BMF - IV D 3 – S 7185/09/10001-04 BStBl 2013 I S. 452

Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nummer 26 Buchstabe b Umsatzsteuergesetz (UStG); Angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis

Nach § 4 Nr. 26 UStG ist die ehrenamtliche Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird (§ 4 Nr. 26 Buchstabe a UStG) oder wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht (§ 4 Nr. 26 Buchstabe b UStG).

Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten gehören nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) alle Tätigkeiten, die in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche genannt werden, die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicher Weise als ehrenamtlich bezeichnet oder die vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst werden; dieser setzt das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraus (, BStBl 2008 II S. 912, zuletzt , BStBl 2010 II S. 88).

Liegt ein eigennütziges Erwerbsstreben oder eine Hauptberuflichkeit vor bzw. wird der Einsatz nicht für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung erbracht, kann unabhängig von der Höhe der Entschädigung nicht von einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitaufwand der Tätigkeit auf eine hauptberufliche Teilzeit- oder sogar Vollzeitbeschäftigung hindeutet.

Mit , BStBl 2012 I S. 59, wurden im Interesse einer Erleichterung für die Praxis durch die Einführung von Betragsgrenzen Anhaltspunkte vorgegeben, bis zu welcher Höhe nach Ansicht der Finanzverwaltung im Sinne des § 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG von einem noch angemessenen Entgelt bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden kann, bei dem im Ergebnis die Steuerbefreiung zur Anwendung kommt. Damit ist für die Betroffenen insoweit Rechtssicherheit gegeben. Da es sich bei den genannten Grenzen um so genannte Nichtbeanstandungsgrenzen handelt, bis zu deren Höhe seitens der Finanzverwaltung grundsätzlich auf eine Angemessenheitsprüfung der Entschädigungen verzichtet wird, ist die Möglichkeit der Einzelfallüberprüfung für Beträge, die über diese Grenzen hinaus gehen, nach wie vor gegeben. Die Frage nach der Angemessenheit der Entschädigung für Zeitversäumnis ist hierbei an dem vom BFH ausgelegten Begriff des „Ehrenamt” in § 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG auszurichten und nicht nach dem Marktwert der jeweiligen Leistung. Der ehrenamtlich Tätige hat keinen Anspruch auf eine Bezahlung, sondern allenfalls auf eine Entschädigung besonderer Art, die einen angemessenen Ausgleich zwischen den öffentlichen und den beruflich-privaten Interessen schaffen soll.

Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird daher Abschnitt 4.26.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom (BStBl 2010 I S. 846), der zuletzt durch das , BStBl 2013 I S. 450, geändert worden ist, wie folgt geändert:

  1. In Absatz 1 werden nach Satz 5 die folgenden neuen Sätze 6 bis 8 angefügt:

    6Liegt ein eigennütziges Erwerbsstreben oder eine Hauptberuflichkeit vor bzw. wird der Einsatz nicht für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung erbracht, kann unabhängig von der Höhe der Entschädigung nicht von einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden. 7Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitaufwand der Tätigkeit auf eine hauptberufliche Teilzeit- oder sogar Vollzeitbeschäftigung hindeutet. 8Ein Entgelt, das nicht lediglich im Sinne einer Entschädigung für Zeitversäumnis oder eines Verdienstausfalls gezahlt wird, sondern sich an der Qualifikation des Tätigen und seiner Leistung orientiert, steht dem Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit entgegen.”

  2. In Absatz 4 werden die bisherigen Sätze 2 bis 4 durch die folgenden Sätze 2 bis 5 ersetzt:

    2Was als angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis anzusehen ist, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls beurteilt werden; dabei ist eine Entschädigung in Höhe bis zu 50 € je Tätigkeitsstunde regelmäßig als angemessen anzusehen, sofern die Vergütung für die gesamten ehrenamtlichen Tätigkeiten im Sinne des § 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG den Betrag von 17 500 € im Jahr nicht übersteigt. 3Zur Ermittlung der Grenze von 17 500 € ist auf die tatsächliche Höhe der Aufwandsentschädigung im Vorjahr sowie die voraussichtliche Höhe der Aufwandsentschädigung im laufenden Jahr abzustellen. 4Ein (echter) Auslagenersatz, der für die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Aufwendungen der ehrenamtlichen Tätigkeit vergütet wird, bleibt bei der Berechnung der Betragsgrenzen unberücksichtigt. 5Als Auslagenersatz im Sinne des Satzes 4 werden beispielsweise auch ein Fahrtkostenersatz nach den pauschalen Kilometersätzen oder auch Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt, sofern sie lohnsteuerlich ihrer Höhe nach als Reisekosten angesetzt werden könnten (vgl. R 9.4 Absatz 1 LStR 2011).

  3. Nach Absatz 4 wird folgender neuer Absatz 5 angefügt:

    „(5)  1Eine vom tatsächlichen Zeitaufwand unabhängige z. B. laufend gezahlte pauschale bzw. monatliche oder jährlich laufend gezahlte pauschale Vergütung sowie ein gesondert gezahltes Urlaubs-, Weihnachts- bzw. Krankheitsgeld stehen dem Charakter einer Entschädigung für Zeitversäumnis entgegen und führen zur Nichtanwendbarkeit der Befreiungsvorschrift mit der Folge, dass sämtliche für diese Tätigkeit gezahlten Vergütungen – auch soweit sie daneben in Auslagenersatz oder einer Entschädigung für Zeitaufwand bestehen – der Umsatzsteuer unterliegen. 2Dies gilt für eine pauschal gezahlte Aufwandsentschädigung nicht, wenn der Vertrag, die Satzung oder der Beschluss eines laut Satzung hierzu befugten Gremiums zwar eine Pauschale vorsieht, aber zugleich festgehalten ist, dass der ehrenamtlich Tätige durchschnittlich eine bestimmte Anzahl an Stunden pro Woche/Monat/Jahr für die fremdnützig bestimmte Einrichtung tätig ist und die in Absatz 4 genannten Betragsgrenzen nicht überschritten werden. 3Der tatsächliche Zeitaufwand ist glaubhaft zu machen. 4Aus Vereinfachungsgründen kann die Steuerbefreiung auch ohne weitere Prüfung gewährt werden, wenn der Jahresgesamtbetrag der Entschädigungen den Freibetrag nach § 3 Nummer 26 EStG nicht übersteigt. 5In diesen Fällen bedarf es lediglich der Angabe der Tätigkeiten und zur Höhe der dabei enthaltenen Entschädigungen.

    Beispiel 1:

    1Ein ehrenamtlich Tätiger, der für seine Ehrenamtstätigkeit (1 Stunde/Woche) eine pauschale Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 120 € monatlich und zusätzlich für eine weitere ehrenamtliche Tätigkeit (ca. 20 Stunden/Jahr) eine jährliche Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 500 € erhält, kann die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG – auch ohne zusätzliche Nachweise – in Anspruch nehmen, da der Jahresgesamtbetrag seiner Entschädigungen (1 940 €) den Freibetrag nach § 3 Nummer 26 EStG nicht übersteigt. 2Ein daneben gezahlter Auslagenersatz für tatsächlich entstandene Aufwendungen bleibt bei der Berechnung der Betragsgrenzen unberücksichtigt.

    Beispiel 2:

    1Ein ehrenamtlich Tätiger, der für seine ehrenamtliche Tätigkeit (7 Stunden/Woche) eine pauschale monatliche Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 1 200 € erhält und in acht Wochen im Jahr seine Tätigkeit auf Grund Urlaub/Krankheit nicht ausübt, hat einen durchschnittlichen Stundensatz in Höhe von rund 46 € (44 Wochen je 7 Stunden, Gesamtvergütung 14 400 €). 2Eine weitere ehrenamtliche Tätigkeit wird durch ihn nicht ausgeübt. 3Die Steuerbefreiung kann gewährt werden, da die Vergütung nicht mehr als 50 € je Tätigkeitsstunde beträgt und die Grenze von 17 500 € nicht übersteigt.”

Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden. Für die Anwendung von Abschnitt 4.26.1 Absatz 5 Satz 2 UStAE ist es ausreichend, wenn der Vertrag, die Satzung oder der Beschluss bis zum entsprechend angepasst wird.

BMF v. - IV D 3 – S 7185/09/10001-04


Fundstelle(n):
BStBl 2013 I Seite 452
DB 2013 S. 788 Nr. 15
DStR 2013 S. 763 Nr. 15
StBW 2013 S. 395 Nr. 9
UR 2013 S. 358 Nr. 9
UStB 2013 S. 144 Nr. 5
UVR 2013 S. 230 Nr. 8
PAAAE-32909