Online-Nachricht - Montag, 20.10.2014

Einkommensteuer | Ermäßigte Besteuerung einer Entschädigung (FG)

Die für die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1 EStG erforderliche Zusammenballung von Einkünften liegt nicht vor, wenn im Jahr des Zuflusses der Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (§ 24 Nr. 1 EStG) die Einkünfte des Steuerpflichtigen den entgehenden Arbeitslohn nicht übersteigen. Die Prognoseentscheidung über den voraussichtlichen Arbeitslohn entfällt nicht dadurch, dass der Steuerpflichtige im Jahr des Zuflusses der Entschädigung tatsächlich keinen Arbeitslohn mehr, sondern andere Einkünfte erzielt (; Revision eingelegt).

Hintergrund: Voraussetzung für die ermäßigte Besteuerung einer Abfindung ist, dass die zu begünstigenden Einkünfte in einem VZ zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Keine Zusammenballung in diesem Sinne liegt typischerweise vor, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehreren verschiedenen VZ gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt.
Sachverhalt: Die Klägerin war bis 2009 nichtselbständig tätig. Sie schloss mit ihrem Arbeitgeber im Oktober 2009 einen Vergleich u.a. mit folgenden Konditionen:

  • Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des

  • Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung Arbeitslohns bis zum rechtlichen Beendigungszeitpunkt

  • Zahlung einer am fälligen Abfindung i.H.v. 76.000 €

  • Leistung einer Bonuszahlung für 2009 i.H.v. 9.091,50 €

  • Berechtigung der Klägerin, ihren Dienstwagen und das Diensthandy auch während der Zeit der Freistellung privat zu nutzen.

Für 2010 erklärte die Klägerin die erhaltene Abfindung i.H.v. 76.000 € in der Anlage N als Entschädigung. Das Finanzamt gewährte für die Abfindungszahlung keinen ermäßigten Steuersatz. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Hierzu führten die Richter des FG weiter aus:

  • Selbst wenn man der Klägerin darin folgt, dass der weitergezahlte Arbeitslohn, die Bonuszahlung für 2009, der Wert der Nutzung des Dienstwagens und des Mobiltelefons (Gesamtwert: rund 34.000 €) als Entschädigung zu qualifizieren seien, ist eine ermäßigte Besteuerung zu versagen. Denn dann wäre im VZ 2009 ebenfalls eine Entschädigung gezahlt worden, die nicht nur eine geringfügige Teilleistung darstellt. Es würde damit an der erforderlichen Zusammenballung fehlen.

  • Der Senat folgt jedoch der Meinung, wonach die Zahlungen an einen von der Arbeit freigestellten Arbeitnehmer keine Abfindungen sind (vgl. NWB HAAAB-14622).

  • Vorliegend ist die ermäßigte Besteuerung der Abfindung zu versagen, weil die Klägerin unter Einschluss dieser Entschädigung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im VZ 2010 insgesamt nicht mehr erhalten hat, als sie bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge, erhalten hätte.

  • Die Voraussetzung der Zusammenballung von Einkünften ist auch dann nicht erfüllt, wenn die anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Entschädigung bis zum Ende des VZ entgehenden Einnahmen nicht übersteigt und der Steuerpflichtige keine weiteren Einnahmen bezieht, die er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht bezogen hätte.

  • Für diese Prognoseentscheidung ist nach Auffassung des Senats der in 2009 bezogene Arbeitslohn i.H.v. rund 121.000 € heranzuziehen - denn es ist ab dem Zeitpunkt der Freistellung weiterhin Lohn und keine Entschädigung gezahlt worden (s.o.).

  • Somit liegt im VZ 2010 keine Zusammenballung von Einkünften vor: denn bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hätte die Klägerin auch in diesem Jahr einen dem Vorjahr entsprechenden Arbeitslohn bezogen, der die Summe aus Abfindung und Arbeitslosengeld weit überstiegen hätte. Dies gilt auch, soweit die Löhne der vorangegangenen Jahre mit berücksichtigt werden oder die in 2009 erhaltene Bonuszahlung i.H.v. 9.091,50 € vom Gesamtlohn abgezogen wird.

  • Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin ihren Angaben zufolge im Jahr 2010 eine selbständige Tätigkeit bei der Agentur für Arbeit angezeigt hat und im Einkommensteuerbescheid für 2010 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb  erklärungsgemäß berücksichtigt worden sind. Denn das Erfordernis des zusammengeballten Zuflusses von Einkünften entfällt nach Auffassung des Senats nicht dadurch, dass im Jahr des Zuflusses der Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG Einkünfte einer anderen Art angestrebt bzw. erzielt werden.

Hinweis: Das FG hat die Revision im Hinblick auf das BFH-Revisionsverfahren (Az. NWB NAAAE-70362) zugelassen.
Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
NWB EAAAF-12090