BAG Urteil v. - 9 AZR 673/14

(Öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG - Gesellschaft bürgerlichen Rechts - Bestenauslese - Doppelbesetzung - Neuausschreibung)

Leitsatz

Die Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hindert jedenfalls dann nicht die Annahme eines öffentlichen Amts iSd. Art. 33 Abs. 2 GG, wenn ausschließlich öffentlich-rechtliche Anstalten Gesellschafterinnen sind und sich der Gesellschaftszweck in der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben erschöpft.

Gesetze: Art 33 Abs 2 GG, Art 1 Abs 3 GG

Instanzenzug: Az: 48 Ca 5250/13 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 18 Sa 682/14 Urteilnachgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 18 Sa 1152/16 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Stelle der Leiterin für den Bereich Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) in der Gemeinsamen Geschäftsstelle der Beklagten in Berlin mit einer anderen Person als der Klägerin zu besetzen.

2Die Beklagte ist eine von den Landesmedienanstalten zur Durchführung der ihnen ua. durch den Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien vom (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) obliegenden Aufgaben gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Rundfunkstaatsvertrag in der hier maßgeblichen Fassung enthält ua. folgende Bestimmung:

3Der in der Zeit vom 10. bis zum unterzeichnete Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV) enthält ua. folgende Regelungen:

4Zweck und Gegenstand der Beklagten, ihre Gremien sowie ihre Geschäftsführung und Vertretung sind in dem Vertrag über die Zusammenarbeit der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (ALM) vom , der hier maßgeblichen Fassung, geregelt (ALM-Statut). Dieses ALM-Statut lautet auszugsweise wie folgt:

5Die Beklagte, deren Gesellschafterinnen die Landesmedienanstalten sind, unterhält die Gemeinsame Geschäftsstelle in Berlin. Bis zum betrieb sie zudem in Erfurt die Geschäftsstelle der KJM, deren Leiterin die Klägerin war.

6Unter dem schrieb die Beklagte für die Gemeinsame Geschäftsstelle die Stelle eines Bereichsleiters/einer Bereichsleiterin für den Bereich KJM (im Folgenden Bereichsleiterin KJM) aus. In der Stellenausschreibung heißt es auszugsweise:

7Die Beklagte führte am mit der Klägerin und zwei anderen Bewerberinnen Vorstellungsgespräche. Seit dem war Frau B als Bereichsleiterin KJM in der Gemeinsamen Geschäftsstelle aufgrund einer auf zwei Jahre befristeten Abordnung von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien tätig.

8Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie sei deutlich besser qualifiziert als Frau B. Daher sei die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung nicht von Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt. Auch das durchgeführte Auswahlverfahren entspreche nicht den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an ein Auswahlverfahren im Rahmen des Art. 33 Abs. 2 GG. In der KJM würden öffentliche Aufgaben wahrgenommen, weil über die öffentlich-rechtliche Frage, ob eine Jugendgefährdung vorliege, zu entscheiden und eine länderübergreifende Koordination der einzelnen Landesmedienanstalten vorzunehmen sei. Nehmen aber die Beschäftigten öffentliche Aufgaben wahr, sei auf das Stellenbesetzungsverfahren Art. 33 Abs. 2 GG anzuwenden. Die Grundrechtsbindung der Beklagten beschränke sich nicht auf die in Abschnitt I des Grundgesetzes benannten Grundrechte, sondern erfasse auch grundrechtsgleiche Rechte wie Art. 33 Abs. 2 GG. Die streitgegenständliche Stelle sei durch die Beklagte auch nicht endgültig besetzt worden. Dazu hat die Klägerin behauptet, Frau B stehe in einem Arbeitsverhältnis zur Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und sei im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses nur für zwei Jahre zur Beklagten „abgeordnet“ worden.

9Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

10Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG sei nicht eröffnet. Es handele sich bei der zu besetzenden Stelle nicht um ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG. Auf Personengesellschaften des Privatrechts finde diese Norm keine Anwendung, da es bei diesen keine öffentlichen Ämter gebe. Auch nehme sie keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Allein die Landesmedienanstalten übten hoheitliche Befugnisse aus. Bei den Aufgaben der KJM handele es sich nicht um die von ihr, der Beklagten, zu erbringenden Aufgaben. Vielmehr übe sie lediglich verfahrensbegleitende Tätigkeiten aus, vergleichbar mit denen einer Serviceeinheit. Ausweislich des ALM-Statuts werde sie lediglich unterstützend und koordinierend für die einzelnen Landesmedienanstalten tätig. Nach außen träten ausschließlich die einzelnen Landesmedienanstalten auf. Auch die KJM trete in jugendmedienschutzrechtlichen Verfahren nicht selbst nach außen auf.

11Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Gründe

12Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht den Anspruch der Klägerin auf die von ihr erstrebte Stelle nicht verneinen. Ob die Stelle mit der Klägerin zu besetzen ist, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Die Sache war deshalb nach § 563 Abs. 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

13I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Klage sei unbegründet, weil es sich bei der Stelle der Bereichsleiterin KJM nicht um ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG handele.

141. Die Beklagte als Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterliegt einer Bindung an das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG. Zwar binden gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte - und in gleicher Weise die grundrechtsgleichen Rechte, wie das Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG ( - Rn. 45) - Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung. Die Beklagte steht jedoch vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand. Die Nutzung zivilrechtlicher Formen enthebt die staatliche Gewalt nicht von ihrer Bindung an die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG. Dies gilt sowohl für die Verwendung von zivilrechtlichen Handlungsformen als auch für den Einsatz privatrechtlicher Organisations- und Gesellschaftsformen. Im Alleineigentum des Staates stehende öffentliche Unternehmen, die in den Formen des Privatrechts organisiert sind, unterliegen einer unmittelbaren Grundrechtsbindung ( - Rn. 46, BVerfGE 128, 226). Für öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, die vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, ist anerkannt, dass die Grundrechtsbindung nicht nur den oder die Träger des jeweiligen Unternehmens trifft, sondern das Unternehmen selbst. Dies entspricht dem Charakter eines solchen Unternehmens als verselbstständigter Handlungseinheit und stellt eine effektive Grundrechtsbindung unabhängig davon sicher, ob, wieweit und in welcher Form der oder die Eigentümer gesellschaftsrechtlich auf die Leitung der Geschäfte Einfluss nehmen können und wie - bei Unternehmen mit verschiedenen öffentlichen Anteilseignern - eine Koordination der Einflussrechte verschiedener öffentlicher Eigentümer zu gewährleisten wäre. Aktivitäten öffentlicher Unternehmen bleiben unabhängig von der Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Einflussrechte eine Form staatlicher Aufgabenwahrnehmung, bei der die Unternehmen selbst unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind ( - Rn. 50 mwN, aaO).

15Das Argument der Beklagten, die Voraussetzungen, unter denen das Bundesverfassungsgericht ( - 1 BvR 699/06 - Rn. 47, aaO) eine Grundrechtsbindung angenommen habe, seien nicht erfüllt, weil ihre Entscheidungen nicht den Anspruch erheben könnten, autorisiert im Namen aller Bürger getroffen zu werden, überzeugt nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem von der Beklagten zitierten Absatz ausdrücklich hervorgehoben, dass der Begriff der staatlichen Gewalt weit zu verstehen ist und sich gerade nicht nur auf imperative Maßnahmen erstreckt. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu den „jeweiligen staatlichen Entscheidungsebenen“ zwingen entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zu der Annahme, es müssten Entscheidungen mit unmittelbarer Außenwirkung getroffen werden. Vielmehr ist grundrechtsgebundene staatliche Gewalt iSd. Art. 1 Abs. 3 GG jedes Handeln staatlicher Organe oder Organisationen, weil es in Wahrnehmung ihres dem Gemeinwohl verpflichteten Auftrags erfolgt ( - aaO). Auf den Inhalt und die Art und Weise des Handelns kommt es demnach nicht an.

162. Bei der Stelle der Bereichsleiterin KJM handelt es sich um ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG. Nach dieser Vorschrift hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Daraus folgt, dass Art. 33 Abs. 2 GG nur dann Anwendung findet, wenn es um die Besetzung eines öffentlichen Amts geht. Dieser Begriff ist entsprechend dem Art. 33 Abs. 2 GG zugrunde liegenden Zweck weit auszulegen (ganz hM, statt vieler: Battis in Sachs GG 7. Aufl. Art. 33 Rn. 24; Jarass in Jarass/Pieroth GG 14. Aufl. Art. 33 Rn. 9; Pieper in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke GG 13. Aufl. Art. 33 Rn. 24). Er geht über den Bereich des öffentlichen Dienstes iSd. Art. 33 Abs. 4 und Abs. 5 GG hinaus (Brosius-Gersdorf in Dreier GG 3. Aufl. Art. 33 Rn. 84; vgl. auch v. Roetteken ZBR 2015, 154, 156; BK-GG/Höfling Stand Februar 2016 Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 74). Umfasst sind grundsätzlich sämtliche vom Staat (Bund, Länder, Gemeinden; unmittelbare und mittelbare Staatsverwaltung) bereitgestellten Positionen (Brosius-Gersdorf in Dreier aaO; vgl. auch Domgörgen in Hömig/Wolff GG 11. Aufl. Art. 33 Rn. 3; Jarass in Jarass/Pieroth aaO; Pieper in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO). Dabei ist gleichgültig, ob diese mit Beamten oder Arbeitnehmern zu besetzen sind (vgl.  - Rn. 16). Erforderlich ist aber, dass die Stelle der öffentlichen Gewalt und damit der Staatsorganisation zuzuordnen ist (vgl. AK-GG/Trute Stand August 2002 GG Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 22). Das ist der Fall, wenn sie der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient. Auf die Organisationsform, in der der Staat tätig wird, kommt es nicht an (Brosius-Gersdorf in Dreier aaO; BeckOK GG/Hense Stand Art. 33 Rn. 10; Vogg AuR 1993, 287, 290 f.; aA  - zu 1 c der Gründe). Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG.

17a) Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse an der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist ( 2 C 12.14 - Rn. 49, BVerwGE 151, 333). Dieser Grundsatz der Bestenauslese verhindert, dass für Personalentscheidungen andere als die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Bewertungskriterien (zB politische oder persönliche Verbundenheit, exekutivische Eigeninteressen) bestimmend sind (vgl. AK-GG/Trute aaO). Art. 33 Abs. 2 GG soll zum einen im öffentlichen Interesse das fachliche Niveau und die rechtliche Integrität öffentlicher Ämter gewährleisten (vgl.  - Rn. 22; Domgörgen in Hömig/Wolff aaO) sowie die Effizienz staatlicher Aufgabenerfüllung sichern (vgl. AK-GG/Trute aaO). Zum anderen trägt die Bestimmung dem berechtigten Interesse der Bewerber an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet ( - Rn. 12). Maßgeblich für die Bestimmung der Reichweite des Begriffs öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG ist, ob eine spezifische Gefährdungssituation für die durch diese Norm geschützten Interessen vorliegt (vgl. AK-GG/Trute aaO).

18b) Daran gemessen können - entgegen der Auffassung der Beklagten - unter den Begriff des öffentlichen Amts iSd. Art. 33 Abs. 2 GG auch Stellen bei öffentlichen Betrieben in privater Rechtsform fallen (vgl. Domgörgen in Hömig/Wolff aaO; Brosius-Gersdorf in Dreier aaO; BeckOK GG/Hense Art. 33 Rn. 10; Pieper in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke Art. 33 Rn. 36; Vogg AuR 1993, 287, 290 f.). Andernfalls hätte die öffentliche Hand die Möglichkeit, Art. 33 Abs. 2 GG durch Ausübung ihrer Wahlfreiheit bezüglich der Organisationsform, in der sie öffentliche Aufgaben wahrnimmt, ins Leere laufen zu lassen (Brosius-Gersdorf in Dreier aaO; vgl. auch zu Art. 1 Abs. 3 GG  - Rn. 48, BVerfGE 128, 226). Die Wahl der privaten Rechtsform für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben geschieht regelmäßig aus organisatorischen oder ökonomischen Gründen (vgl. AK-GG/Trute aaO Rn. 26). Sie verändert nicht den öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich und ist damit gleichfalls der Sphäre des Staates zuzuordnen. Jedenfalls soweit die öffentliche Gewalt in privater Rechtsform öffentliche Aufgaben wahrnimmt und nicht rein erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt, bedarf es zum Schutz der im öffentlichen Interesse liegenden Effizienz der Staatsorganisation und des Vertrauens der Bürger in den Staat sowie zum Schutz der Bewerber vor der Vergabe von Ämtern aus sachwidrigen Motiven der Absicherung durch das Prinzip der Bestenauslese.

193. Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Stelle der Bereichsleiterin KJM um ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG. Die Stelle dient der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und ist der öffentlichen Gewalt und damit der Staatsorganisation zuzuordnen.

20a) Die Stelle der Bereichsleiterin KJM ist in der Gemeinsamen Geschäftsstelle der Medienanstalten angesiedelt. Diese steht neben der Beklagten (§ 2 Abs. 4 iVm. § 7 ALM-Statut) auch den staatsvertraglich verfassten Kommissionen als Organen der Landesmedienanstalten, die Teil der öffentlichen Gewalt sind (vgl.  - zu C I 1 c der Gründe, BVerfGE 97, 298;  6 C 11.14 - Rn. 24, BVerwGE 152, 122), zur Verfügung (§ 35 Abs. 7 RStV) und damit - seit Auflösung der Geschäftsstelle der KJM in Erfurt - auch der KJM. Diese dient der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt als der für Rundfunkangebote und Telemedien zuständigen Aufsichtsbehörde (BeckOK JMStV/Liesching Stand § 1 Rn. 15) als Organ bei der Überprüfung der Einhaltung der für Rundfunkveranstalter oder für Anbieter von Telemedien geltenden Bestimmungen nach dem JMStV (§ 14 Abs. 1 und 2 iVm. § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV). Dessen Zweck ist der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen (§ 1 JMStV). Die KJM ist nach § 16 JMStV zuständig für die abschließende Beurteilung von Angeboten nach dem JMStV und dabei insbesondere für die Überwachung der Bestimmungen des JMStV, die Anerkennung von Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle und die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung, die Festlegung der Sendezeit nach § 8 JMStV, die Festlegung von Ausnahmen nach § 9 JMStV, die Prüfung und Genehmigung einer Verschlüsselungs- und Vorsperrungstechnik, die Anerkennung von Jugendschutzprogrammen und für die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung, die Stellungnahme zu Indizierungsanträgen bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und für Anträge bei der Bundesprüfstelle auf Indizierung und die Entscheidung über Ordnungswidrigkeiten nach dem JMStV. Nach § 17 Abs. 1 Satz 5 JMStV sind die Beschlüsse der KJM gegenüber den anderen Organen der zuständigen Landesmedienanstalt bindend. Sie sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 6 JMStV deren Entscheidungen zugrunde zu legen, sodass ihnen materiell Außenwirkung zukommt.

21Ausweislich der vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Stellenbeschreibung fallen im „Fachbereich KJM der Gemeinsamen Geschäftsstelle“ die Aufgaben der Vorbereitung der KJM-Sitzungen, die Koordinierung der Prüfverfahren (Einberufung der „Prüfgruppen und Prüfausschüsse“, Verfahrenscontrolling), die Durchsicht der Prüfungs- und Beschlussvorlagen auf Vollständigkeit und Entscheidungsreife, die Mitteilung der Entscheidungen der KJM an die zuständigen Landesmedienanstalten, die Pflege der Verfahrens- und Beschlussdatenbanken, die Koordinierung der Arbeitsgruppen, die „Federführung AG Verfahren“ und ggf. die „Mitarbeit in anderen AGs der KJM“, die Koordination und ggf. die Beantwortung von Anfragen und Beschwerden zum Jugendschutz, das Berichtswesen, die Bearbeitung inhaltlicher und rechtlicher Fragen zum Jugendschutz, die Bearbeitung von Anfragen der Bund- und Ländervertreter in der KJM und die Öffentlichkeitsarbeit an. Die Leitung des Fachbereichs KJM in der Gemeinsamen Geschäftsstelle ist Aufgabe der Bereichsleiterin KJM. Insbesondere gehören zu ihren Aufgaben die Koordinierung und ggf. inhaltliche Vorbereitung der Termine des KJM-Vorsitzenden und der Kommissionsmitglieder sowie der Sitzungen der KJM und ihrer Arbeitsgruppen, bei Bedarf die Aufbereitung von Grundsatzangelegenheiten im Bereich KJM, die Planung und Organisation von Veranstaltungen der KJM und - nach Absprache - die Teilnahme an Arbeitsgruppen, Workshops und Tagungen.

22b) Nach dieser Aufgabenverteilung dient die Stelle der Bereichsleiterin KJM der Erfüllung der von den Landesmedienanstalten als Teil der öffentlichen Gewalt wahrgenommenen öffentlichen Aufgabe des Schutzes der Kinder und Jugendlichen (vgl. zum Verfassungsrang dieses Schutzguts  - zu B I 2 a der Gründe, BVerfGE 83, 130). Die koordinierenden und vorbereitenden Arbeiten im Fachbereich KJM in der Gemeinsamen Geschäftsstelle sind wesentliche Grundlage für eine effiziente und effektive Erfüllung der öffentlichen Aufgabe des „einheitlichen Schutz[es] der Kinder und Jugendlichen“ (§ 1 JMStV) durch die insgesamt 14 Landesmedienanstalten (zur Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens im Bereich des Jugendmedienschutzes als vorrangiges Ziel des JMStV sh. S. 4 der Amtlichen Begründung zum JMStV, abrufbar ua. unter http://www.lpr-hessen.de/files/jmstv_amtlbegr.pdf). Die Stelle ist demnach der öffentlichen Gewalt und damit der Staatsorganisation zuzuordnen und damit auch ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG.

23c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es für die Annahme eines öffentlichen Amts iSd. Art. 33 Abs. 2 GG unerheblich, ob - bezogen auf die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben - der Stelleninhaber selbst nach außen gegenüber Privatpersonen oder juristischen Personen des Privatrechts auftritt oder selbst hoheitlich tätig wird. Solange die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Arbeitsaufgaben - wie hier - zur Erfüllung der öffentlicher Aufgaben beitragen - sei es auch nur durch unterstützende, koordinierende oder vorbereitende Tätigkeiten -, besteht ein schutzwürdiges Interesse der Öffentlichkeit und der Bewerber daran, dass solche Stellen nach dem Grundsatz der Bestenauslese vergeben werden. Nur so kann die Effizienz und Qualität der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung gesichert werden. Beides ist regelmäßig abhängig von sämtlichen Arbeitsbeiträgen, also auch den vorbereitenden und unterstützenden. Eine Differenzierung danach, ob der Beitrag zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben unmittelbar nach außen wirkt oder in Gestalt unterstützender oder vorbereitender Tätigkeiten lediglich mittelbar Außenwirkung entfaltet, würde diesem Schutzzweck ebenso wenig gerecht wie die Differenzierung nach der Organisationsform, in der die öffentliche Gewalt ihre Aufgaben wahrnimmt.

244. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht deshalb im Ergebnis als richtig, weil die Beklagte bei der Besetzung der Stelle der Bereichsleiterin KJM aufgrund ihrer Organisationsfreiheit nicht an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden gewesen wäre.

25a) Der öffentliche Arbeitgeber hat aufgrund seiner Organisationsfreiheit das Recht, zwischen verschiedenen Möglichkeiten, eine Stelle zu besetzen, zu wählen. Wie er diese Organisationsfreiheit nutzt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl.  - Rn. 40 mwN, BAGE 121, 67). Ein Art. 33 Abs. 2 GG entsprechendes Auswahlverfahren ist durchzuführen, wenn der öffentliche Arbeitgeber die zu besetzende Stelle unbeschränkt ausgeschrieben hat. Dann muss eine Gleichbehandlung zwischen Beförderungs- und anderen Bewerbern erfolgen (vgl.  - Rn. 48 mwN, aaO).

26b) Zwar erfolgte die Besetzung der Stelle der Bereichsleiterin KJM mit der Mitbewerberin B im Wege einer Abordnung von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien. Das Recht, die Stelle im Wege der Organisationsfreiheit vorrangig nicht durch eine Beförderung und damit ohne Bindung an die Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG zu besetzen, war jedoch aufgrund der erfolgten Ausschreibung ausgeschlossen, da die Beklagte die zu besetzende Stelle unbeschränkt ausgeschrieben hatte.

27II. Die Revision der Klägerin war nicht nach § 561 ZPO aufgrund einer Besetzung der Stelle mit einer anderen Bewerberin zurückzuweisen.

281. Der Anspruch des Bewerbers nach Art. 33 Abs. 2 GG auf Übertragung einer Stelle setzt dem Grundsatz nach voraus, dass diese noch nicht besetzt ist. Für eine Neubescheidung ist kein Raum, wenn die begehrte Stelle dem erfolgreichen Konkurrenten rechtswirksam auf Dauer übertragen worden ist. Die Stelle ist damit nicht mehr verfügbar ( - Rn. 35; - 9 AZR 672/06 - Rn. 22, BAGE 124, 80). Der unterlegene Bewerber hat regelmäßig keinen Anspruch auf „Wiederfreimachung“ oder Doppelbesetzung der Stelle ( - Rn. 26, BAGE 126, 26). Dem verfahrensfehlerhaft zurückgewiesenen Bewerber stehen allenfalls Schadensersatzansprüche zu, wenn ihm die Stelle hätte übertragen werden müssen ( - aaO). Nur wenn der öffentliche Arbeitgeber den effektiven Rechtsschutz des Bewerbers vereitelt, gilt eine Ausnahme. Dann ist es ihm entsprechend den Rechtsgedanken aus § 162 Abs. 2 BGB sowie aus §§ 135, 136 BGB verwehrt, dem übergangenen Bewerber die anderweitige Stellenbesetzung entgegenzuhalten ( - aaO; vgl. auch  - Rn. 30, aaO).

292. Die Beklagte hat die Stelle, auf die sich die Klägerin beworben hat, nicht in diesem Sinne mit der Mitbewerberin Frau B besetzt. Wann ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG besetzt ist, richtet sich nach der Ausgestaltung dieses Amts ( - Rn. 26, BAGE 124, 80). Eine Besetzung des Amts ist erfolgt, wenn dem ausgewählten Bewerber eine gesicherte Rechtsposition eingeräumt ist, die der so vorgenommenen Ausgestaltung des Amts entspricht (vgl.  - zu A II 4 der Gründe, BAGE 101, 153). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom (- 18 SaGa 848/13 -), mit der der Klägerin einstweiliger Rechtsschutz gegen die Besetzung der Stelle versagt wurde, mit der Begründung nicht zur Entscheidung angenommen, aufgrund der nur befristeten Besetzung der Stelle drohe der Klägerin vor Durchführung des Hauptsacheverfahrens kein endgültiger Rechtsverlust durch eine rechtlich verbindliche, dauerhafte Besetzung der Stelle ( -).

30III. Ob die Klägerin die am besten geeignete Bewerberin war und ob dem Anspruch der Klägerin die Neuausschreibung der Stelle und ihre Besetzung mit Frau R zum auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 16./ entgegensteht, vermag der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und des zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalts nicht zu beurteilen. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

311. Durch die Neuausschreibung der Stelle könnte der Besetzungsanspruch der Klägerin untergegangen sein. Denn mit der Neuausschreibung einer Stelle wird ein neues Auswahlverfahren eingeleitet, was zugleich den Abbruch des noch laufenden früheren Stellenbesetzungsverfahrens zur Folge hat ( - Rn. 21, BAGE 130, 107). Der Abbruch des Besetzungsverfahrens beseitigt die Ansprüche eines Stellenbewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG jedoch nur dann, wenn der Abbruch aus sachlichen Gründen erfolgte. Die konkrete Stellenausschreibung dient der verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs potenzieller Bewerber. Aus diesem Grund darf das Auswahlverfahren nur aus sachlichen Gründen abgebrochen werden ( - Rn. 23, aaO).

322. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob der in der Neuausschreibung liegende Abbruch aus sachlichen Gründen erfolgte. War dies der Fall, wäre der von der Klägerin im vorliegenden Verfahren verfolgte Besetzungsanspruch untergegangen. Die Klägerin könnte dann nur einen Besetzungsanspruch aufgrund der neuen Ausschreibung haben, den sie im Rechtsstreit mit der Beklagten vor dem Arbeitsgericht Berlin (- 55 Ca 18542/14 -) verfolgt. Lag für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens kein sachlicher Grund vor, wird das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage des Vorbringens beider Parteien zu entscheiden haben, ob die Klägerin die am besten geeignete Bewerberin ist und damit Anspruch auf die erstrebte Stelle hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:120416.U.9AZR673.14.0

Fundstelle(n):
BB 2016 S. 1716 Nr. 29
SAAAF-77501