BAG Urteil v. - 9 AZR 387/10

Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags - Überschreiten der Überlastquote - Vereinbarkeit einer Stichtagsregelung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz

Gesetze: § 3 Abs 1 Nr 3 Alt 1 AltTZG 1996, § 2 Abs 1 AltTZTV, § 242 BGB, Art 3 Abs 1 GG, § 315 BGB

Instanzenzug: Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven Az: 11 Ca 11032/09 Urteilvorgehend Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven Az: 11 Ca 11031/09 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Bremen Az: 3 Sa 156/09 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin zu 1. (Klägerin) und der Kläger zu 2. (Kläger) verlangen von der Beklagten, mit ihnen einen Altersteilzeitarbeitsvertrag zu schließen.

2Die Beklagte beschäftigt die am geborene Klägerin seit dem als Reinigungskraft mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 25 Wochenstunden. Zwischen dem am geborenen Kläger und der Beklagten besteht seit dem ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger ist als Kfz-Meister tätig. Die Beklagte beschäftigt die Klägerin und den Kläger in ihren Entsorgungsbetrieben.

Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme findet auf die Arbeitsverhältnisse der Parteien der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom (TV ATZ) Anwendung. Dieser sieht ua. folgende Regelungen vor:

4Die Beklagte vereinbarte in den Jahren 2002 bis 2008 mit Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverhältnisse, obwohl in diesem Zeitraum bereits zwischen 7 % und nahezu 21 % der betriebsangehörigen Beschäftigten in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis standen.

Nachdem die finanziellen Rückstellungen zum Zwecke der Absicherung potenzieller künftiger Altersteilzeitansprüche der Mitarbeiter vollständig aufgezehrt waren, informierte die Beklagte am die Belegschaft, so auch die Klägerin und den Kläger, über Folgendes:

6In der Folgezeit schloss die Beklagte noch mit drei Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge. So vereinbarte sie am mit dem am geborenen Arbeitnehmer M aufgrund seines Antrags vom , das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzuführen. Am schloss sie mit dem am geborenen Arbeitnehmer R A ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Dieser hatte am einen Altersteilzeitantrag gestellt. Schließlich nahm sie am das am unterbreitete Angebot der Arbeitnehmerin G an, das Arbeitsverhältnis in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis umzuwandeln. Diese ist am geboren.

7Am bot die Klägerin der Beklagten an, mit ihr einen Altersteilzeitarbeitsvertrag für den Zeitraum vom bis zum zu schließen. Mit Schreiben vom erklärte die Beklagte, sie könne dem Wunsch der Klägerin nicht entsprechen, da sich mehr als fünf vH der beschäftigten Arbeitnehmer in Altersteilzeit befänden.

8Am unterbreitete der Kläger der Beklagten das Angebot, das Arbeitsverhältnis im Zeitraum vom bis zum als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzuführen. Auch dies lehnte die Beklagte unter Hinweis auf die Überlastquote ab.

9Die Klägerin und der Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagte sei gemäß § 2 Abs. 1 TV ATZ zum Abschluss der Altersteilzeitarbeitsverträge verpflichtet. Die Beklagte habe das Recht, sich auf das Überschreiten der Überlastquote zu berufen, infolge ihrer langjährigen Entscheidungspraxis verwirkt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung unterliege die Beklagte einem Kontrahierungszwang. Dies gelte umso mehr, als sie auf den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags vertraut hätten. Entscheidende Bedeutung komme den Geburtsjahrgängen der Arbeitnehmer zu, die willens seien, Altersteilzeitarbeitsverträge zu schließen.

Die Klägerin hat beantragt,

Der Kläger hat beantragt,

12Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die tariflichen Voraussetzungen, unter denen die Bestimmungen des TV ATZ Arbeitnehmern einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags gewährten, lägen im Streitfall nicht vor. Der Gleichbehandlungsgrundsatz schränke nicht die von § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTZG vermittelte Freiheit des Arbeitgebers, den Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen zu verweigern, ein. Im Hinblick auf das Überschreiten der Überlastquote sei die Einführung des von ihr gewählten Stichtags am rechtlich unbedenklich.

Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen der Klägerin und des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Klägerin und der Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Gründe

14Die zulässigen Revisionen der Klägerin und des Klägers sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen der Klägerin und des Klägers gegen die klageabweisenden Urteile des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässigen Klagen sind unbegründet.

15A. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte mit ihr den begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrag schließt. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass es für das Klagebegehren an einer Rechtsgrundlage fehlt.

16I. Der Anspruch folgt nicht aus dem TV ATZ.

171. Die Bestimmungen des TV ATZ finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin Anwendung.

182. Die Klägerin vollendete am das 55. Lebensjahr. Ihr Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags kann sich deshalb nicht aus § 2 Abs. 2 TV ATZ, sondern nur aus § 2 Abs. 1 TV ATZ ergeben. Danach kann der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, einen Altersteilzeitarbeitsvertrag schließen, soweit die übrigen Anforderungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ erfüllt sind. Hierzu muss der Arbeitnehmer eine Beschäftigungszeit von fünf Jahren vollendet und innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben.

193. Ein tariflicher Anspruch der Klägerin scheitert daran, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sie den Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags verlangte, in den Entsorgungsbetrieben der Beklagten die in § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG bestimmte Überlastquote überschritten war.

20a) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTZG muss für Erstattungsleistungen der Arbeitsverwaltung die freie Entscheidung des Arbeitgebers sichergestellt sein, ob er mit über fünf vH der Arbeitnehmer seines Betriebs Altersteilzeitarbeitsverträge schließt.

21b) Ist diese Überlastquote des § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTZG überschritten, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch nach § 2 Abs. 1 TV ATZ gegen den Arbeitgeber, dass dieser nach billigem Ermessen darüber entscheidet, ob er mit dem Arbeitnehmer einen Altersteilzeitarbeitsvertrag schließt. Die tarifliche Anspruchsgrundlage des § 2 Abs. 1 TV ATZ, die die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nur „auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes” vorsieht, bezieht das öffentlich-rechtliche System der an bestimmte Erfordernisse gebundenen Refinanzierung durch Erstattungsleistungen der öffentlichen Hand nach § 3 und § 4 AltTZG in die privatrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen mit ein ( - Rn. 35, BAGE 126, 264). Durch den Verweis auf das AltTZG stellt § 2 Abs. 1 TV ATZ den Anspruch auf eine billigem Ermessen entsprechende Entscheidung unter den tariflichen Vorbehalt, dass die Überlastquote in dem Betrieb nicht überschritten ist. Die Beschäftigung von Arbeitnehmern über die gesetzliche Quote hinaus ist ein negatives Tatbestandsmerkmal, das bereits die Entstehung des Anspruchs hindert (vgl.  - Rn. 30). Die gesetzliche Quotierung dient auch dazu, altersteilzeitbedingte finanzielle Mehraufwendungen des Arbeitgebers in Grenzen zu halten ( - Rn. 24, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 41 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 29).

22c) Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom (BAG - 9 AZR 511/07 - Rn. 24, aaO) angenommen hat, das Überschreiten der Überlastquote sei lediglich ein Aspekt, den der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm auszuübenden Ermessen berücksichtigen könne, wird hieran nicht festgehalten. Mäße man dem Überschreiten des in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTZG genannten Werts lediglich eine solche Bedeutung zu, hätte dies einen von den Tarifvertragsparteien nicht gewollten Wertungswiderspruch zur Folge. Denn einem Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 TV ATZ erfüllt, wächst kein tariflicher Anspruch zu, wenn in dem Betrieb mehr als fünf vH der Beschäftigten in Altersteilzeit beschäftigt werden (so zuletzt  - Rn. 30). Der Arbeitnehmer, der das 60. Lebensjahr vollendet hat, stände damit schlechter als ein Arbeitnehmer, der lediglich das 55. Lebensjahr vollendet hat. Dieser hätte trotz der Überschreitung der Überlastquote Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Der Arbeitgeber hätte hierbei die wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl.  - Rn. 29, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14). Dies wären neben dem Überschreiten der Überlastquote auch Umstände aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers (vgl.  - Rn. 49, AP ATG § 3 Nr. 22 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 33). Sollte hiernach das Interesse des Arbeitnehmers am Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags das gegenläufige Interesse des Arbeitgebers überwiegen, fiele die Entscheidung des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers aus (vgl.  - Rn. 26, BAGE 127, 214). Eine solche Privilegierung der rentenfernen gegenüber den rentennahen Jahrgängen haben die Tarifvertragsparteien nicht gewollt.

23d) Die Überschreitung der Überlastquote hat das Landesarbeitsgericht mit bindender Wirkung für das Revisionsgericht festgestellt (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Klägerin beantragte unter dem Altersteilzeit, die am beginnen sollte. Zu beiden Zeitpunkten war die Quote von fünf vH der Beschäftigten in den Entsorgungsbetrieben, in denen die Klägerin beschäftigt wird, überschritten.

24e) Die Beklagte hat das Recht, sich auf die Überlastquote zu berufen, nicht dadurch verwirkt (§ 242 BGB), dass sie im Zeitraum von 2002 bis 2008 trotz Überschreitung der Quote weiterhin mit Mitarbeitern Altersteilzeitarbeitsverträge schloss. Der Arbeitgeber bleibt nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 TV ATZ iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTZG in seiner Entscheidung über die Annahme weiterer Altersteilzeitangebote frei, auch wenn er bereits die Quote von fünf vH überschritten hat. Eine Verwirkung kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen, die darauf schließen lassen, der Arbeitgeber werde sich dauerhaft nicht auf die Überlastquote berufen (vgl.  - Rn. 43, BAGE 126, 264). Solche besonderen Tatsachen sind nicht vorgetragen; sie sind im Übrigen nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Beklagte im Zeitraum vor dem Stichtag am Altersteilzeitarbeitsverhältnisse begründete, reicht hierfür nicht aus. Denn der bloße Umstand, dass die Beklagte unter massiver Nutzung der Altersteilzeit Personal abbaute, begründet auf Seiten der Klägerin keinen rechtlichen Vertrauenstatbestand auf die Fortführung dieser Praxis ohne Rücksicht auf die Entwicklung der Altersteilzeitquote und der damit einhergehenden finanziellen Belastungen.

25II. Der Anspruch folgt auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte hat nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, indem sie mit drei Arbeitnehmern nach dem noch Altersteilzeitarbeitsverträge schloss, dies aber gegenüber der Klägerin verweigert.

261. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des in Art. 3 Abs. 1 GG statuierten Gleichheitssatzes. Gewährt der Arbeitgeber Arbeitnehmern freiwillige Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip, ist der Arbeitgeber ungeachtet des Vorrangs der Vertragsfreiheit an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden (vgl.  - Rn. 11, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20). Schließt der Arbeitgeber - wie im Streitfall - mit Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge, obwohl er wegen Überschreitens der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG geregelten Überlastquote hierzu nicht verpflichtet ist (vgl.  - Rn. 40 f., AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 47 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 34), erbringt er eine freiwillige Leistung und hat deshalb bei der Entscheidung über den Antrag eines Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (vgl.  - Rn. 54, BAGE 126, 264).

272. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung seiner selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (st. Rspr., vgl.  - Rn. 23, AP ATG § 3 Nr. 21 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 2).

283. Die Beklagte erbrachte gegenüber ihren Arbeitnehmern freiwillige Leistungen. Sie vereinbarte Altersteilzeitarbeitsverträge, obwohl sie hierzu wegen der Überschreitung der Überlastquote nach § 2 Abs. 1 TV ATZ iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTZG nicht verpflichtet war.

294. Soweit die Beklagte ihre tatsächliche Praxis änderte und den Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen verweigerte, wenn der Antrag des Arbeitnehmers nach dem Aushang am bei ihr einging, ist dies sachlich gerechtfertigt.

30a) Die Beklagte behandelte Arbeitnehmer, die einen Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags vor dem einreichten, anders als Arbeitnehmer, die das Angebot zu einem späteren Zeitpunkt einreichten. Während die Beklagte die Anträge der ersten Gruppe von Arbeitnehmern unter den weiteren Voraussetzungen des TV ATZ annahm, lehnte sie Anträge der zweiten Gruppe - so auch den Antrag der Klägerin - unter Hinweis auf die Überlastquote ab.

31b) Diese Gruppenbildung ist nicht willkürlich. Ihr liegen sachliche Erwägungen zugrunde, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

32aa) Mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es vereinbar, wenn der Arbeitgeber einen Stichtag benennt, ab dem er eine freiwillige Leistung einstellt. Stichtagsregelungen sind als „Typisierung in der Zeit” ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises zulässig. Denn der Anspruch auf Gleichbehandlung ist nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich begrenzt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Wahl des Zeitpunkts am zu regelnden Sachverhalt orientiert und die Interessenlage der Betroffenen angemessen erfasst. Bei der Festlegung des Stichtags besteht ein weiter Ermessensspielraum. Die zeitliche Differenzierung ist zulässig, wenn sie auf die infrage stehende Leistung und ihre Besonderheiten abgestimmt ist. Entscheidend sind die hinter der Stichtagsregelung stehenden Gründe. Auch Kostenbelastungen können eine Stichtagsregelung rechtfertigen (vgl.  - Rn. 30, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186). Diese Grundsätze gelten insbesondere in den Fällen, in denen ein Arbeitgeber im Hinblick auf das Überschreiten der Überlastquote einen Stichtag festlegt, ab dem er den Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen ablehnt (vgl.  - Rn. 53, BAGE 126, 264).

33bb) Die von der Beklagten im Streitfall vorgenommene Gruppenbildung ist sachlich gerechtfertigt. Die Beklagte hat mit dem einen Stichtag bestimmt und diesen gegenüber der Belegschaft - so auch gegenüber der Klägerin - bekannt gemacht. Anträge auf Altersteilzeit, die nach diesem Tag bei ihr eingingen, lehnte sie ab.

34(1) Maßgeblich war für die Beklage, wie ihre Entscheidungspraxis belegt, der Tag der Antragstellung. Die Wahl des Zeitpunkts, ab dem die Beklagte die Stichtagsregelung ohne Ausnahme anwandte, ist nicht zu beanstanden. Zu diesem Zeitpunkt waren, wie das Landesarbeitsgericht mit bindender Wirkung für das Revisionsgericht festgestellt hat, die Rücklagen, die die Beklagte in den Entsorgungsbetrieben zum Zweck der Absicherung der aus der Altersteilzeit erwachsenden finanziellen Belastungen gebildet hatte, aufgebraucht. Dieser Grund, der die Beklagte veranlasste, die bisherige Praxis zu ändern, steht in einem sachlichen Zusammenhang mit der von ihr erbrachten Leistung, freiwillig Altersteilzeitarbeitsverträge abzuschließen.

35(2) Der Umstand, dass die Beklagte nach dem die Anträge der Arbeitnehmer M und A sowie der Arbeitnehmerin G annahm, rechtfertigt es nicht, abweichend zu entscheiden. Dies gilt selbst dann, wenn man mit der Revision davon ausgeht, die Beklagte habe durch den Abschluss der Altersteilzeitarbeitsverträge die verlautbarte Stichtagsregelung missachtet.

36Die Beklagte teilte der Belegschaft der Entsorgungsbetriebe unter dem mit, dass „zurzeit Altersteilzeitanträge gem. § 2 Abs. 3 TV ATZ abgelehnt werden müssen.“ Der Wortlaut der Regelung legt nahe, dass nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, sondern der Zeitpunkt, zu dem über den Antrag entschieden wird, maßgeblich ist. Hieraus erwachsen der Klägerin allerdings keine Rechte. Der Abschluss der Altersteilzeitarbeitsverträge mit den drei Arbeitnehmern dokumentiert den Willen der Beklagten, Arbeitnehmer, die bereits vor dem benannten Stichtag einen Antrag auf Altersteilzeit gestellt hatten, günstiger als verlautbart zu behandeln. Die Klägerin, die ihren Antrag erst am anbrachte, gehört nicht zu diesem Personenkreis. Diese weitere Stichtagsregelung ist sachlich gerechtfertigt. Sie knüpft an das zum Zeitpunkt der Antragstellung berechtigte Vertrauen der Arbeitnehmer an, die Beklagte bewillige trotz Überschreitens der Überlastquote den Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen. Dieses Vertrauen war mit dem Aushang vom beseitigt und bestand deshalb zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin ihren Antrag anbrachte, nicht mehr.

37B. Dem Kläger gegenüber ist die Beklagte aus denselben Erwägungen nicht verpflichtet, einen Altersteilzeitarbeitsvertrag zu schließen. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass auch hier eine Anspruchsgrundlage fehlt.

38I. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ, der kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, liegen nicht vor. Zwar erfüllt der am geborene Kläger, der seit 1978 bei der Beklagten beschäftigt ist, die in der Tarifbestimmung genannten persönlichen Anforderungen; der Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen am gestellten Antrag scheitert jedoch daran, dass in den Entsorgungsbetrieben, in denen der Kläger beschäftigt ist, die Überlastquote überschritten ist. Die Beklagte hat das Recht, sich auf diesen anspruchshindernden Umstand zu berufen, nicht verwirkt. Insoweit gelten die Ausführungen unter A I entsprechend.

39II. Der Kläger vermag sein Klagebegehren auch nicht mit Erfolg auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu stützen. Soweit die Beklagte am eine Stichtagsregelung einführte und diese gegenüber der Belegschaft verlautbarte, ist die unterschiedliche Behandlung, die Arbeitnehmer im Hinblick auf die Gewährung von Altersteilzeit erfuhren, sachlich gerechtfertigt (siehe im Einzelnen die Ausführungen unter A II).

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 2 ZPO.

Fundstelle(n):
BB 2012 S. 316 Nr. 5
DB 2012 S. 1047 Nr. 18
NJW 2012 S. 8 Nr. 10
HAAAE-00606