen Betrug zum Nachteil der Zeugin W. nicht.

41Nach den Urteilsfeststellungen bleibt bereits offen, ob es sich bei dem Kaufvertrag über die beiden Wohneinheiten nicht um ein gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtiges Scheingeschäft handelte, das von beiden Vertragsparteien nicht ernstlich gewollt war. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, aber die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen (st. Rspr.; vgl. nur , NJW 1980, 1572, 1573 mwN; OLG Oldenburg, Urteil vom – 2 U 284/99, MDR 2000, 877; Ellenberger in Palandt, BGB, 75. Aufl., § 117 Rn. 3 mit weiteren Nachweisen aus der Rspr.; zum Scheingeschäft im Sinne des § 41 Abs. 2 AO vgl. auch , BGHR AO § 41 Abs. 2 Scheinhandlung 3). Entscheidend ist dabei, ob die Beteiligten zur Erreichung des angestrebten Erfolges ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft für erforderlich erachtet haben. Zwar obliegt die Beurteilung, ob ein Geschäft nur zum Schein abgeschlossen wurde, grundsätzlich dem Tatrichter. Die Urteilsgründe müssen jedoch, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Scheingeschäfts gegeben sind, erkennen lassen, dass der Tatrichter die wesentlichen für und gegen ein Scheingeschäft sprechenden Umstände im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt und in eine Gesamtwürdigung einbezogen hat. Daran fehlt es hier.

42Angesichts der vom Landgericht festgestellten Umstände, dass der Angeklagte der Zeugin W. für die Unterschriftsleistung beim Notar einen Betrag in Höhe von 10.000 Euro versprochen hatte und dass die Erlangung der vollständigen notariellen Kaufvertragsunterlagen notwendige Voraussetzung war, um die darlehensfinanzierte Kaufpreissumme zu erhalten (UA S. 31), bestanden gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte und die Zeugin W. nur den Schein eines wirksamen Kaufvertrages schaffen wollten. Der Zeugin W. kam es erkennbar nicht auf den Erwerb einer Immobilie, sondern allein auf den Erhalt der ihr für die Unterschriftsleistung beim Kaufvertrag versprochenen 10.000 Euro an, um ihre finanziellen Schwierigkeiten beseitigen zu können. Das Landgericht hätte daher die nahe liegende Möglichkeit erörtern müssen, ob vom Angeklagten mit Wissen und Wollen der Zeugin W. lediglich der Schein eines wirksamen Kaufvertrages geschaffen werden sollte, um die finanzierende Bank über einen entsprechenden Kaufvertrag zu täuschen und zur Auszahlung der Darlehenssumme zu veranlassen, aus der die der Zeugin W. versprochenen 10.000 Euro erbracht werden konnten.

43Es liegt daher insoweit ein Erörterungsmangel vor, auf dem das Urteil auch beruht, weil es dann an einem täuschungsbedingten Vertragsabschluss mit Entstehen einer wirksamen Verbindlichkeit fehlen würde.

44Der Tatvorwurf des Betruges zum Nachteil der Zeugin W. bedarf daher neuer tatrichterlicher Prüfung. Der Senat hebt die hierzu getroffenen Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht neue, widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

455. Auch die – rechtsfehlerfrei getroffenen – Feststellungen in den Fällen II.5. und II.6. der Urteilsgründe tragen den Schuldspruch in diesen Fällen nicht. Denn sie lassen nicht erkennen, ob die mittels Bildbearbeitungssoftware erstellten und den finanzierenden Banken – zum Teil per Telefax – übermittelten Unterlagen die Merkmale von Urkunden im Sinne von § 267 Abs. 1 StGB aufwiesen.

46Der Umstand, dass die unter Einsatz einer Software zur Bildbearbeitung hergestellten Unterlagen teilweise im Wege einer Faxkopie an Banken übermittelt wurden, steht einer Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) nicht von vornherein entgegen. Denn in der Übertragung mittels Telefax kann ein Gebrauchmachen von der Urschrift liegen (vgl. , BGHSt 24, 140). Dies setzt jedoch voraus, dass die mittels Bildbearbeitungssoftware (als Faxvorlage) erstellten Schriftstücke die Merkmale einer Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB aufweisen (vgl. , NStZ 1999, 620).

47Mit computertechnischen Maßnahmen – wie der Veränderung eingescannter Dokumente – erstellten Schriftstücken ist mangels Beweiseignung kein Urkundencharakter beizumessen, wenn sie nach außen als bloße Reproduktion erscheinen (vgl. , wistra 2011, 307 mwN). Sie sind aber dann (unechte) Urkunden, wenn die (veränderten) Reproduktionen Originalurkunden so ähnlich sind, dass die Möglichkeit einer Verwechslung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH aaO).

48Ob dies bei den hier mittels Bildbearbeitungssoftware nach Einscannen von Originaldokumenten erstellten Schriftstücken der Fall war, ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen. Es bedarf hierzu ergänzender Feststellungen durch einen neuen Tatrichter. Der Schuldspruch in den Fällen II.5. und II.6. der Urteilsgründe ist daher aufzuheben. Die Sache bedarf insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung.

496. Angesichts der Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II.4. bis II.6. der Urteilsgründe kann auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben. Die Feststellungen in den Fällen II.5. und II.6. der Urteilsgründe und die der Gesamtstrafenbildung zugrunde liegenden Feststellungen sind von den zur Teilaufhebung führenden Rechtsfehlern nicht betroffen und bleiben daher bestehen. Der neue Tatrichter kann ergänzende, mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen treffen. Insbesondere wird er noch Feststellungen zum Erscheinungsbild der mittels Bildbearbeitungssoftware erstellten Unterlagen treffen können.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:160616U1STR20.16.0

Fundstelle(n):
NJW 2016 S. 10 Nr. 40
NJW 2016 S. 3543 Nr. 48
wistra 2017 S. 20 Nr. 1
MAAAF-82152