Gerichtskosten im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde: Teilweise Zurückweisung der Beschwerde und teilweise Fortführung des Beschwerdeverfahrens nach Zulassung als Revisionsverfahren
Gesetze: § 35 GKG, § 36 GKG, Nr 1242 GKVerz
Instanzenzug: Az: 7 U 5025/11 Urteilvorgehend LG München I Az: 33 O 6912/10
Gründe
I.
1Der Kläger hat von der Beklagten mit der Klage Zahlung von Verlustausgleich für das Jahr 1999 in Höhe von 39.016.198,68 € und für das Jahr 2000 in Höhe von 128.190.320,56 €, jeweils nebst Zinsen verlangt. Das Berufungsgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 39.016.198,68 € und 89.925.472,48 €, jeweils nebst Zinsen in einem geringeren als dem beantragten Umfang. Gegen die Nichtzulassung der Revision legten sowohl der Kläger als auch die Beklagte Beschwerde ein. Der Bundesgerichtshof hat die Revision hinsichtlich des Verlustausgleichsanspruchs für das Jahr 2000 nebst Zinsen zugelassen und im Übrigen beide Beschwerden zurückgewiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und der Streitwert für das Revisionsverfahren wurden jeweils auf 30.000.000 € festgesetzt. Der Kostenbeamte hat für das Revisionsverfahren nach Kostenverzeichnis Nr. 1230 der Anlage 1 zum GKG fünf Gebühren aus 30.000.000 € (548.680 €) und für die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nach Kostenverzeichnis Nr. 1242 der Anlage 1 zum GKG weitere zwei Gebühren aus 30.000.000 € (219.472 €) angesetzt. Dagegen richten sich die Erinnerungen beider Parteien gegen die Kostenrechnung, mit der sie die Aufhebung der Gebührenrechnung für die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde begehren.
II.
2Die Erinnerungen, über die gemäß § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 GKG der Einzelrichter zu entscheiden hat (, NJW 2015, 2194 Rn. 7; Beschluss vom - IX ZB 52/14, NJW-RR 2015, 1209 Rn. 1), haben keinen Erfolg.
3Zu Recht wurden neben den fünf Gebühren für das Revisionsverfahren aus einem Streitwert von 30.000.000 € zwei weitere Gebühren aus 30.000.000 € (219.472 €) gemäß Kostenverzeichnis Nr. 1242 der Anlage 1 zum GKG angesetzt. Für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren fallen nach Kostenverzeichnis Nr. 1242 der Anlage 1 zum GKG 2,0 Gebühren an, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Dagegen entsteht keine Gebühr, soweit der Beschwerde stattgegeben wird. Insoweit fallen Gebühren für das mit der Zulassung eröffnete Revisionsverfahren an. Wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und sie teilweise zurückgewiesen, bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstands für die Gerichtskosten und damit die beiden Gebühren gemäß Kostenverzeichnis Nr. 1242 der Anlage 1 zum GKG nach dem erfolglosen Teil der Beschwerde (, NJW 2004, 1048). Das sind hier wegen der Streitwertgrenze in § 39 Abs. 2 GKG 30.000.000 €. Anders als bei den Rechtsanwaltsgebühren (RVG VV Nr. 3506) findet keine Anrechnung von Gebühren für das Beschwerdeverfahren auf die Gebühren für das nachfolgende Revisionsverfahren statt, weder nach § 35 GKG noch nach § 36 GKG (, NJW-RR 2007, 418 Rn. 6). Bei der teilweisen Fortführung des Beschwerdeverfahrens nach einer Zulassung als Revisionsverfahren und bei einer teilweisen Zurückweisung der Beschwerde wird das Verfahren aufgespalten. Der insoweit entstehende Mehraufwand rechtfertigt den gesetzlich vorgesehenen gesonderten Gebührenansatz (vgl. , NJW-RR 2007, 418 Rn. 10).
4Entgegen der Rechtsauffassung der Erinnerungsführer ist davon auch keine Ausnahme zu machen, wenn der Streitwert nach § 39 Abs. 2 GKG begrenzt ist. Der Ansatz der Gebühren gemäß Kostenverzeichnis Nr. 1242 der Anlage 1 zum GKG ist nicht ausgeschlossen, wenn die mit der teilweisen Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde und teilweisen Durchführung des Revisionsverfahrens anfallenden Kosten die Kosten übersteigen, die anfielen, wenn das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und danach die Revision hinsichtlich aller Streitgegenstände durchgeführt würde. Bei Aufspaltung eines Verfahrens durch die teilweise Zurückweisung der Beschwerde und teilweise Durchführung des Revisionsverfahrens ist es immer, nicht nur in den Fällen der Streitwertbegrenzung nach § 39 Abs. 2 GKG möglich, dass insgesamt höhere Kosten entstehen als bei der Durchführung der Revision hinsichtlich des gesamten Streitgegenstandes.
5Auch der Zweck der Streitwertbegrenzung gebietet weder eine Anrechnung noch eine Obergrenze. Die Begrenzung in § 39 Abs. 2 GKG auf einen Höchstwert von 30.000.000 € soll vermeiden, dass bei hohen Streitwerten unverhältnismäßig hohe Gebühren entstehen, und soll das mit der Prozessführung verbundene Kostenrisiko für die Parteien in Verfahren mit hohen Streitwerten auf ein vertretbares Maß zurückführen (Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BR-Drucks. 830/03 S. 181). Allein die vom Streitwert abhängige Gebührenhöhe, nicht die vom Streitwert unabhängige Zahl der Gebühren sollte begrenzt werden. Eine Gesamtkostengrenze für ein Verfahren wurde nicht eingeführt. Das Kostenrisiko übersteigt ein vertretbares Maß nicht, wenn insgesamt im Beschwerde- und Revisionsverfahren maximal sieben Gebühren aus 30.000.000 € statt fünf Gebühren aus 30.000.000 € entstehen, zumal durch die teilweise Zurückweisung der Beschwerde ein Mehraufwand gegenüber einer einheitlichen Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand im Revisionsverfahren entstanden ist.
Drescher
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
NJW 2016 S. 1248 Nr. 17
NJW-RR 2016 S. 189 Nr. 3
QAAAF-18719