Umsatzsteuer; Unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Absatz 5 UStG
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I. Deckelung der Bemessungsgrundlage auf marktübliches Entgelt
Der , Skripalle, BStBl 1997 II S. 841) sowie nachfolgend der , BStBl 1997 II S. 840, , BStBl 2016 II S. 181, und , BStBl 2016 II S. 185) haben entschieden, dass die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG voraussetzt, dass die Gefahr von Steuerhinterziehung oder -umgehungen besteht. Hieran fehlt es im Ergebnis, wenn die Umsatzsteuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen an eine in § 10 Abs. 5 UStG benannte Person höher wäre als für vergleichbare Umsätze mit Endverbrauchern. Insoweit ist der Umsatz höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen. Mit dem KroatienAnpG zum wurde die von der Rechtsprechung vorgegebene Deckelung der Umsatzbesteuerung auf das marktübliche Entgelt in § 10 Abs. 5 UStG verankert. Die in diesem Zusammenhang stehenden , und , werden zeitgleich veröffentlicht. Im Nachfolgenden wird die aktuelle Verwaltungsauffassung in Abschnitt 10.7 Abs. 1 UStAE entsprechend angepasst.
II. Grundsätze des
Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils findet die Mindestbemessungsgrundlage bei Leistungen an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer jedenfalls dann keine Anwendung, wenn der vom Leistungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug keiner Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegt. Zur Begründung führt der BFH aus, dass § 10 Abs. 5 UStG als abweichende nationale Sondermaßnahme zur Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen eng auszulegen ist und nur angewandt werden darf, soweit dies hierfür unbedingt erforderlich ist (Rz. 28).
III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf die , , und , und auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom , BStBl 2010 I S. 846, der zuletzt durch das , BStBl 2016 I S. 239, geändert worden ist, in Abschnitt 10.7 wie folgt geändert:
Absatz 1 wird wie folgt geändert:
Satz 1 Nr. 1 wird wie folgt gefasst:
„Umsätze der in § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG genannten Vereinigungen an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder und Teilhaber oder diesen nahestehenden Personen (vgl. Beispiele 2 und 3);”
Die Sätze 4 und 5 und die nachfolgenden Beispiele werden wie folgt gefasst:
„ 4 Die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage setzt voraus, dass die Gefahr einer Steuerhinterziehung oder -umgehung besteht (vgl. , BStBl 1997 II S. 840, und , Skripalle, BStBl 1997 II S. 841). 5 Hieran fehlt es, wenn das vereinbarte Entgelt dem marktüblichen Entgelt entspricht oder der Unternehmer seine Leistung in Höhe des marktüblichen Entgelts versteuert (vgl. , BStBl 2016 II S. 181). 6 Insoweit ist der Umsatz höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen. 7 Marktübliches Entgelt ist der gesamte Betrag, den ein Leistungsempfänger an einen Unternehmer unter Berücksichtigung der Handelsstufe zahlen müsste, um die betreffende Leistung zu diesem Zeitpunkt unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zu erhalten. 8 Dies gilt auch bei Dienstleistungen z. B. in Form der Überlassung von Leasingfahrzeugen an Arbeitnehmer. 9 Sonderkonditionen für besondere Gruppen von Kunden oder Sonderkonditionen für Mitarbeiter und Führungskräfte anderer Arbeitgeber haben daher keine Auswirkung auf das marktübliche Entgelt. 10 Das marktübliche Entgelt wird durch im Einzelfall gewährte Zuschüsse nicht gemindert. 11 Das Vorliegen und die Höhe eines die Mindestbemessungsgrundlage mindernden marktüblichen Entgelts ist vom Unternehmer darzulegen.
Beispiel 1:
Tabelle in neuem Fenster öffnenFallVereinbartes EntgeltMarktübliches EntgeltWert nach § 10 Abs. 4 UStGBemessungsgrundlage110201515212101512312121512410121512Beispiel 2:1Eine KG überlässt einem ihrer Gesellschafter einen firmeneigenen Personenkraftwagen zur privaten Nutzung. 2Sie belastet in der allgemeinen kaufmännischen Buchführung das Privatkonto des Gesellschafters im Kalenderjahr mit 2 400 €. 3Der auf die private Nutzung des Pkw entfallende Anteil an den zum Vorsteuerabzug berechtigten Ausgaben (z. B. Anschaffungs- oder Herstellungskosten verteilt auf den maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG, Kraftstoff, Öl, Reparaturen) beträgt jedoch 3 600 €.
1 Die marktübliche Miete für den PKW beträgt 4 500 € für das Kalenderjahr.
2 Das vom Gesellschafter durch Belastung seines Privatkontos entrichtete Entgelt ist niedriger als die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG sowie als das marktübliche Entgelt. 3 Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz UStG ist deshalb die PKW-Überlassung mit 3 600 € zu versteuern.
1 Die marktübliche Miete für den PKW beträgt 1 800 € für das Kalenderjahr.
2 Das vom Gesellschafter durch Belastung seines Privatkontos entrichtete Entgelt übersteigt zwar nicht die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG, jedoch das niedrigere marktübliche Entgelt. 3 Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 UStG ist daher die Pkw-Überlassung mit dem vereinbarten Entgelt in Höhe von 2 400 € zu versteuern.
1 Die marktübliche Miete für den PKW beträgt 2 800 € für das Kalenderjahr.
2 Das marktübliche Entgelt bildet die Höchstgrenze für die Mindestbemessungs-grundlage. 3 Da das vereinbarte Entgelt unter dem marktüblichen Entgelt liegt, kommt gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz UStG das marktübliche Entgelt in Höhe von 2 800 € zum Ansatz.
Beispiel 3:1Ein Verein gestattet seinen Mitgliedern und auch Dritten die Benutzung seiner Vereinseinrichtungen gegen Entgelt. 2Das von den Mitgliedern zu entrichtende Entgelt ist niedriger als das von Dritten zu zahlende Entgelt.
1Der Verein ist nicht als gemeinnützig anerkannt.
2Es ist zu prüfen, ob die bei der Überlassung der Vereinseinrichtungen entstandenen Ausgaben das vom Mitglied gezahlte Entgelt übersteigen. 3Ist dies der Fall, sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG grundsätzlich die Ausgaben als Bemessungsgrundlage anzusetzen. 4 Übersteigen die Ausgaben das von den Dritten zu zahlende Entgelt, ist dieses (marktübliche) Entgelt die Bemessungsgrundlage. 5 Bei einem Ansatz der Mindestbemessungsgrundlage erübrigt sich die Prüfung, ob ein Teil der Mitgliederbeiträge als Entgelt für Sonderleistungen anzusehen ist.
1Der Verein ist als gemeinnützig anerkannt.
2Mitglieder gemeinnütziger Vereine dürfen im Gegensatz zu Mitgliedern anderer Vereine nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten. 3Erbringt der Verein an seine Mitglieder Sonderleistungen gegen Entgelt, braucht aus Vereinfachungsgründen eine Ermittlung der Ausgaben und ggf. des marktüblichen Entgelts erst dann vorgenommen zu werden, wenn die Entgelte offensichtlich nicht kostendeckend sind.”
Absatz 6 wird wie folgt gefasst:
„(6) 1Der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage steht nicht entgegen, dass über eine ordnungsgemäß erbrachte Leistung an einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer abgerechnet wird (vgl. , BStBl 2009 II S. 786). 2 Die Mindestbemessungsgrundlage ist jedoch bei Leistungen an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer dann nicht anwendbar, wenn der vom Leistungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug keiner Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegt (vgl. , BStBl 2016 II S. 187). 3 Dies ist der Fall, wenn die bezogene Leistung der Art nach keinem Berichtigungstatbestand des § 15a UStG unterfällt. 4 Abnehmer, die ihre Vorsteuern nach Durchschnittssätzen entsprechend den Sonderregelungen nach §§ 23, 23a und 24 UStG ermitteln, sind keine zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer.”
IV. Anwendung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
BMF v. - III C 2 -
S 7208/11/10001
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2016 I Seite 240
DB 2016 S. 504 Nr. 9
DStR 2016 S. 480 Nr. 8
StB 2016 S. 119 Nr. 4
UR 2016 S. 250 Nr. 6
UStB 2016 S. 72 Nr. 3
UVR 2016 S. 101 Nr. 4
Ubg 2016 S. 171 Nr. 3
HAAAF-68544