Online-Nachricht - Montag, 25.06.2012

Einkommensteuer | Zusammenveranlagung von eingetragenen Lebenspartnerschaften (BFH)

Der III. Senat des BFH gewährt keine Aufhebung der Vollziehung bei einer abgelehnten Zusammenveranlagung von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Auch wenn wegen des offenen Ausgangs der anhängigen Verfassungsbeschwerden zweifelhaft sei, ob die §§ 26, 26b EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind, sei der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der geltenden Regelung überzeugt (, NV; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Vor dem BVerfG sind bezüglich der Frage, ob die Versagung der Zusammenveranlagung und des Splittingtarifs für Lebenspartnerschaften mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist, mehrere Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. NWB UAAAC-30135 und NWB KAAAD-34136). Die Rechtsprechung der Finanzgerichte zum Thema Splittingtarif für eingetragene Lebenspartner ist nicht einheitlich (vgl. hierzu insbesondere NWB-Nachricht v. 2.3.2012).
Sachverhalt: Der Antragsteller beantragte beim Finanzamt für die Jahre 2002 bis 2008 zusammen mit seinem Lebenspartner zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Das Finanzamt lehnte dies ab. Gegen die Ablehnung einer Zusammenveranlagung wandte sich der Antragsteller mit Einsprüchen. Außerdem beantragte er die "Aussetzung der Vollziehung" bzw. die „Aufhebung der Vollziehung“. Dies lehnte das Finanzamt ab. Die beim Finanzgericht gestellten Anträge hatten dagegen Erfolg. Das FG setzte die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide in Höhe der Differenzbeträge aus, die sich bei Anwendung des Splittingtarifs im Vergleich zu den bisherigen Einzelveranlagungen ergeben würden. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass die Schlechterstellung eingetragener Lebenspartnerschaften gegen den Gleichheitssatz verstoßen würde. Gegen diese Entscheidung hatte das Finanzamt Beschwerde beim BFH eingelegt. 
Hierzu führte der BFH weiter aus:  Eine Aufhebung der Vollziehung ist im Streitfall nicht gerechtfertigt. Es sind keine wesentlichen Nachteile erkennbar, die dem Antragsteller drohen könnten, wenn die Vollziehung nicht aufgehoben wird. Insbesondere wird die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen durch die Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide nicht unmittelbar und ausschließlich bedroht. Eine Aufhebung der Vollziehung ist auch nicht geboten, um eine erhebliche Verletzung von Grundrechten zu vermeiden, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte. Denn selbst schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Rechtsvorschrift allein rechtfertigen eine Aufhebung der Vollziehung wegen wesentlicher Nachteile nicht. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache führen nur dann zur Bejahung wesentlicher Nachteile, wenn die Rechtslage klar und eindeutig für die begehrte Regelung spricht und eine abweichende Beurteilung in einem etwa durchzuführenden Hauptverfahren zweifelsfrei auszuschließen ist. Eine Aufhebung der Vollziehung kann daher geboten sein, wenn das zuständige Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer streitentscheidenden Vorschrift überzeugt ist und diese deshalb dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt hat. Ein solcher Vorlagebeschluss ist jedoch durch den Senat nicht ergangen. Auch wenn wegen des offenen Ausgangs der beim BVerfG anhängigen Verfassungsbeschwerden 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07 zweifelhaft ist, ob die §§ 26, 26b EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind, ist der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der §§ 26, 26b EStG überzeugt. 
 Anmerkung: Die Beschwerde des Finanzamts sah der BFH als begründet an. Sie führte daher zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Finanzgerichts und damit zur Ablehnung der Anträge des Antragstellers.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Das Finanzministerium Baden-Württemberg hatte kürzlich darauf hingewiesen, dass die Finanzverwaltung in Baden-Württemberg vorläufig die Steuervorteile der Zusammenveranlagung für eingetragene Lebenspartner gewährt (vgl. hierzu NWB Nachricht v. 20.4.2012). Demgegenüber hält es das BMF nicht für geboten, generell und bundesweit vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren. Wie es in einer Antwort (BT-Drucks. 17/9472) der Regierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke heißt, will das BMF vielmehr die Entscheidungen des BFH in den anhängigen Beschwerdeverfahren zum vorläufigen Rechtsschutz abwarten.

 


 

Fundstelle(n):
NWB XAAAF-44184