BAG Urteil v. - 6 AZR 1067/12

Stufenzuordnung bei Höhergruppierung im Anschluss an eine vorübergehende Übertragung derselben höherwertigen Tätigkeit

Leitsatz

1. Die vor einer Höhergruppierung zurückgelegten Zeiten werden auf die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe auch dann nicht angerechnet, wenn zuvor dieselbe Tätigkeit als höherwertige Tätigkeit iSv. § 14 TVöD-AT (juris: TVöD) vorübergehend verrichtet wurde.

2. Vor der Höhergruppierung geleistete Zulagen finden bei der Stufenzuordnung nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT keine Berücksichtigung.

Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, § 14 Abs 1 TVöD, § 14 Abs 3 S 2 TVöD, § 17 Abs 4 S 1 TVöD, § 17 Abs 3 S 1 Buchst f TVöD, § 17 Abs 4 S 2 TVöD, § 17 Abs 4 S 4 TVöD, § 16 Abs 2 S 2 TVöD, § 16 Abs 2 S 3 TVöD, § 16 Abs 3 S 1 TVöD

Instanzenzug: ArbG Neubrandenburg Az: 1 Ca 901/11 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Az: 2 Sa 103/12 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die tarifgerechte Stufenzuordnung des Klägers nach einer Höhergruppierung.

2Der Kläger war seit dem bei der Stadt N beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom in der jeweils geltenden Fassung. Die damalige Arbeitgeberin bezahlte den Kläger seit dem nach Vergütungsgruppe Vc BAT-O. Seit dem ist der Kläger als Arbeitsvermittler bei der sog. „Arbeitsgemeinschaft 4-Tore-Job-Service“ (ARGE) tätig. Hierfür erhielt er eine persönliche Zulage gemäß § 24 BAT-O, da es sich um eine höherwertige Tätigkeit der Vergütungsgruppe Vb BAT-O handelte.

3Zum wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom in der für die Mitglieder der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung übergeleitet. Ausgehend von der Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc BAT-O wurde der Kläger der Entgeltgruppe 8 TVöD (VKA) in Stufe 2 zugeordnet. Da die Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) entspricht, wurde dem Kläger nach § 10 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom eine Zulage wegen der Fortführung einer vorübergehend übertragenen höherwertigen Tätigkeit bis zum gezahlt. Ab dem leistete die damalige Arbeitgeberin gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA iVm. § 14 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT hierfür eine Zulage in Höhe von 4,5 vH des individuellen Tabellenentgelts des Klägers. Seit diesem Zeitpunkt wurde der Kläger zudem nach Stufe 3 der Entgeltgruppe 8 TVöD (VKA) vergütet.

4Mit einem zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (- 1 Sa 201/08 -) geführten Rechtsstreit hatte der Kläger die Vergütung nach Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) ab dem entsprechend seiner Tätigkeit als Arbeitsvermittler begehrt. Die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen, weil es sich hierbei nur um eine vorübergehend übertragene höherwertige Tätigkeit handle.

5Seit dem erhielt der Kläger Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 8 TVöD (VKA) zuzüglich der persönlichen Zulage gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT. Am vereinbarte er mit der damaligen Arbeitgeberin rückwirkend ab die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA). Die Arbeitgeberin informierte ihn mit Schreiben vom , dass er ab dem nach Stufe 3 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) ohne Zulage bezahlt werde. Für die Zeit bis zum belief sich diese neue Vergütung auf 2.654,40 Euro brutto monatlich. Demgegenüber hätte die Vergütung nach Entgeltgruppe 8 in Stufe 4 TVöD (VKA) in diesem Zeitraum 2.568,08 Euro brutto betragen. Hinzu wäre die persönliche Zulage in Höhe von 115,56 Euro brutto monatlich gekommen. Seine Gesamtbezüge hätten sich somit auf 2.683,64 Euro brutto monatlich belaufen. Der Kläger hatte folglich ab dem zunächst eine Einbuße von 29,24 Euro brutto monatlich hinzunehmen.

6Zum ging sein Arbeitsverhältnis nach § 27 des Gesetzes zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LNOG M-V) vom auf den beklagten Landkreis über. Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung der Vergütungspflicht des Beklagten nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) ab dem verlangt.

7Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass zum keine Höhergruppierung erfolgt sei, sondern erstmals seit Aufnahme der Tätigkeit als Arbeitsvermittler die tarifgerechte Eingruppierung. Maßgeblich für die Stufenzuordnung sei die ausgeübte Tätigkeit. Dies komme in § 16 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT (VKA) zum Ausdruck. § 16 TVöD-AT (VKA) regelt die Stufenzuordnung in der seit geltenden Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 5 vom auszugsweise wie folgt:

8Da er seit dem die Tätigkeit als Arbeitsvermittler aus-übe, habe er zum die Stufenlaufzeit für die Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) nach § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) erfüllt. Selbst bei Annahme einer nur vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit vom bis zum müsse diese Zeit nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. f TVöD-AT, wonach Zeiten der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit den Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) gleichstehen, berücksichtigt werden. Anderenfalls käme es zu einer mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Ungleichbehandlung bzgl. Arbeitsvermittlern, deren Arbeitsverhältnis nach einer Unterbrechung neu begründet wurde. In einem solchen Fall würde es sich um eine Neueinstellung handeln. Die einschlägige Berufserfahrung fände nach § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) Berücksichtigung. Dies hätte zur Konsequenz, dass ein kurzzeitig ausgeschiedener Kollege bei einer Wiedereinstellung Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) erhalten würde. Er (der Kläger) müsse demgegenüber sogar eine Entgeltreduzierung hinnehmen, da die persönliche Zulage bei Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) entfalle.

9Der Kläger hat daher beantragt festzustellen,

10Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, dass es sich bei der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) mit Wirkung ab dem um eine Höhergruppierung handle. Die Stufenzuordnung richte sich folglich nach § 17 Abs. 4 TVöD-AT und nicht nach den für Einstellungen geltenden Regelungen des § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA). § 17 Abs. 4 TVöD-AT lautet in der vom bis zum geltenden Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 5 vom auszugsweise wie folgt:

11Bei einer Höhergruppierung beginne demnach die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe neu zu laufen. Die mit dem Stufenaufstieg honorierte Berufserfahrung während der Stufenlaufzeit beziehe sich nach § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) nur auf die Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe. Zeiten der Ausübung einer vorübergehend übertragenen höherwertigen Tätigkeit würden im Fall einer späteren dauerhaften Übertragung und einer entsprechenden Höhergruppierung nicht auf die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe angerechnet. Die durch die Ausübung einer solchen Tätigkeit gewonnene Berufserfahrung werde nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. f TVöD-AT bei der Stufenlaufzeit nur innerhalb der niedrigeren Entgeltgruppe berücksichtigt. Der damit ermöglichte Stufenaufstieg führe aber bei der Höhergruppierung nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT zu einer höheren Stufenzuordnung.

12Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Gründe

13Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) seit dem .

14I. Ein Anspruch des Klägers auf die erstrebte Stufenzuordnung ergibt sich nicht aus § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) iVm. § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. f TVöD-AT. Dies würde den Beginn der Stufenlaufzeit in der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) mit Aufnahme der Tätigkeit als Arbeitsvermittler zum voraussetzen. Nach der bei Höhergruppierungen maßgeblichen Spezialregelung des § 17 Abs. 4 Satz 4 TVöD-AT begann die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) jedoch erst mit dem Tag der Höhergruppierung, das heißt mit dem .

151. Bei Höhergruppierungen im Rahmen des TVöD (VKA) erfolgt die Stufenzuordnung bislang nicht stufengleich, sondern orientiert sich an der Höhe des bisherigen Entgelts (zu den Verhandlungen der Tarifvertragsparteien über eine stufengleiche Höhergruppierung vgl. das sog. „Gemeinsame Papier“ vom ). Gewährleistet wird lediglich ein Mindestmehrverdienst in Höhe des Garantiebetrags gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT. Die in der unteren Entgeltgruppe erworbene, in der Stufenzuordnung dokumentierte Berufserfahrung wird nicht berücksichtigt. Die Stufen sind auf die jeweilige Entgeltgruppe bezogen. Nur die in dieser Entgeltgruppe gewonnene Berufserfahrung wird durch den Aufstieg in den Stufen honoriert. Deshalb wird bei einer Höhergruppierung die Stufe nach den Regeln des § 17 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 TVöD-AT neu ermittelt und deshalb beginnt gemäß § 17 Abs. 4 Satz 4 TVöD-AT die Stufenlaufzeit in der so ermittelten Stufe neu zu laufen. Die Berufserfahrung, die der höhergruppierte Beschäftigte in der bisherigen Entgeltgruppe erworben hat, spielt für die neue Tätigkeit keine Rolle mehr, sie wird nach dem Konzept der Tarifvertragsparteien deshalb in der höheren Entgeltgruppe in der Stufe, der der Beschäftigte zugeordnet worden ist, „auf Null gesetzt“. Nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien hat der höhergruppierte Beschäftigte keine Berufserfahrung, die ihm in der Entgeltstufe, der er nach seiner Höhergruppierung zugeordnet worden ist, noch zugutekommen könnte. Er muss deshalb in dieser Stufe grundsätzlich erst die volle Laufzeit durchmessen, um in ihr die von den Tarifvertragsparteien für den Stufenaufstieg in der höheren Entgeltgruppe vorausgesetzte Berufserfahrung zu gewinnen, so dass die von den Tarifvertragsparteien bei typisierender Betrachtung angenommene Verbesserung seiner Arbeitsleistung nach Qualität und Quantität eintritt ( - Rn. 18; - 6 AZR 526/09 - Rn. 35, BAGE 137, 80; vgl. für Höhergruppierungen nach dem TV-V  - Rn. 27; zum TV-L vgl.  - Rn. 21).

162. Die vor der Höhergruppierung zurückgelegten Zeiten werden auf die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe auch dann nicht angerechnet, wenn zuvor dieselbe Tätigkeit als höherwertige Tätigkeit iSv. § 14 TVöD-AT vorübergehend verrichtet und deshalb mit einer persönlichen Zulage vergütet wurde (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2012 Teil B 1 § 17 Rn. 87).

17a) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TVöD-AT beginnt die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe ausnahmslos erst mit dem Tag der Höhergruppierung und folglich auch in dem Fall, dass ein Beschäftigter vor der Höhergruppierung dieselbe Tätigkeit im Rahmen der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit verrichtet hat (vgl.  - Rn. 27). In dieser Konstellation hat der höhergruppierte Beschäftige zwar Berufserfahrung, die ihm nach der Höhergruppierung zugutekommt. Die Tarifvertragsparteien haben hierfür aber keine Sonderregelung geschaffen.

18b) In systematischer Hinsicht ist dies bezogen auf die tarifliche Unterscheidung zwischen einer Höhergruppierung und einer vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit konsequent. Der TVöD versteht unter einer Höhergruppierung die dauerhafte Übertragung von Tätigkeiten einer höheren Entgeltgruppe. Wird dem Beschäftigten demgegenüber nur vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen und eine Zulage gemäß § 14 TVöD-AT gezahlt, liegt keine Höhergruppierung im Sinne des tariflichen Begriffsverständnisses vor. Der Beschäftigte bleibt im Fall der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit der Entgeltgruppe zugehörig, in die er eingruppiert ist. Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit führt nur zum Anspruch auf die persönliche Zulage nach § 14 TVöD-AT (vgl.  - Rn. 19; - 10 AZR 484/10 - Rn. 20; zum BAT vgl.  - Rn. 17, BAGE 116, 319).

19c) § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. f TVöD-AT betrifft nur die Stufenlaufzeit in der niedrigeren Entgeltgruppe und kommt bei der Stufenzuordnung im Rahmen einer Höhergruppierung nicht zur Anwendung. Die Tarifnorm bezieht sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur auf die Gleichstellung bestimmter Zeiten bezüglich der Stufenlaufzeit nach § 16 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT (Bund) bzw. § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) und ergänzt diese Vorschriften (vgl.  - Rn. 18). § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) bestimmt die regulären Stufenlaufzeiten „innerhalb derselben Entgeltgruppe“. Dies ist bei vorübergehender Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit die dadurch unveränderte (niedrigere) Entgeltgruppe (vgl. zu § 16 Abs. 3 TV-L  - Rn. 20). Die Stufenzuordnung bei der Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe wird demgegenüber durch § 17 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 TVöD-AT bestimmt. Die mit der Höhergruppierung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TVöD-AT in Gang gesetzte Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe bemisst sich dann wiederum nach den Vorgaben des § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) und des § 17 Abs. 1 bis 3 TVöD-AT.

203. Ausgehend von diesen Grundsätzen bleibt die Tätigkeit des Klägers als Arbeitsvermittler in der Zeit vom bis zum bei der Stufenzuordnung in der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) unberücksichtigt. Der Kläger wurde seit der Überleitung in den TVöD (VKA) nach Entgeltgruppe 8 TVöD (VKA) vergütet. Hinsichtlich der Zeit ab dem hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern im Verfahren - 1 Sa 201/08 - rechtskräftig entschieden, dass dem Kläger keine Vergütung nach Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) zusteht, da ihm die Tätigkeit als Arbeitsvermittler nur vorübergehend als höherwertige Tätigkeit übertragen wurde. Hieran ist der Senat gebunden (§ 322 Abs. 1 ZPO). Es ist daher ohne Belang, dass der Kläger unverändert davon ausgeht, dass seine Tätigkeit als Arbeitsvermittler schon seit diesem Zeitpunkt nach Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) zu vergüten gewesen wäre.

21II. Der Kläger kann die begehrte Stufenzuordnung auch nicht nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT verlangen.

221. Danach werden Beschäftigte bei einer Höhergruppierung derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten, mindestens jedoch der Stufe 2. Etwaige Zulagen finden hierbei keine Berücksichtigung (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Juli 2013 E § 17 Rn. 46a; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 58). § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT knüpft ausdrücklich nur an das bisherige „Tabellenentgelt“ und nicht an die bisherige Gesamtvergütung an (vgl. Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TVöD Stand Juli 2013 § 17 TVöD-AT Rn. 56c). Dies ist sprachlich eindeutig und entspricht der Terminologie des TVöD (vgl. § 15 Abs. 1 TVöD-AT).

232. Eine Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) käme für den Kläger nur in Betracht, wenn nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT neben dem Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 8 in Stufe 4 TVöD (VKA) in Höhe von 2.568,08 Euro brutto auch noch die gemäß § 14 TVöD-AT gezahlte persönliche Zulage von 115,56 Euro brutto zu berücksichtigen wäre. Die Gesamtbezüge des Klägers hätten sich damit zum Stichtag - bei Berücksichtigung der zu diesem Tag anfallenden Tariferhöhung - auf 2.683,64 Euro brutto belaufen, was die Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) zur Folge gehabt hätte, da die Stufe 3 nur mit einem Tabellenentgelt von 2.654,40 Euro brutto vergütet wurde. Die Zulage ist aber - wie dargelegt - nicht zu berücksichtigen. Damit war die Zuordnung zur Stufe 3 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) zutreffend.

24III. Die bei einer Höhergruppierung durch den Wegfall der Zulage ausgelöste zeitweilige Verringerung der Vergütung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifvertragsparteien haben bei dieser Ausgestaltung der Stufenzuordnung den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

251. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl.  - Rn. 43; - 6 AZR 23/12 - Rn. 58).

262. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem Höhergruppierungen stets und sofort einen Vergütungsvorteil mit sich bringen müssten ( - Rn. 22; - 6 AZR 578/09 - Rn. 43). Dessen ungeachtet vermeidet § 17 Abs. 4 TVöD-AT den im Stufenzuordnungssystem des TVöD-AT bei Höhergruppierungen angelegten regelmäßigen Entgeltverlust mit zwei unterschiedlichen Ansätzen: Der Beschäftigte ist mindestens der Stufe 2 zuzuordnen. Darüber hinaus erfolgt die Stufenzuordnung betragsbezogen. Die Regelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT hat damit besitzstandswahrenden Charakter. Zusätzlich stellt § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT durch Garantiebeträge einen Mindestentgeltgewinn hinsichtlich des Tabellenentgelts sicher (vgl. zu § 17 Abs. 4 TV-L  - Rn. 22).

273. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT schützt allerdings nicht vor einem zeitweiligen Einkommensverlust wegen Wegfalls der Zulage nach § 14 TVöD-AT. Es handelt sich nach der Tarifsystematik hierbei aber nur um einen vorübergehenden und geringfügigen Entgeltnachteil, der langfristig bei typisierender Betrachtung durch den weiteren Aufstieg in den Stufen der höheren Entgeltgruppe oder den weiteren Aufstieg in noch höhere Entgeltgruppen nicht nur ausgeglichen wird, sondern zu einem höheren Verdienst als ohne Höhergruppierung führt. Ein derartiger Nachteil ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (vgl.  - Rn. 46; - 6 AZR 244/08 - Rn. 32). Die Tarifautonomie schließt auch die Befugnis der Tarifvertragsparteien zu Entgeltregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen (vgl.  - Rn. 45). Ein solcher Fall mag vorliegen, wenn die Tätigkeit des Beschäftigten vor und nach der Höhergruppierung identisch ist und dennoch ein zeitweiliger Einkommensverlust zu verzeichnen ist. Die Tarifvertragsparteien mussten deshalb aber die Konstellation der Höhergruppierung wegen dauerhafter Übertragung der bereits vorher ausgeübten Tätigkeit nicht gesondert regeln.

284. Auch der von der Revision vorgenommene Vergleich mit der Wiedereinstellung eines vormals mit derselben Tätigkeit befassten Beschäftigten zeigt keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG auf. In einem solchen Fall wäre keine Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) zwingend.

29a) Den Tarifvertragsparteien ist es grundsätzlich freigestellt zu bestimmen, welche Zeiten welcher Tätigkeiten sie tariflich in welcher Form berücksichtigen wollen ( - Rn. 42, BAGE 124, 240). Art. 3 Abs. 1 GG untersagt jedoch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, mit dem ein Personenkreis begünstigt und ein anderer Personenkreis von der Begünstigung ausgenommen wird (vgl. , 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 - Rn. 21, BVerfGE 132, 72; - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - Rn. 78, BVerfGE 126, 400;  - Rn. 16; - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Verfassungsrechtlich erheblich ist aber nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl.  - Rn. 44; - 6 AZR 23/12 - Rn. 59).

30b) Die vom Kläger angenommene Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht gegeben, weil keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen würden. Eine Wiedereinstellung würde sich ebenso wie eine erstmalige Einstellung nach § 16 Abs. 2 und Abs. 2a TVöD-AT (VKA) richten (vgl.  - Rn. 17; - 6 AZR 524/11 - Rn. 9 f.). Nach dem in diesen Vorschriften und § 17 Abs. 4 TVöD-AT zum Ausdruck kommenden Konzept der Tarifvertragsparteien folgt die Stufenzuordnung neu eingestellter Arbeitnehmer grundsätzlich anderen Regeln und beruht auf anderen Voraussetzungen und Grundannahmen als die Stufenzuordnung bei Höhergruppierungen (vgl. zu § 16 TVöD (Bund)  - Rn. 17). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt im System der Stufenzuordnung des TVöD-AT eine Zäsur dar. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss ein neuer Arbeitsvertrag mit neuem Vertragsinhalt geschlossen werden. Die bereits erworbene Berufserfahrung findet bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) nur Berücksichtigung, wenn sie dem Beschäftigten bei seiner aktuellen Tätigkeit von Nutzen ist. Bei Höhergruppierungen haben die Tarifvertragsparteien typisierend angenommen, dass dies nicht der Fall ist.Nur bei Neueinstellungen kommt die Berücksichtigung von Berufserfahrung überhaupt in Betracht. Dieses Konzept ist von der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien gedeckt (vgl. zu § 16 Abs. 2 TV-L  - Rn. 21 ff.; - 6 AZR 23/12 - Rn. 66; - 6 AZR 964/11 - Rn. 34 f.; zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V vgl.  - Rn. 46). Die Tarifvertragsparteien durften außerdem einen Anreiz zur Rückkehr solcher Beschäftigten in den öffentlichen Dienst schaffen, die bereits einschlägige Berufserfahrung beim selben öffentlichen Arbeitgeber erworben hatten (vgl.  - Rn. 18, BAGE 135, 313).

31c) Zudem ist die Annahme der Revision, wonach ein ehemaliger Arbeitsvermittler bei einer Wiedereinstellung zwingend nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) zu vergüten wäre, unzutreffend.

32aa) Dabei ist mit der Revision davon auszugehen, dass ein ehemaliger Arbeitsvermittler bei Wiedereinstellung als Arbeitsvermittler wegen der im Wesentlichen unveränderten Fortsetzung seiner früheren Tätigkeit über eine einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD-AT (VKA) verfügt.

33bb) Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT (VKA) erfolgt jedoch bei Einstellung nach dem „in der Regel“ eine Zuordnung zur Stufe 3, wenn eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren vorliegt. Es ist umstritten, ob es sich bei der Zuordnung zur Stufe 3 um eine Obergrenze handelt und eine höhere Stufenzuordnung ausschließlich im Rahmen der folgenden „Kann-Regelungen“ möglich ist oder ob eine Abweichung in beide Richtungen erfolgen kann (vgl. zum Streitstand  - Rn. 49). Die Formulierung „in der Regel“ bedeutet jedenfalls, dass bei entsprechender einschlägiger Berufserfahrung der Arbeitgeber typischerweise die Zuordnung zur Stufe 3 vorzunehmen und nur zu beurteilen hat, ob ein atypischer Fall vorliegt, der eine Abweichung von der Regelzuordnung zur Stufe 3 rechtfertigt (vgl. zu § 16 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT (Bund)  6 P 15.10 - Rn. 41).Eine automatische Zuordnung eines wiedereingestellten Arbeitsvermittlers zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) lässt sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT (VKA) jedenfalls nicht ableiten.

34cc) Gleiches gilt für die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD-AT (VKA) und § 16 Abs. 2a TVöD-AT (VKA). Hierbei handelt es sich um Kann-Bestimmungen, die erst bei Vorliegen ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen zum Tragen kommen und dem öffentlichen Arbeitgeber einen Ermessensspielraum einräumen (vgl. zu § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L  - Rn. 18; - 6 AZR 174/09 - Rn. 17).

35IV. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
BB 2014 S. 1716 Nr. 29
BB 2014 S. 2292 Nr. 38
DB 2014 S. 2236 Nr. 39
DB 2014 S. 7 Nr. 37
RAAAE-72468