Einkommensteuer | Zeitpunkt der Betriebsaufgabe eines insolventen Einzelunternehmens (FG)
Eine Betriebsaufgabe ohne ausdrückliche Betriebsaufgabeerklärung tritt schon ein, wenn der Betriebsinhaber sein nahezu wertloses Unternehmen auf neue Rechtsträger so umstrukturiert, dass der ursprüngliche Gewerbebetrieb nicht mehr fortgesetzt wird, ein nicht verkäufliches Betriebsgrundstück aber noch mehrere Jahre lang unter Zwangsverwaltung zurückbehält. Auf den Zeitpunkt der Veräußerung dieses Grundstücks kommt es nicht mehr an ().
Hintergrund: Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne die erzielt werden bei der Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Gewerbebetriebes (§ 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG). Eine Betriebsunterbrechung und damit keine Betriebsaufgabe ist anzunehmen, wenn nach den äußerlich erkennbaren Umständen – z.B. weil die zurückbehaltenen, nicht grundlegend umgestalteten und weiterhin gebrauchstauglichen Wirtschaftsgüter jederzeit die Wiederaufnahme des Betriebs gestatten – wahrscheinlich ist, dass die werbende Tätigkeit innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes, dessen Länge sich nach den Umständen des Einzelfalles bestimmt, in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufgenommen wird, so dass der stillgelegte und der wieder aufgenommene Betrieb wirtschaftlich identisch sind, oder der Betrieb alsbald ohne Aufgabe verpachtet wird (Schmidt/Wacker, a.a.O. EStG § 16 Rz. 181, m.w.N. zur Rechtspr.). Dabei wird in der jüngeren Rechtsprechung des BFH davon ausgegangen, dass bis zur Abgabe einer Aufgabe-Erklärung durch den Steuerpflichtigen in der Regel eine Betriebsunterbrechung vorliegt, wenn und solange – bezogen auf den Betriebszustand vor Einstellung der werbenden Tätigkeit – die Möglichkeit zur Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit besteht. Fehlt es an letzterem, ist grds. eine Betriebsaufgabe gegeben (Schmidt-Wacker, a.a.O., EStG § 16 Rz. 182, m.w.N. zur Rechtsp.).
Hierzu führt das Gericht weiter aus: Bereits mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Klägers stand im Streitfall fest, dass das Einzelunternehmen nicht mehr als Gewerbebetrieb fortzuführen war. Denn das Konkursverfahren wurde trotz Massenunzulänglichkeit nur eröffnet, weil die Sparkasse als Hauptgemeingläubiger bereit war, den Verfahrenskostenvorschuss zu zahlen. Dementsprechend wurde in der ersten Gläubigerversammlung festgestellt, dass das Einzelunternehmen geschlossen ist und geschlossen bleibt. Auch stand schon zu diesem Zeitpunkt fest, dass weder die bevorrechtigten noch die nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger eine Quote erhalten würden. Im Streitfall hat der Kläger mit der Gründung einer Auffang-GmbH und der wirtschaftlichen Ingangsetzung derselben zudem nach außen zu erkennen gegeben, dass er keine Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit des Einzelunternehmens anstrebt. In einem solchen Fall ist für eine Betriebsaufgabe keine besondere Aufgabeerklärung mehr notwendig, denn die Betriebsaufgabe ist ein tatsächlicher Vorgang und kein reiner Willensakt. Sie kann daher auch nicht durch Erklärung zurückgezogen werden.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 plant der Gesetzgeber die Einführung einer gesetzlichen Betriebsfortführungsfiktion in den Fällen der Betriebsverpachtung und –unterbrechung. Ein Gewerbebetrieb soll hiernach solange nicht als aufgegeben gelten, bis der Steuerpflichtige die Aufgabe ausdrücklich erklärt oder dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe erfüllt sind (§ 16 Abs. 3b EStG-E). Die Neuregelung zur Betriebsaufgabeerklärung soll auf alle Betriebsaufgaben nach dem Tag der Verkündung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 angewandt werden (§ 52 Abs. 34 Satz 9 EStG-E). Da im o.g. Streifall eine Wiederaufnahme des Einzelunternehms aufgrund tatsächlicher Umstände nicht mehr möglich war, hätte das Finanzgericht den Streitfall vermutlich auch unter der neuen Rechtslage so entschieden.
Fundstelle(n):
LAAAF-17176