Online-Nachricht - Mittwoch, 03.12.2014

Umsatzsteuer | Übernahme des Mandantenstamms bei Realteilung (BFH)

Ein Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR durch Realteilung gegen Entgelt einen Teil des Mandantenstammes zu dem Zweck erwirbt, diesen anschließend einer von ihm gegründeten neuen Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung zu überlassen, kann nur dann zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes berechtigt sein, wenn er diesen Mandantenstamm selbst im Rahmen seiner (beabsichtigten) unternehmerischen Tätigkeit als Geschäftsführer der neuen Steuerberatungs-GbR erworben hat und die Kosten aus diesem Erwerb zu den allgemeinen Aufwendungen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer gehören (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Der erkennende Senat hatte mit Beschluss v. - NWB YAAAE-34150 das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dieser hatte daraufhin klargestellt, dass der Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR einen Teil des Mandantenstammes nur zu dem Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer unter seiner maßgeblichen Beteiligung neu gegründeten Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung zu überlassen, nicht zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstamms berechtigt sei ( NWB YAAAE-59345, Malburg).
Sachverhalt: Der Kläger war als Gesellschafter an der Alt-GbR beteiligt. Zum 31. Dezember wurde die Alt-GbR in der Weise aufgelöst, dass jeder der Gesellschafter einen Teil des Mandantenstammes übernahm. Der Kläger gründete ebenfalls zum 31. Dezember eine neue GbR-Gesellschaft, die ab dem 1. Januar unter dem gleichen Namen wie die Alt-GbR tätig war. An dieser Gesellschaft war der Kläger zu 95% beteiligt. Daraufhin setzte das Finanzamt Umsatzsteuer für die Übertragung des Mandantenstamms gegenüber der Alt-GbR fest. Die Alt-GbR stellte hierfür gegenüber dem Kläger eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis. Den Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung versagte das Finanzamt, da der Kläger zwar den Mandantenstamm aufgrund eines Leistungsaustausches erhalten habe, den übernommenen Mandantenstamm aber nicht im Rahmen eines eigenen Unternehmens nutzen würde. Die Verwendung dieses Wirtschaftsguts sei von der Neu-GbR als vom Kläger zu trennende Unternehmerin für eigene unternehmerische Zwecke genutzt worden, so dass dem Kläger insoweit kein Vorsteuerabzug zustehe.
Hierzu führt der BFH nun weiter aus:

  • Der EuGH hat in seinem Urteil in der Rechtssache Malburg maßgeblich darauf abgestellt, dass der Ausgangsumsatz des Klägers - die unentgeltliche Überlassung des Mandantenstammes an die neue Gesellschaft - nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt und nicht als "wirtschaftliche Tätigkeit" angesehen werden kann.

  • Der EuGH hat in seinem Urteil aber offen gelassen, ob im Streitfall ein Recht auf Vorsteuerabzug deshalb gegeben sein kann, weil der Kläger möglicherweise den fraglichen Mandantenstamm selbst im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer neu gegründeten Gesellschaft erworben hat und dass die Kosten, die sich aus diesem Erwerb ergeben, zu den allgemeinen Aufwendungen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer zu zählen sind.

  • Auch ein Geschäftsführer einer GbR kann - trotz seiner Gesellschafterstellung - selbständig tätig sein. Dabei ist das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, sind gegeneinander abzuwägen, wobei entscheidend auf die Weisungsfreiheit abzustellen ist.

  • Die bislang getroffenen Feststellungen des Finanzgerichts reichen für eine Beurteilung dieser Fragestellung nicht aus. Zwar sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hier objektiv ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Mandantenstammes von der Alt-GbR und der Geschäftsführertätigkeit bei der Neu-GbR bestand. Es ist jedoch möglich, dass die Kosten für den Mandantenstamm zu den allgemeinen Kosten des Klägers gehörten und daher "als solche" Bestandteile der von ihm erbrachten Dienstleistungen als Geschäftsführer waren.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Der BFH weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass im Streitfall andere Gestaltungen möglich gewesen seien, die ein Vorsteuerabzugsrecht aus dem Erwerb des Mandantenstammes in jeden Fall begründet hätten. So wäre etwa eine unmittelbare Übertragung des Mandantenstammes auf die zum 31. Dezember bereits gegründete Neu-GbR in Betracht gekommen; die Neu-GbR hätte somit den entsprechenden Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen können. Auch hätte der Kläger den Mandantenstamm der neu gegründeten GbR nicht unentgeltlich, sondern entgeltlich überlassen können.
 

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-12307