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Online-Nachricht - Freitag, 02.09.2011

Umsatzsteuer | Innergemeinschaftliche Lieferung bei Verbringen in ein Konsignationslager (FG)

Es ist ernsthaft in Betracht zu ziehen, dass das vorübergehende Verbringen von Waren, zu deren Abnahme der Kunde verpflichtet ist, in ein Konsignationslager und die anschließende, ohne weiteres Zutun des Lieferanten durch den Kunden erfolgte Entnahme aus dem Konsignationslager als einheitliche, in Deutschland nicht steuerbare innergemeinschaftliche Lieferung zu beurteilen ist ().


Hintergrund: Ein Konsignationslager ist ein Warenlager eines Lieferanten, welches sich im Unternehmen seines Kunden bzw. Abnehmers befindet. Bei einem Konsignationslager bleibt der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnimmt, geht das Eigentum an dieser vom Konsignanten auf den Konsignatar über. Liefert ein im Drittlands- oder Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer Waren aus dem Drittland oder dem Gemeinschaftsgebiet in ein von ihm in Deutschland unterhaltenes Konsignationslager, aus dem der inländische Abnehmer Waren bei Bedarf entnimmt, verschafft er nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung grds. erst im Zeitpunkt der Warenentnahme aus dem Konsignationslager die Verfügungsmacht im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG an den Abnehmer. Gleichzeitig verwirklicht er nach § 3 Abs. 6 UStG eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung (vgl. NWB GAAAD-41008).
Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob von der Antragstellerin in den Streitjahren unter Einschaltung eines Konsignationslagers erbrachte Lieferungen umsatzsteuerbare Inlandslieferungen oder nur in Spanien steuerbare innergemeinschaftliche Lieferungen sind. Die Antragstellerin ist eine Aktiengesellschaft nach spanischem Recht, die über keine Betriebstätte in Deutschland verfügt. Sie unterhält jedoch Lieferbeziehungen zu dem deutschen Zulieferer. Dabei werden die Lieferungen über ein in Deutschland belegenes sog. Call-Off-Lager abgewickelt. Das Lager hat der deutsche Zulieferer angemietet; die Lagerung erfolgt nach den Vorgaben und Weisungen des Zulieferers. Dieser ist nach den vertraglichen Vereinbarungen berechtigt, die von der Antragstellerin in Behältern des Zulieferers von Spanien in das Lager verbrachten Waren jederzeit zu entnehmen. Nach Entnahme der Waren hat der Zulieferer im Gutschriftsverfahren abgerechnet, ohne deutsche Umsatzsteuer auszuweisen.
Hierzu führt das Gericht u.a. aus: Im Streitfall kommt es ernsthaft in Betracht, dass diese Lieferungen gemäß § 3 Abs. 6 UStG ausschließlich in Spanien steuerbar sind. Das vorübergehende Verbringen in das Konsignationslager und die anschließende, ohne weiteres Zutun des Lieferanten durch den Kunden erfolgte Entnahme aus dem Konsignationslager könnte auch als einheitliche, in Deutschland nicht steuerbare innergemeinschaftliche Lieferung zu beurteilen sein. Dies gilt insbesondere nachdem der BFH entschieden hat, dass der Leistungsort grds. nach dem Beginn der Versendung zu bestimmen sei, selbst wenn die Ware bei einem Dritten im Inland zwischengelagert wird und die Herausgabe erst nach Freigabe durch den im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Lieferanten erfolgt ( NWB AAAAC-94779). In derartigen Fällen, in denen der Abnehmer schon bei Beginn der Versendung feststehe und teilweise schon zu diesem Zeitpunkt dessen Verpflichtung bestehe, die Waren zu einem späteren Zeitpunkt abzunehmen, könnte es geboten erscheinen, eine innergemeinschaftliche Lieferung an den Abnehmer schon bei Beginn der Versendung anzunehmen. Ob das angeführte BFH-Urteil, das keine Lieferung in ein Konsignationslager betraf, eine solche Sichtweise rechtfertigt, ist – soweit ersichtlich – noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidungen gewesen.
Quelle: NWB Datenbank
 

 

Fundstelle(n):
WAAAF-42492