Online-Nachricht - Montag, 16.05.2011

Umsatzsteuer | Steuerpflicht für Umsätze einer Privatklinik europarechtswidrig? (FG)

Der 15. Senat des Finanzgerichts Münster hält es für ernstlich zweifelhaft, dass Krankenhausumsätze einer Privatklinik mit Umsatzsteuer belastet werden (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei, wenn sie – von Einrichtungen des öffentlichen Rechts (§ 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG) oder – von den in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Buchst. aa bis gg UStG genannten Einrichtungen jeweils im Rahmen des von der Zulassung, dem Vertrag bzw. der Regelung nach Sozialgesetzbuch erfassten Bereichs erbracht werden.
Sachverhalt: Im Streitfall betreibt die Antragstellerin eine Privatklinik in der Rechtsform einer GmbH. Nach Auffassung des Finanzamts sind die von der Antragstellerin erbrachten Krankenhausumsätze und ärztlichen Heilbehandlungsleistungen umsatzsteuerpflichtig, da sie - was unstreitig ist - nicht die persönlichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG erfüllt, insbesondere keine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" ist. Der 15. Senat des Finanzgerichts Münster gab der Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Recht und setzte die festgesetzte Umsatzsteuer von der Vollziehung aus.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Es ist  ernstlich zweifelhaft, ob § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG im Hinblick auf ihren beschränkten persönlichen Anwendungsbereich vom nationalen Gesetzgeber richtlinienkonform umgesetzt worden ist. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet es, dass Wirtschaftsunternehmen, die die gleichen Leistungen unter vergleichbaren Umständen erbringen, bei der Umsatzbesteuerung unterschiedlich behandelt werden. Der generelle Steuerbefreiungsausschluss für Umsätze von Privatkliniken kann diesem Grundsatz entgegenstehen. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der insofern maßgeblichen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSyStRL) gibt vor, dass die Umsätze privatrechtlich organisierter Krankenanstalten von der Umsatzsteuer zu befreien sind, wenn sie unter Bedingungen erbracht werden, die auch für ein öffentlich-rechtliches Krankenhaus gelten. Aus diesem Grunde kann sich die Antragstellerin - zunächst jedenfalls für Zwecke des einstweiligen Rechtsschutzes - unmittelbar auf diese Richtlinie berufen.
Anmerkung: Der Senat hat die Beschwerde zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH liegt noch nicht vor.
Quelle: FG Münster online
 

 

Fundstelle(n):
NWB GAAAF-17143