BGH Beschluss v. - 3 StR 518/14

Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung: Wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen für das Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit; Nachweis einer Überschuldung der Gesellschaft

Gesetze: § 15a Abs 4 InsO, § 19 Abs 2 S 1 InsO, § 31 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 263 StGB

Instanzenzug: LG Hildesheim Az: 5554 Js 31257/09 - 21 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten M.   unter Freispruch im Übrigen wegen Betruges in fünf Fällen, vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und bestimmt, dass drei Monate der Strafe als bereits vollstreckt gelten. Die Angeklagte Am.    hat es der Beihilfe zum Betrug, der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung sowie des vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue schuldig gesprochen und gegen sie eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und dahin erkannt, dass zwei Monate als bereits vollstreckt gelten. Den nicht revidierenden Mitangeklagten G.    hat die Strafkammer wegen Betruges, Beihilfe zum Betrug, Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue, zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt und ebenfalls eine Kompensationsentscheidung getroffen. Die Revisionsführer wenden sich gegen ihre Verurteilungen mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2I. Revision des Angeklagten M.

31. Der Schuldspruch weist mit Blick auf die konkurrenzrechtliche Bewertung einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M.   auf, soweit dieser wegen Betruges in fünf Fällen sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in fünf Fällen verurteilt worden ist. Im Einzelnen:

4a) In den Fällen III. 2. b) cc) [S.         GmbH] und dd) [h.      GmbH & Co. KG] der Urteilsgründe täuschte der Angeklagte zu verschiedenen Zeitpunkten die jeweiligen Vertreter der geschädigten Gesellschaften vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht handelnd über die Leistungsfähigkeit der A.      GmbH (im Folgenden: A.  ) als Verkäuferin von Solarmodulen und erwirkte hierdurch jeweils den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages. Die S.        GmbH zahlte als Käuferin auf eine erstellte Abschlagsrechnung zunächst 26.850,51 € und - nach weiteren bewussten Falschangaben des Angeklagten - auf eine zweite Abschlagsrechnung weitere 61.830,08 €. Im Fall h.      GmbH & Co. KG leistete die getäuschte Käuferin auf eine erstellte Abschlagsrechnung zunächst eine Anzahlung in Höhe von 58.152,91 € und - ebenfalls nach einer weiteren Täuschung durch den Angeklagten - später auch den Restkaufpreis in Höhe von 135.690,12 €. Beide Verträge erfüllte die A.   in der Folgezeit nicht.

5Hiernach hat sich der Angeklagte nicht wegen vier, sondern nur wegen zwei tatmehrheitlich zueinander stehender Taten des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht. Mehrere Handlungen während eines Gesamtablaufs, die ebenso wie die erste Täuschung nur auf die Herbeiführung des vom Täter von vornherein ins Auge gefassten endgültigen Erfüllungsschadens gerichtet sind, haben rechtlich keine selbständige Bedeutung, mag sich der Erfüllungsschaden auch nur in Etappen realisieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 274/98, NStZ-RR 1999, 110; vom - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 168). So liegt der Fall hier. Das Vermögen der Geschädigten war bereits durch den jeweiligen Vertragsabschluss geschädigt worden. Mit der Erbringung der versprochenen Leistung in jeweils zwei Raten (Erfüllungsschaden) materialisierte sich der zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche zu bestimmende Schaden und bemaß sich - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, da die Gegenleistung völlig ausblieb (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91).

6b) Auch in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Zahlungen zum Vorteil der P.     GmbH) hält die konkurrenzrechtliche Beurteilung durch das Landgericht, das drei selbständige Taten des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue angenommen hat, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Bei einer Deliktsserie unter Beteiligung mehrerer Personen ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden einzelnen Beteiligten gesondert zu prüfen und dabei auf seinen individuellen Tatbeitrag abzustellen. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Als rechtlich selbständige Taten können dem Mittäter - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - nur solche Einzeltaten der Serie zugerechnet werden, für die er einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag leistet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334; vom - 3 StR 259/13, juris Rn. 3).

7Nach diesen Maßstäben liegen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe nur zwei Taten des Angeklagten vor: Die Strafkammer hat lediglich mit der von dem Angeklagten M.   durchgeführten Überweisung vom einen individualisierten, nur diese Einzeltat [Fall III. 3. a) der Urteilsgründe] fördernden Tatbeitrag dieses Angeklagten festgestellt. Im Übrigen hat sie keine Feststellungen dahin getroffen, welcher der Angeklagten den gemeinsam gefassten Tatentschluss hinsichtlich der im Einzelnen dargestellten Zahlungen zum Vorteil der P.     GmbH jeweils umsetzte. Der Beitrag des Angeklagten erschöpfte sich insoweit neben seiner Mitwirkung an der Tatabrede darin, dass er sich weiter um die Kundenakquise kümmerte und hierdurch half, den Geschäftsbetrieb der A.  , aus dem heraus die Zahlungen zu Gunsten der P.     GmbH getätigt wurden, aufrecht zu erhalten. Zu dem durch die Überweisung vom verwirklichten Delikt des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue tritt somit lediglich eine weitere Tat des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue als uneigentliches Organisationdelikt hinzu.

8c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 354 Rn. 15 mwN) ab. Es ist auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die eine andere konkurrenzrechtliche Beurteilung tragen. Zusammen mit Fall III. 2. b) "cc)" (richtig "ee"), Fall 17 der Anklage) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei selbständige Delikte des Betruges und mit den Fällen III. 4. a)-b) vier Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Bei der Neufassung des Schuldspruchs hatte die Bezeichnung des Bankrotts und der Insolvenzverschleppung als "vorsätzlich" zu entfallen (vgl. , BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 7).

92. Zum Strafausspruch gilt:

10a) Die Änderung der Konkurrenzverhältnisse führt zum Wegfall der für die Fälle III. 2. b) cc) (1)-(2) und dd) (1)-(2) sowie für die Fälle III. 3. b) und c) der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen. Die im Fall II. 3. a) festgesetzte Einzelstrafe kann bestehen bleiben, weil sie angesichts des von der Kammer festgestellten individualisierten Tatbeitrages des Angeklagten von dem Rechtsfehler nicht betroffen ist.

11b) Keinen Bestand haben auch die Einzelstrafen für die Fälle III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die Angeklagten M.   und G.    ). Die Strafkammer hat insoweit das Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB mit der Erwägung bejaht, dass der Angeklagte bei beiden Taten gewerbsmäßig gehandelt habe. Diese Annahme tragen die Urteilsgründe nicht. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (, NStZ 2008, 282). Zu der hiernach erforderlichen Wiederholungsabsicht verhalten sich die Urteilsgründe - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht.

12c) Die Aufhebung der vorstehend genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.

133. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M.   ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:

14a) Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO strafbar gemacht hat.

15aa) Nach den diesbezüglichen Feststellungen waren die Angeklagten und der nicht revidierende Mitangeklagte G.     Geschäftsführer und Gesellschafter der A.  . Ab Dezember 2007 kam es mangels Deckung der auf Guthabenbasis geführten Geschäftskonten zu näher dargestellten Rückbuchungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 €. Am betrug "das Vermögen der A.   ... 177.753,42 €", während sich "die Schulden auf 275.279,57 €" beliefen, "so dass sich ein negatives Reinvermögen und damit eine rechnerische Überschuldung in Höhe von 97.526,15 € ergaben. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Angeklagten zumindest, dass die A.   ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen konnte." In der Folgezeit besserte sich die Situation nicht. Mit Versäumnisurteil vom titulierte das Landgericht Traunstein gegen die A.   einen Zahlungsanspruch in Höhe von 63.592,89 €, es folgten weitere - in den Urteilsgründen näher dargelegte - Rückbuchungen, eine Kontenpfändung seitens des Finanzamtes, die Anmahnung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für die Monate August bis Oktober 2007 sowie am eine erneute Pfändungsandrohung durch das Finanzamt. In der Gesellschafterversammlung vom beschlossen die Angeklagten mit dem Mitangeklagten G.    , dass die vollen Geschäftsführer-Gehälter zunächst nur noch anteilsmäßig gezahlt würden, wenn Geld auf dem Firmenkonto vorhanden sei. Einen Insolvenzantrag stellten die Angeklagten nicht; erst am wurde das Insolvenzverfahren aufgrund des Insolvenzantrags einer Gläubigerin eingeleitet.

16bb) Diese Feststellungen belegen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht, dass die A.   bereits zum zahlungsunfähig oder überschuldet im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO war.

17Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Sie ist in der Regel durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits festzustellen (, NStZ 2003, 546, 547, sog. betriebswirtschaftliche Methode). Eine derartige Gegenüberstellung enthält das Urteil nicht. Soweit dort die am bestehenden "Schulden" dem "Vermögen" der A.   gegenübergestellt werden, lässt sich - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht erkennen, dass hiermit ausschließlich fällige Verbindlichkeiten gemeint waren.

18Die Zahlungsunfähigkeit kann zwar auch durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden (sog. wirtschaftskriminalistische Methode; vgl. , NJW 2000, 154, 156). Als solche kommen unter anderem in Betracht die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen, gescheiterte Vollstreckungsversuche, Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, Scheck- und Wechselproteste oder Insolvenzanträge von Gläubigern (vgl. , BGHR InsO § 15a Abs. 4 Zahlungsunfähigkeit 1; G/J/W/Otte, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 15a InsO Rn. 68 mwN). Auch aufgrund derartiger Indizien lässt sich anhand der Urteilsgründe aber nicht nachvollziehen, dass die A.   zum zahlungsunfähig war. Festgestellt sind bis zu diesem Tag nur Rückbuchungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 € und eine - durch ein zwei Tage später ergangenes Versäumnisurteil titulierte - Verbindlichkeit in Höhe von 63.592,84 €. Diesen Schulden stand jedoch ein Vermögen in Höhe von 177.753,42 € gegenüber. Angesichts dessen versteht es sich nicht von selbst, dass keine Finanzmittel zur Tilgung der fälligen Verbindlichkeiten bereitstanden, was daher der näheren Begründung bedurft hätte.

19Auch eine Überschuldung der A.   zum lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Diese liegt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt. Um sie zu ermitteln, bedarf es eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens Auskunft gibt (, NStZ 2003, 546, 547). Eine solche bilanzielle Darstellung des Überschuldungsstatus enthalten die Urteilsgründe nicht. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Tatbestandsalternative der Überschuldung auch ein vorsätzliches Handeln des Angeklagten nicht festgestellt.

20cc) Die Urteilsgründe belegen aber eine Zahlungsunfähigkeit der A.   jedenfalls zum . Neben den bereits dargestellten Krisensignalen sind insoweit weitere Rückbuchungen in Höhe von mindestens 15.945,45 €, eine Kontenpfändung in Höhe von 7.695,58 € und eine weitere Pfändungsandrohung seitens des Finanzamtes in die Bewertung einzustellen, die schließlich in dem Gesellschafterbeschluss vom mündeten, wonach die Gehälter für die Geschäftsführung nur noch dann anteilsmäßig ausgezahlt werden sollten, soweit die - auf Guthabenbasis geführten - Gesellschaftskonten entsprechende Guthaben auswiesen. In einer Gesamtschau belegen diese Beweisanzeichen sicher, dass die A.   zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage war, ihre fälligen Verbindlichkeiten kurzfristig zu erfüllen. Soweit die Urteilsgründe an anderer Stelle Zahlungseingänge vom (UA S. 19) und vom (UA S. 13) in fünf- und sechsstelliger Höhe ausweisen, sind diese nicht geeignet, die Indizwirkung der aufgeführten Beweisanzeichen zu entkräften. Da es sich hierbei um - rechtsfehlerfrei festgestellte - betrügerisch erwirkte Vorauszahlungen der Kunden der A.   handelte, bestanden insoweit bereits mit der Zahlung fällige Rückzahlungsansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 31 BGB) in entsprechender Höhe.

21dd) Soweit entgegen der Auffassung des Landgerichts für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht bereits auf den , sondern auf den abgestellt wird, steht § 265 StPO dem nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den so gefassten Tatvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können; insbesondere hat die Strafkammer eine vom an durchgängig bestehende Zahlungsunfähigkeit angenommen und sich insoweit auch mit Angaben des Angeklagten zu wirtschaftlichen Vorgängen auseinandergesetzt, die zeitlich nach dem lagen ("5-Megawatt-Deal").

22ee) Auch der Strafausspruch bleibt unberührt. Soweit die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt hat, dass der Insolvenzantrag "über einen langen Zeitraum" nicht gestellt worden ist, trägt diese Erwägung auch hinsichtlich des 27. Aprils 2008 als maßgeblichem Stichtag für die Zahlungsunfähigkeit.

23b) Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung des Schuld- und Strafausspruches nicht erfasst (, NStZ 2010, 531, 532).

24Sie ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil sich das Landgericht bei der Bemessung der Kompensation rechtsfehlerhaft an der Höhe der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe orientiert hat. Die im Wege des sog. Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von Fragen des Tatunrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Sie richtet sich nicht nach der Höhe der Strafe. Auch das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316, 317 mwN; vom - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 138). Der Senat kann aber ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des richtigen Maßstabs auf eine noch höhere Kompensation als drei Monate entschieden hätte.

25II. Revision der Angeklagten Am.

261. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Taten zum Vorteil der P.     GmbH) durch das Landgericht als drei selbständige Delikte des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue erweist sich auch hinsichtlich der Angeklagten Am.     aus den zur Revision des Angeklagten M.   dargestellten Gründen als rechtsfehlerhaft. Da die Strafkammer keine nur jeweils eine Einzeltat fördernden Tatbeiträge der Angeklagten Am.     festgestellt hat, ist die - im Übrigen rechtsfehlerfrei festgestellte - mittäterschaftliche Mitwirkung der Angeklagten Am.     hinsichtlich der Zahlungen zu Gunsten der P.     GmbH nach den im Rahmen der Revision des Angeklagten M.   dargestellten Maßstäben zum uneigentlichen Organisationsdelikt als eine Tat zu werten.

27Der Schuldspruch war entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zu ändern. Der Senat kann ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zu individualisierten Tatbeiträgen der Angeklagten Am.     möglich wären. Zusammen mit den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, da sich die Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

282. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses führt zum Wegfall der in den Fällen III. 3. a) bis c) festgesetzten Einzelstrafen.

29Aufzuheben sind darüber hinaus die in den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die Angeklagten M.   und G.    ) verhängten Einzelstrafen. Die Strafkammer ist bei der Strafrahmenwahl vom Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen. Wie bereits dargelegt, handelt gewerbsmäßig, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will. Die Gewerbsmäßigkeit setzt dabei stets eigennütziges Handeln und damit einen vom Täter erstrebten Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst voraus; es genügt daher nicht, wenn eine Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215; vom - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Dass die Angeklagte Am.     aus den Darlehensgewährungen der A.   an den Angeklagten M.   und den Mitangeklagten G.     eigene finanzielle Vorteile gezogen hat oder ziehen wollte, ist nicht festgestellt. Daneben belegen die Urteilsgründe auch nicht, dass die Angeklagte Am.     mit der erforderlichen Wiederholungsabsicht handelte.

30Auch wenn das Landgericht im Rahmen der konkreten Strafzumessung mildernd zu Gunsten der Angeklagten Am.     bedacht hat, dass diese von den Darlehen nicht selbst profitierte, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des Regelstrafrahmens auf eine mildere Rechtsfolge erkannt hätte.

31Der Wegfall der genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.

32Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Gewerbsmäßigkeit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist. Der Beteiligte, bei dem sie fehlt, kann daher nicht allein deshalb nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB bestraft werden, weil andere Mittäter gewerbsmäßig gehandelt haben (vgl. , StraFo 2014, 215).

333. Die Kompensationsentscheidung des Landgerichts kann keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat den Ausgleich für die festgestellten Verfahrensverzögerungen auch bei der Angeklagten Am.     unter Berücksichtigung der konkreten Höhe der verhängten Freiheitsstrafen bestimmt. Dies ist aus den zur Revision des Angeklagten M.   dargelegten Gründen rechtsfehlerhaft. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung der zutreffenden Maßstäbe zu einer der Angeklagten Am.     günstigeren Entscheidung gelangt wäre.

344. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg. Insbesondere hält auch der Schuldspruch wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Senat nimmt insoweit auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Revision des Angeklagten M.   Bezug.

35III. Nach § 357 StPO ist die Entscheidung im Hinblick auf die fehlerhafte konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe auf den Mitangeklagten G.     zu erstrecken, da insoweit Schuld- und Strafausspruch auf demselben sachlich-rechlichen Mangel (vgl. , NJW 2005, 374, 376) beruhen.

36Im Übrigen scheidet eine Erstreckung aus: Hinsichtlich der rechtsfehlerhaften Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns im Rahmen der Fälle III. 4. a)-b) der Urteilsgründe handelt es sich um einen Darstellungsmangel der Strafzumessung, der bei dem Mitangeklagten G.     aufgrund der Erleichterungen des § 267 Abs. 4 StPO (vgl. LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 137) nicht gegeben ist. Bei der fehlerhaften Bestimmung der Kompensation kommt eine direkte oder analoge Anwendung von § 357 StPO schließlich ebenfalls nicht in Betracht (, NJW 2009, 307, 308 mwN).

Fundstelle(n):
DStR 2015 S. 13 Nr. 43
CAAAF-02495