Oberste Finanzbehörden der Länder - S 4514 BStBl 2015 I S. 1029

Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG

1 Allgemeines

Gesamthandsgemeinschaften sind grunderwerbsteuerrechtlich selbständige Rechtsträger. Daher unterliegen auch Erwerbsvorgänge zwischen einer Gesamthandsgemeinschaft und den an ihr Beteiligten bzw. zwischen Gesamthandsgemeinschaften der Steuer. Anders als bei Kapitalgesellschaften tritt bei Gesamthandsgemeinschaften keine Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens in der Hand der Personengesellschaft ein. Jeder Gesellschafter ist allein kraft seines Mitgliedschaftsrechts sachenrechtlich am Gesamthandsvermögen beteiligt (gesamthänderische Mitberechtigung).

Die Steuer für den Grundstücksübergang wird nach Maßgabe der §§ 5 und 6 GrEStG nicht erhoben, soweit der übertragende oder erwerbende Gesamthänder am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Dies gilt entsprechend beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand, soweit deren Gesamthänder identisch sind und ihre Beteiligungshöhe übereinstimmt.

Ist für den Fall der Auflösung der Gesamthand eine abweichende Auseinandersetzungsquote vereinbart, ist diese grundsätzlich maßgebend (§ 6 Abs. 1 Satz 2 GrEStG).

Die Begünstigungsvorschriften erstrecken sich auf folgende Vorgänge:

  • Übergang eines Grundstücks von mehreren Miteigentümern (§ 5 Abs. 1 GrEStG) oder von einem Alleineigentümer (§ 5 Abs. 2 GrEStG) auf eine Gesamthand.

    Dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 2 und des § 7 Abs. 1 GrEStG folgend, bei ähnlichen Konstellationen nur echte Wertverschiebungen zwischen Rechtsträgern grunderwerbsteuerlich zu erfassen, ist Grunderwerbsteuer ebenso nicht zu erheben, wenn mit der Aufhebung von Sondereigentum an Wohnungen und anschließender Realteilung jeder Beteiligte Eigentum entsprechend der bisherigen Aufteilung in Wohnungseigentum erwirbt;

  • Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer Gesamthänder (§ 6 Abs. 1 GrEStG) oder in das Alleineigentum eines Gesamthänders (§ 6 Abs. 2 GrEStG) und

  • Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand (§ 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG); dies gilt auch für Fälle, in denen die eine Gesamthand an der anderen Gesamthand beteiligt ist (vgl. , BStBl II S. 714).

Die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG bleibt nur erhalten, wenn bzw. soweit der grundstücksübertragende Gesamthänder seine – auf der Gesellschafterstellung beruhende – (Mit-)Berechtigung an dem auf die Gesamthand übergegangenen Grundstück und die Höhe seines Anteils am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Grundstücksübergang uneingeschränkt aufrechterhält (§ 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG). Andernfalls ist die Vergünstigung rückwirkend ganz oder teilweise zu versagen. Zur verfahrensrechtlichen Behandlung wird auf Tz. 9 dieses Erlasses verwiesen.

Die Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 1 bis 3 GrEStG gilt nicht, soweit

  • ein Gesamthänder bzw. dessen Rechtsvorgänger seinen Anteil an der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren vor dem Grundstücksübergang durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat (§ 6 Abs. 4 Satz 1 GrEStG);

  • eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Auflösung der Gesamthand vereinbart worden ist (§ 6 Abs. 4 Satz 2 GrEStG).

2 Gesamthand

Zu den Gesamthandsgemeinschaften i. S. der §§ 5 und 6 GrEStG gehören die Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG), die Partnerschaftsgesellschaften, die Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), die Erbengemeinschaften sowie die (fortgesetzten) Gütergemeinschaften.

Ausländische Gesellschaften sind ebenfalls begünstigt, sofern deren rechtliche Struktur den inländischen Gesamthandsgemeinschaften entspricht. Der Rechtstypenvergleich hat grundsätzlich anhand des gesetzlichen Leitbilds der ausländischen Gesellschaft zu erfolgen. Zum Rechtstypenvergleich ausgewählter ausländischer Rechtsformen vgl. Tabellen 1 und 2 des BStBl I S. 1076. Zu maßgebenden Kriterien für den Rechtstypenvergleich vgl. BStBl I S. 411.

3 Anteil am Vermögen

Unter Anteil am Vermögen ist

  • die sachenrechtliche Mitberechtigung des grundstücksübertragenden Gesellschafters, die sich aus der Stellung als Gesamthänder ableitet, und

  • die vermögensmäßige Beteiligung an dem in das gesamthänderische Vermögen übergegangenen Grundstück

zu verstehen. Maßgebend ist die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Beteiligung am Vermögen (fest oder variabel). Hierfür ist auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs i. S. v. § 23 GrEStG abzustellen.

Erfolgt die Grundstücksübertragung im Rahmen der Auflösung der Gesellschaft, ist eine eventuell abweichend vereinbarte Auseinandersetzungsquote maßgebend (§ 6 Abs. 1 Satz 2 GrEStG).

4 Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG in den Fällen der § 1 Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG

4.1 Anwendung in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG

In den Fällen des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG anwendbar. Die Steuer wird nicht erhoben, soweit der Anteil des in der fiktiv neuen Gesellschaft verbleibenden Gesellschafters dem Anteil entspricht, mit dem er am Vermögen der Gesamthand vor dem Gesellschafterwechsel beteiligt war. Das Ausmaß der Vergünstigung ist auf die Deckungsgleiche der Beteiligungen beschränkt.

Erfolgt die Änderung des Gesellschafterbestands in mehreren Teilakten, kommt es für das Ausmaß der Vergünstigung auf den Gesellschafterbestand vor dem ersten und nach dem letzten Teilakt an. Ein zwischenzeitliches Ausscheiden des verbliebenen Gesellschafters ist im Rahmen des § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG unbeachtlich. Maßgeblich ist, dass dieser seine Gesellschafterstellung mindestens bis zum ersten Teilakt innehatte und spätestens mit dem letzten Teilakt wieder erlangt. Das Gleiche gilt bei mehrstöckigen Personengesellschaften.

§ 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG ist im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG nach dem Zweck der Vorschriften einschränkend auszulegen. Kapitalgesellschaften, die durch die Änderung ihrer Beteiligungsverhältnisse in voller Höhe (vgl. , BStBl II S. 833) bzw. um mindestens 95 % (ab , StÄndG 2015, BGBl 2015 I S. 1834) als Neugesellschafter anzusehen sind, gelten im Rahmen der Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG als nicht am Vermögen der fiktiv neuen Gesamthandsgemeinschaft beteiligt. Andernfalls würde die Besteuerung nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG, die auch mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand erfasst, entgegen dem gesetzgeberischen Willen neutralisiert (vgl. , BStBl II S. 917).

4.2 Anwendung in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG

§ 6 Abs. 2 und Abs. 3 GrEStG ist anwendbar, wenn der Tatbestand bei einer grundbesitzenden Personengesellschaft verwirklicht wird. Dies gilt sowohl im Fall der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) als auch im Fall der Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 GrEStG).

Ein Erwerbsvorgang i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG ist beispielsweise gegeben, wenn bei einer GmbH & Co. KG mit Grundbesitz ein Kommanditist sowohl die anderen Kommanditanteile als auch mindestens 95 % der Anteile an der Komplementär-GmbH erwirbt. § 6 Abs. 2 und Abs. 3 GrEStG ist anwendbar, da der Kommanditist, in dessen Hand sich die Anteile i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG vereinigen, grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt wird, als habe er das Grundstück von der Gesellschaft erworben. Für den Anwendungsbereich des § 6 GrEStG liegen somit fiktive Grundstücksübertragungen von der GmbH & Co. KG auf den künftigen Alleinkommanditisten vor.

4.3 Anwendung in den Fällen des § 1 Abs. 3a GrEStG

Wird bei einer Personengesellschaft der Tatbestand des § 1 Abs. 3a GrEStG verwirklicht, ist § 6 Abs. 2 und Abs. 3 GrEStG anwendbar. Die Grundsätze zur Anwendung des § 6 GrEStG in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG gelten entsprechend.

5 Verhältnis zu den übrigen Steuervergünstigungen

Die allgemeinen Befreiungsvorschriften des § 3 GrEStG finden über die §§ 5 und 6 GrEStG bei Personengesellschaften Anwendung.

Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG können gleichzeitig sowohl nach einer personenbezogenen Befreiungsvorschrift (§ 3 GrEStG) als auch nach § 6 GrEStG (unter Beachtung der Beschränkungen des § 6 Abs. 4 GrEStG) begünstigt sein.

Die Steuervergünstigungen der §§ 5, 6 und 6a GrEStG stehen gleichrangig nebeneinander. Soweit die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nicht vorliegen oder später entfallen, kann eine andere Steuervergünstigung von Amts wegen gewährt werden, sofern deren Voraussetzungen vorliegen.

6 Fünfjährige Behaltensfrist

Die Fünfjahresfrist beginnt mit dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs i. S. v. § 23 GrEStG für den Erwerbsvorgang. Die Fristberechnung richtet sich nach §§ 186 ff. BGB.

7 Versagung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG

7.1 Allgemeines

Zur Vermeidung von Steuerumgehungen regelt § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG, dass die gewährte Vergünstigung rückwirkend zu versagen ist, soweit sich innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand der Anteil des übertragenden Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand vermindert.

Als Verminderung des Anteils des übertragenden Gesamthänders am Vermögen der Gesamthand ist z. B. das Ausscheiden aus der Gesellschaft, die Herabsetzung der Beteiligung durch Verkauf, Übertragung usw. auf andere Gesellschafter oder auf einen Treuhänder und die Aufnahme neuer Gesellschafter zu verstehen. Auch die Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders sowie die formwechselnde Umwandlung der erwerbenden Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft führt zum Wegfall der Steuervergünstigung für die Grundstücksübertragung.

Soweit eine Steuerumgehung objektiv ausgeschlossen ist, ist die Vorschrift des § 5 Abs. 3 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG ihrer Zielrichtung entsprechend einschränkend auszulegen (teleologische Reduktion).

7.2 Veräußerung des Grundstücks

Das Ausscheiden des Grundstücks aus dem Gesamthandsvermögen durch einen erneuten grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgang innerhalb der Frist des § 5 Abs. 3 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG führt nicht zur rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung, da eine Missbrauchsgestaltung objektiv ausgeschlossen ist. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG endet.

7.3 Formwechselnde Umwandlung

7.3.1 Formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand
7.3.1.1 Homogene formwechselnde Umwandlung

Die homogene formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand in eine andere Gesamthand lässt die gesamthänderische Mitberechtigung unberührt. Der Tatbestand des § 5 Abs. 3 GrEStG ist nicht erfüllt. Der formgewechselte Rechtsträger führt eine bereits laufende Fünfjahresfrist fort.

7.3.1.2 Heterogene formwechselnde Umwandlung

Die heterogene formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft führt zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung, da die gesamthänderische Mitberechtigung an dem Grundstück entfällt.

Beispiel 1:

A überträgt ein Grundstück auf eine OHG, an deren Vermögen A zu 50 % beteiligt ist. Innerhalb von 5 Jahren wird die OHG in eine GmbH formwechselnd umgewandelt.

Die Steuer für den Grundstücksübergang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 50 % nicht erhoben. Durch die formwechselnde Umwandlung geht die gesamthänderische Mitberechtigung verloren. Die Steuervergünstigung ist rückwirkend nach § 5 Abs. 3 GrEStG zu versagen. Die Steuerfestsetzung ist zu ändern.

7.3.2 Formwechselnde Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders
7.3.2.1 Homogene formwechselnde Umwandlung

Die homogene formwechselnde Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders führt nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Der formgewechselte Rechtsträger führt eine bereits laufende Fünfjahresfrist fort. Nachfolgende mittelbare Gesellschafterwechsel sind nur bei doppelstöckigen Personengesellschaften von Bedeutung.

Beispiel 2:

Eine GbR überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine KG. Am Vermögen der GbR sind die Gesellschafter A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % beteiligt. Am Vermögen der KG sind Z mit 10 % und die GbR mit 90 % beteiligt. Im Jahr 03 erfolgt eine formwechselnde Umwandlung der GbR in eine OHG. Im Jahr 04 überträgt C seinen Anteil an der OHG auf D.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG i. H. v. 90 % nicht erhoben.

Jahr 03:

Die formwechselnde Umwandlung des übertragenden Rechtsträgers (GbR) führt nicht zur Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Der formgewechselte Rechtsträger (OHG) führt die bereits laufende Fünfjahresfrist fort.

Jahr 04:

Das Ausscheiden von C innerhalb des Fünfjahreszeitraums führt zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG i. H. v. 45 % (50 % von 90 %). Die Steuerfestsetzung ist zu ändern.

Die Überwachung der Festsetzung ist in Bezug auf die unveränderte Beteiligung i. H. v. 45 % bis zum Ablauf des verbleibenden Fünfjahreszeitraums fortzusetzen.

Abwandlung:

Am Vermögen der KG ist neben der GbR mit 90 % nicht Z, sondern A, der auch mit 20 % am Vermögen der GbR beteiligt ist, mit 10 % beteiligt.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer gemäß § 6 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG i. H. v. 92 % nicht erhoben, weil insoweit die Gesamthänder der GbR und der KG identisch sind und ihre Beteiligungshöhe übereinstimmt. Danach berechnet sich die Höhe der Vergünstigung wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesellschafter
beteiligt an
Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG, soweit Beteiligungshöhe identisch
GbR
KG
A
20 %
  28 % (10 % + (20 % von 90 %))
20 %
B
30 %
  27 % (30 % von 90 %)
27 %
C
50 %
  45 % (50 % von 90 %)
45 %
Summe
100 %
100 %
92 %

Jahr 03:

Die formwechselnde Umwandlung des übertragenden Rechtsträgers (GbR) führt nicht zur Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Der formgewechselte Rechtsträger (OHG) führt die bereits laufende Fünfjahresfrist fort.

Jahr 04:

Das Ausscheiden von C innerhalb des Fünfjahreszeitraums führt zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG i. H. v. 45 % (50 % von 90 %). Die Steuerfestsetzung ist zu ändern.

Die Überwachung der Festsetzung ist in Bezug auf die unveränderte Beteiligung i. H. v. 47 % bis zum Ablauf des verbleibenden Fünfjahreszeitraums fortzusetzen.

7.3.2.2 Heterogene formwechselnde Umwandlung

Die heterogene formwechselnde Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders führt zur Anwendung des § 5 Abs. 3 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. In diesem Fall verliert der grundstücksübertragende Gesamthänder seine gesamthänderische Mitberechtigung am Vermögen der Gesellschaft und damit auch an dem Grundstück.

Nach Maßgabe der spezifischen grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung ändert sich als Folge einer heterogenen formwechselnden Umwandlung das grunderwerbsteuerliche Zuordnungssubjekt (analoge Anwendung des , BStBl 2014 II S. 268).

Beispiel 3:

Eine OHG überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine KG. Am Vermögen der OHG sind A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % beteiligt. Am Vermögen der KG sind Z mit 10 % und die OHG mit 90 % beteiligt. Im Jahr 02 erfolgt eine (heterogene) formwechselnde Umwandlung der OHG in eine GmbH. Im Jahr 03 überträgt C seinen Anteil an der GmbH auf D.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer gemäß § 6 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG i. H. v. 90 % nicht erhoben.

Jahr 02:

Die formwechselnde Umwandlung des übertragenden Rechtsträgers (OHG) führt zur Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Die bisher gewährte Vergünstigung i. H. v. 90 % ist rückwirkend mit Eintragung des Formwechsels im Handelsregister (§ 198 Abs. 1 UmwG) nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG in voller Höhe zu versagen. Die Steuerfestsetzung ist zu ändern und die Überwachung zu beenden.

Jahr 03:

Die Anteilsübertragung von C auf D ist für die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG unbeachtlich.

Abwandlung 1:

Die entsprechende Lösung ergibt sich, wenn es sich bei der übertragenden Gesellschaft um eine Kapitalgesellschaft handelt, die durch formwechselnde Umwandlung eine Gesamthand wird. Die zunächst gewährte Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG ist hier nach § 5 Abs. 3 GrEStG rückwirkend zu versagen.

Abwandlung 2:

Am Vermögen der KG ist neben der OHG mit 90 % nicht Z, sondern A, der auch mit 20 % am Vermögen der OHG beteiligt ist, mit 10 % beteiligt.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer gemäß § 6 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG i. H. v. 92 % nicht erhoben, weil insoweit die Gesamthänder der OHG und der KG identisch sind und ihre Beteiligungshöhe übereinstimmt. Danach berechnet sich die Höhe der Vergünstigung wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesellschafter
beteiligt an
Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG, soweit Beteiligungshöhe identisch
OHG
KG
A
20 %
  28 % (10 % + (20 % von 90 %))
20 %
B
30 %
  27 % (30 % von 90 %)
27 %
C
50 %
  45 % (50 % von 90 %)
45 %
Summe
100 %
100 %
92 %

Jahr 02:

Die formwechselnde Umwandlung des übertragenden Rechtsträgers (OHG) führt zur Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Die bisher gewährte Vergünstigung i. H. v. 92 % ist rückwirkend mit Eintragung des Formwechsels im Handelsregister (§ 198 Abs. 1 UmwG) nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG i. H. v. 82 % zu versagen und bleibt i. H. der weiter bestehenden unmittelbaren Beteiligung des A an der KG i. H. v. 10 % erhalten. Die Steuerfestsetzung ist zu ändern und die Überwachung insoweit fortzusetzen.

Jahr 03:

Die Anteilsübertragung von C auf D ist für die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG unbeachtlich.

7.4 Verhältnis zu den personenbezogenen Befreiungsvorschriften

Die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG entfallen (rückwirkend) über § 5 Abs. 3 GrEStG nur, wenn eine Umgehungsmöglichkeit tatsächlich besteht. Daher kommt eine rückwirkende Versagung der Steuervergünstigung nicht in Betracht, soweit ein der Verminderung des Anteils am Vermögen der Gesamthand entsprechender Grundstückserwerb nach den allgemeinen Vorschriften des § 3 GrEStG von der Steuer ausgenommen wäre.

7.4.1 Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG

§ 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG setzt die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus. Die Vorschriften sind daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Vergünstigungen nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 sowie nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG fortbestehen, soweit aufgrund einer gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfreien Schenkung eine Steuerumgehung objektiv ausscheidet (, BStBl II 2010 S. 302).

Eine gemischte Schenkung führt nur in Höhe des entgeltlichen Teils zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung. Die Steuerfestsetzung ist zu ändern. Soweit die Anteile unentgeltlich übertragen werden, bleibt die Steuervergünstigung erhalten und die Überwachung ist bis zum Ende der Fünfjahresfrist fortzusetzen.

Beispiel 4:

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück zum Kaufpreis von 100 000 € auf eine GmbH & Co. KG. Am Vermögen der GmbH & Co. KG sind A mit 50 %, B mit 50 % und die GmbH mit 0 % beteiligt. Im Jahr 03 überträgt A Anteile i. H. v. 30 % an der GmbH & Co. KG (Verkehrswert 500 000 €) auf seine Nichte C gegen Zahlung eines Kaufpreises von 100 000 €.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 50 % nicht erhoben.

Jahr 03:

Da A innerhalb der Fünfjahresfrist seinen Anteil am Vermögen der Gesamthand vermindert hat, ist die rückwirkende Versagung der Steuervergünstigung gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG zu prüfen. Die Anteilsübertragung erfolgte im Wege der gemischten Schenkung (Entgeltlichkeitsquote 100 000 €/500 000 € = 20 %). Soweit die Anteile entgeltlich übertragen worden sind, ist die Steuerfestsetzung zu ändern und die Steuer i. H. v. weiteren 6 % (20 % von 30 %), also insgesamt von 56 % festzusetzen. Soweit die Anteile unentgeltlich übertragen worden sind (24 %), bleibt es bei der Steuervergünstigung. Die Überwachung für die nicht übertragenen 20 % sowie die unentgeltlich übertragenen 24 % (= 44 %) ist bis zum Ende der Fünfjahresfrist fortzusetzen.

Soweit die Nichte C mit der Schenkung in die Rechtsposition des Schenkers A eingetreten ist, führt sie dessen bereits laufende Fünfjahresfrist fort.

Fortsetzung des Beispiels:

Die Nichte C veräußert innerhalb der Behaltensfrist des § 5 Abs. 3 GrEStG Anteile i. H. v. 10 % an der GmbH & Co. KG (bisher: 30 %) an den fremden Dritten D. Aufgrund des teilentgeltlichen Erwerbs der C entfällt die Steuervergünstigung für 80 % der von ihr weiterveräußerten Anteile gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG, weil die Steuer für die restlichen 20 % bereits im vorangegangenen Änderungsbescheid nacherhoben wurde. Die gewährte Steuervergünstigung von 44 % ist um weitere 8 % (80 % von 10 %) rückwirkend zu versagen. Es verbleibt eine Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG von 36 % (20 % für die bei A verbliebenen Anteile und 16 % für die auf C übertragenen Anteile).

7.4.2 Anwendung des § 3 Nr. 4 bis 6 GrEStG

Bei der Verminderung des Anteils des Gesamthänders am Gesamthandsvermögen verbleibt es bei der Steuervergünstigung, soweit der Anteil auf Personen übergeht, die (ohnehin) Grundstücke vom Gesellschafter nach § 3 Nr. 4 bis Nr. 6 GrEStG steuerfrei erwerben können. Der Rechtsnachfolger führt die bereits laufende Fünfjahresfrist des Rechtsvorgängers fort.

Beispiel 5:

Am Vermögen einer OHG sind die Gesellschafter A und B zu je 50 % beteiligt. A überträgt ein Grundstück auf die OHG. Innerhalb von fünf Jahren überträgt A seinen Anteil an der OHG auf seine Kinder.

A gibt zwar seine gesamthänderische Mitberechtigung auf. Dies erfolgt aber nur zu Gunsten seiner Kinder. Da ein dem Anteilserwerb durch die Kinder entsprechender Grundstückserwerb nach § 3 Nr. 6 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit wäre, ist die Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG ausgeschlossen.

In diesen Fällen ist der Rechtsnachfolger an die fünfjährige Behaltensfrist des Rechtsvorgängers gebunden. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG ist fortzusetzen.

7.5 Anteilsverminderung nach vorheriger Grundstücksveräußerung

Erfolgt eine Verminderung der Anteile nach vorheriger steuerbarer Grundstücksveräußerung (vgl. Tz. 7.2), ist § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG nicht anzuwenden, da eine Missbrauchsgestaltung objektiv ausgeschlossen ist. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG endet bereits mit der Veräußerung des Grundstücks.

Beispiel 6:

Am Vermögen einer OHG sind die Gesellschafter A, B und C zu je 1/3 beteiligt. Im Jahr 01 übertragen A und B jeweils ein Grundstück auf die OHG. Im Jahr 02 veräußert die OHG das von B übertragene Grundstück an C. Im Jahr 03 überträgt A seinen Anteil an der OHG auf D und scheidet damit aus der OHG aus.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Grundstücksübertragungen wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG jeweils i. H. v. 1/3 nicht erhoben.

Jahr 02:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Weiterveräußerung des von B übertragenen Grundstücks durch die OHG an C wird die Steuer nach § 6 Abs. 2 GrEStG in Höhe der Beteiligung des C am Vermögen der OHG (1/3) nicht erhoben.

Die Weiterveräußerung des von B auf die OHG übertragenen Grundstücks durch einen grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgang auf C führt nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG in Bezug auf B endet.

Jahr 03:

Da A durch die Anteilsveräußerung an D innerhalb von fünf Jahren nach der Übertragung seines Grundstücks aus der OHG ausscheidet und sich das Grundstück unverändert im Gesamthandsvermögen der OHG befindet, findet § 5 Abs. 3 GrEStG in Höhe seiner bis dahin bestehenden gesamthänderischen Mitberechtigung und seiner Beteiligung am Vermögen der OHG (1/3) Anwendung.

Die Steuerfestsetzung aus dem Jahr 01 ist zu ändern. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG in Bezug auf A endet.

7.6 Anwachsung

Eine Anwendung des § 5 Abs. 3 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG scheidet aus, wenn das Grundstück innerhalb der Fünfjahresfrist im Rahmen einer Anwachsung übergeht auf:

  • den grundstücksübertragenden Gesamthänder (in einem Rechtsakt [Beispiel 7] oder mehreren Rechtsakten),

  • einen Gesellschafter, der das Grundstück nicht übertragen hat (in einem Rechtsakt [Beispiel 8] oder in mehreren Rechtsakten [Beispiel 9]), oder

  • einen fremden Dritten (in einem Rechtsakt).

In diesen Fällen liegt jeweils ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbarer Rechtsvorgang vor, der einen Missbrauch objektiv ausschließt.

In Fällen, in denen der grundstücksübertragende Gesamthänder seine Beteiligung an der Gesamthand innerhalb der Fünfjahresfrist verringert, ohne dass hierdurch zugleich eine steuerbare Anwachsung verwirklicht wird, findet § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG hingegen Anwendung. Hat ein Mitgeseilschafter die Beteiligung in diesem Umfang übernommen, wird die Grunderwerbsteuer bei einer späteren Anwachsung in dessen Hand nicht erhoben, soweit es seinem Anteil am Vermögen der Gesamthand im Zeitpunkt der Anwachsung entspricht. Dieser umfasst sowohl die ursprüngliche als auch die hinzuerworbene Beteiligung (Beispiel 9).

Dem Grunde nach ist hinsichtlich der hinzuerworbenen Beteiligung der Tatbestand des § 6 Abs. 4 GrEStG erfüllt. Diese Norm dient in gleicher Weise wie § 5 Abs. 3 GrEStG der Missbrauchsvermeidung und soll erreichen, dass Anteilserhöhungen im Vorfeld einer Grundstücksübertragung ebenso wie Anteilsverminderungen nach einer Grundstücksübertragung zu einer Besteuerung führen. Soweit eine Steuerumgehung objektiv ausgeschlossen ist, ist die Vorschrift des § 5 Abs. 3 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG ihrer Zielrichtung entsprechend einschränkend auszulegen (teleologische Reduktion). Hat die Verminderung der Beteiligung des grundstücksübertragenden Gesellschafters bereits ganz oder teilweise zur rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG geführt, entfällt der Grund, auf die hinzuerworbenen Anteile die Sperrfrist des § 6 Abs. 4 GrEStG anzuwenden.

Beispiel 7: (Anwachsung auf den grundstücksübertragenden Gesamthänder in einem Rechtsakt)

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine GbR. Am Vermögen der GbR sind A mit 40 % sowie B und C mit je 30 % beteiligt. Im Jahr 04 übernimmt A die Anteile der anderen Gesellschafter der GbR (B und C) und führt das Unternehmen (nunmehr als Einzelunternehmen) fort.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 40 % nicht erhoben.

Jahr 04:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbare Anwachsung infolge der Übernahme der Gesellschaftsanteile der beiden ausscheidenden Gesellschafter B und C wird die Steuer nach § 6 Abs. 2 GrEStG zu 40 % nicht erhoben.

Die Anwachsung führt in Bezug auf die Übertragung im Jahr 01 nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG, weil A in Höhe seines bisherigen Anteils am Vermögen der GbR weiterhin am Wert des Grundstücks beteiligt ist. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG endet.

Beispiel 8: (Anwachsung auf einen anderen als den grundstücksübertragenden Gesamthänder in einem Rechtsakt)

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine GbR. Am Vermögen der GbR sind A mit 40 %, B mit 50 % und C mit 10 % beteiligt. Im Jahr 04 übernimmt B in einem Rechtsakt die Anteile der anderen Gesellschafter der GbR (A und C) und führt das Unternehmen (nunmehr als Einzelunternehmen) fort.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 40 % nicht erhoben.

Jahr 04:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbare Anwachsung infolge der Übernahme der Gesellschaftsanteile der beiden ausscheidenden Gesellschafter A und C durch B wird die Steuer nach § 6 Abs. 2 GrEStG in Höhe des seit der Übertragung des Grundstücks im Jahr 01 unverändert bestehenden Anteils am Vermögen der GbR (50 %) nicht erhoben.

Die Anwachsung führt in Bezug auf die Übertragung im Jahr 01 nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG, weil die Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des A an der GbR unmittelbar mit einem steuerbaren Rechtsvorgang im Zusammenhang steht und eine Steuerumgehung insoweit objektiv ausgeschlossen ist. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG endet.

Beispiel 9: (Anwachsung auf einen anderen als den grundstücksübertragenden Gesamthänder in mehreren Rechtsakten)

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine GbR. Am Vermögen der GbR sind A mit 50 % sowie B und C mit je 25 % beteiligt. Im Jahr 03 übernimmt B zunächst den Anteil des A und im Jahr 04 den Anteil des C und führt das Unternehmen (nunmehr als Einzelunternehmen) fort.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 50 % nicht erhoben.

Jahr 03:

Durch sein Ausscheiden aus der GbR hat A die an die Vergünstigung seiner Grundstücksübertragung anknüpfende Fünfjahresfrist nicht eingehalten. Die bisher gewährte Steuervergünstigung von 50 % ist nach § 5 Abs. 3 GrEStG rückwirkend zu versagen. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG endet.

Jahr 04:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbare Anwachsung infolge der Übernahme des Gesellschaftsanteils des vorletzten ausscheidenden Gesellschafters C wird die Steuer nach § 6 Abs. 2 GrEStG in Höhe der seit dem Anteilserwerb von A bestehenden gesamthänderischen Mitberechtigung des B an der GbR (75 %) nicht erhoben.

§ 6 Abs. 4 GrEStG ist nicht anzuwenden, weil der Erwerb des Anteils des A durch B im Zusammenhang mit einer rückwirkenden Versagung einer Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG stand und damit der Grunderwerbsteuer unterlegen hat.

7.7 Umwandlung einer mittelbaren in eine unmittelbare Beteiligung bzw. einer unmittelbaren in eine mittelbare Beteiligung

§ 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG findet keine Anwendung, wenn innerhalb der maßgeblichen Fünfjahresfrist die Beteiligung an der erwerbenden Gesamthand von einer, über eine oder mehrere Gesamthandsgemeinschaften bestehenden, mittelbaren zu einer unmittelbaren Beteiligung verstärkt wird. Eine Abschwächung von einer unmittelbaren zu einer mittelbaren Beteiligung führt zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung, soweit sich hierdurch der Anteil am Vermögen der erwerbenden Gesamthand vermindert. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligung sind die Vomhundertsätze am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

Mittelbare Beteiligungen über Kapitalgesellschaften bleiben unberücksichtigt, da deren Gesellschafter nicht an der Personengesellschaft beteiligt sind. Mit der Abschwächung einer unmittelbaren in eine mittelbare Beteiligung oder Verstärkung einer mittelbaren in eine unmittelbare Beteiligung endet nicht die Überwachung nach § 5 Abs. 3 bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG.

Beispiel 10: (Verstärkung einer mittelbaren in eine unmittelbare Beteiligung)

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine OHG. Am Vermögen der OHG sind B und eine KG mit je 50 % beteiligt. Am Vermögen der KG sind C und A mit je 50 % beteiligt. Im Jahr 04 erwirbt A von der KG deren Anteil an der OHG.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 25 % nicht erhoben, weil A in dieser Höhe mittelbar am Vermögen der OHG beteiligt ist.

Jahr 04:

Die Anteilsübertragung von der KG auf A stellt keinen steuerbaren Rechtsvorgang dar. § 5 Abs. 3 GrEStG ist nicht anzuwenden. A hat seine bisher mittelbare Beteiligung i. H. v. 25 % zu einer unmittelbaren Beteiligung i. H. v. 50 % verstärkt und bleibt somit weiterhin zu mindestens 25 % am Vermögen der OHG beteiligt.

Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG ist bis zum Ablauf der Fünfjahresfrist fortzuführen. Eine rückwirkende Versagung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG käme nur dann und soweit zur Anwendung, wie die Beteiligung des A innerhalb des verbleibenden Überwachungszeitraums 25 % unterschreitet.

Beispiel 11: (Abschwächung einer unmittelbaren zu einer mittelbaren Beteiligung)

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine OHG. Am Vermögen der OHG sind A und B mit je 50 % beteiligt. Im Jahr 04 überträgt A seinen OHG-Anteil auf eine KG. Am Vermögen der KG sind A und C mit je 50 % beteiligt.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 50 % nicht erhoben, weil A in dieser Höhe unmittelbar am Vermögen der OHG beteiligt ist.

Jahr 04:

Die Anteilsübertragung von A auf die KG stellt keinen steuerbaren Rechtsvorgang dar. Nach § 5 Abs. 3 GrEStG ist die Steuervergünstigung für die Grundstücksübertragung im Jahr 01 rückwirkend zu versagen, soweit A seine bisherige Beteiligung i. H. v. 50 % unterschreitet. Durch die Abschwächung seiner unmittelbaren Beteiligung i. H. v. 50 % zu einer mittelbaren Beteiligung i. H. v. 25 % geht die gesamthänderische Mitberechtigung des A an der OHG i. H. v. 25 % verloren. Die Steuerfestsetzung ist zu ändern.

Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG ist bis zum Ablauf der Fünfjahresfrist in Bezug auf die verbleibende Beteiligung i. H. v. 25 % fortzuführen.

7.8 Verwirklichung der Tatbestände nach § 1 Abs. 2a, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG

Eine Anwendung des § 5 Abs. 3 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG scheidet aus, wenn durch die Minderung des Anteils ein steuerbarer Rechtsvorgang i. S. des § 1 Abs. 2a, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG verwirklicht wird.

7.8.1 Verhältnis zu § 1 Abs. 2a GrEStG
7.8.1.1 Gesellschafterwechsel in einem Rechtsakt

Wird durch einen Gesellschafterwechsel der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG in einem Rechtsakt vollzogen, kommt § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG nicht zur Anwendung, da durch diesen steuerbaren Rechtsvorgang ein Missbrauch objektiv ausgeschlossen ist. Eine Anrechnung nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG scheidet daher aus (Hinweis auf Tz. 7.8.1.2).

Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG endet mit der Verwirklichung des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG.

Beispiel 12:

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 200 000 € auf eine OHG. Am Vermögen der OHG sind A mit 95 % und B mit 5 % beteiligt. Im Jahr 03 überträgt A einen OHG-Anteil i. H. v. 90 % und B seinen gesamten OHG-Anteil in einem Rechtsakt auf C.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 95 % nicht erhoben, weil A in dieser Höhe unmittelbar am Vermögen der OHG beteiligt ist.

Jahr 03:

Durch die Anteilsübertragungen von A und B auf C wird der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG verwirklicht. Durch die Änderung des Gesellschafterbestandes i. H. v. 95 % wird ein Grundstückserwerb durch eine neue OHG fingiert mit der Folge, dass § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG anzuwenden ist. Da A i. H. v. 5 % an der OHG beteiligt bleibt, ist die Steuer in dieser Höhe nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht zu erheben.

§ 5 Abs. 3 GrEStG ist auf den übertragenen Anteil des A i. H. v. 90 % nicht anzuwenden, da die Verminderung seines Gesellschaftsanteils zu einem steuerbaren Vorgang beigetragen hat und deshalb eine Steuerumgehung objektiv ausgeschlossen ist. Eine Anrechnung nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG scheidet aus.

Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG endet wegen der Verwirklichung des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG.

Eine neue fünfjährige Überwachungsfrist gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG beginnt.

7.8.1.2 Gesellschafterwechsel in mehreren Rechtsakten

Erfolgt der Gesellschafterwechsel i. S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG schrittweise, ist § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG sowohl auf die Gesellschafterwechsel, die zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a GrEStG beitragen, als auch auf solche, die den Tatbestand auslösen, anzuwenden.

Zur Vermeidung einer möglichen Doppelbelastung enthält § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG eine Anrechnungsregelung für die Fälle, in denen wegen der Verminderung des Anteils des übertragenden Gesellschafters am Vermögen der Gesamthand die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG rückwirkend entfällt und wegen des Gesellschafterwechsels eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG vorzunehmen ist. Danach ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG ermittelte Bemessungsgrundlage (Grundbesitzwert) die Bemessungsgrundlage anzurechnen, von der nach § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG die Steuervergünstigung rückwirkend zu versagen ist.

Eine Überwachung nach § 5 Abs. 3 bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG ist nur fortzuführen, soweit der Grundstücksübertragende weiterhin am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist.

Beispiel 13:

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 200 000 € auf eine OHG. Am Vermögen der OHG sind A mit 95 % und B mit 5 % beteiligt. Im Jahr 03 überträgt A einen OHG-Anteil i. H. v. 90 % an C und im Jahr 04 überträgt B seinen gesamten OHG-Anteil auf D. Der Grundbesitzwert im Jahr 04 beträgt 100 000 €.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 95 % nicht erhoben, weil A in dieser Höhe unmittelbar am Vermögen der OHG beteiligt ist.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kaufpreis/Bemessungsgrundlage (BMG)
200 000 €
Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG (Beteiligung 95 %)
./. 190 000 €
Grunderwerbsteuerrechtliche BMG
10 000 €
Zu entrichtende Steuer (hier 3,5 %)
350 €

Jahr 03:

Die Anteilsübertragung von A auf C stellt keinen steuerbaren Rechtsvorgang dar. Nach § 5 Abs. 3 GrEStG ist die Steuervergünstigung für die Grundstücksübertragung im Jahr 01 rückwirkend zu versagen, soweit sich der Anteil des A am Vermögen der Gesamthand i. H. v. 90 % vermindert.

Die Steuerfestsetzung ist zu ändern.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kaufpreis/BMG
200 000 €
Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG (Beteiligung 5 %)
./. 10 000 €
Grunderwerbsteuerrechtliche BMG
190 000 €
Festzusetzende Steuer (hier 3,5 %)
6 650 €
Bereits festgesetzte und entrichtete Steuer (Jahr 01)
350 €
Steuer durch Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG (180 000 € × 3,5 %)
6 300 €

Jahr 04:

Durch die Anteilsübertragungen von B auf D wird der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG verwirklicht. Durch die Änderung des Gesellschafterbestandes i. H. v. 95 % wird grunderwerbsteuerrechtlich ein Grundstückserwerb von einer neuen OHG fingiert mit der Folge, dass § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG anzuwenden ist. Da A i. H. v. 5 % am Vermögen der OHG beteiligt bleibt, ist die Steuer in dieser Höhe nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht zu erheben.

Auf die Bemessungsgrundlage für den Gesellschafterwechsel nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist die Bemessungsgrundlage im Jahr 03 nach § 5 Abs. 3 GrEStG gemäß § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG anzurechnen, für die die Steuervergünstigung rückwirkend zu versagen war. Eine Doppelbesteuerung wird hierdurch vermieden. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG endet mit der Verwirklichung des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG.

Es beginnt eine neue fünfjährige Überwachungsfrist gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG, die sich auf den Anteil des A i. H. v. 5 % bezieht.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Grundbesitzwert (§ 8 Abs. 2 Nr. 3Gr EStG)/BMG
100 000 €
Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 GrEStG (Beteiligung 5 %)
./. 5 000 €
Zwischensumme
95 000 €
./. 180 000 €
Grunderwerbsteuerrechtliche BMG
0 €

Eine Überwachung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG ist nicht erforderlich, weil der ungekürzte Grundbesitzwert für den nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang insgesamt geringer ist als der Anrechnungsbetrag nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG.

7.8.2 Verhältnis zu § 1 Abs. 3 GrEStG

Wird durch die Minderung des Anteils in einem Rechtsakt ein Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG verwirklicht, kommt es nicht zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG, da durch diesen steuerbaren Rechtsvorgang ein Missbrauch objektiv ausgeschlossen ist.

Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG endet mit der Verwirklichung des § 1 Abs. 3 GrEStG.

Sind einer Anteilsvereinigung eine oder mehrere Anteilsminderungen vorausgegangen, unterliegen diese hingegen der rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung. Eine Anrechnung ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Wird nach der Grundstücksübertragung eine Anteilsvereinigung i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG in der Hand des Grundstücksübertragenden verwirklicht, ist eine spätere Minderung seines Anteils unter das ursprüngliche Quantum unschädlich.

Beispiel 14:

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine GmbH & Co. KG. Am Vermögen der GmbH & Co. KG sind A und B mit je 50 % beteiligt. Die Komplementär-GmbH, an der A und B ebenfalls je 50 % der Anteile halten, ist nicht am Vermögen der KG beteiligt.

A überträgt im Jahr 02 seine Anteile an der GmbH & Co. KG und der GmbH auf B.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 50 % nicht erhoben, weil A in dieser Höhe unmittelbar am Vermögen der GmbH & Co. KG beteiligt ist.

Jahr 02:

Mit der Übertragung der Beteiligung am Vermögen der GmbH & Co. KG und der Anteile an der GmbH wird eine teils unmittelbare, teils mittelbare Anteilsvereinigung i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG in der Hand des B verwirklicht. Auf diesen Rechtsvorgang findet § 6 Abs. 2 GrEStG Anwendung, soweit dies durch § 6 Abs. 4 GrEStG nicht ausgeschlossen wird. Der Vorgang ist i. H. v. 50 % begünstigt.

Da der Anteil des A an der GmbH & Co. KG innerhalb der Fünfjahresfrist des § 5 Abs. 3 GrEStG übertragen wurde, wäre grundsätzlich die Steuervergünstigung rückgängig zu machen. Die Anteilsübertragung führt aber zu einem steuerbaren Rechtsvorgang, somit kommt § 5 Abs. 3 GrEStG nicht zur Anwendung. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG endet mit der Verwirklichung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG.

7.8.3 Verhältnis zu § 1 Abs. 3a GrEStG

Die Grundsätze zur Anwendung in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG gelten entsprechend.

Beispiel 15:

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine OHG. Am Vermögen der OHG sind A und B mit je 48 % und C mit 4 % beteiligt. Im Jahr 02 überträgt A 10 % der Anteile an der OHG auf B. Im Jahr 03 überträgt A die restlichen Anteile auf B.

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 48 % nicht erhoben, weil A in dieser Höhe unmittelbar am Vermögen der OHG beteiligt ist.

Jahr 02:

Die Anteilsübertragung stellt eine Anteilsminderung dar, für die die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG i. H. v. 10 % rückwirkend zu versagen ist. Die Überwachung nach § 5 Abs. 3 GrEStG ist bezüglich der verbleibenden Anteile des A an der OHG (38 %) fortzuführen.

Jahr 03:

§ 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist wegen der Altgesellschafterstellung des B nicht verwirklicht. § 1 Abs. 3 GrEStG wird durch die Anteilsübertragung aufgrund der gesamthänderischen Mitberechtigung des C nicht verwirklicht.

Aufgrund der Anteilsübertragung hat B erstmals eine wirtschaftliche Beteiligung i. S. des § 1 Abs. 3a Satz 1 GrEStG von 96 % inne. Der Vorgang ist in Höhe seiner seit mindestens 5 Jahren bestehenden Beteiligung i. H. v. 48 % nach § 6 Abs. 2 GrEStG begünstigt. Auch für die im Jahr 02 hinzuerworbenen Anteile i. H. v. 10 % ist die Vergünstigung nach § 6 Abs. 2 GrEStG zu gewähren. Die Vergünstigung ist nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 GrEStG ausgeschlossen, da die Übertragung dieser Anteile nach § 5 Abs. 3 GrEStG zu einer Versagung der Vergünstigung geführt hat (vgl. Tz. 7.6 letzter Absatz).

Da der Anteil des A an der OHG innerhalb der Fünfjahresfrist des § 5 Abs. 3 GrEStG übertragen wurde, ist die Steuervergünstigung i. H. v. 38 % rückwirkend zu versagen.

Dem B ist auch für die im Jahr 03 hinzuerworbenen Anteile i. H. v. 38 % die Vergünstigung nach § 6 Abs. 2 GrEStG zu gewähren. Die Vergünstigung ist nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 GrEStG ausgeschlossen, da die Übertragung dieser Anteile nach § 5 Abs. 3 GrEStG zu einer Versagung der Vergünstigung geführt hat (vgl. Tz 7.6 letzter Absatz).

8 Anzeigepflicht der Beteiligten nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG

Nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 GrEStG haben die Beteiligten Änderungen im Gesellschafterbestand einer Gesamthand bei Gewährung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 oder § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG innerhalb von zwei Wochen anzuzeigen, nachdem sie von dem anzeigepflichtigen Vorgang Kenntnis erhalten haben.

9 Verfahrensrechtliche Folgen

§ 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG versagt im Fall der Verminderung des Anteils des grundstücksübertragenden Gesellschafters am Vermögen der Gesamthand innerhalb der Fünfjahresfrist rückwirkend die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG.

Die Anteilsverminderung stellt ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 2 Satz 1 AO dar, das den ursprünglichen Entstehungszeitpunkt der Grunderwerbsteuer für die Grundstücksübertragung unberührt lässt. Die Grunderwerbsteuer ist somit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 AO rückwirkend für das Jahr der Grundstücksübertragung festzusetzen. Die Festsetzungsfrist beginnt insoweit mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO).

Die Verminderung des Anteils des grundstücksübertragenden Gesellschafters am Vermögen der Gesamthand innerhalb der Fünfjahresfrist ist vom Steuerpflichtigen gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG anzuzeigen. Daher ist auch die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu beachten. Die Festsetzungsfrist beginnt hiernach mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Anzeige nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG erstattet wurde, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr der Steuerentstehung (Kalenderjahr der Grundstücksübertragung) folgt. Das gilt auch, wenn die Anzeige nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG nicht erstattet wurde.

Sofern die Voraussetzungen beider Anlaufhemmungen nebeneinander vorliegen, ist die längere Anlaufhemmung für den Beginn der Festsetzungsfrist maßgeblich.

Bei Verletzung der Anzeigepflicht kommt ggf. auch eine Verlängerung der Dauer der Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO in Betracht.

10 Zeitlicher Anwendungsbereich

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und tritt an die Stelle der zu den §§ 5 und 6 GrEStG vorangegangenen Erlasse. Er ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

Inhaltlich gleichlautend
Oberste Finanzbehörden der Länder v. - S 4514
Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg - 3 - S 451.4/31
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat - 36 - S 4514 - 1/1
Senatsverwaltung für Finanzen Berlin - S 4514 - 1/2014 - 3
Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg - 31 - S 4514/15#01#01
Die Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen - S 4514 - 1/2015-2/2015
Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg - S 4514 - 2015/001 - 53
Hessisches Ministerium der Finanzen - S 4514 A - 019 - II 63/4
Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern - IV - S 4514 - 00000 - 2015/002
Niedersächsisches Finanzministerium - S 4514 - 41 - 35 2
Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen - S 4514 - 12 - V A 6
Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz - S 4514 A - 14-024 - 446
Saarland Ministerium für Finanzen und Europa - B/5 - S 4514 - 2#004
Sächsisches Staatsministerium der Finanzen - 35 - S 4514/30/2 - 2015/31331
Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt - 42 - S 4514 - 25
Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein - S 4514 - 026
Thüringer Finanzministerium - S 4514 A - 15


Fundstelle(n):
BStBl 2015 I Seite 1029
NAAAF-41633