Online-Nachricht - Mittwoch, 10.10.2012

Einkommensteuer | Aufwendungen für einen zweisprachig geführten Kindergarten abziehbar (BFH)

Der BFH hat entschieden, dass die Kosten für die Unterbringung von Kindern in zweisprachig geführten Kindergärten grds. abziehbar sind. Nicht begünstigte Aufwendungen für die Vermittlung besonderer Fähigkeiten bzw. für einen Unterricht lägen nur dann vor, wenn die Kinderbetreuung gegenüber der Vermittlung der besonderen Fähigkeiten in den Hintergrund rückt (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 4f Satz 1 EStG in der Fassung bis zum VZ 2008 können Aufwendungen für „Dienstleistungen zur Betreuung“ eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes, unter weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen, in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen wie Betriebsausgaben abgezogen werden. Nach § 4f Satz 3 EStG sind Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen demgegenüber nicht begünstigt (aktuell ist dies in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG geregelt).
Sachverhalt: Im Streitfall besuchten die Kinder des Klägers einen deutsch-französischen Kindergarten. Neben der deutschen Erzieherin arbeitete eine französische Sprachassistentin mit in der Gruppe. Sie unterrichtete die Kinder nicht im klassischen Sinne. Sondern sie arbeitete mit der deutschen Erzieherin zusammen, plante und konzipierte die pädagogische Arbeit. Mit den Kindern sprach sie immer nur Französisch. Die Stadt als Träger des Kindergartens hatte mit dem Verein, der die französischen Assistenten stellte, einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Die Eltern zahlten aber das Entgelt für die Zusatzkraft in der Gruppe direkt an den Verein. Das Finanzamt lehnte die Aufwendungen ab, da die Assistentin nach dem Konzept Sprachfähigkeiten vermitteln sollte. Dies sei Unterricht, der nicht gefördert würde.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Der Begriff der Kinderbetreuung ist weit zu fassen. Er umfasst nicht nur die behütende und beaufsichtigende Betreuung, sondern auch die pädagogisch sinnvolle Gestaltung der in Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen verbrachten Zeit. Werden dem Kind demnach im Rahmen einer Betreuung und Erziehung beim Basteln und Werken, beim gemeinsamen Singen und Musizieren, beim Einüben eines fremdsprachigen Weihnachts- oder Kinderliedes oder beim Ballspiel erste handwerkliche, musische, sprachliche oder sportliche Fähigkeiten, also frühkindliche Bildung, vermittelt, dann steht dies einer Berücksichtigung der geleisteten Aufwendungen nach § 4f Satz 1 EStG nicht entgegen, unabhängig davon, ob es sich bei den genannten Fähigkeiten um allgemeine oder besondere Fähigkeiten handeln sollte. Denn die Vermittlung besonderer Fähigkeiten steht hier nicht im Vordergrund, sondern ist unselbständiger Bestandteil der Betreuung.
Anmerkung: Nicht begünstigte Aufwendungen für Unterricht oder die Vermittlung besonderer Fähigkeiten liegen nach Ansicht des BFH nur vor, wenn die Dienstleistungen in einem regelmäßig organisatorisch, zeitlich und räumlich verselbständigten Rahmen stattfinden und die vom Leistungserbringer während der Unterrichts- oder Kurszeit ausgeübte Aufsicht über das Kind und damit die   behütende   Betreuung gegenüber der Vermittlung der besonderen (sprachlichen, musischen, sportlichen) Fähigkeiten als dem Hauptzweck der Dienstleistung in den Hintergrund rückt. Im Streitfall bestätigte der BFH daher die Vorinstanz, die entschieden hatte, dass die Aufwendungen für die spielerisch vermittelten Fremdsprachenkenntnisse im Streitfall als Kinderbetreuungskosten geltend gemacht werden können (vgl. hierzu NWB-Nachricht v. 3.6.2011).
Quelle: BFH online
Hinweis: Eine ausführliche Kommentierung des Urteiles können Sie in der nächsten Ausgabe der NWB Heft 42/2012 S. 3360 lesen.

 

 

Fundstelle(n):
NWB EAAAF-44776