BGH Beschluss v. - 5 StR 594/14

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Begriff des Mitsichführens einer Waffe

Gesetze: § 30a Abs 2 Nr 2 BtMG

Instanzenzug: Az: 4 KLs 13/14

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen sonstiger Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind," in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Seine dagegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts warf der Angeklagte vor einer unmittelbar bevorstehenden Durchsuchung seiner Wohnung einen Beutel mit 243 Gramm Amphetamin (mit einem Wirkstoffanteil von 15 Gramm) aus dem Fenster in einen Innenhof. Das Amphetamin hatte er gewinnbringend verkaufen wollen. Außerdem lagerte er 102 Gramm Marihuana (mit einem Wirkstoffanteil von 18 Gramm) in einer unter einem Kissen auf der Bettcouch versteckten Tüte. Das Marihuana war für seinen Eigenkonsum bestimmt (UA S. 6, 7 f., 9). In einem Staufach der Bettcouch verwahrte der Angeklagte eine geladene Schreckschusspistole; an der Wand direkt hinter der Bettcouch befand sich in einer über dem versteckten Marihuana aufgehängten Jacke ein funktionsbereites Elektroimpulsgerät in seiner geöffneten Originalverpackung.

32. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) nicht.

4Der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter eine Schusswaffe oder einen sonstigen Gegenstand im Sinne dieser Vorschrift gerade beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit sich führt. Dies kann den Feststellungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden.

5a) Das Landgericht hat freilich hinsichtlich beider Gegenstände zutreffend angenommen, dass diese grundsätzlich zur Erfüllung der Qualifikation geeignet sind. Das Elektroimpulsgerät ist eine Waffe im technischen Sinn (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG i.V.m. Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, tragbare Gegenstände 1.2.1), bei der es zur subjektiven Zweckbestimmung des Täters keiner weiteren Feststellungen bedarf (vgl. , NStZ 2004, 111, 112, und vom - 2 StR 235/12, NStZ-RR 2013, 150, 151). Die geladene Schreckschusspistole kann durch den Senat ungeachtet fehlender Feststellungen zur Bauart aufgrund ihrer Typenbezeichnung (Walther P88 Kompakt) wegen Allgemeinkundigkeit (vgl. mwN) als Schusswaffe im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG eingestuft werden, da bei ihr der Explosionsdruck nach vorne austritt (vgl. , NJW 2006, 73, 74; siehe - zu § 250 Abs. 2 StGB - auch Beschluss vom - 3 StR 17/10, NStZ 2010, 390).

6b) Ein Mitsichführen liegt jedoch nur dann vor, wenn der Täter die Waffe bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann (vgl. , NStZ 2012, 340 mwN; Beschluss vom - 3 StR 127/07, NStZ 2007, 533). Hierfür genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet. Dies ist regelmäßig jedoch nicht der Fall, wenn sich die Waffe in einem Behältnis und in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel befindet (st. Rspr., vgl. , NStZ 2000, 433, und vom - 3 StR 224/09; Beschlüsse vom - 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f., und vom - 2 StR 589/12, NStZ 2013, 663 f.). Die Strafkammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, wie die räumlichen Verhältnisse im Einzelnen waren und wo der Angeklagte innerhalb seiner Wohnung das Amphetamin lagerte, das allein gewinnbringend weiterverkauft werden sollte. Somit ist bezüglich seines Umgangs mit diesem Betäubungsmittel nicht konkret dargelegt, dass sich der Angeklagte jederzeit der Schreckschusspistole oder des Elektroimpulsgeräts hätte bedienen können.

73. Diese Lückenhaftigkeit der Feststellungen führt ungeachtet der moderaten Strafe zur Urteilsaufhebung. Die Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Hinblick auf das von ihm zum Eigenkonsum verwahrte Marihuana bleibt von dem Rechtsfehler zwar unberührt; dieses Delikt steht aber in Tateinheit mit dem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, so dass der Senat das Urteil auch insoweit aufheben muss.

Sander                      Schneider                          Dölp

                König                             Berger

Fundstelle(n):
PAAAE-86402