BGH Beschluss v. - 4 StR 403/15

Strafverfahren wegen Untreue: Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls bei unbilliger Härte

Gesetze: § 73c Abs 1 StGB, § 266 StGB, § 111i Abs 2 StPO, § 111i Abs 5 StPO, § 267 StPO

Instanzenzug: LG Essen Az: 32 KLs 13/14

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte      J.    wegen Untreue in 34 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten           Ja.    hat es wegen Beihilfe zur Untreue in 13 tateinheitlichen Fällen zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Ferner hat es „festgestellt, dass wegen eines Geldbetrags in Höhe von 3.943.855,66 Euro, den die Angeklagte aus den Taten erlangt hat, und wegen eines Geldbetrags in Höhe von 1.122.147,40 Euro, den der Angeklagte aus der Tat erlangt hat, abzüglich am gezahlter 11.250 Euro, am gezahlter 80.000 Euro sowie am gezahlter 18.625,05 Euro, von der Anordnung von Wertersatzverfall nur deshalb abgesehen wird, weil Ansprüche von Verletzten entgegenstehen“. Hiergegen richten sich die mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründeten Revisionen der Beschwerdeführer. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die jeweils nur allgemein erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

32. Die Schuld- und Strafaussprüche halten der materiell-rechtlichen Überprüfung stand, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.

43. Keinen Bestand haben jedoch die vorzitierten Feststellungen nach § 111 i Abs. 2 StPO.

5Die Wirtschaftsstrafkammer hat die Summe des von den beiden Angeklagten jeweils Erlangten durch eine Addition der verursachten Vermögensschäden ermittelt und die so errechneten Summen als die Beträge bezeichnet, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen. Auch im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung hat der Tatrichter indes die Regelung des § 73c Abs. 1 StGB zu beachten (, BGHSt 56, 39, 50; Beschlüsse vom - 2 StR 639/11, wistra 2012, 264, 265, vom - 4 StR 208/13, wistra 2013, 386, und vom - 4 StR 498/13). Deren Prüfung ist hier rechtsfehlerhaft unterblieben. Dafür, dass die Voraussetzungen des § 73c StGB im vorliegenden Fall nicht zu erörtern gewesen wären, bieten die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten keinen Anhalt.

64. Der neue Tatrichter wird die Vermögensverhältnisse der Angeklagten im Zeitpunkt seiner Entscheidung festzustellen haben. Daran anknüpfend wird sich das Landgericht mit den weiteren Voraussetzungen für die Anwendung des § 73c Abs. 1 StGB auseinanderzusetzen haben (vgl. zur Systematik des § 73c Abs. 1 StGB , NStZ 2010, 86, und vom - 4 StR 463/14, NStZ-RR 2015, 176; zur Frage einer unbilligen Härte nach Pfändung tätereigener Vermögensgegenstände aaO).

Sost-Scheible                              Roggenbuck                           Cierniak

                          Mutzbauer                                Quentin

Fundstelle(n):
wistra 2016 S. 152 Nr. 4
XAAAF-17694