Online-Nachricht - Mittwoch, 05.01.2011

Einkommensteuer | Heimkosten abziehbar ohne Schwerbehindertenmerkzeichen (BFH)

Die Kosten für einen krankheitsbedingten Aufenthalt in einem Seniorenheim sind auch dann als außergewöhnliche Belastung einkommensteuerlich abziehbar, wenn keine ständige Pflegebedürftigkeit besteht und auch keine zusätzlichen Pflegekosten abgerechnet worden sind (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die 1930 geborene Klägerin ist seit 1999 in psychiatrischer Behandlung. Im Anschluss an eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik von April bis Juli 2004 zog sie auf ärztliche Empfehlung in ein Appartement in einem Seniorenheim. Mit Beschluss vom ordnete das Amtsgericht die Betreuung der Klägerin an. Der Heimbetreiber rechnete gegenüber der Klägerin monatlich die Kosten für Miete (1.288,46 €) und Verpflegung (269,45 €) ab. Pflegekosten wurden nicht in Rechnung gestellt. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2005 und 2006 machte die Klägerin die Mietaufwendungen in Höhe von insgesamt 15.462 € (1.288,46 € x 12) als außergewöhnliche Belastung geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Hierzu führt der BFH weiter aus: Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim. Liegt dagegen ein durch Krankheit veranlasster Aufenthalt in einem Alters- oder Pflegeheim vor, stellen sich die Aufwendungen für die Heimunterbringung als Krankheitskosten dar (BFH-Urteile NWB ZAAAB-04063; v. NWB XAAAA-89291; NWB HAAAA-89415; s. auch R 33.3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStR 2008). Es gelten die allgemeinen Grundsätze über die Abziehbarkeit von Krankheitskosten. Der Aufenthalt in einem Altersheim kann auch dann krankheitsbedingt sein, wenn eine ständige Pflegebedürftigkeit (noch) nicht gegeben ist. Soweit der III. Senat des BFH im Urteil NWB KAAAD-21085 ) die Auffassung vertreten hat, dass ein ausschließlich krankheitsbedingter Aufenthalt noch nicht gegeben sei, wenn keine zusätzlichen Pflegekosten entstanden seien und kein Merkzeichen „H“ oder „Bl“ im Schwerbehindertenausweis nach § 69 Abs. 5 SGB IX i.V.m. § 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung festgestellt sei, folgt dem der erkennende Senat nicht.

Anmerkung der NWB-Redaktion: Auch in dieser Frage, der alters- oder krankheitsbedingten Unterbringung in einem Altersheim, hat der seit dem wieder für die außergewöhnliche Belastungen zuständige VI. Senat des BFH eine allzu strenge Rechtsprechung des III. Senats aufgegeben. Diese Rechtsprechung hat sich recht formell auf den Nachweis krankheits- oder pflegebedingter Unterbringung durch die in den Schwerbehindertenausweis eingetragenen Merkzeichen gestützt. Damit aber wurde diese Kategorisierung als bloßes Indiz zu einem eigenständigen Tatbestandsmerkmal verselbständigt, das schon für sich genommen ohne gesetzliche Grundlage den Abzug außergewöhnlicher Belastungen ermöglicht und umgekehrt die Steuervergünstigung ausschließt, wenn der entsprechende Nachweis nicht gelingt. Dass ein solcher Gesetzesvollzug dem Gesetzesvorbehalt widerspricht, hat das BVerfG in den Entscheidungen  zum sog. Oderkonto ausdrücklich ausgeführt ( NWB SAAAA-19620).

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-16378