Online-Nachricht - Mittwoch, 13.04.2011

Gewerbesteuer | Insolvenzverwalter mit qualifizierten Mitarbeitern (BFH)

Eine aus einem beratenden Betriebswirt und einem Dipl.-Ökonom bestehende Partnerschaftsgesellschaft, die Insolvenzverwaltung betreibt, erzielt auch dann Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, wenn sie fachlich vorgebildete Mitarbeiter einsetzt, sofern ihre Gesellschafter als Insolvenzverwalter selbst leitend und eigenverantwortlich tätig bleiben (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft und erzielte überwiegend Einnahmen aus der Insolvenzverwaltung. Neben den beiden Gesellschaftern wurden in den Jahren 2000 bis 2003 zwischen 21 und 34 Mitarbeiter (einschließlich Auszubildende und Aushilfen) beschäftigt. Aufgrund einer Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 ging das beklagte Finanzamt davon aus, dass die Einkünfte, die die Klägerin bisher als solche aus einer freiberuflichen Tätigkeit erklärt hatte, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen seien.

Dazu führt der BFH aus, dass dem Erfordernis der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG eine Berufsausübung nur entspricht, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist und die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet. Nur unter diesen Voraussetzungen trägt die Arbeitsleistung - selbst wenn der Berufsträger ausnahmsweise in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeitet - den erforderlichen "Stempel der Persönlichkeit" des Steuerpflichtigen. Ob diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitsorganisation einer Insolvenzverwalterpraxis wie auch der Zahl der betreuten Verfahren und der Zahl qualifizierter Mitarbeiter vorliegen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die den FG als Tatsacheninstanz obliegt. Diese Würdigung ist jeweils nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls und den Besonderheiten des jeweiligen Berufs vorzunehmen.

Quelle: BFH online

Anmerkung der NWB-Redaktion: Der VIII. Senat des BFH setzt seine Rechtsprechung zur selbständigen Tätigkeit von Insolvenzverwaltern fort. Er sieht es als Gebot der Gleichbehandlung an, die nur die Nr. 1 des § 18 Abs. 1 EStG betreffende Regelung zur Aufgabe der sog. Vervielfältigungstheorie auch auf die selbständige Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG „entsprechend” anzuwenden. Ging es im NWB FAAAD-74766 noch um die Insolvenzverwaltertätigkeit von Rechtsanwälten, also Berufsangehörigen, zu deren eigentlicher Tätigkeit auch die Insolvenzverwaltung ohne weiteres zuzurechnen ist, so hatte es der BFH im Streitfall mit einem Betriebswirt und einem Dipl. Ökonomen zu tun. Im ersten Fall waren 5-12 Mitarbeiter beschäftigt und im Streitfall zwischen 21 und 34 Mitarbeitern. Ist also nunmehr entscheidend, ob der Berufsträger trotz einer Vielzahl von Mitarbeitern seine Berufstätigkeit noch leitend und eigenverantwortlich ausübt, dann wird sich alsbald die Frage stellen, wie die groß die Anzahl von Mitarbeitern sein muss, damit dies die Vermutung begründet, der Steuerpflichtige sei nicht mehr in der Lage, der Tätigkeit den „Stempel seiner Persönlichkeit“ aufzudrücken. Das BMF hat sich bisher noch nicht zu der Entscheidung VIII R 50/09 geäußert; ungewiss ist bisher auch, ob das Urteil im BStBl Teil II abgedruckt werden soll.

 

Fundstelle(n):
NWB MAAAF-16973