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Online-Nachricht - Donnerstag, 16.04.2015

Einkommensteuer | Arbeitszimmer eines Handelsvertreter kann Tätigkeitsmittelpunkt sein (FG)

Liegt der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters in seinem häuslichen Arbeitszimmer, können die Kosten hierfür vollständig als Betriebsausgaben anerkannt werden ().

Hintergrund: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung hierfür dürfen den Gewinn nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG).
Sachverhalt: Der Kläger war als selbstständiger Handelsvertreter im Bereich des Wurst- und Käsevertriebs überregional vor allem für einen Hauptauftraggeber tätig. Dabei verbrachte er etwa die Hälfte seiner Arbeitszeit mit Kundenbesuchen im gesamten Bundesgebiet und in den Niederlanden. Im Übrigen war er in seinem Arbeitszimmer tätig. Das Finanzamt erkannte die für das Arbeitszimmer geltend gemachten Kosten nur in Höhe von 1.250 € an, da es nicht den Tätigkeitsmittelpunkt des Klägers bilde. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass er die meisten seiner Aufgaben nicht im Außendienst habe erledigen können. Vielmehr erfolge die Aufnahme und die Abwicklung der Aufträge im Arbeitszimmer. Hierzu gehöre auch eine umfangreiche individuelle Bedarfsermittlung sowie die Kundenakquise und -pflege. Die Vorstellung neuer Produkte finde in der Regel nicht beim Kunden vor Ort, sondern auf Messen statt. Das Finanzamt ging weiterhin davon aus, dass die prägenden Tätigkeiten des Klägers im Außendienst stattfinden. Hierfür spreche insbesondere eine Klausel mit seinem Hauptauftraggeber, wonach er verpflichtet sei, die Kunden mindestens einmal monatlich zu besuchen.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Im Streitfall bildet das Arbeitszimmer des Klägers den qualitativen Schwerpunkt seiner Betätigung. Die vertragliche Verpflichtung, seine Kunden mindestens einmal im Monat zu besuchen, hat er tatsächlich nicht gelebt, weil hierfür kein Anlass bestand.

  • Die Reisetätigkeit ist nicht als Mittelpunkt seiner Tätigkeit anzusehen. Der Kläger übt keine klassische Außendiensttätigkeit aus, in der lediglich vor- und nachbereitende Tätigkeiten im Arbeitszimmer vorgenommen werden.

  • Die Produkte liefert er nicht selbst an die Kunden aus. Vielmehr steht er ihnen bezüglich des Sortiments, für die Annahme von Bestellungen und Reklamationen als Ansprechpartner zur Verfügung.

  • Seine Hauptaufgabe liegen darin, den Überblick über das Bestellverhalten des jeweiligen Kunden zu behalten und eine individuelle Angebots- und Bedarfsermittlung vorzunehmen.

  • Diese Aufgabe hat qualitativ ein höheres Gewicht als die Präsenz beim Kunden vor Ort, weil sich die Preise und das Sortiment der frischen Produkte häufig ändert und daher im Tagesgeschäft auf individuelle Kundenwünsche eingegangen werden muss.

  • Auch die Akquise von Neukunden erfolgt zunächst vom Arbeitszimmer aus. Diese Tätigkeiten sind nicht lediglich als dem Außendienst dienende Tätigkeiten anzusehen.

Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
IAAAF-46976