Online-Nachricht - Mittwoch, 26.09.2012

Einkommensteuer | Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit (BFH)

Der BFH hat entschieden, dass die Kosten einer Tagesmutter nicht steuerlich geltend gemacht werden können, wenn ein Elternteil erwerbstätig und der andere Elternteil schwanger ist. Denn eine Schwangerschaft als solche stellt keine Krankheit im Sinne des Gesetzes dar (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Von 2006 bis 2011 unterschied der Gesetzgeber zwischen erwerbsbedingten, ausbildungs-, krankheits- oder behinderungsbedingten Kinderbetreuungskosten (§§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG in der Fassung bis zum VZ 2008; § 9c EStG bis zum VZ 2011). Nach der im Streitjahr 2006 geltenden Fassung konnten Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben demnach nur geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige sich in Ausbildung befand, körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank war. Bei zusammenlebenden Eltern war der Abzug nur zulässig, wenn von beiden Elternteilen die Voraussetzungen erfüllt wurden.
Sachverhalt: Der Kläger war berufstätig. Die Klägerin befand sich zunächst in der Berufsausbildung, die sie allerdings nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahre 2004 unterbrach und die sie auch im Laufe des Streitjahres 2006 nicht wieder aufnahm. Im August dieses Jahres wurden die Kläger erneut Eltern. Das ältere Kind wurde u.a. in der Zeit der Schwangerschaft von einer Tagesmutter betreut. Die Kosten hierfür machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung geltend.
Hierzu führte der BFH weiter aus: § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. greift vorliegend nicht, weil die Kinder nicht zwischen drei und sechs Jahre alt waren. Auch lagen die persönlichen Abzugsvoraussetzungen nur beim erwerbstätigen Ehemann, nicht aber bei der Ehefrau vor. Diese befand sich weder in Ausbildung, noch war sie längerfristig erkrankt. Sie hatte ihre Ausbildung nach der Geburt des ersten Kindes unterbrochen - die gesetzliche Formulierung "sich in Ausbildung befindet" stellt nicht auf das formale Weiterbestehen eines Ausbildungsverhältnisses ab. Auch ist eine Schwangerschaft als solche keine Krankheit. Krank ist eine Schwangere nur in den Fällen, in denen während der Schwangerschaft länger als drei Monate andauernde gesundheitliche Komplikationen auftreten. Solche Umstände wurden im Streitfall nicht festgestellt.
Anmerkung: Es war nach Ansicht des BFH auch verfassungsgemäß, den Abzug von Kinderbetreuungskosten vom Vorliegen bestimmter persönlicher Anspruchsvoraussetzungen (Erwerbstätigkeit, Ausbildung, längerfristige Erkrankung u.ä.) abhängig zu machen. Bei der Auswahl der maßgeblichen Gründe komme dem Gesetzgeber ein Typisierungsspielraum zu, den er mit den streitgegenständlichen Bestimmungen noch nicht überschritten habe. Die in diesen Vorschriften enthaltene Beschränkung des Abzugs erwerbsbedingter und privater Kinderbetreuungskosten auf zwei Drittel der Aufwendungen und einen Höchstbetrag von 4.000 EUR je Kind verstoße ebenfalls nicht gegen das Grundgesetz. Gleiches gelte für Beschränkung der Steuerbefreiung auf Arbeitnehmer (§ 3 Nr. 33 EStG).
Quelle: BFH online
Hinweis: In seinem Urteil ging der BFH schließlich kurz auf die aktuelle Rechtslage ein. Seit 2012 können Kinderbetreuungskosten abgezogen werden, ohne dass persönliche Abzugsvoraussetzungen bei den Eltern vorliegen müssen (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG n.F.; vgl. hierzu auch Nolte in NWB LAAAE-08188).
 

 

 


 

Fundstelle(n):
NWB QAAAF-44691