Strafurteil: Strafzumessung bei Wegfall einer verjährten tateinheitlich begangenen Straftat; notwendige Feststellungen bei Steuerhinterziehung
Gesetze: § 46 Abs 2 StGB, § 52 StGB, § 53 StGB, § 78 Abs 3 Nr 4 StGB, § 263 StGB, § 267 Abs 1 StGB, § 267 Abs 1 S 1 StPO, § 370 AO
Instanzenzug: LG Würzburg Az: 5 KLs 711 Js 12673/12
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 15 Fällen jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit drei Fällen der Steuerhinterziehung, zwei Fällen der versuchten Steuerhinterziehung, vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und zwei Fällen des vorsätzlichen Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
21. Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Urkundenfälschung in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 der Urteilsgründe kann, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, keinen Bestand haben, weil insoweit die Strafverfolgung verjährt ist. Bei Tateinheit läuft für jedes Delikt die Verjährungsfrist gesondert (st. Rspr.; vgl. u.a. , NStZ-RR 2009, 43). Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist (§ 78a StGB). Beendet waren die Urkundenfälschungen mit Vorlage der Unterlagen bei der Bank. Die Vorlage erfolgte in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 vor dem . Die für den Straftatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) geltende Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die erste verjährungsunterbrechende Handlung war der Haftbefehl vom (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StGB). Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährungsfrist jedoch bereits abgelaufen.
3Der Eintritt der Verjährung begründet ein Verfolgungshindernis hinsichtlich des betreffenden Tatvorwurfs, das der Senat von Amts wegen zu beachten hat. Dies führt in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 der Urteilsgründe zum Wegfall des jeweils tateinheitlich mit Betrug erfüllten Tatbestands der Urkundenfälschung (vgl. ; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 206a Rn. 5). Insoweit hat der Senat den Schuldspruch geändert.
42. Der Wegfall der tateinheitlich begangenen Urkundenfälschungen in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 führt zur Aufhebung der betroffenen Einzelstrafen. Zwar dürfen auch verjährte Taten mit dem ihnen noch zukommenden Gewicht strafschärfend verwertet werden (vgl. , BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 11). Der Senat kann aber nicht ausschließen, dass der Wegfall der tateinheitlichen Delikte im Schuldspruch bei der Strafzumessung der Einzelstrafen in Kenntnis der Verjährung der Urkundenfälschungen zu einer milderen Bestrafung geführt hätte, zumal die Kammer ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte neben dem Betrug tateinheitlich noch einen weiteren Straftatbestand verwirklicht hat.
53. Der Schuldspruch wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen hat keinen Bestand, denn der Senat kann anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen, ob das Landgericht die Höhe der für den Veranlagungszeitraum 2011 festzusetzenden Gewerbe- und Körperschaftsteuer zutreffend errechnet hat. Die Kammer teilt lediglich mit, der Gewerbeertrag der GmbH bzw. deren Einkommen habe jeweils 797.000 € betragen.
6Das Landgericht hat versäumt, ausreichende Feststellungen zu den Besteuerungsgrundlagen zu treffen. Bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) reicht es regelmäßig nicht aus, dass die den Straftatbestand ausfüllende steuerrechtliche Norm bezeichnet und die Summe der verkürzten Steuern in den Urteilsgründen mitgeteilt wird. Vielmehr müssen die Urteilsgründe gemäß § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum unter Schuldgesichtspunkten so klare Feststellungen treffen, dass sowohl die dem Schuldspruch zugrunde liegenden steuerrechtlichen Gesichtspunkte als auch die Berechnung der verkürzten Steuern der Höhe nach erkennbar werden. Dazu gehören jedenfalls diejenigen Tatsachen, die den staatlichen Steueranspruch begründen, und diejenigen Tatsachen, die für die Höhe der geschuldeten und der verkürzten Steuern von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 12/15, wistra 2015, 477; vom - 1 StR 178/15, wistra 2015, 476; vom - 1 StR 154/11 und vom - 1 StR 229/09, wistra 2009, 396 f.; Urteil vom - 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546 mwN).
7Der Rechtsfehler betrifft auch die dem Schuldspruch jeweils wegen versuchter Steuerhinterziehung zugehörigen Feststellungen, die daher ebenfalls aufzuheben sind (§ 353 Abs. 2 StPO).
8Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen entzieht den zugehörigen Einzelstrafaussprüchen die Grundlage.
Raum Jäger Radtke
Mosbacher Fischer
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:020316B1STR619.15.0
Fundstelle(n):
AO-StB 2017 S. 14 Nr. 1
BFH/NV 2016 S. 1136
HFR 2016 S. 841 Nr. 9
PStR 2016 S. 203 Nr. 8
wistra 2016 S. 268 Nr. 7
IAAAF-71927