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Online-Nachricht - Montag, 16.01.2012

Einkommensteuer | Zur Liebhaberei bei einer selbständigen Rechtsanwältin (FG)

Auch bei einer Anwaltskanzlei entfällt ein für die Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend sind (, 7 K 1731/10 E, 7 K 2134/11 E).

Sachverhalt: Die Klägerin war zunächst als angestellte Rechtsanwältin und seit Januar 1999 als selbständige Rechtsanwältin mit einer Kanzlei in ihrem Wohnhaus tätig. Sie erzielte in den Streitjahren (2000 bis 2009) andauernd einen Verlust aus Ihrer freiberuflichen Tätigkeit. Dieser lag jeweils im niedrigen vierstelleigen Bereich. Der Ehemann der Klägerin erzielte in den Streitjahren hohe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung.

Hierzu führte das Gericht weiter aus: Bei einer Anwaltskanzlei spricht zwar der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Anwalt seine Kanzlei in der Absicht betreibt, Gewinne zu erzielen; denn ein Unternehmen dieser Art ist regelmäßig nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Dieser Grundsatz kann allerdings nicht in der Weise verstanden werden, dass bei einer Anwaltskanzlei automatisch eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden könnte. Vielmehr entfällt auch bei einer Anwaltskanzlei ein für die Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend waren. Als relevante Indizien für die Führung des Verlustbetriebs aus persönlichen Gründen kommen im Wesentlichen zwei zu würdigende Umstände in Betracht. Zum einen erscheint es als persönliches Motiv, wenn dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, mit denen er seine freiberuflichen Verluste verrechnet. Dieses Indiz ist insbesondere dann von Relevanz, wenn es sich - wie im Streitfall - um eine nebenberufliche selbständige Tätigkeit handelt und wenn dadurch Steuern gespart werden. Zum anderen spricht als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht, wenn es der Steuerpflichtige trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterlässt, Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebs zu ergreifen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin im Streitfall ihre Anwaltskanzlei aus persönlichen Beweggründen geführt, so dass der bei einer Anwaltskanzlei zunächst für eine Gewinnerzielungsabsicht sprechende Anscheinsbeweis im Streitfall entfallen ist.

Quelle: FG Münster online

 

Fundstelle(n):
TAAAF-43290