Online-Nachricht - Mittwoch, 07.11.2012

Einkommensteuer | Verlustverrechnung von Altverlusten nach Einführung der Abgeltungsteuer (FG)

Vorgetragene Altverluste aus privaten Veräußerungsgeschäften sind mit Einkünften aus Kapitalvermögen nach Einführung der Abgeltungssteuer nachrangig zu verrechnen (; Revision zugelassen).


Sachverhalt: Streitig sind Fragen der Verlustverrechnung von sog. Altverlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Einführung der Abgeltungsteuer: Die Kläger wollen ihren auf den festgestellten Verlustvortrag in voller Höhe auf die Veräußerungsgewinne nach neuem Recht anrechnen und die Veräußerungsgewinne, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, entsprechend dem allgemeinen Einkommensteuertarif versteuern lassen. Sie vertreten die Auffassung, dass aus § 23 EStG n.F. keine bestimmte Reihenfolge hinsichtlich der Verlustverrechnung herzuleiten sei. Das Finanzamt vertritt den Standpunkt, dass die aus dem VZ 2008 vorgetragenen Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften zuerst mit positiven Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften des Streitjahrs 2009 und erst anschließend mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden müssten (entsprechend NWB DAAAD-34883, Rz. 118). Ein Wahlrecht zur Verlustverrechnung existiere nicht. Dem folgten die Richter des FG.

Hierzu führten die Richter weiter aus: Bei den festgestellten Altverlusten ist der in § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG n.F. (früher: § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG a.F.) geregelte Verlustvortrag innerhalb derselben Einkunftsart (d.h. Verrechnung mit künftigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften) gegenüber dem durch § 23 Abs. 3 Satz 10 EStG n.F. eröffneten erweiterten Verlustausgleich (Verrechnung mit Einkünften aus Kapitalvermögen) vorrangig durchzuführen. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die diese Reihenfolge der Verrechnung regelt, existiert zwar nicht. Allerdings spricht für diese Sichtweise, dass der Verlustvortrag innerhalb der Einkunftsart bereits durch die Gesetzesfassung desjenigen Veranlagungszeitraums, in dessen Verlauf die Verluste entstanden oder auf deren Ablauf hin sie festgestellt worden sind (hier: zum ), verbindlich angeordnet worden ist. Denn in § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG a.F. war zwingend bestimmt, dass die festgestellten Verluste die Einkünfte des Steuerpflichtigen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 EStG a. F. zu "mindern" hatten. Demgegenüber trifft § 23 Abs. 3 Satz 10 EStG n. F. lediglich eine ergänzende Regelung für den Fall, dass ein solcher vorrangiger Verlustausgleich im Wege des Vortrags innerhalb derselben Einkunftsart nicht zum vollständigen Aufbrauchen der verbleibenden Altverluste führen würde. Anders ist auch der Wortlaut der Vorschrift ("Sie mindern abweichend von Satz 8 [...] auch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige [...] aus § 20 Abs. 2 [EStG n. F.] erzielt.") nicht zu verstehen.

Ein Wahlrecht ergibt sich hieraus nicht, da die Besteuerung des Einkommens im Grundsatz zwingend ausgestaltet sein muss und die Höhe der Bemessungsgrundlage und des Steuersatzes nicht zur Disposition des Steuerpflichtigen gestellt werden darf. Wäre dies gewollt gewesen, hätte der Gesetzgeber ein solches Wahlrecht anordnen müssen.

Hinweis: Das Gericht hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Das Urteil ist auf der Homepage des FG Baden-Württemberg veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Baden-Württemberg online


 

Fundstelle(n):
NWB VAAAF-44928