BGH Beschluss v. - I ZR 151/14

Nichtzulassungsbeschwerde: Beschwer des zur Löschung urheberrechtsverletzender Inhalte verurteilten Hostproviders

Gesetze: § 3 ZPO, § 26 Nr 8 ZPOEG, § 97 UrhG

Instanzenzug: OLG Dresden Az: 11 U 24/14vorgehend Az: 5 O 510/13

Gründe

1I. Die Beklagte betreibt die Internetseite www.   .de und bietet ihren Kunden als Hostprovider die Möglichkeit, eigene Homepages auf Unterseiten dieser Internetseite zu betreiben. Der Kläger ist Inhaber der Internetseiten www.v.      .com und www.v.       .com, auf der er Verse veröffentlicht.

2Der Kläger übersandte der Beklagten mit Schreiben vom eine Auflistung von 70 Versanfängen. Er berief sich auf sein Urheberrecht an den Versen und forderte die Beklagte auf, die auf den Unterseiten ihrer Internetseite ohne seine Zustimmung eingestellten Texte zu entfernen oder zu diesen Versen einen elektronischen Verweis (Link) auf seine Internetseiten zu setzen. Die Beklagte wies den Kläger mit E-Mail vom darauf hin, dass er seinen Urheberrechtsanspruch noch nicht glaubhaft nachgewiesen habe. Auf ein anwaltliches Abmahnschreiben des Klägers vom entfernte die Beklagte die Texte von den Internetseiten.

3Der Kläger ist Urheber der 70 Verse, die über das von der Beklagten betriebene Portal veröffentlicht worden sind. Er sieht in dieser Veröffentlichung eine Verletzung seiner Urheberrechte und nimmt die Beklagte - soweit noch von Bedeutung - auf Unterlassung in Anspruch, die 70 (in einer Anlage aufgeführten) Texte öffentlich zugänglich machen zu lassen, wie über das von der Beklagten betriebene Portal (und in weiteren Anlagen abgebildet) geschehen.

4Das Landgericht hat den Unterlassungsantrag abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihm stattgegeben. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten. Mit der Revision will sie ihren Antrag auf Abweisung des Unterlassungsantrags weiterverfolgen.

5II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der von der Beklagten mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

61. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils. Wendet sich die beklagte Partei mit der Revision gegen die in den Vorinstanzen zu ihren Lasten titulierte Unterlassungspflicht, so richtet sich der Wert der Beschwer nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung (st. Rspr.; vgl. , ZIP 2014, 96 Rn. 4; Beschluss vom - I ZR 161/14, juris Rn. 4).

7Der nach dem Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung zu bemessende Wert der Beschwer entspricht zwar nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem nach dem Interesse der klagenden Partei an dieser Verurteilung zu bemessenden Streitwert. Denn das Interesse des Klägers an einer solchen Unterlassung ist pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers, wie etwa dem Verschuldensgrad, zu bewerten (vgl. , AfP 2011, 261 Rn. 5, mwN; Beschluss vom - I ZR 142/11, juris Rn. 7; Beschluss vom - I ZR 172/12, juris Rn. 8).

8Einer beklagten Partei, die weder die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen beanstandet noch sonst glaubhaft gemacht hat, dass für die Festlegung des Streitwerts maßgebliche Umstände, die bereits dort vorgebracht worden sind, nicht hinreichend berücksichtigt worden sind, ist es daher regelmäßig versagt, sich im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erstmals erreichenden Wert zu berufen (vgl. , juris Rn. 4; Beschluss vom - VIII ZR 160/14, juris Rn. 7; Beschluss vom - I ZR 161/14, juris Rn. 5).

92. Danach kann die Beklagte mit ihrem Begehren, den Wert der Beschwer abweichend von der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts mit einem Wert von über 20.000 € zu bemessen, schon deshalb nicht durchdringen, weil sie damit erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hervorgetreten ist.

10Der Kläger hat mit der Klage in den Vorinstanzen neben dem Unterlassungsanspruch einen Zahlungsanspruch in Höhe von 7.000 € und einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 1.049 € verfolgt. Landgericht und Berufungsgericht haben den Streitwert der Klage auf 25.000 € festgesetzt. Davon entfallen 7.000 € auf den Zahlungsanspruch. Der als Nebenforderung geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist bei der Wertberechnung nicht zu berücksichtigen (vgl. , juris Rn. 4; Beschluss vom - I ZR 31/13, juris Rn. 9). Den Streitwert des Unterlassungsanspruchs haben Landgericht und Berufungsgericht demnach - den Angaben des Klägers entsprechend - mit 18.000 € bemessen.

11Die Beklagte hat weder diese Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen beanstandet noch glaubhaft gemacht, dass für die Festlegung des Streitwerts des Unterlassungsantrags maßgebliche Umstände, die bereits dort vorgebracht worden sind, nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Sie macht erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geltend, sie müsse, um dem vom Berufungsgericht ausgesprochenen Verbot zu genügen, jährlich mehr als 50.000 € aufwenden; der Wert ihrer Beschwer durch dieses Verbot sei daher mit mindestens 22.000 € zu bewerten. Die Beschwerde verweist vergeblich auf den bereits in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag der Beklagten zur Unzumutbarkeit von Kontrollmaßnahmen, die ergriffen werden müssten, um eine künftige Verletzung von Urheberrechten des Klägers zu vermeiden. Diesem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, wie hoch der Aufwand für die nach Darstellung der Beklagten erforderlichen Kontrollmaßnahmen ist. Die Beschwerde kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte habe in den Vorinstanzen keine Veranlassung gehabt, die Streitwertfestsetzung anzugreifen und zu ihrer eigenen Beschwer im Falle des Unterliegens vorzutragen. Hierzu bestand entgegen der Ansicht der Beschwerde durchaus Veranlassung, da der Streitwert eines Unterlassungsantrags unter Berücksichtigung der Folgen einer diesem Antrag entsprechenden Verurteilung für die beklagte Partei zu bemessen ist.

123. Im Übrigen hat die Beschwerde nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Wert der von der Beklagten mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt.

13III. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre auch unbegründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

14IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Fundstelle(n):
EAAAF-32470