Online-Nachricht - Freitag, 20.04.2012

Einkommensteuer | Steuervorteile für eingetragene Lebenspartner (FinMin)

Die baden-württembergische Finanzverwaltung gewährt vorläufig Steuervorteile für eingetragene Lebenspartner. Darauf weist das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft in Baden-Württemberg hin.

Hintergrund: Die Rechtsprechung der Finanzgerichte zum Thema Splittingtarif für eingetragene Lebenspartner ist nicht einheitlich (vgl. hierzu insbesondere NWB-Nachricht v. 2.3.2012). Vor dem Bundesverfassungsgericht sind bezüglich der Frage, ob die Versagung der Zusammenveranlagung und des Splittingtarifs für Lebenspartnerschaften mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist, bereits zwei Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. NWB UAAAC-30135 und NWB KAAAD-34136). 
 Finanzminister Dr. Nils Schmid: "Die baden-württembergische Finanzverwaltung schöpft ihr Ermessen zugunsten von eingetragenen Lebenspartnerschaften aus. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft in allen Lebensbereichen mit der Ehe gleichgestellt wird. Das gilt selbstverständlich auch für das Steuerrecht. Daher werden nun eingetragene Lebenspartner im Besteuerungsverfahren vorläufig mit Ehegatten gleichgestellt. Die Finanzämter des Landes wurden angewiesen entsprechend zu verfahren.“ Allerdings gelte es zu betonen, dass in dieser Frage eine endgültige Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten sei. Erst mit einem höchstrichterlichen Urteil aus Karlsruhe werde abschließende Rechtssicherheit eintreten. Bis zu diesem Zeitpunkt würden allerdings die steuerlichen Vorteile des Ehegatten-Splittings im Einspruchsverfahren durch vorläufigen Rechtsschutz gewährt. Im Wege der sogenannten Aussetzung der Vollziehung würde den eingetragenen Lebenspartnern die bislang den Ehegatten vorbehaltene Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer mit dem damit verbundenen Splitting-Verfahren gewährt. Folgerichtig seien auch bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren die Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV zu gewähren. "Durch diese Verfahrensweise vermeiden wir bis zu einer verfassungsrechtlichen Klärung weitere finanzgerichtliche Streitigkeiten. Klar ist aber auch, dass jedwede künftige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dieser Frage umgesetzt und von der Finanzverwaltung nachvollzogen wird", so Dr. Schmid abschließend.
Hinweis: Aus verfahrensrechtlichen Gründen können die Finanzämter den Anträgen der Lebenspartner auf Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer oder die Berücksichtigung der Steuerklassenkombination III/V oder IV/IV zunächst nicht stattgeben. Erst aufgrund des hiergegen eingelegten Einspruchs kann dann das Finanzamt den Lebenspartnern die Vorteile des Splitting-Verfahrens einräumen.
Quelle: Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg online
Anmerkung: Wird während eines Einspruchsverfahrens die Vollziehung eines Steuerbescheides ausgesetzt (§ 361 AO), so sind bei erfolglosem Rechtsbehelf (z.B. weil das BVerfG die aktuelle Rechtslage bestätigt) später Aussetzungszinsen in Höhe von 6% jährlich (§ 237 Abs.1 AO) an den Fiskus zu bezahlen. Ist anderseits eine Aussetzung nicht erfolgt (Einspruchsverfahren ruht nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO) und hat der Steuerpflichtige die streitige Steuerschuld bezahlt, so erhält er im Falle des Erfolgs - unter den weiteren Voraussetzungen des § 233a Abs. 1 und 2 AO - den Erstattungsbetrag vom Finanzamt mit 6% verzinst. 
 

 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-43847