Online-Nachricht - Freitag, 02.03.2012

Einkommensteuer | Splittingtarif für gleichgeschlechtliche Partner (FG)

Drei Senate des Finanzgerichts Baden-Württemberg haben sich in mehreren Entscheidungen mit der Frage befasst, ob der Steuervorteil des sog. Splittingtarifs (bzw. im Lohnsteuerabzugsverfahren - der Steuerklassenkombination III/V) auch von gleichgeschlechtlichen Partnern, die gemeinsam in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, in Anspruch genommen werden kann. Sie sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt.

Hintergrund:  Ehegatten, die nicht dauerhaft getrennt leben, können sich gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagen lassen, was wegen des progressiv ansteigenden Steuertarifs regelmäßig zu einer geringeren gemeinsamen Steuerschuld führt als die getrennte Veranlagung.
Hierzu führt das FG Baden-Württemberg weiter aus: 

  • Mit Urteil vom - NWB QAAAE-03046) hat der 12. Senat eine Ausdehnung des Splittingvorteils auf eingetragene Lebenspartnerschaften abgelehnt, weil dies dem eindeutigen Gesetzeswortlaut widerspricht und ihr der klar erkennbare gesetzgeberische Wille entgegensteht, eine derartige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften mit der Ehe eben nicht vorzunehmen. Davon, dass diese Ungleichbehandlung verfassungswidrig sein könnte, zeigte sich der 12. Senat nicht überzeugt.
     

  • Im Ergebnis ebenfalls abschlägig beschieden hat der 4. Senat mit Beschluss vom - NWB DAAAE-00441das Anliegen zweier Lebenspartner, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf ihren Lohnsteuerkarten die günstigere Steuerklassenkombination III/V zugewiesen zu bekommen. Auch wenn ernstliche Zweifel daran bestehen, ob die Beschränkung dieser Lohnsteuerklassenwahl auf Ehegatten mit der Verfassung vereinbar ist, muss das Aussetzungsinteresse der Lebenspartner bei der gebotenen Abwägung hinter dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung und dem Geltungsanspruch des (jedenfalls der Form nach ordnungsgemäß erlassenen) Einkommensteuergesetzes zurückstehen.
     

  • Die gleiche Abwägung hat auch der 3. Senat in seinen Beschlüssen vom - NWB BAAAD-96387 und v. - NWB TAAAE-00440 vorgenommen; er ist dabei jedoch zum gegenteiligen Ergebnis gelangt und hat deshalb im Wege der Aussetzung der Vollziehung den eingetragenen Lebenspartnern den Lohnsteuerabzug nach der Steuerklassenkombination III/V gewährt.

Hinweis: Gegen den Beschluss des 3. Senats vom hat die unterlegene Finanzverwaltung Beschwerde zum BFH eingelegt (Az. dort: III B 4/12).
Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v.
Anmerkung: Auch die Rechtsprechung anderer Finanzgerichte zu diesem Thema ist nicht einheitlich. So hat bspw. das FG Münster im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Wahl der Lohnsteuerklassen III und V durch Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zugelassen während das FG Düsseldorf eine Klage auf Änderung der Steuerklasse abgewiesen hat. Vor dem Bundesverfassungsgericht sind bezüglich der Frage, ob die Versagung der Zusammenveranlagung und des Splittingtarifs für Lebenspartnerschaften mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist, bereits zwei Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. NWB UAAAC-30135 und NWB KAAAD-34136). 
 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-43580