Online-Nachricht - Donnerstag, 29.08.2013

Umsatzsteuer | Gestaltungsmissbrauch beim Steuersatz durch Partyservice (BFH)

Der BFH hat sich in einem aktuellen Urteil mit der Bestimmung des Umsatzsteuersatzes bei der Abgabe von Speisen und Getränken durch einen Partyservice beschäftigt. Im Streitfall haben der Kläger (Speisenlieferung) und seine Ehefrau (Gestellung von Besteck und Tellern) jeweils ein eigenständiges Unternehmen betrieben. Fraglich war u.a. das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs (, NV; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Der ermäßigte Steuersatz (7%) gilt nur für die Lieferung von Nahrungsmitteln. Wird die Abgabe von Speisen und Getränken demgegenüber als sonstige Leistung qualifiziert, muss diese mit dem allgemeinen Steuersatz (19%) besteuert werden.

Sachverhalt: Im Streitfall betrieb der Kläger eine Metzgerei und einen Party-Service und erzielt hieraus steuerpflichtige Umsätze. Die neben dem Metzgerladen befindliche Gaststätte hat der Kläger an seine Ehefrau vermietet. Der Kläger trug vor, die Umsätze aus dem Party-Service unterlägen dem ermäßigten Steuersatz, da er lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefere. Soweit ein Kunde Wünsche auf Zusatzleistungen äußere, biete man diesem an, einen Auftrag an die Ehefrau zu erteilen, die dann Besteck und Porzellan liefere. Diese Leistungen stelle die Ehefrau im Rahmen ihrer Gaststätte mit dem allgemeinen Steuersatz in Rechnung.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Verzehrvorrichtungen dürfen nur als Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn sie vom Leistenden als Teil einer einheitlichen Leistung zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt auch für die Überlassung von Geschirr und Besteck.

  • Voraussetzung hierfür ist, dass es sich um Tätigkeiten desselben Unternehmers handelt. Entgeltliche Leistungen verschiedener Unternehmer sind auch dann eigenständig, wenn sie gegenüber demselben Leistungsempfänger erbracht werden und die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung erfüllt wären. Die Gestellung von Geschirr und Besteck durch seine Ehefrau, ist hiernach im Streitfall grds. nicht zu berücksichtigen.

  • Eine hiervon abweichende Würdigung könnte sich nur unter den Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) ergeben. Dabei ist zu beachten, dass zwar der Kläger und seine Ehefrau nahestehende Personen sind, dass aber nach den bisherigen Feststellungen weder der Kläger noch seine Ehefrau rechtliche oder familiäre Beziehungen zu ihren Kunden unterhielten und daher zwischen dem jeweils Leistenden - dem Kläger und seiner Ehefrau - und dem jeweiligen Kunden kein Näheverhältnis bestanden hat.

  • Ein Gestaltungsmissbrauch könnte sich ggf. aber auch daraus ergeben, dass der Kläger die Kosten für die Überlassung von Geschirr und Besteck durch seine Ehefrau getragen hat. Im Übrigen kann die Überlassung von Geschirr und Besteck nur im Fall der Überlassung durch den Kläger selbst als Dienstleistungsanteil zu berücksichtigen sein.

Anmerkung: Das Finanzgericht hatte in der Vorinstanz einen Gestaltungsmissbrauch verneint und dem Kläger im Ergebnis den ermäßigten Steuersatz zugebilligt (s. hierzu NWB-Nachricht v. 21.6.2011). Diese Entscheidung hat der BFH nun jedoch aufgehoben und die Sache zur erneuten Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen. Der BFH hat dabei entscheidend darauf abgestellt, dass Leistungen eines Partyservices, die auch in der bloßen Zubereitung und Lieferung von Speisen bestehen können, nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann keine sonstigen Leistungen sind, wenn lediglich Standardspeisen ohne zusätzliche Dienstleistungselemente geliefert werden oder besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist. Die Zubereitung anderer als bloßer Standardspeisen könne daher auch ohne zusätzliches Dienstleistungselement, wie z.B. dem Abräumen und Endreinigen von Tischen und Geschirr, zu einer Dienstleistung führen.
Quelle: NWB Datenbank 
Hinweis (aktualisiert am ): Das o.g. Urteil betraf die Streitjahre 2000 und 2001. Seit dem kommt es nach Auffassung der Finanzverwaltung auf die Art und Komplexität der Zubereitung grds. nicht mehr an (Tz. 1 des NWB IAAAE-32719). Für nach dem ausgeführte Umsätze seien vielmehr die Auslegungsgrundsätze des Art. 6 der MwStVO zu berücksichtigen. Hiernach wird nicht mehr zwischen Standardspeise und individuell zubereiteten Speisen unterschieden (s. hierzu auch Rondorf in NWB IAAAE-32933). 
 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-10191