Oberfinanzdirektion Rheinland - S 2338 - 1015 - St 215

Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte bei Arbeitnehmern

Umsetzung der , und )

Mit drei , BStBl 2012 II, 38; , BStBl 2012 II, 36 und , BStBl 2012 II, 34) hat der BFH neue Rechtsgrundsätze zur Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte aufgestellt, in den Fällen, dass der Arbeitnehmer eine oder mehrere Einrichtungen des Arbeitgebers innerhalb desselben Dienstverhältnisses aufsucht. Die Regelungen in R 9.4 Abs. 3 LStR 2011 sind demzufolge teilweise überholt (vgl. auch Fußnote zu R 9.4 Abs. 3 LStR im LStH 2012).

Die Finanzverwaltung hat mit ( BStBl 2012 I, 57) zur Anwendung der genannten Urteile Stellung genommen. Es enthält Vereinfachungsregelungen zur Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte beim Arbeitgeber, lässt aber auch die vollumfängliche Anwendung der neuen Rechtsprechung zu.

Die Bestimmung, ob und ggf. wo der Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte hat, hat jeweils zu Beginn des Kalenderjahres bzw. – bei unterjährigem Beschäftigungsbeginn – des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu erfolgen. Denn nur bei einer Betrachtung in die Zukunft hätte der Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Wegekosten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte gering zu halten.

Ergänzend zum (a.a.O.) gilt in allen offenen Fällen Folgendes:


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Inhaltsübersicht
Neu seit
1
Regelmäßige Arbeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers
1.1
Grundsätze der (Az: , und )
1.2
Anwendung der neuen Rechtsprechung;
1.2.1
Vereinfachungsregelungen gemäß BMF-Schreiben
1.2.2
Antragsgemäße Anwendung der Grundsätze der neuen BFH-Rechtsprechung („Escape-Klausel”)
1.3
Vorübergehende Tätigkeit an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers
2
Regelmäßige Arbeitsstätte bei einem Dritten
3
Aus-/Fortbildung des Arbeitnehmers

1 Regelmäßige Arbeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers

1.1 Grundsätze der (Az: , und )

Eine regelmäßige Arbeitsstätte wird in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers begründet, wenn es sich um den ortsgebundenen Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers handelt. Dies ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Arbeitsleistung schwerpunktmäßig zu erbringen hat. Allein das kurzfristige Aufsuchen der Arbeitgebereinrichtung (z.B. zu Kontrollzwecken) reicht nicht mehr aus, um dort die regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen. Die sog. 46-Tage-Regelung ist demnach nicht mehr anzuwenden. Vielmehr muss die regelmäßige Arbeitsstätte eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber anderen Tätigkeitsstätten des Arbeitnehmers haben. Es hat eine Abgrenzung danach zu erfolgen, welche Arbeiten der Arbeitnehmer wo ausführt und welches Gewicht diesen Tätigkeiten zukommt.

Der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers kann nur an einem Ort liegen, sodass der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann.

Beispiel 1:

A ist zunächst vereinbarungsgemäß in einem Möbelgeschäft in Münster tätig. Nachdem der Arbeitgeber in Nordkirchen eine Filiale eröffnet hat, wird – ohne Änderung des Arbeitsvertrages – vereinbart, dass A jeden Montag in der Filiale in Nordkirchen arbeitet.

Die regelmäßige Arbeitsstätte hat A in der Filiale in Münster, da dort der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt.

Beispiel 2:

Der angestellte Bauzeichner A übt seine Tätigkeit in der ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers aus. Nur gelegentlich muss er in Vertretung für den Architekten die Bauausführung überwachen.

Der zeitliche und auch qualitative Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des A liegt in der Arbeitgeber-Einrichtung, die damit auch die regelmäßige Arbeitstätte darstellt.

Beispiel 3:

Arbeitnehmer B war von Januar bis Juni im Betrieb des Arbeitgebers tätig (Innendienst). Ab Juli hat er einen neuen Tätigkeitsbereich übernommen. Er ist nunmehr im Außendienst tätig und fährt nur noch einmal im Monat zu Besprechungen in den Betrieb des Arbeitgebers.

Da der Tätigkeitsbereich des B sich verändert hat, ist für den Zeitraum Januar bis Juni und den Zeitraum ab Juli jeweils gesondert zu prüfen, ob eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt. Während B bis Juni im Betrieb des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte hat, ist dieses ab Juli nicht mehr der Fall. Der Mittelpunkt der Tätigkeit des B liegt nach Änderung seines Aufgabenbereichs im Außendienst.

Räume, die sich in unmittelbarer Nähe zur Wohnung des Arbeitnehmers befinden, von den übrigen Räumen der Wohnung nicht getrennt sind und keine in sich geschlossene Einheit bilden (z.B. Home-Office, häusliches Arbeitszimmer), gelten nicht als Betriebsstätte des Arbeitgebers. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber diese Räume dem Arbeitnehmer überlässt und der Arbeitnehmer diese beruflich nutzt (VI R 55/10). Folglich können derartige Räume nicht mehr zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte werden.

1.2 Anwendung der neuen Rechtsprechung;
1.2.1 Vereinfachungsregelungen gemäß BMF-Schreiben

Nach dem ist in der Regel aus Vereinfachungsgründen von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen, wenn der Arbeitnehmer auf Grund der dienstrechtlichen/arbeitsvertraglichen Festlegungen

  • einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist

    Beispiel 1:

    B ist Beschäftigter im öffentlichen Dienst und arbeitet als Heimarbeiter an vier Tagen zu Hause und an einem Tag im Verwaltungssitz. Es werden täglich die gleichen Arbeiten ausgeführt. B ist, da aus reisekostenrechtlicher Sicht eine Zuordnung erforderlich ist, nur dem Verwaltungssitz zugeordnet.

    B hat am Verwaltungssitz eine regelmäßige Arbeitsstätte, da er dieser Arbeitgeber-Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist und dort dauerhaft auch tätig wird.

    Beispiel 2:

    C ist arbeitsvertraglich (aus außersteuerlichen Gründen) dem Hauptsitz des Arbeitgebers in Hamburg zugeordnet. Als Leiter der Niederlassung in Bonn wird er aber ausschließlich in Bonn tätig.

    C hat seine regelmäßige Arbeitsstätte in Bonn, wo er ausschließlich und dauerhaft tätig wird. Die arbeitsvertragliche Zuordnung allein führt nur dann zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte, wenn sie auch den tatsächlichen Verhältnissen entspricht.

    oder

  • in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers

    • arbeitstäglich,

    • je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder

    • mindestens 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (Prognoseentscheidung).

    Beispiel 1:

    Der angestellte Linienbusfahrer übernimmt den Bus täglich im Busdepot des Arbeitgebers.

    Der Arbeitnehmer unterhält keine regelmäßige Arbeitstätte im Busdepot, da er dort nicht tätig wird.

    Beispiel 2:

    Der angestellte Handwerker/Kundendienstmonteur fährt morgens zum Betrieb des Arbeitgebers, um seinen PKW abzustellen, Aufträge entgegen zu nehmen und das erforderliche Kleinmaterial und Werkzeug einzuladen. Im Anschluss daran fährt er mit dem Werkstattwagen zu den Kunden. Nachmittags stellt er das Fahrzeug beim Arbeitgeber ab, um mit seinem privaten PKW nach Hause zu fahren.

    Der Arbeitnehmer unterhält keine regelmäßige Arbeitstätte in der ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, da er dort nicht tätig wird. Allein das arbeitstägliche Aufsuchen ohne „tätig” zu werden reicht nicht aus. „Tätig” im Sinne der Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten wird ein Handwerker/Kundendienstmonteur nicht durch die genannten Arbeiten.

    Beispiel 3:

    Die Arbeitszeit von A beträgt laut Arbeitsvertrag montags bis donnerstags jeweils 8 Stunden und freitags 6 Stunden (Wochenarbeitszeit 38 Stunden). Die ihm obliegenden Reparaturarbeiten für Kunden führt er grds. vor Ort beim Kunden durch. Reparaturen, die nur im Betrieb des Arbeitgebers ausgeführt werden können, erledigt er jede zweite Woche jeweils am Donnerstag und Freitag am Betriebssitz des Arbeitgebers.

    A hat in der ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitstätte. Zwar wird er dort weniger als 20 % der vertraglichen Arbeitszeit (monatlich 28 von 152 Stunden), aber durchschnittlich im Kalenderjahr an einem Arbeitstag je Arbeitswoche tätig. Dass A am Freitag jeweils nur sechs Stunden zu arbeiten hat, steht dem nicht entgegen („ein Arbeitstag”).

1.2.2 Antragsgemäße Anwendung der Grundsätze der neuen BFH-Rechtsprechung („Escape-Klausel”)

Wird von den unter 1.2.1 dargestellten Vereinfachungsregeln abweichend vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer (z.B. durch entsprechenden Sachvortrag) geltend gemacht, dass nach den Grundsätzen der eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte ist oder keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt, ist dies anhand des inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunktes der beruflichen Tätigkeit nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Zu diesem Zweck ist der Ort des qualitativen Schwerpunkts der beruflichen Tätigkeit danach zu bestimmen, wo der Arbeitnehmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Tätigkeit kommt in diesem Zusammenhang nur Indizienwirkung zu.

Beispiel:

Ein angestellter Handelsvertreter erledigt Vor- und Nachbereitungsarbeiten jeweils freitags in den Büroräumen des Arbeitgebers.

Nach den Vereinfachungsregelungen kann zunächst vermutet werden, dass der Betrieb eine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt. Der qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit liegt jedoch im Außendienst, sodass bei einem entsprechenden Sachvortrag die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers nicht zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte wird.

Werden qualitativ bedeutende Teile der beruflichen Tätigkeit sowohl in der ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers als auch im Außendienst erbracht, hat der Arbeitnehmer keine regelmäßige Arbeitsstätte. Die Einrichtung des Arbeitgebers und der Außendienst können nicht gleichermaßen Mittelpunkt der Tätigkeit sein. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer mehrere Einrichtungen des Arbeitgebers gleichmäßig aufsucht und dort jeweils qualitativ gleichwertige Arbeiten ausführt.

Beispiel:

Zum Aufgabenbereich des Filialleiters A gehört die Betreuung der Filialen in Köln und Düsseldorf. Montags und mittwochs sucht er die Filiale Köln auf, dienstags und donnerstags die Filiale Düsseldorf. Freitags erledigt er Büroarbeiten in einem im Wohnhaus befindlichen Arbeitszimmer.

A hat gar keine regelmäßige Arbeitsstätte. Ein qualitativer Mittelpunkt seiner Tätigkeit kann nicht festgemacht werden, da die Arbeiten in den Filialen gleichwertig sind. Es erlangt auch keine der Filialen gegenüber der anderen hinreichend zentrale Bedeutung. Das Arbeitszimmer in der Wohnung begründet bereits deswegen keine regelmäßige Arbeitsstätte, weil es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt.

Sucht der Arbeitnehmer mehrere Einrichtungen des Arbeitgebers auf und führt dort jeweils qualitativ gleichwertige Arbeiten aus, kann diejenige Einrichtung eine regelmäßige Arbeitsstätte darstellen, in der der Arbeitnehmer quantitativ überwiegend tätig wird.

Beispiel:

Zum Aufgabenbereich des Filialleiters A gehört die Betreuung der Filialen in Köln und Düsseldorf. Montags bis mittwochs sucht er die Filiale Köln auf, donnerstags und freitags die Filiale Düsseldorf.

A hat in der Filiale Köln eine regelmäßige Arbeitsstätte. Er erbringt gleichartige und damit in qualitativer Hinsicht gleichwertige Arbeitsleistungen in beiden Filialen. Die Arbeiten in der Filiale Köln überwiegen zeitlich, sodass diese eine hinreichend zentrale Bedeutung gewinnt.

1.3 Vorübergehende Tätigkeit an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers

Wird der Arbeitnehmer vorübergehend an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens tätig (z.B. befristete Abordnung; R 9.4 Abs. 3 Satz 4 LStR), wird die betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, die nur vorübergehend aufgesucht wird, nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte.

Da die LStR 2011 keine zeitliche Begrenzung hinsichtlich des Merkmals „vorübergehend” enthalten, muss anhand der Gesamtumstände entschieden werden, ob die Auswärtstätigkeit noch als vorübergehend angesehen werden kann oder ob am Beschäftigungsort eine regelmäßige Arbeitsstätte begründet wird. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann. Die Vorgabe einer festen zeitlichen Obergrenze für die Annahme einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit ist nicht möglich.

Beispiel 1: Abordnung für vier Jahre

Arbeitnehmer A mit regelmäßiger Arbeitsstätte bei einer Einzelhandelsfiliale in Köln wird für vier Jahre nach München abgeordnet, um die dortige kleinere Zweigniederlassung wirtschaftlicher zu gestalten. Danach kommt er wieder nach Köln zurück.

A führt während der vierjährigen Tätigkeit in München eine Auswärtstätigkeit durch. Er begründet in München keine regelmäßige Arbeitsstätte, da er vorübergehend an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig ist (vgl. hierzu auch BStBl 2008 II, 825).

Beispiel 2: Verlängerung der Abordnung (Auswärtstätigkeit)

Arbeitnehmer A mit regelmäßiger Arbeitsstätte bei seinem Arbeitgeber, einer Softwarefirma in Düsseldorf, soll die Zweigniederlassung des Arbeitgebers in München auf das neue Softwareprogramm umstellen. Hierfür wird er für drei Jahre nach München abgeordnet. Aufgrund technischer Schwierigkeiten verlängert sich der Einsatz um neun Monate.

In derartigen Fällen ist aufzuklären, ob von Beginn an eine unbefristete und damit dauerhafte Tätigkeit beabsichtigt war. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, die Vermutung des dauerhaften Einsatzes durch geeignete Unterlagen zu widerlegen. Sie tragen die Feststellungslast für das Vorliegen einer vorübergehenden Tätigkeit.

Im Beispielsfall begründet A in München trotz der Verlängerung keine regelmäßige Arbeitsstätte, da es sich um eine unvorhergesehene kurzzeitige Verlängerung handelt.

Beispiel 3: Verlängerung der Abordnung (regelmäßige Arbeitsstätte)

A soll die Zweigniederlassung seines Arbeitgebers in Nürnberg auf das neue Softwareprogramm umstellen und anschließend auch die weitere Betreuung übernehmen. Hierfür wird A zunächst für drei Jahre nach Nürnberg abgeordnet. Dieser Einsatz wird nach Ablauf der dreijährigen Tätigkeit in Nürnberg um weitere drei Jahre verlängert.

Die Art und Dauer des Einsatzes indiziert eine von vornherein auf Dauer angelegte Tätigkeit. Anhand der Gesamtumstände – vereinbart war nicht nur die Umstellung auf das neue Softwareprogramm, sondern auch die weitere Betreuung – kann im Beispielsfall davon ausgegangen werden, dass von Beginn der Tätigkeitsaufnahme in Nürnberg an eine nicht nur vorübergehende Tätigkeit geplant war. Der qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit und damit die regelmäßige Arbeitsstätte des A liegen daher in der Zweigniederlassung in Nürnberg.

2 Regelmäßige Arbeitsstätte bei einem Dritten

Wird der Arbeitnehmer nicht in einer Einrichtung des Arbeitgebers tätig, sondern in einer Einrichtung eines Dritten (z.B. Leiharbeitnehmer), wird diese nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses mit wechselnden Tätigkeitsstätten rechnen muss (R 9.4 Abs. 3 Satz 5 LStR). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer bei einem Kunden des Arbeitgebers längerfristig eingesetzt ist ( BStBl 2009 II, 818 und vom , BStBl 2009 II, 822).

Beispiel 1: ständig wechselnde Tätigkeitsstätten

Ein bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigter Hochbauingenieur wird in regelmäßigem Wechsel verschiedenen Entleihfirmen überlassen und auf deren Baustellen eingesetzt. Den Betrieb seines Arbeitgebers sucht er nur hin und wieder auf, ohne dort eine regelmäßige Arbeitstätte i.S. der R 9.4 Abs. 3 LStR zu begründen. Er wird für einen vor Beginn der Tätigkeit festgelegten Zeitraum von zwei Jahren an eine Baufirma überlassen und von dieser während des gesamten Zeitraums auf ein- und derselben Großbaustelle eingesetzt.

Die Großbaustelle wird bereits deshalb nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte, weil die dortige Tätigkeit vorübergehend, d.h. auf eine von vornherein bestimmte Dauer angelegt ist; diese kann im Übrigen auch projektbezogen sein (z.B. Überlassung des Leiharbeitnehmers bis zur Vollendung eines konkreten Bauvorhabens).

Beispiel 2: Überlassung ohne zeitliche Befristung

Ein Arbeitnehmer wird von einer Zeitarbeitsfirma einem Kunden als kaufmännischer Mitarbeiter überlassen. Der Überlassungsvertrag enthält keine zeitliche Befristung („bis auf Weiteres”).

Auch in diesem Fall liegt beim Kunden keine regelmäßige Arbeitsstätte in der außerbetrieblichen Einrichtung vor.

Eine dauerhafte Tätigkeit, die zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte in einer Einrichtung eines Dritten führt, liegt hingegen vor, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitnehmerverleiher mit dem Ziel der späteren Festanstellung beim Entleiher eingestellt wird oder er nur für die Dauer eines bestimmten Projekts eingestellt wird und das Arbeitsverhältnis danach endet. Hier liegt keine Tätigkeit an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten vor, weil der Arbeitnehmer nicht damit rechnen muss, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Vielmehr ist er dauerhaft an einer regelmäßigen (außerbetrieblichen) Arbeitsstätte tätig.

Beispiel 3: Projektarbeit

Der Arbeitnehmer (technischer Zeichner) ist von der Zeitarbeitsfirma ausschließlich für die Überlassung an die Baufirma eingestellt worden; das Arbeitsverhältnis endet vertragsgemäß nach Abschluss des Bauvorhabens.

In diesem Fall liegt ab dem ersten Tag der Tätigkeit bei der Baufirma eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Da der Arbeitnehmer ausschließlich nur für die Überlassung bei der bestimmten Baufirma eingestellt worden ist, wird er nicht anders behandelt als ein entsprechender Arbeitnehmer, der unmittelbar bei der Baufirma angestellt wäre.

Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Arbeitnehmer – bestimmt durch die Art der Tätigkeit beim Entleiher (Kunden) – bereits bei diesem eine Auswärtstätigkeit ausübt.

Beispiel 4:

Sachverhalt wie Beispiel 3, der Arbeitnehmer ist jedoch Bauarbeiter und wird vom Entleiher nur auf der Baustelle eingesetzt.

Der Arbeitnehmer übt – ebenso wie die von der Baufirma fest angestellten Bauarbeiter – eine Auswärtstätigkeit aus. Für die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen ist die Abwesenheit vom Betrieb des Entleihers (nicht von der Zeitarbeitsfirma) und der Wohnung maßgebend.

Beispiel 5:

Ein Arbeitnehmer wird für zwei Jahre beim Verleiher eingestellt und wie in Beispiel 3 für die gesamte Dauer seines Arbeitsverhältnisses beim Entleiher tätig. Einmal in der Woche fährt er kurz zur betrieblichen Einrichtung des Verleihers, um Abrechnungsunterlagen abzugeben und Bericht zu erstatten.

Der Leiharbeitnehmer kann nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben. Diese liegt im Betrieb des Entleihers, da er dort schwerpunktmäßig tätig wird.

Auch wenn ein jetzt entliehener Arbeitnehmer zuvor bei dem Entleiher (mit gleicher Tätigkeit) beschäftigt war, ist regelmäßig davon auszugehen, dass von vornherein eine dauerhafte Tätigkeit an einer (außerbetrieblichen) Arbeitsstätte vorliegt (Outsourcing).

Beispiel 6: Outsourcing

Ein Automobilunternehmen lagert einen Teil der in der Montage beschäftigten Arbeitnehmer an eine Leiharbeitsfirma aus, die ihrerseits die Arbeitnehmer an das Automobilunternehmen entleiht. Dort üben sie die gleiche Tätigkeit wie vor der Auslagerung aus.

Es liegt ab dem ersten Tag der Tätigkeit eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt.

3 Aus-/Fortbildung des Arbeitnehmers

Die Grundsätze für Auswärtstätigkeiten sind auch maßgebend, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seines Ausbildungsdienstverhältnisses oder als Ausfluss seines Dienstverhältnisses zu Fortbildungszwecken vorübergehend eine Ausbildungs- oder Fortbildungsstätte außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitsstätte im Betrieb des Arbeitgebers aufsucht (R 9.2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 LStR). Eine Bildungseinrichtung wird daher auch dann nicht zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte, wenn ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer eine längerfristige, jedoch vorübergehende berufliche Fortbildungsmaßnahme durchführt und die Bildungseinrichtung längerfristig über vier Jahre aufsucht ( BStBl 2008 II, 825).

An dieser steuerlichen Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der Arbeitnehmer in Teilzeit beschäftigt ist oder das Dienstverhältnis im Zeitraum der Fortbildung ruht.

Diese Verfügung tritt an die Stelle der Verfügung vom .

Inhaltlich gleichlautend
Oberfinanzdirektion Rheinland v. - S 2338 - 1015 - St 215
Oberfinanzdirektion Münster - S 2353 - 20 - St 22 - 31

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
EStB 2012 S. 213 Nr. 6
JAAAE-06401