BFH Beschluss v. - IV B 66/10

Mitunternehmerschaft bei Landwirtsehegatten mit Gütergemeinschaft ohne ausdrückliche Vereinbarung; Beendigung einer Mitunternehmerschaft mit Auflösung und Abwicklung der Gütergemeinschaft

Leitsatz

Landwirtsehegatten, die den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben, bilden auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft. Die zwischen den Ehegatten bestehende Gütergemeinschaft stellt ein den in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Gesellschaftsverhältnissen vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis und damit eine taugliche Grundlage für die Begründung einer Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 13 Abs. 7 EStG dar.
Es ist bereits geklärt i.S. des § 115 FGO, dass nicht bereits die Trennung bzw. Scheidung der Eheleute, sondern erst auf die Auflösung und Abwicklung der Gütergemeinschaft zu einer Beendigung der darauf beruhenden Mitunternehmerschaft führen. Die Mitunternehmerschaft wird dementsprechend nicht schon dadurch beendet, dass ein Ehegatte die ihm aufgrund der Gütergemeinschaft zustehenden Rechte tatsächlich nicht mehr in Anspruch nimmt.

Gesetze: EStG § 13 Abs. 7, EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, BGB § 1471 Abs. 2, BGB § 1472, BGB § 1476

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Rechtssache hat entgegen der Ansicht der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) keine grundsätzliche Bedeutung.

2 1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (ständige Rechtsprechung, u.a. , BFH/NV 2010, 1469, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder wenn sie bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (vgl. u.a. , BFH/NV 2004, 783).

3 2. Nach Ansicht der Klägerin hat die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung, „ob zwischen getrennt lebenden bzw. geschiedenen Landwirtsehegatten, die den Güterstand Gütergemeinschaft hatten, eine Mitunternehmerschaft bestanden hat und der Ehegatte, der aufgrund der Trennung keinen —tatsächlichen— Einfluss auf die Land- und Forstwirtschaft hat, als Mitunternehmer anzusehen ist”.

4 Diese Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

5 a) Die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage ist nicht im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, weil sie bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist.

6 aa) Wie der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, bilden Landwirtsehegatten, die den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben, auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft (zuletzt , BFH/NV 2011, 257, unter 2.b der Gründe). Die zwischen den Ehegatten bestehende Gütergemeinschaft stellt ein den in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten Gesellschaftsverhältnissen vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis und damit eine taugliche Grundlage für die Begründung einer Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 13 Abs. 7 EStG dar (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.V.3.b bb der Gründe; , BFHE 211, 155, BStBl II 2006, 165, unter II.2. der Gründe, m.w.N.; vom IV R 44/05, BFH/NV 2008, 1156, unter II.1.b der Gründe; vom IV R 18/07, BFH/NV 2010, 1419, unter II.1.b der Gründe; zu den allgemeinen Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft bei Landwirtsehegatten vgl. auch , BFHE 224, 490, BStBl II 2009, 989).

7 bb) Der Tatbestand der mitunternehmerschaftlich erzielten Gewinnanteile i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Betrieb auf Rechnung und Gefahr mehrerer Unternehmer („Mit"-Unternehmer) geführt wird (vgl. , BFH/NV 2010, 1492, unter II.2.b aa der Gründe, m.w.N.). Wenn zwischen Landwirtsehegatten eine Mitunternehmerschaft bestanden hat, werden dementsprechend deren Rechtsfolgen nur ausgeschlossen, wenn die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft aufgegeben oder die Gesellschaft aufgelöst und abgewickelt wird (, BFH/NV 1995, 202, unter 2.b der Gründe).

8 b) Aus der Beschwerde ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Rechtsfragen durch den BFH erforderlich machen. Es ist hinreichend geklärt, dass nicht bereits die Trennung bzw. Scheidung der Eheleute, sondern erst die Auflösung und Abwicklung der Gütergemeinschaft zu einer Beendigung der darauf beruhenden Mitunternehmerschaft führen. Die Mitunternehmerschaft wird dementsprechend nicht schon dadurch beendet, dass ein Ehegatte die ihm aufgrund der Gütergemeinschaft zustehenden Rechte tatsächlich nicht mehr in Anspruch nimmt.

9 c) Das angefochtene Urteil ist im Übrigen auch nicht zu beanstanden. Das Finanzgericht hat entschieden, dass bis zur Übertragung des hälftigen Betriebsanteils der Klägerin auf den Beigeladenen die zwischen ihnen bestehende Mitunternehmerschaft weiter bestanden hat, weil bis dahin hinsichtlich des Gesamtgutes die Gemeinschaft zur gesamten Hand als Liquidationsgemeinschaft mit gemeinsamer Verwaltung bestehen geblieben sei (§§ 1471 Abs. 2, 1472 des Bürgerlichen GesetzbuchsBGB—). Die Klägerin habe durch ihre Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Betriebs (§ 1476 BGB) weiter Mitunternehmerrisiko getragen und aufgrund der gleichberechtigten gemeinschaftlichen Verwaltung des Gesamtgutes (§ 1472 Abs. 2 BGB) über Mitunternehmerinitiative verfügt. Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 411 Nr. 3
EStB 2012 S. 94 Nr. 3
ErbStB 2012 S. 63 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2012 S. 354
StBW 2012 S. 50 Nr. 2
FAAAD-99935