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Thüringer FG Urteil v. - 3 K 481/10 EFG 2012 S. 423 Nr. 5

Gesetze: EStG § 74 Abs. 1 S. 1, EStG § 74 Abs. 1 S. 4, EStG § 68 Abs. 1 S. 1, BGB § 1602, BGB § 1603, BGB § 1610, SGB XII § 94 Abs. 1 S. 1, SGB XII § 43 Abs. 2, AO § 88, AO § 5, SGB X § 20, FGO § 102

Abzweigung von Kindergeld für ein volljähriges behindertes Kind an den Sozialleistungsträger

Keine Pflicht des Kindergeldberechtigten zur Führung eines Haushaltsbuches im Abzweigungsverfahren

Vermutung der Leistung von die Höhe des Kindergeldes übersteigendem Unterhalt bei Haushaltsaufnahme

Sozialhilferechtliche Angemessenheit der Unterhaltsleistungen des Kindergeldberechtigten

Leitsatz

1. Der Kindergeldberechtigte darf im Verfahren wegen der Abzweigung von Kindergeld an den Sozialleistungsträger nicht verpflichtet werden, akribisch eine Art „Haushaltsbuch” zu führen oder in ähnlicher Weise nachvollziehbar glaubhaft zu machen, ob und ggf. in welcher Höhe er aus welchen Einkünften Aufwendungen für den Unterhalt seines Kindes tätigt. Die Abzweigungsentscheidung muss daher auf der Grundlage eines nur unvollständig aufgeklärten Sachverhaltes ergehen (Anschluss an FG Sachsen-Anhalt v , 5 K 454/11; entgegen dem zu hohe Anforderungen an die Nachweispflichten der Kindergeldberechtigten stellenden )

2. Lebt das behinderte volljährige Kind, welches außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, im Haushalt des Kindergeldberechtigten, ist typisierend davon auszugehen, dass der Berechtigte regelmäßig Unterhaltsleistungen erbringt, die den Betrag des Kindergeldes übersteigen, so dass eine Abzweigung des Kindergeldes an den Sozialleistungsträger ausscheidet.

3. Bei der im Rahmen des Abzweigungsverfahrens zu treffenden Ermessensentscheidung der Familienkasse sind grundsätzlich sämtliche Unterhaltsaufwendungen der Eltern zur Deckung des Lebensbedarfes des Kindes i. S. v. § 1610 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Auf die Angemessenheit der Aufwendungen nach sozialhilferechtlichen Maßstäben kommt es nicht an.

Fundstelle(n):
EFG 2012 S. 423 Nr. 5
TAAAE-01519

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Thüringer FG, Urteil v. 23.11.2011 - 3 K 481/10

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