OFD Hannover - S 0370-28-StO 141

BFH-Rechtsprechung zu den häufigsten Einwendungen gegen Haftungsbescheide auf der Grundlage der §§ 191, 34, 69 AO

Anliegend ist die Rechtsprechung des BFH den häufigsten Einwendungen gegen Haftungsbescheide auf der Grundlage der §§ 191, 34, 69 AO gegenübergestellt.

Gegenüberstellung der BFH-Rechtsprechung zu den häufigsten Einwendungen gegen Haftungsbescheide auf der Grundlage der §§ 191, 34, 69 AO

I. Einwendungen insbesondere gegen Haftung für rückständige Lohnsteuer


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Vertrauen auf Eingang von Zahlungsmitteln bis zum Fälligkeitstag zur Abführung einbehaltener Lohnsteuerabzugsbeträge
1
Wegen Bemühungen um Fortbestand des Unternehmens
Auszahlung der ungekürzten Löhne
2
Auszahlung der ungekürzten Löhne aus sozialen Gründen
3
Konkursantrag nach Lohnzahlung und vor Fälligkeit
4
Zwischen den Zeitpunkten der Lohnzahlung und vor Fälligkeit wurde gerichtlich ein Verfügungsverbot angeordnet
5
Eintritt der Liquiditätsschwierigkeiten nach dem Zeitpunkt der Lohnzahlung
6
Eintritt unerwarteter Zahlungsunfähigkeit während Schonfrist
49
Abführung der Lohnsteuerabzugsbeträge im Vertrauen auf Bewilligung einer beantragten Stundung hinausgeschoben
7
Bank hätte auch bei vorschriftsmäßiger Kürzung der Löhne Zahlung an Finanzamt verweigert
8
Arbeitsniederlegung bei Kürzung der Löhne
9
Mittel reichten nur zur Auszahlung der Nettolöhne
10
Haftungsschuldner erwartete Erstattungsanspruch zwecks Aufrechnung
11
Keine Kenntnis von Verpflichtung zur Auszahlung der Löhne als Vorschuss oder Teilbetrag bei Zahlung der Löhne
12
Keine Haftung für Lohnsteuer auf eigenen Arbeitslohn
42
Lohnsteuerverbindlichkeit stand Vorsteuerguthaben aufrechenbar gegenüber
34
Die Übererfüllung der „Tilgungsquote” bei der Umsatzsteuer usw. muss auf die Haftungssumme für Lohnsteuer angerechnet werden
46

II. Einwendungen unter Berufung auf die Tätigkeit der kreditgebenden Bank, des beherrschenden Lieferanten usw.


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Globalzession zugunsten Kreditinstitut
13
Auswahl der Überweisungsaufträge durch Bank
14
Auftragsgemäße Bevorzugung bestimmter Gläubiger
15
Zubilligung von Sicherungsrechten zugunsten anderer Gläubiger
16
Vorausabtretung von Kundenforderungen an Lieferanten
17
Weigerung der Bank wegen Abführung der Lohnsteuerabzugsbeträge auch bei vorschriftsmäßiger Kürzung der Löhne
18

III. Einwendungen unter Hinweis auf fehlende Kenntnisse (Zeit, Überblick)


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Keine Kenntnisse über steuerliche Pflichten (allgemein)
21
Keine Kenntnis von Verpflichtung zur anteiligen Tilgung
18
Keine Kenntnis von Verpflichtung zur anteiligen Tilgung bei der Lohnsteuer
12
Haftungsschuldner befand sich in der Einarbeitungsphase
20
Zeitmangel, fehlender Überblick
19
Berücksichtigung des Bildungs- und Intelligenzgrades
53
Fehlende Kenntnisse und Erfahrungen des Geschäftsführers auf dem Gebiet des Steuerrechts
71

IV. Einwendungen mit dem Hinweis auf die Funktion als Strohmann bzw. auf die Verantwortlichkeit anderer Personen (anderer Geschäftsführer, Gesellschafter, Abteilungsleiter, Angestellte, Buchhalter, Hilfskräfte, Prokurist, Steuerberater usw.)


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Bestellung als Geschäftsführer in der Funktion eines Strohmannes
22
Verdrängung als Geschäftsführer durch Gesellschafter
23
Ausschaltung des Geschäftsführers durch andere Personen
24
Verantwortlichkeit des Leiters des betreffenden Betriebszweigs
29
Beauftragung eines anderen Geschäftsführers
30
Beauftragung Angestellte, Buchhalter, Gesellschafter, Hilfskräfte, Prokurist, Steuerberater usw.
31, 43
Nichtkaufmann-Geschäftsführer regelte auch kaufmännische Angelegenheiten
33
Beauftragung eines Steuerberaters
43, 45
Bestellung eines Generalbevollmächtigten
47
Angehöriger der beherrschenden Person wurde in Amt des Geschäftsführers ohne Einwirkungsmöglichkeit gedrängt
50
Im Gegensatz zum Mitgeschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis konnte Haftungsschuldner die Gesellschaft nur gemeinsam mit einem anderen vertreten
51
Gesellschafter der GbR war von der Geschäftsführung ausgeschlossen und hatte keinen Einfluss auf die Abwicklung der Geschäfte
54

V. Einwendungen mit dem Hinweis auf Vereinbarungen mit anderen Gläubigern zu Lasten des Finanzamts


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Globalzessionsvertrag
13
Vereinbarung über bevorzugte Befriedigung bestimmter anderer Gläubiger
15
Vereinbarung von Sicherungsrechten zugunsten anderer Gläubiger
16
Vorausabtretung von Kundenforderungen
17
Abtretung des gesamten Grundstückskaufpreises einschließlich der Umsatzsteuer an die Bank
72

VI. Einwendungen mit dem Hinweis auf Zahlungsschwierigkeiten des Steuerschuldners/Haftungsschuldners


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Verfügbare Mittel geringer als Summe der Verbindlichkeiten im Haftungszeitraum
25
Zahlungsschwierigkeiten im Zeitpunkt der Lohnzahlung
1
Wegen Liquiditätsengpässen vorrangige Befriedigung bestimmter Gläubiger zur Erhaltung des Betriebs bzw. aus sozialen Gründen
2, 3, 9, 15
Wegen Zahlungsunfähigkeit auch bei fristgerechter/vollständiger Abgabe der Steuererklärung keine Zahlung möglich
26
Eintritt der Liquiditätsschwierigkeiten nach dem Zeitpunkt der Lohnzahlung
6
Nur Mittel zur Zahlung der Nettolöhne verfügbar
10
Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Haftungsschuldners
27
Inanspruchnahme nur für Teile der Steuerrückstände
28
Zahlungsschwierigkeiten waren bereits absehbar
44

VII. Einwendungen unter Hinweis auf vor bzw. nach Fälligkeit eingetretene Ereignisse


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Haftungsschuldner vertraute bei Lohnzahlung auf eingehende Gelder zur Abführung der Lohnsteuer
1
Konkursantrag nach dem Zeitpunkt der Lohnzahlung und vor Fälligkeit
4
Gerichtlich angeordnetes Verfügungsverbot nach dem Zeitpunkt der Lohnzahlung und vor Fälligkeit
5
Eintritt Zahlungsschwierigkeiten nach dem Zeitpunkt der Lohnzahlung
6
Haftungsschuldner rechnete mit erfolgreichem Abschluss der Kreditverhandlungen
32
Haftungsschuldner vertraute auf Bewilligung der beantragten Stundung
7
Bank verweigerte Erfüllung des erteilten Überweisungsauftrags
14
Haftungsschuldner rechnete mit Erstattungsanspruch
11
Haftungsschuldner erwartete Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen
34

VIII. Einwendungen mit dem Hinweis auf die Tätigkeit als Nichtkaufmann


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Haftungsschuldner war als Geschäftsführer nur für nichtkaufmännische Belange zuständig
35
Auch der Nichtkaufmann-Geschäftsführer kümmerte sich um kaufmännische Angelegenheiten
33

IX. Einwendungen unter Hinweis auf das Bestreben zur Erhaltung des Betriebes bzw. des sozialen Friedens


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Bevorzugte Befriedigung bestimmter Gläubiger zwecks Erhaltung des Betriebs
2
Bevorzugte Befriedigung privater Gläubiger aus sozialen Gründen
3
Befürchtung von Arbeitsniederlegungen bei vorschriftsmäßiger Kürzung der Löhne
9
Auftragsgemäße Befriedigung bestimmter privater Gläubiger
15

X. Sonstige Einwendungen


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Mitverschulden des Finanzamts durch unterlassene
Vollstreckungsmaßnahmen
36
Nur geringe Beteiligung des Haftungsschuldners an Gesellschaft
37
Keine Regressmöglichkeit
38
Niederlegung des Geschäftsführeramtes bzw. Widerruf der Bestellung vor Fälligkeit
39
Haftungsanspruch liegt keine Steuerfestsetzung zugrunde
40
Fehlende Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Haftungsschaden
8, 26
Finanzamt hatte die Möglichkeit der Aufrechnung gegen Steuererstattungsansprüche
34
Leistungsempfangender Unternehmer ist zum Abzug der Vorsteuer nicht berechtigt
41
Keine Haftung für Lohnsteuer auf eigenes Gehalt des Geschäftsführers/für Kapitalertragsteuer auf eigene Kapitaleinkünfte
42
Die Verpflichtung zur Steuerzahlung konkurriert mit privatrechtlichen Schadensersatzverpflichtungen wie etwa der Ersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft gem. § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG
48
Rücktritt als Geschäftsführer
52
Haftungsschuldner war nicht als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen/nicht formell wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden
68
Die dem Haftungsanspruch zugrunde gelegten Lohnsteueranmeldungen seien falsch
69

XI. Häufige weitere Einwendungen gegen die Haftung


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Abschluss des Konkursverfahrens muss abgewartet werden
55
GmbH ist bereits gelöscht
56
Steueranspruch ist bereits verjährt
57
Es wurden nach Ergehen der Einspruchsentscheidung noch Zahlungen auf die Haftungsschuld geleistet
58
Geschäftsführer kann nicht mitwirken, da Unterlagen beim Konkursverwalter
59
GmbH befand sich erst im Gründungsstadium
60
Geschäftsführer der Komplementär GmbH
61
Geschäftsführer war nur Nachfolgegeschäftsführer
62
Pflicht entsteht erst mit Fälligkeit der Steuer
63
Verrechnung von Erstattungsansprüchen nach Fälligkeit
64
Grobe Fahrlässigkeit erforderlich
65
Gesetzlicher Vertreter war nur ehrenamtlich tätig
66
Korrektur muss auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist möglich sein
67
Sperrwirkung des § 93 InsO hindere die Geltendmachung des Haftungsanspruchs durch das Finanzamt
70
Haftungsanspruch ist zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids bereits verjährt
73
Unzulässigkeit eines ergänzenden Haftungsbescheids nach bestandskräftig gewordenem Haftungsbescheid
74


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1.
Finanzielle Schwierigkeiten im Zeitpunkt der Lohnzahlung. Haftungsschuldner vertraute auf bis zum Fälligkeitstag oder später eingehende Mittel zur Abführung einbehaltener Lohnsteuerabzugsbeträge.
Bei aktuellen Zahlungsschwierigkeiten Auszahlung der Löhne nur als Vorschuss oder Teilbetrag und Abführung der Lohnsteuer aus den verbleibenden Mitteln. Dies gilt auch dann, wenn die Lohnzahlungen aus Kreditmitteln erfolgen. Vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung.
 
 
 –  BStBl 1982 II, S. 521;
 
 
 –  BStBl 1983 II, S. 655;
 
 
 – Juris;
 
 
 
 
 
 
 
 
 – Juris;  – BFH/NV, 89, 4;
 
 
 
 
 –  BStBl 1988 II, S. 859;
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
2.
Bemühungen um Fortbestand des Unternehmens (Verhinderung Betriebsstilllegung). Deshalb vorrangige Tilgung von Verbindlichkeiten privater Gläubiger.
Vorsätzliche Erfüllung des Haftungsbestandes.
 
 
 
 
 
 
 – BFH/NV 88, 579;
 
 
3.
Benachteiligung des Finanzamtes aus sozialen Gründen (Erhaltung Arbeitsplätze usw.)
Kein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung über bevorzugte Befriedigung.
 
 
 
 
 
 
 
 
 – BFH/NV 88, 764;
 
 
 
 
4.
Der Konkursantrag wurde nach dem Zeitpunkt der Lohnzahlung und vor dem Fälligkeitszeitpunkt gestellt. Der Haftungsschuldner durfte deshalb die Steuer nicht mehr entrichten. Der Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt.
Der Antrag auf Konkurseröffnung bewirkt noch kein Verfügungsverbot. Der Haftungsschuldner war weiterhin zur Entrichtung der rückständigen Steuern verpflichtet. Waren ihm die Zahlungsschwierigkeiten bekannt, erfüllt er den Haftungstatbestand dadurch, dass er die Löhne zum Zwecke einer anteiligen Steuerzahlung nicht entsprechend gekürzt an die Arbeitnehmer ausgezahlt hat.
 
 
 
 
5.
Nach dem Zeitpunkt der Lohnzahlung, aber zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuerforderung bestand ein gerichtlich angeordnetes allgemeines Verfügungsverbot über das Vermögen des Steuerschuldners (wegen Anordnung der Sequestration oder Eröffnung des Konkursverfahrens). Der Haftungsschuldner konnte deshalb nicht mehr über Mittel verfügen.
Der Haftungsschuldner war zwar zur Einbehaltung der Lohnsteuerabzugsbeträge im Lohnzahlungszeitpunkt verpflichtet, aber auch wenn er diese Pflicht verletzt hat, war diese Pflichtverletzung für den Haftungsschaden nicht ursächlich. Der Steuerausfall wäre auch ohne die Pflichtverletzung eingetreten. Insoweit keine Haftung.
 
 
 –  BStBl 1993 II, S. 471
6.
Der Haftungsschuldner konnte im Zeitpunkt der Lohnzahlung davon ausgehen, dass er die Lohnsteuerabzugsbeträge aus ihm zur Verfügung stehenden Mittel entrichten kann. Die Liquiditätsschwierigkeiten sind zwischen dem Zeitpunkt der Lohnzahlung und dem Fälligkeitszeitpunkt akut geworden.
Trifft diese Einlassung zu, kann dem Haftungsschuldner die Verletzung der Pflicht zur Lohnkürzung nicht vorgeworfen werden, denn er ist in Zeiten liquider Geschäftstätigkeit nicht zur Kürzung der Löhne und zur abgesonderten Bereithaltung der darauf entfallenden Steuern verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn er nicht bis zum Fälligkeitstag zahlte und die Zahlungsunfähigkeit innerhalb der Schonfrist des § 240 Abs. 3 AO eingetreten ist (s. auch Nr. 49).
 
 
 –  BStBl 1991 II, S. 283;
 
 
 
 
 
 
7.
Der Geschäftsführer hat einen Stundungsantrag gestellt und im Vertrauen auf dessen Befürwortung die Zahlung der Lohnsteuerabzugsbeträge hinausgeschoben.
Der Geschäftsführer darf die schlichte Stellung eines Stundungsantrages ohne irgendwelche vorherigen Zusagen nicht zum Anlass nehmen, den Fälligkeitstermin zu missachten. Sogar eine später ausgesprochene rückwirkende Stundung kann die nichtrechtzeitige Abführung der Lohnsteuer nicht entschuldigen. Nur eine vor dem Zahlungstermin gewährte Stundung oder eine mündliche Stundungszusage kann den für die Zahlung Verantwortlichen entlasten.
 
 
 –  BStBl 1982 II, S. 521;
 
 
 
 
 
 
8.
Auch bei anteiliger Kürzung der Löhne nach Maßgabe der verfügbaren Mittel hätte die kreditgebende Bank den Überweisungsauftrag nicht erfüllt.
Geschäftsführer muss in diesem Fall die Bank – ggf. unter Einschaltung und mit Unterstützung des Finanzamts – auf seine lohnsteuerlichen Verpflichtungen als Geschäftsführer hinweisen und auf eine gleichmäßige Erfüllung der Verbindlichkeiten gegenüber den Arbeitnehmern und dem Finanzamt drängen.
 
 
9.
Bei Kürzung der Löhne nach Maßgabe der verfügbaren Mittel war Arbeitsniederlegung zu befürchten.
Das natürliche Bestreben des Geschäftsführers zur Erhaltung des Betriebs und seiner Arbeitsplätze rechtfertigt nicht die Zurückstellung der Abführung der auf die ausgezahlten Löhne entfallenden Lohnsteuern.
 
 
 
 
10.
Die Steuerschuldnerin verfügte zur Lohnzahlung nur über Mittel in Höhe der ausgezahlten Nettolöhne.
Reduzierung der nach den Bruttolöhnen berechneten Lohnsteuer und der entsprechend angesetzten Haftungsbeträge möglich. Haftungsbeschränkung nur in Ausnahmefällen. Hat der Haftungsschuldner über mehrere Monate hinweg die Löhne immer wieder ungekürzt ausgezahlt, ist anzunehmen, dass er jedenfalls über ausreichende Mittel verfügte, um jeweils die für den vorangegangenen Kalendermonat angemeldete und rückständige Lohnsteuer in voller Höhe an das Finanzamt zu entrichten. Beschränkung allenfalls für den oder die letzten Monate eines Haftungszeitraumes. Beweislast liegt insoweit beim Haftungsschuldner.
 
 
 –  BStBl 1988 II, S. 859;
 
 
 
 
 
 
11.
Der Haftungsschuldner rechnete bei Fälligkeit der Lohnsteuerabzugsbeträge mit der Erstattung anderer Steuern.
Die Lohnsteuerabzugsbeträge sind innerhalb der durch § 41a Abs. 1 EStG vorgegebenen Frist ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob dem Steuerschuldner in Zukunft ein Anspruch auf Erstattung einer anderen Steuer zusteht.
 
 
 
 
 
 
 – BFH/NV 96, 589 – m. w. N. –
 
 
12.
Keine Kenntnis von der Verpflichtung zur gekürzten Auszahlung der Löhne als Vorschuss oder Teilbetrag und Abführung der Lohnsteuer aus den übriggebliebenen Mitteln.
Informationspflicht. Dies gilt auch für den nicht für den kaufmännischen Bereich zuständigen Geschäftsführer.
 
 
 
 
 
 
 
 
– BFH/NV 96, 589 m. w. N. –
13.
Globalzessionsvertrag zugunsten anderer Gläubiger (z. B. Bank).
Geschäftsführer hat sich schuldhaft außerstande gesetzt, vorhersehbare Steuerforderungen zu tilgen.
 
 
 –  BStBl 1984 II, S. 776;
 
 
 
 
 
 
 –  BStBl 1988 II, S. 172;
 
 
 
 
 –  BStBl 1991 II, S. 678
14.
Auswahl der erteilten Überweisungsaufträge durch die Bank.
Verletzung der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Entrichtung fälliger Steuern bei stillschweigendem Einverständnis gegenüber der Bank in Bezug auf Auswahl der Überweisungsaufträge. Pflicht zur Anmahnung der Überweisung bei kreditgebender Bank. Entweder Rücktritt oder Niederlegung des Amtes als Geschäftsführer bzw. Antrag auf Konkurs bei „Knebelungssituation”.
 
 
 –  BStBl 1983 II, S. 655;
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
15.
Vereinbarung mit der Bank wegen bevorzugter Befriedigung bestimmter privater Gläubiger.
Geschäftsführer darf nicht Zustimmung zu einer Vereinbarung mit der Bank geben, die den Fiskus einseitig schlechter stellt.
 
 
 –  BStBl 1983 II, S. 655;
 
 
 –  BStBl 1983 II, S. 655;
 
 
16.
Vereinbarung von Sicherungsrechten zugunsten privater Gläubiger.
Geschäftsführer hat sich schuldhaft außerstande gesetzt, vorhersehbare Steuerforderungen zu tilgen.
 
 
 –  BStBl 1991 II, S. 678
17.
Vorausabtretung von Kundenforderungen an Lieferanten (aufgrund verlängerter Eigentumsvorbehalte).
Geschäftsführer kann sich wie durch Erteilung einer Globalzession nicht mit schuld- und damit haftungsausschließender Wirkung der zur Befriedigung des Finanzamts benötigten Mittel entledigen.
 
 
 –  BStBl 1988 II, S. 172;
 
 
18.
Keine Kenntnis von Pflicht zur anteiligen Befriedigung des Finanzamts.
Anteilige Befriedigung aller Gläubiger gehört zur elementaren Pflicht jedes Geschäftsführers.
 
 
 
 
19.
Dem Geschäftsführer fehlte zur Wahrnehmung seiner Tätigkeit die erforderliche Zeit bzw. der Überblick.
Verschulden besteht darin, dass der Haftungsschuldner es unterlassen hat, sich die erforderliche Übersicht zu verschaffen oder einen sachkundigen Berater mit der Wahrnehmung der steuerlichen Belange des Steuerschuldners zu betrauen oder zumindest in dem benötigten Umfang zuzuziehen.
 
 
20.
Geschäftsführer befand sich in der Einarbeitungsphase. Die eigentlichen Entscheidungen wurden noch von dem Vorgänger getroffen.
Geschäftsführer durfte nicht tatenlos zusehen. Keine Entlastung.
 
 
21.
Keine Kenntnisse über steuerliche Pflichten.
Bei Übernahme der Geschäftsführertätigkeit besteht die Pflicht zur Aneignung von Kenntnissen über elementarste handelsrechtliche und steuerrechtliche Pflichten und zur Einholung entsprechender Informationen. Dies gilt auch für den Nichtkaufmann-Geschäftsführer.
 
 
 – Juris;
 
 
 –  BStBl 1986 II, S. 657;
 
 
 
 
 
 
 
 
 – Juris;  – BFH/NV 89, 4;
 
 
 
 
 
 
 – EFG 94, 134;
 
 
 
 
 
 
22.
Der Haftungsschuldner war lediglich in der Funktion als Strohmann für die Gesellschaft tätig.
Bei fehlender Durchsetzungsmöglichkeit hatte der Haftungsschuldner die Pflicht zum Rücktritt vom Amt als Geschäftsführer. Er darf nicht den Eindruck erwecken, als sorge er für die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte der Gesellschaft. Vorstehendes gilt auch für volljährige Kinder oder andere Angehörige der die GmbH beherrschenden Person, selbst wenn ihnen das Amt des Geschäftsführers aufgedrängt worden ist.
 
 
 
 
 
 
 
 
 – BFH/NV 87, 461;
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
23.
Gesellschafter A hat die Geschäftsbefugnisse aufgrund Erteilung einer Generalvollmacht übernommen und den bestellten Geschäftsführer aus dessen Aufgabenbereich verdrängt.
Bei Duldung der tatsächlichen Geschäftsführung durch einen anderen muss der bestellte Geschäftsführer durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen dafür sorgen, dass jener die steuerlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt. Öffentlich-rechtliche Pflichten können nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen beseitigt werden. Ggf. Rücktritt als Geschäftsführer.
 
 
 
 
 
 
 
 
24.
Die Geschäfte der Gesellschaft wurden unter Ausschaltung des Geschäftsführer-Haftungsschuldners tatsächlich von einer anderen Person geführt.
Geschäftsführer darf die Geschäftsführung durch einen anderen nicht dulden. Verpflichtung zu Aufsichtsmaßnahmen. Bei mangelnder Durchsetzungsfähigkeit und fehlender Handlungsmöglichkeit entsprechend seiner Rechtsstellung muss Geschäftsführer zurücktreten. Er darf im Rechtsverkehr nicht den Eindruck erwecken, als sorge er für die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte. Dies gilt auch für Kinder und Angehörige der den Steuerschuldner tatsächlich beherrschenden Person, selbst wenn ihnen das Amt gegen ihren Willen aufgedrängt worden ist. Entlastungsgründe im Einzelfall möglich.
 
(aber bei Auswahlermessen tatsächlich Verfügungsberechtigte, faktische Geschäftsführer erwähnen:
– BFH/NV 93, 154 –; – BFH/NV 93, 213 –)
 
 
 
 
 
 
 
 
25.
Die verfügbaren Mittel reichten nicht zur Befriedigung aller Gläubiger.
Einlassung kann zur teilweisen Entlastung führen. Verpflichtung zur Befriedigung des Finanzamtes entsprechend dem Tilgungsverhalten gegenüber anderen Gläubigern. Haftung in Höhe „des überschreitenden Fehlbetrages”.
 
 
 –  BStBl 1983 II, S. 249;
 
 
 –  BStBl 1984 II, S. 776;
 
 
 –  BStBl 1985 II, S. 539;
 
 
 –  BStBl 1985 II, S. 702;
 
 
 –  BStBl 1986 II, S. 657;
 
 
 
 
 
 
 – BFH/NV 88, 220;
 
 
 –  BStBl 1988 II, S. 172;
 
 
 
 
 
 
 –  BStBl 1990 II, S. 201;
 
 
 
 
 –  BStBl 1991 II, S. 678;
 
 
 
 
 
 
 
 
26.
Der Haftungsschuldner hätte auch bei fristgerechter Abgabe der Steuererklärung (Voranmeldung, Jahreserklärung) wegen Zahlungsunfähigkeit Zahlungen auf die Steuerschuld nicht leisten können.
Wäre der Steuerausfall mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerschuldners unabhängig von der Abgabe der Steuererklärung eingetreten, ist die Verletzung der Steuererklärungspflicht nicht ursächlich für den Haftungsschaden. Wird das Vorbringen durch entsprechende Berechnungen nach dem Grundsatz der anteiligen Tilgung bestätigt, kommt eine Haftung nicht in Betracht. Allerdings muss daneben ausgeschlossen sein, dass durch die Pflichtverletzung eine Verrechnung oder aussichtsreiche Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamtes vereitelt worden sind.
 
 
 –  BStBl 1991 II, S. 678;
 
 
 
 
 
 
 
 
27.
Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Haftungsschuldners.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Haftungsschuldners sind nicht bereits im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen. Sie können erst im Erhebungsverfahren Bedeutung erlangen.
 
 
 – Juris;
 
 
 – BFH/NV 87, 349, 352;
 
 
 
 
 
 
28.
Die Inanspruchnahme für den gesamten Haftungsanspruch ist ermessensfehlerhaft.
„Die Höhe des Haftungsanspruchs steht grundsätzlich nicht zur Disposition des Finanzamtes. Insoweit besteht demgemäss auch kein Ermessen.”
 
 
 –  BStBl 1984 II, S. 70;
 
 
 –  BStBl 1989 II, S. 979
29.
Der Geschäftsführer leitet umfangreichen Betrieb. Die Leitung der einzelnen Betriebszweige – einschließlich der Verantwortlichkeit für die steuerlichen Angelegenheiten – ist jeweils einem qualifizierten Angestellten übertragen.
Besonderheiten des Einzelfalles – Arbeitsteilung, Einsatz qualifizierter Mitarbeiter – sind zu berücksichtigen. Nach Hinweis des Finanzamtes auf steuerliche Unregelmäßigkeiten und/oder bei Kenntnis von erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten des Unternehmens muss sich der Geschäftsführer um steuerliche Belange kümmern. Überwachungspflichten.
 
 
30.
Bevollmächtigung eines anderen Geschäftsführers hinsichtlich der Wahrnehmung der Pflichten als Mitgeschäftsführer.
Pflichten des gesetzlichen Vertreters sind öffentlich-rechtlicher Natur und können daher nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen eingeschränkt oder beseitigt werden.
 
 
 –  BStBl 1969 II, S. 539;
 
 
31.
Angestellter, Buchhalter, Hilfskräfte, Prokurist, Steuerberater oder ein anderer Gesellschafter wurden mit der Erledigung steuerlicher Angelegenheiten betraut.
Pflicht zur laufenden Überwachung. Frage der sorgfältigen Auswahl dieser Personen grundsätzlich unerheblich. Bei unterlassener Überwachung eines Mitarbeiters, dem die Erfüllung steuerlicher Pflichten übertragen worden ist, kommt allerdings ein haftungsbegründendes grob fahrlässiges Verhalten in der Regel nur dann in Betracht, wenn die Überwachungsmaßnahmen, zu deren Vornahme im Einzelfall Anlass bestand, auch geeignet gewesen wären, die Beanstandungen zu verhindern.
 
 
 –  BStBl 1982 II, S. 521;
 
 
 
 
 
 
 
 
 –  BStBl 1986 II, S. 657;
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 – BFH/NV 91, 12;
 
 
 
 
 –  BStBl 1991 II, S. 284;
 
 
 – EFG 94, 134;
 
 
 –  BStBl 1995 II, S. 278
32.
Der Haftungsschuldner verhandelte mit der Bank über einen weiteren Kredit. Die Verhandlungen waren zum Zeitpunkt der Lohnzahlungen noch nicht abgeschlossen. Der Haftungsschuldner rechnete aber mit einem erfolgreichen Abschluss.
Der Haftungsschuldner musste bei dieser Sachlage nach der Lebenserfahrung damit rechnen, dass der Kreditantrag abgelehnt wird. Kürzung der Löhne um die darauf entfallenden Lohnsteuern erforderlich.
 
 
33.
Der Haftungsschuldner ist zwar für den kaufmännischen Bereich zuständig gewesen, aber auch der (technische) Mitgeschäftsführer habe sich um die steuerlichen Angelegenheiten gekümmert. Das Finanzamt müsse auch ihn zur Haftung heranziehen.
Aufgabenabgrenzung ist bei der Haftung nur zu beachten, wenn eine schriftliche Vereinbarung vorliegt. Ist dies der Fall, ist es ermessensgerecht, den für den technischen Bereich zuständigen Geschäftsführer zu Lasten des kaufmännischen Geschäftsführers von der Haftung freizustellen. Außerdem kann dem kaufmännischen Geschäftsführer leichter schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden.
 
 
34.
Möglichkeit der Verrechnung von Steuerforderungen mit bestehenden Erstattungsansprüchen.
Haftungsschuldner kann sich nicht auf eine generelle Verrechnungsabrede und eine entsprechende Verrechnungspraxis berufen. Er muss ausdrücklich die Verrechnung vereinbaren oder einseitig die Aufrechnung erklären.
 
 
 
 
 
 
Anders bei ausdrücklichem Antrag auf Verrechnung:
 
 
 
 
35.
Der Haftungsschuldner ist zwar Geschäftsführer, aber kein Kaufmann, nur Techniker, Handwerker usw.
Solidarische Verantwortung aller Geschäftsführer. Pflicht zur Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen. Bei erkennbaren Unregelmäßigkeiten wird Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer wirksam.
 
 
 –  BStBl 1984 II, S. 776;
 
 
 –  BStBl 1986 II, S. 384;
 
 
 
 
 – Juris;  – BFH/NV 89, 4;
 
 
 
 
 
 
36.
Mitverschulden des Finanzamts durch unterlassene oder unzureichende Maßnahmen gegenüber Steuerschuldner.
Mitverschulden des Finanzamts gehört nicht zu den Tatbestandsmerkmalen des § 69 AO. Die Steuergesetze räumen Finanzämtern Befugnisse, nicht Pflichten ein. Allerdings kann Mitverschulden bei der Ermessensausübung – nicht bei der Rechtsentscheidung – dann berücksichtigt werden, wenn die Beitreibung der Steuerforderungen wegen einer groben Pflichtverletzung des Finanzamtes fehlgeschlagen und das Verschulden des Haftungsschuldners als gering einzuschätzen ist. Unterlassene Beitreibungsmaßnahmen führen nicht zu einem Mitverschulden des Finanzamts.
 
 
 –  BStBl 1978 II, S. 683;
 
 
 –  BStBl 1980 II, S. 126;
 
 
 – Juris;
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
37.
Der Haftungsschuldner war gegenüber dem anderen Gesellschafter-Geschäftsführer nur zu einem geringen Prozentsatz an der Gesellschaft beteiligt.
Bei der Ausübung des Auswahlermessens darf nicht vordergründig auf die Beteiligungsverhältnisse der Geschäftsführer am Gesellschaftskapital abgestellt werden.
 
 
 –  BStBl 1990 II, S. 1008
38.
Keine Regressmöglichkeit gegenüber Steuerschuldner.
Haftender muss in Kauf nehmen, dass er seine Leistungen vom Steuerschuldner u. U. nicht erstattet erhält.
 
 
 –  BStBl 1973 II, S. 573;
 
 
 –  BStBl 1989 II, S. 491
39.
Der Haftungsschuldner hat das Amt als Geschäftsführer vor Fälligkeit des Steueranspruchs wirksam niedergelegt (Widerruf der Bestellung).
Für Steuerforderungen, die nach Niederlegung des Amtes als Geschäftsführer bzw. nach Widerruf seiner Bestellung fällig geworden sind, kommt eine Haftung nicht in Betracht. Der Geschäftsführer kann in diesem Fall seine Pflichten aber durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger verletzt haben.
 
 
 –  BStBl 1984 II, S. 776;
 
 
 –  BStBl 1985 II, S. 562;
 
 
 
 
40.
Die dem Haftungsbescheid zugrundeliegende Steuer ist bisher nicht festgesetzt worden.
Ein Haftungsbescheid kann auch vor Festsetzung der Steuerschuld ergehen. Nur der Ablauf der Festsetzungsfrist vor Ergehen des Haftungsbescheides kann der Einbeziehung der verjährten Steuerschuld in den Haftungsbescheid entgegenstehen (§ 191 Abs. 5 Nr. 1 AO).
 
 
 
 
 –  BStBl 1995 II, S. 300
41.
Der leistungsempfangende Unternehmer kann die Umsatzsteuer mangels gesonderter Inrechnungstellung nicht als Vorsteuerabzugsbetrag geltend machen.
Der Haftungsschuldner kann sich gegenüber entstandenen Umsatzsteuer-Haftungsansprüchen nicht darauf berufen, der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer werde/habe keinen Vorsteuerabzugsanspruch geltend machen/gemacht.
 
 
 –  BStBl 1984 II, S. 70;
 
 
 –  BStBl 1995 II, S. 230
42.
Keine Haftung für die Lohnsteuer, die auf den eigenen Arbeitslohn des Geschäftsführers entfällt/für Kapitalertragsteuer auf eigene Kapitaleinkünfte (Gewinnausschüttung)
Der Geschäftsführer als Arbeitnehmer ist zwar Steuerschuldner der Lohnsteuer, er haftet aber nicht für die eigene Steuerschuld, sondern für die aus seiner Sicht fremde Haftungsschuld der Gesellschaft.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer kann als Haftungsschuldner für von der GmbH nicht abgeführte Kapitalertragsteuer auch insoweit in Anspruch genommen werden, als die Steuer auf seine eigenen Kapitaleinkünfte entfällt.
 
 
 –  BStBl 1988 II, S. 167;
 
 
 
 
 
 
43.
Ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe wurde beauftragt, die Steueranmeldung, Steuererklärung usw. zu erstellen und die geschuldete Steuer rechtzeitig zu entrichten.
Die Beauftragung reicht nicht aus. Der Geschäftsführer muss vielmehr dafür sorgen, dass der Steuerberater auch tatsächlich tätig wird, um die Steuererklärung rechtzeitig beim Finanzamt einzureichen und die berechneten Steuern pünktlich zu entrichten.
 
 
 – Juris
44.
Haftungsschuldner beruft sich auf Zahlungsschwierigkeiten, die nach Feststellungen des Finanzamts bereits absehbar waren.
Unter den genannten Umständen muss der Haftungsschuldner beim Finanzamt um Stundung nachsuchen, im Ablehnungsfall die Bank – ggf. unter Einschaltung des Finanzamts – um Begleichung der fälligen Schuld ersuchen. Bei Weigerung Rücktritt als Geschäftsführer oder Konkursantrag.
 
 
 – Juris – m. w. N. –
45.
Die Anmeldung – Voranmeldung – Steuererklärung – wurde von dem Steuerberater fehlerhaft erstellt. Dadurch ist es zu Steuerverkürzungen gekommen.
Der Geschäftsführer einer GmbH haftet nach § 69 AO nur für eigenes Verschulden. Fremdes Verschulden kann ihm nicht zugerechnet werden. Trifft ihn persönlich kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden und hatte er keinen Anlass, die inhaltliche Richtigkeit der von dem steuerlichen Berater gefertigten Steueranmeldung/Steuererklärung zu überprüfen, haftet er nicht für Steuerverkürzungen, die auf fehlerhaften Steuererklärungen beruhen. Anders wenn er dem Berater unvollständige Unterlagen gegeben hat.
 
 
 –  BStBl 1995 II, S. 278
46.
Die Haftung für Lohnsteuer muss im Umfang der „Übererfüllung” der Haftungsquote für im Haftungszeitraum geschuldete Umsatzsteuer usw. beschränkt werden.
Der Geschäftsführer einer GmbH kann sich gegenüber seiner Inanspruchnahme für rückständige Lohnsteuern nicht einmal auf einen gleichzeitig bestehenden Vorsteuerüberschuss berufen. Die Anrechnung eines Betrages, um den die Tilgungsquote bei der Umsatzsteuer „übererfüllt” worden ist, auf die Haftungssumme für die Lohnsteuer ist dann erst recht nicht möglich.
 
 
47.
Der Haftungsschuldner hat einen Generalbevollmächtigten bestellt, der aufgrund interner Aufgabenverteilung für die Erledigung der Steuerangelegenheiten zuständig war.
Der gesetzliche Vertreter einer GmbH haftet steuerlich nur für eigenes Verschulden, nicht für das seines Erfüllungsgehilfen. Allerdings ist der Geschäftsführer gehalten, den Erfüllungsgehilfen sorgfältig auszuwählen und laufend bei der Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben zu überwachen. Bei mangelhafter Überwachung kommt eine Haftung in Betracht.
 
 
 – BFH/NV 96, 2
48.
Der Haftungsschuldner bringt vor, die Verpflichtung zur Steuerzahlung habe mit einer ihn treffenden privatrechtlichen Schadensersatzverpflichtung wie etwa der Ersatzpflicht nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG konkurriert.
Die gesetzlich normierte Pflicht zur Zahlung entstandener und fälliger Steuern wird durch etwaige privatrechtliche Schadensersatzverpflichtungen nicht berührt.
 
 
 
 
49.
Bis zum Fälligkeitszeitpunkt für Abführung Lohnsteuerabzugsbeträge verfügte Haftungsschuldner über ausreichende Mittel. Während der Schonfrist des § 240 Abs. 3 AO, die der Haftungsschuldner bewusst ausnutzen wollte, trat unerwartet etwa wegen Antrags auf Konkurseröffnung Zahlungsunfähigkeit ein.
Das Verschulden ist bereits dadurch gegeben, dass der Haftungsschuldner nicht bis zum Fälligkeitszeitpunkt die Lohnsteuerbeträge an das Finanzamt abgeführt hat. Die bewusste Ausnutzung der Schonfrist führt zu einer vorsätzlichen Pflichtverletzung.
 
 
 –  BStBl 1991 II, S. 282
50.
Der Haftungsschuldner ist Angehöriger der die Gesellschaft beherrschenden Person. Ihm wurde das Amt des (Mit-) Geschäftsführers förmlich aufgedrängt. Er war aber von jeglicher Einwirkungsmöglichkeit ausgeschlossen.
Kann eine nur nominell zum Geschäftsführer bestellte Person innerhalb der Gesellschaft ihre rechtlichen Pflichten als Geschäftsführer nicht verwirklichen, muss sie als Geschäftsführer zurücktreten. Dies gilt auch für volljährige Kinder oder andere Angehörige der die GmbH beherrschenden Person, selbst wenn ihnen das Amt des Geschäftsführers aufgedrängt worden ist.
 
 
 – BFH/NV 98, 11 – m. w. N. –
51.
Keine Haftung, weil Haftungsschuldner die Gesellschaft nur gemeinsam mit einem anderen vertreten konnte – im Gegensatz zum Mitgeschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis.
Die Tatsache, dass der Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag – im Gegensatz zum Mitgeschäftsführer – die Gesellschaft nach außen allein nicht wirksam vertreten konnte, schließt dessen Haftung nach den §§ 34, 69 AO nicht aus.
 
 
52.
Haftungsschuldner wendet gegen seine Inanspruchnahme ein, er sei von seinem Amt als Geschäftsführer zurückgetreten.
Der zurückgetretene Geschäftsführer bleibt für die bis zum Rücktrittszeitpunkt begangenen Pflichtverletzungen voll verantwortlich.
 
 
53.
Das Finanzamt darf bei der Prüfung der Haftung den Bildungs- und Intelligenzgrad des potentiellen Haftungsschuldners nicht außer Betracht lassen.
Die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten ergibt sich allein aus seiner nominellen Bestellung zum Geschäftsführer ohne Rücksicht darauf, ob er die Geschäftsführung auch tatsächlich ausüben kann.
 
 
54.
Haftungsschuldner bringt vor, er sei zwar an der GbR beteiligt gewesen, habe aber weder eine Befugnis zur Geschäftsführung noch Einfluss auf die Abwicklung der Geschäfte gehabt.
Diese Gesichtspunkte schließen die Haftung nicht aus. Es kommt allein auf die gemeinsame Tatbestandsverwirklichung durch die Gesellschafter an. Zivilrechtliche Haftungsbeschränkungen für Steuerschulden der Gesellschaft sind unbeachtlich.
 
 
 –  BStBl 1994 II, S. 140
55.
Haftungsschuldner wendet ein, Ende des Konkursverfahrens müsse abgewartet werden.
Haftender wird nicht benachteiligt, wenn Ende des Konkursverfahrens nicht abgewartet wird. Konkurs- bzw. Insolvenzforderungen gehen auf ihn über.
 
 
 –  BStBl 1983 II, S. 592;
 
 
Tippke-Kruse § 44 Tz. 27 i. V. m. § 38 Tz. 48
56.
GmbH ist bereits gelöscht.
Auch der Geschäftsführer einer bereits gelöschten GmbH kann in Haftung genommen werden.
 
 
57.
Steueranspruch ist bereits verjährt.
Die Verjährung des Steueranspruchs ist nach Erlass des Haftungsbescheids unbeachtlich.
 
 
 –  BStBl 1993 II, S. 407;
 
 
 
 
 –  BStBl 2002 II, S. 267
58.
Nach Ergehen der Einspruchsentscheidung wurden noch Zahlungen auf die Haftungsschuld geleistet.
Der Haftungsbescheid wird durch Zahlungen nach Ergehen der Einspruchsentscheidung nicht berührt.
 
 
 –  BStBl 1998 II, S. 131
59.
Geschäftsführer hat keine Unterlagen mehr, diese sind beim Konkursverwalter.
Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers bzw. des Konkursverwalters.
 
 
 
 
60.
GmbH befand sich erst im Gründungsstadium.
Haftung auch bei einer GmbH in Gründung.
 
 
61.
Nur Geschäftsführer der Komplementär GmbH.
Verantwortlichkeit des Geschäftsführers der Komplementär GmbH.
 
 
 
 
62.
Altrückstände waren schon vor Amtsantritt vorhanden.
Verantwortlichkeit des Nachfolgegeschäftsführers auch für die bei Amtsantritt vorhandenen – fälligen – Steuerrückstände.
 
 
 
 
63.
Erst bei Fälligkeit Pflichtverletzung möglich.
Pflicht entsteht nicht erst mit Fälligkeit der Steuer.
 
 
 
 
64.
Mit Erstattungsansprüchen kann verrechnet werden.
Pflichtverletzung trotz Verrechnung von Erstattungsansprüchen nach Fälligkeit.
 
 
65.
Grobe Fahrlässigkeit muss vorliegen.
Anforderungen an grobe Fahrlässigkeit.
 
 
66.
Gesetzlicher Vertreter war nur ehrenamtlich tätig.
Auch ehrenamtliche gesetzliche Vertreter haften.
 
 
 –  BStBl 1998 II, S. 761
67.
Korrektur zugunsten muss auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist möglich sein.
Korrektur des Haftungsbescheids auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist zugunsten des Haftungsschuldners.
 
 
 –  BStBl 1998 II, S. 131
68.
Haftungsschuldner war nicht als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen.
Die Bestellung des Geschäftsführers kann auch durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen.
Wer mit dem Anschein, zur Führung der Geschäfte berechtigt zu sein, nach außen hin als Geschäftsführer auftritt, haftet ungeachtet dessen, ob er von der Gesellschaft formell wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden ist.
 
 
69.
Die dem Haftungsanspruch zugrunde gelegten Lohnsteueranmeldungen seien falsch.
Haftungsschuldner trägt Feststellungslast zur Aufklärung des Widerspruchs.
 
 
70.
Das Finanzamt sei aufgrund der Regelung in § 93 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Geltendmachung etwaiger Haftungsansprüche nicht mehr befugt.
Die Sperrwirkung des § 93 InsO ist auf die Haftung als Gesellschafter nach § 128 HGB beschränkt. Demgegenüber unterliegen Individualansprüche, die eine persönliche Mithaftung des Gesellschafters für Gesellschaftsschulden begründen, nicht der Sperrwirkung des § 93 InsO.
 
 
 –  BStBl 2002 II, S. 73
71.
Fehlende Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten
Um die ordnungsgemäße Erledigung der steuerlichen Pflichten sicherzustellen, ist bei nicht ausreichenden Kenntnissen und Fähigkeiten vom Geschäftsführer zu erwarten, dass er die Stellung eines Geschäftsführers nicht übernimmt oder zumindest niederlegt, sobald er sein Unvermögen erkennt.
 
 
72.
Der Liquidator/Insolvenzverwalter hat den gesamten Kaufpreisanspruch für ein Grundstück – einschließlich der aufgrund der Option nach § 9 UStG angefallenen Umsatzsteuer – an den Grundpfandgläubiger abgetreten, um damit die auf dem veräußerten Grundstück lastende Grundschuld zu tilgen und das Grundstück lastenfrei veräußern zu können.
Der Verwalter hätte mit dem Grundpfandgläubiger eine Nettokaufpreisabrede treffen und dafür Sorge tragen müssen, dass die Gesellschaft über den der Umsatzsteuer entsprechenden Anteil des vom Erwerbers im Hinblick auf die Option gezahlten Kaufpreises zur Tilgung (auch) der Steuerforderungen verfügen kann.
 
 
 –  BStBl 2003 II, S. 337;  – DStR 2004, 500
73.
Haftungsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids durch Ablauf der Festsetzungsfrist bereits verjährt
(Zeitpunkt der Verwirklichung des Haftungstatbestands bei gestelltem AdV-Antrag)
Ist einem AdV-Antrag im Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit der Steuerschuld noch nicht entsprochen und wurden auch keine entsprechenden Mittel zur Begleichung der Steuerschuld bereitgehalten, ist hinsichtlich der Verwirklichung des Haftungstatbestands nicht auf den Zeitpunkt der späteren tatsächlichen Fälligkeit, sondern auf den der gesetzlichen Fälligkeit des Steueranspruchs abzustellen. Damit beginnt der Lauf der Festsetzungsverjährung für den Haftungsanspruch.
 
 
74.
Ergänzender Haftungsbescheid nach bestandskräftig gewordenem Haftungsbescheid
Ein weiterer Haftungsbescheid ist neben einem bereits bestehenden Haftungsbescheid nur zulässig, wenn die Haftungsinanspruchnahme für verschiedene Sachverhalte oder zu verschiedenen Zeiten entstandene Haftungstatbestände erfolgen soll.
 
 

OFD Hannover v. - S 0370-28-StO 141

Fundstelle(n):
CAAAD-99949