BAG Urteil v. - 9 AZR 155/09

Altersteilzeit - Vertragsänderung mit Rückwirkung

Leitsatz

Ein Arbeitsverhältnis kann durch gerichtliche Entscheidung (§ 894 Abs 1 ZPO) nicht mit Rückwirkung vor dem Zeitpunkt der Abgabe eines entsprechenden Angebots in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis geändert werden.

Gesetze: § 253 Abs 2 ZPO, § 894 S 1 ZPO, § 133 BGB, § 157 BGB, § 3 Abs 1 AltTZG 1996, § 2 AltTZTV, § 3 AltTZTV, § 9 AltTZTV, § 315 BGB

Instanzenzug: Az: 93 Ca 10694/07 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 18 Sa 785/08 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.

2Der 1946 geborene Kläger ist zumindest seit 1993 bei der Beklagten im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung(BBR), zuletzt als Leiter des Fachreferats V S 2 „Gebäudetechnik, Bauingenieurwesen“, beschäftigt. Diese Bauabteilung ist projektbezogen organisiert und nimmt im Wesentlichen die Funktion einer Bauherrenverwaltung wahr. Die zu erledigenden Aufgaben werden weitestgehend an freiberuflich Tätige übertragen. Das Referat des Klägers arbeitet in allen Angelegenheiten der Technischen Gebäudeausrüstung mit den Projektreferaten der Abteilung V im Zuge der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen zusammen. Darüber hinaus werden von seinem Referat Aufgaben und die federführende Koordination in der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Liegenschaftsinformationssystem Außenanlagen“ für alle Liegenschaften der Bundeswehr in Berlin wahrgenommen. Diese Arbeitsgruppe besteht aus den Leitstellen Vermessung, Boden- und Grundwasserschutz sowie Abwasser und hat die Aufgabe, zentral alle graphischen und Sachdaten der Außenanlagen in den Fachsparten zu erfassen, zu führen und zur Nutzung bereitzustellen. Der Kläger nimmt in fachlicher Hinsicht die Vorgesetztenfunktion über die Fachreferatsmitglieder unter Wahrung der Gesamtprojektziele der jeweiligen Maßnahme wahr. Ihm obliegen für den Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung die Aufgaben der Fachaufsicht Führungsebene gemäß RBBau. Er ist zuständig für die baufachliche Prüfung und gegebenenfalls die Genehmigung des Baufachteils der Entscheidungsunterlagen - Bau - (ES-Bau), falls eine solche dem BBR übertragen wurde. Ihm sind 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unmittelbar unterstellt.

3Am wurde die Bauverwaltung der Oberfinanzdirektion Berlin mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung zusammengelegt. In diesem Zusammenhang wurde mit zahlreichen Beschäftigten der Bauverwaltung der Oberfinanzdirektion - insbesondere mit Beamten - eine Altersteilzeitvereinbarung geschlossen. Nach dem schloss die Beklagte mindestens 30 Altersteilzeitarbeitsverträge ab. Hierzu hat die Beklagte im Prozess eine Namensliste mit 30 Arbeitnehmern überreicht. Bei zwölf Arbeitnehmern ist unter der Rubrik „Gründe“ eingetragen, dass keine Nachbesetzung in der Freistellungsphase notwendig gewesen wäre.

4Im Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern für Beamtinnen und Beamte in der Bundesverwaltung vom wurde mitgeteilt, dass der Rechnungsprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom beschlossen habe, ab sofort in der Regel die Altersteilzeit im Teilzeitmodell zu bewilligen und das Blockmodell auf festgelegte oder festzulegende Personalabbaubereiche nach Abstimmung mit dem Haushaltsausschuss zu begrenzen.

Die Parteien wenden auf ihr Arbeitsverhältnis den Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom in der jeweiligen Fassung an. Mit Schreiben vom erklärte der Kläger gegenüber der Zentralabteilung Z im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung:

6Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom ab.

7Mit Rundschreiben des wurde mitgeteilt, dass Neueinstellungen zur Nachbesetzung ab dem nicht möglich seien und die Ausbringung sogenannter Ersatzplanstellen bei Altersteilzeit im Blockmodell ausgeschlossen sei. Zum Zeitpunkt des Antrags des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags hatte die Beklagte bereits mit mehr als 9 % der Beschäftigten Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen.

Im TV ATZ idF vom heißt es, soweit maßgeblich, wie folgt:

9Der Kläger stützt seinen Anspruch in der Revision nur noch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Beklagte auch nach Überschreiten der 5 %-Quote des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG in mindestens 30 weiteren Fällen Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen habe und zwar sowohl vor wie auch nach dem Zeitpunkt seiner Antragstellung. Ein sachlicher Differenzierungsgrund sei von der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen worden. Aus der hierzu überreichten Tabelle ließen sich die Differenzierungsgründe nicht entnehmen. Sein Anspruch auf Gleichbehandlung ergebe sich für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Teilzeitmodell, aber auch im Blockmodell.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

11Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger mit Schriftsatz vom seinen erstinstanzlichen Antrag als Hauptantrag wiederholt und hilfsweise beantragt,

13Die Beklagte hat beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die weitergehende Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch auf Gleichbehandlung sei nicht gegeben. Sie habe nur dann Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen, wenn dem dringende betriebliche oder dienstliche Gründe nicht entgegengestanden hätten. Dem Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags mit dem Kläger hätten dringende betriebliche Gründe entgegengestanden. Die Beklagte hat hierzu eine Liste mit 30 Arbeitnehmern überreicht, mit denen Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen wurden. Sie trägt hierzu vor, aus der Liste ergäben sich die geschlossenen Altersteilzeitarbeitsverträge im Teilzeitmodell. Daraus folge, dass es sich bei praktisch allen Fällen um solche handele, in denen eine Nachbesetzung in der Freistellungsphase nicht möglich gewesen wäre. Die wenigen Ausnahmen beschränkten sich auf Härtefälle.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.

Gründe

15Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

16A. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 ZPO.

17I. Der Antrag ist so zu verstehen, dass das beklagte Land verurteilt werden soll, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags anzunehmen. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben(vgl. nur Senat - 9 AZR 893/07 - Rn. 20, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23). Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist (vgl. für die st. Rspr. Senat - 9 AZR 643/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; - 9 AZR 608/08 - AP BGB § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1; - 9 AZR 893/07 - Rn. 21 f., aaO).

18II. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll im Teilzeitmodell oder hilfsweise im Blockmodell in der Zeit ab durchgeführt werden. Die bisher geschuldete Arbeitszeit soll halbiert und entweder entsprechend wöchentlich verringert(Teilzeitmodell) oder insgesamt in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses (Blockmodell) erbracht werden, wobei sich in der zweiten Hälfte die Freistellungsphase anschließen soll. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll sich inhaltlich nach den Regelungen des TV ATZ richten.

19III. Die Klage ist nicht deshalb unbestimmt, weil das Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht ausdrücklich angegeben ist. Zwar soll das Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 TV ATZ in der Altersteilzeitvereinbarung festgelegt werden. Der Zeitpunkt der spätestmöglichen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ergibt sich hier jedoch aus den in § 9 TV ATZ geregelten spätesten Beendigungstatbeständen und dem in der Präambel des TV ATZ genannten Zweck des Tarifvertrags, „älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand“ zu ermöglichen. Der Anspruch ist deshalb auf die ungekürzte Laufdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bis zum Übergang in den Ruhestand nach § 9 TV ATZ gerichtet(vgl. Senat - 9 AZR 393/06 - Rn. 16, BAGE 121, 55). Begrenzt der Arbeitnehmer die Dauer wie hier nicht auf einen früheren Zeitpunkt, so beantragt er eine Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu dem im Tarifvertrag bestimmten spätesten Zeitpunkt. Der Beendigungszeitpunkt ist deshalb tariflich bestimmt. In der Regel ist das der Tag vor dem Bezug einer Rente wegen Alters (§ 9 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ).

20B. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts durfte der Hauptantrag nicht abgewiesen werden. Aufgrund der festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Kläger ab Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Teilzeitmodell hat.

21I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Anspruch aus § 2 Abs. 2 TV ATZ auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Teilzeitmodell scheitere bereits daran, dass die unstreitige Überschreitung der Überlastquote aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG die Entstehung des Anspruchs verhindere. Das ist zutreffend. Folgerichtig beschränkt sich die Revision zur Stützung des klägerischen Anspruchs nur noch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die Beklagte freiwillig auch nach Überschreiten der Überlastquote von 5 % in mindestens 30 Fällen Altersteilzeitarbeitsverträge vereinbarte.

22II. Der Senat kann wegen fehlender ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht prüfen, ob der Kläger Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Teilzeitmodell hat.

231. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung seiner selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung(st. Rspr., vgl. Senat - 9 AZR 943/06 - Rn. 19, BAGE 123, 358; - 9 AZR 528/05 - Rn. 11, EzTöD 100 TVöD-AT § 3 Gleichbehandlung Alter Nr. 1).

242. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe berechtigt danach differenziert, ob dem Abschluss von freiwilligen Altersteilzeitarbeitsverträgen jeweils dringende dienstliche oder betriebliche Belange entgegengestanden hätten oder nicht. Dem Vortrag der Beklagten zu den Hintergründen des Abschlusses von freiwilligen Altersteilzeitarbeitsverträgen seien bis auf den Umstand, dass jeweils keine dringenden dienstlichen oder betrieblichen Gründe entgegengestanden hätten, keine sonstigen Differenzierungsgründe zu entnehmen. Dem Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit dem Kläger auch im Teilzeitmodell hätten demgegenüber dringende dienstliche Belange entgegengestanden. Aufgrund des substantiierten Vorbringens der Beklagten zu den derzeitigen und zukünftigen Bauaufgaben und den dem Kläger obliegenden Personalführungsaufgaben sei nachvollziehbar geworden, dass sich das Arbeitsvolumen des Klägers nicht verringern lasse. Eine Aufteilung des Arbeitsplatzes auf zwei Arbeitnehmer in Teilzeit führe zu den ebenfalls nachvollziehbaren Defiziten.

253. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Der Kläger rügt zu Recht, der von der Beklagten mit Schriftsatz vom überreichten Liste mit den Mitarbeitern, mit denen sie freiwillige Altersteilzeitarbeitsverträge vereinbart habe, ließen sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts die von der Beklagten behaupteten Rechtfertigungsgründe nicht entnehmen. Die Beklagte hat zu ihrer Liste vorgetragen, sie enthalte die ab dem geschlossenen Altersteilzeitarbeitsverhältnisse im Teilzeitmodell. Dabei habe es sich bis auf einige Härtefälle um solche Fälle gehandelt, in denen eine Nachbesetzung in der Freistellungsphase nicht möglich gewesen wäre.

264. Der Beklagtenvortrag ist insoweit widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Die Liste enthält unter der Rubrik „Gründe“ bei zwölf Arbeitnehmern den Hinweis „keine Nachbesetzung in der Freistellungsphase notwendig gewesen“.

27Die Notwendigkeit einer Nachbesetzung in der Freistellungsphase kann sich im Altersteilzeitarbeitsverhältnis nur im Blockmodell ergeben. Im Teilzeitmodell gibt es keine Freistellungsphase. Es handelt sich bei diesen Arbeitnehmern deshalb entgegen dem Vortrag der Beklagten entweder um Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell, oder die Liste ist unrichtig. Zumindest lässt sich hieraus allein nicht der von der Beklagten behauptete sachliche Grund für die unterschiedliche Behandlung entnehmen. Dies wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben. Nur dann kann überprüft werden, welche Differenzierung die Beklagte vornahm und ob diese eine Benachteiligung des Klägers rechtfertigt.

28III. Da die Sachentscheidung über den Hauptantrag noch aussteht, kann der Senat nicht über den hilfsweise gestellten Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell erkennen. Der Senat weist insoweit auf folgende Gesichtspunkte hin:

291. Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer es dem Arbeitgeber überlassen, ob die Altersteilzeit im Block- oder im Teilzeitmodell(§ 3 Abs. 2 Buchst. a und b TV ATZ) durchgeführt werden soll. Er hat ohnehin keinen uneingeschränkten Anspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit. Dennoch kann der Arbeitnehmer die Verteilung der Arbeitszeit ausschließlich mit einem bestimmten Modell anbieten. Der Arbeitgeber entscheidet hierüber dann gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen (Senat - 9 AZR 393/06 - Rn. 37, BAGE 121, 55). Ebenso ist es möglich, die Art der Verteilung der verringerten Arbeitszeit im Rangverhältnis anzubieten (zB vorrangig im Teilzeitmodell und hilfsweise im Blockmodell).

30a) Der Kläger überließ der Beklagten nicht die Auswahl darüber, ob sich die Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Teilzeitmodell oder im Blockmodell verteilen soll. Das wäre möglich gewesen. Die von dem beklagten Land geschuldete Erklärung gilt in einem solchen Fall zwar nicht allein aufgrund des rechtskräftigen Urteils(§ 894 ZPO) als abgegeben, weil durch ein stattgebendes Urteil nur über einen Anspruch des Klägers auf Änderung des Arbeitsvertrags entschieden wird. Ein solches Urteil, das dem Schuldner die Wahl zwischen zwei möglichen Vertragsmodellen und den hierfür in Betracht kommenden Willenserklärungen überlässt, betrifft eine nicht vertretbare Handlung und ist nach § 890 ZPO zu vollstrecken (Senat - 9 AZR 706/99 - zu A I 2 der Gründe, BAGE 96, 363).

31b) Die Auslegung des Schreibens vom kann ergeben, dass der Kläger der Beklagten nur das Angebot auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Teilzeitmodell anbot.

32aa) Nach dem Auslegungsmaßstab der §§ 133, 157 BGB ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war( - Rn. 18, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 24).

33bb) Der Kläger „beantragte“ die Beschäftigung im Teilzeitmodell mit 50 % seiner Arbeitszeit ab dem . Damit machte er hinreichend deutlich, die Beklagte möge sein Angebot(Antrag) auf gerade diese Verteilung seiner Arbeitszeit im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses annehmen. Das Schreiben enthält keinerlei Hinweise, der Kläger wolle alternativ oder hilfsweise auch eine Verteilung im Blockmodell anbieten. Lediglich die Verteilung seiner im Teilzeitmodell verringerten Arbeitszeit auf die Woche überließ er dem Direktionsrecht der Beklagten. Danach „möchte“ er seine Arbeitszeit an drei beliebigen Tagen in der Woche mit jeweils 6,5 Stunden täglich vereinbaren. Der Kläger hat sein Angebot auch selbst so verstanden. Er hat mit der Klageschrift nur beantragt, seinen Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Teilzeitmodell anzunehmen.

342. Erst mit Schriftsatz vom , dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am zugegangen, machte der Kläger hilfsweise eine Verteilung seiner Arbeitszeit im Blockmodell geltend. Selbst wenn diese Erklärung als weiteres rechtsgeschäftliches Angebot an die Beklagte zu verstehen sein sollte, wäre sie nicht geeignet, eine Pflicht der Beklagten zur entsprechenden Änderung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum zu begründen.

35a) Arbeitsvertragsparteien sind zwar rechtlich nicht gehindert, das zwischen ihnen bereits begründete Arbeitsverhältnis zu ändern. Auch eine rückwirkende Vertragsänderung ist zulässig und unterliegt vorbehaltlich zwingenden Rechts keinen Beschränkungen(vgl. Senat - 9 AZR 393/06 - Rn. 40, BAGE 121, 55). Die rückwirkende Änderung eines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist jedoch nur eingeschränkt möglich. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss aus steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen vor seinem Beginn vereinbart werden. Eine rückwirkende „Umwidmung“ oder Umwandlung eines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit Wirkung gegenüber der Sozialversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit ist grundsätzlich ausgeschlossen. Der Senat hat dies ausnahmsweise nur dann zugelassen, wenn die rückwirkende Begründung des Altersteilzeitarbeitsvertrags das Ergebnis einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist, aufgrund derer der Arbeitnehmer seinen rechtzeitig geltend gemachten Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit Erfolg durchsetzt (ausführlich Senat - 9 AZR 393/06 - Rn. 47 ff., aaO). Das setzt ein rechtzeitiges, auf die Zukunft gerichtetes Angebot des Arbeitnehmers voraus.

b) Hieran fehlt es für die begehrte Vertragsänderung mit Wirkung vom , da der Kläger ein entsprechendes Angebot gegenüber der Beklagten erst mit Schriftsatz vom abgab.

Fundstelle(n):
BB 2010 S. 2300 Nr. 38
DB 2010 S. 2288 Nr. 41
NJW 2010 S. 3180 Nr. 43
SAAAD-48833