BAG Urteil v. - 10 AZR 831/09

Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den BAT und Tarifsukzession - ergänzende Vertragsauslegung - zeitlicher Umfang der Arbeitspflicht - tariflicher Zusatzurlaub

Gesetze: § 6 Abs 1 S 1 Buchst b TVöD, § 27 Abs 1 TVöD, § 305 Abs 1 BGB, § 305c Abs 1 BGB, § 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 3 BGB, § 310 Abs 4 S 2 BGB

Instanzenzug: Az: 1 Ca 2268/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 17 Sa 868/09 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit und einen Anspruch auf Zusatzurlaub.

Die am geborene Klägerin ist beim Beklagten seit dem als Krankenschwester im Wohnheim „H“ tätig. Die Parteien sind nicht tarifgebunden. Der Arbeitsvertrag vom enthält ua. folgenden Regelungen:

Der BAT regelte ua. in

4Am trat der ua. durch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom (TVöD) in Kraft. Der Beklagte ordnete die Klägerin der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 der Anlage B (VKA) zu § 15 TVöD zu. Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom zum TVöD wurde ua. die tarifliche Vergütung rückwirkend zum um einen Sockelbetrag von 50,00 Euro und um weitere 3,1 % erhöht. Zudem vereinbarten die Tarifvertragsparteien eine Anhebung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit für die Beschäftigten im Bereich der Kommunen mit Wirkung zum auf durchschnittlich 39 Wochenstunden.

Der TVöD enthält ua. folgende Bestimmungen:

6Der Beklagte gab die Tariferhöhung an die Klägerin weiter und zahlte eine Grundvergütung in Höhe von 2.407,39 Euro brutto. Er forderte die Klägerin auf, ab dem 39 Wochenstunden zu arbeiten. Die Klägerin arbeitet vereinbarungsgemäß für die Dauer des Rechtsstreits 39 Stunden/Woche bei vollem Gehalt.

7Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Auffassung vertreten, Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags enthalte eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf § 15 BAT, der auch nach Einführung des TVöD für das Arbeitsverhältnis weitergelte. Deshalb sei sie weiterhin nur zur Leistung von 38,5 Wochenstunden verpflichtet. Gemäß Ziff. 6 Satz 2 des Arbeitsvertrags stehe ihr wegen der ständig geleisteten Wechselschicht- und Schichtarbeit Zusatzurlaub nach § 27 Abs. 1 TVöD zu. Diese Tarifregelung sei eine „Weiterentwicklung“ des Urlaubsanspruchs im öffentlichen Dienst.

Die Klägerin hat beantragt

9Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags die Ansicht vertreten, § 15 BAT sei auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mehr anwendbar. Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erfasse die durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TVöD vereinbarte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit. Einen Anspruch der Klägerin auf den tariflichen Zusatzurlaub nach § 27 TVöD gewähre der Arbeitsvertrag nicht. Dessen Ziff. 6 regele nur den Erholungsurlaub. Ein Zusatzurlaub für Wechselschicht- oder Schichtarbeit sei auch bisher nicht gewährt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Gründe

11Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

12I. Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin beträgt aufgrund des seit dem geltenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 zum TVöD 39 Stunden. Mit ihrer Regelung in Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags haben die Parteien nicht abschließend eine Arbeitszeitdauer von 38,5 Wochenstunden vereinbart. Dies ergibt eine ergänzende Auslegung ihres Arbeitsvertrags.

131. Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, nach der „es sich um eine Vollzeitstelle mit zur Zeit 38,5 Wochenstunden gem. BAT (handelt)“, enthält eine dynamische Bezugnahme auf die Arbeitszeitregelungen des BAT, die jedoch den TVöD und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge zunächst nicht erfasst.

14a) Die vom Beklagten vorformulierten und bei Abschluss des Vertrags von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB) in Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( - Rn. 14, NZA 2011, 109; - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden ( - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; - 5 AZR 888/08 - Rn. 12 mwN, aaO).

15b) Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags enthält eine zeitdynamische Bezugnahme auf die Arbeitszeitregelungen des BAT.

16aa) In Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags haben die Parteien für die Arbeitszeitdauer an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich vereinbarten tariflichen Regelungen angeknüpft und sie zeitdynamisch ausgestaltet. Dies folgt aus dem Wortlaut und der Systematik der Vereinbarung. Bei dem Arbeitsverhältnis der Klägerin handelt es sich um eine Vollzeitstelle „mit zur Zeit 38,5 Wochenstunden gem. BAT“. Die Dauer der Arbeitszeit soll sich mithin nach dem zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags im öffentlichen Dienst bestehenden tariflichen Regelwerk BAT in der jeweils gültigen Fassung richten. Die zeitliche Dynamik verdeutlicht die Formulierung „zur Zeit“. Der Beklagte wollte damit die auf der Basis des BAT im öffentlichen Dienst geltende Dauer der Arbeitszeit auf das Arbeitsverhältnis anwenden und mögliche Entwicklungen des Arbeitszeitumfangs nachvollziehen. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der Bezugnahmen des Arbeitsvertrags auf andere normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind ( - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338; siehe auch - 4 AZR 796/08 - Rn. 17, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; - 5 AZR 888/08 - Rn. 11 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; - 5 AZR 696/09 - Rn. 16, NZA 2011, 109). Auch die Revision geht davon aus, dass die Bezugnahme - jedenfalls innerhalb des Bezugsobjekts BAT - dynamisch ist.

17bb) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel ermöglicht nicht ohne Weiteres eine Inbezugnahme des TVöD. Der TVöD ist keine „gültige Fassung“ des BAT. Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ist zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet (vgl. dazu  - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; - 5 AZR 696/09 - Rn. 17, NZA 2011, 109). Es fehlt in dem Arbeitsvertrag der Parteien insoweit an dem im öffentlichen Dienst durchaus üblichen Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen (vgl. dazu  - Rn. 38; - 5 AZR 696/09 - Rn. 17, aaO).

182. Aufgrund einer erforderlichen ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrags richtet sich die Dauer der Arbeitszeit der Klägerin gleichwohl nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD.

19a) Durch die Ablösung des BAT durch den TVöD ist eine nachträgliche Regelungslücke entstanden. Im kommunalen Bereich wurde der BAT zum durch den TVöD ersetzt (§ 2 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom [TVÜ-VKA]). Durch diese Tarifsukzession ist die im Arbeitsvertrag zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT zu einer statischen geworden. Das Objekt der Bezugnahme wird von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt ( - Rn. 17, ZTR 2011, 150; - 5 AZR 888/08 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Den BAT weiterhin als Grundlage zur Bestimmung der Arbeitszeit zu betrachten, entspricht weder dem Wortlaut von Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags noch dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme. Es träte eine statische Fortgeltung der überholten tariflichen Rechtslage ein. Dieses von den Vertragsparteien offensichtlich nicht berücksichtigte Ergebnis aufgrund der nicht vorhergesehenen Entwicklung der Tarifpolitik entspricht erkennbar nicht ihrem Regelungswillen.

20b) Die aus der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke war im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

21aa) Dabei muss die Vertragsergänzung für den betroffenen Vertragstyp eine allgemeine Lösung zur Verfügung stellen, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre ( - Rn. 19, ZTR 2011, 150; - 5 AZR 696/09 - Rn. 22, NZA 2011, 109; - 5 AZR 888/08 - Rn. 22 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

22bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf die tarifliche Regelung der Arbeitszeitdauer lässt sich auf den Willen der Parteien schließen, die Dauer der Arbeitszeit nicht in einer bestimmten Höhe festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Dauer der Arbeitszeit der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart. Ein unabhängig von der weiteren tariflichen Entwicklung fortbestehendes Festhalten an der Dauer der Arbeitszeit zum Zeitpunkt der Tarifsukzession hätte nicht ihren Interessen entsprochen (vgl. zur Frage der Vergütungshöhe  - Rn. 20, ZTR 2011, 150; - 4 AZR 796/08 - Rn. 25, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; - 5 AZR 888/08 - Rn. 23, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

23cc) Die Parteien haben sich auch mit der dynamischen Bezugnahme auf die Dauer der Arbeitszeit für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein, als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten (vgl.  - Rn. 21, ZTR 2011, 150; - 5 AZR 888/08 - Rn. 24, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

24c) Danach finden die Regelungen zur Dauer der Arbeitszeit nach dem TVöD/VKA in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Als redliche Vertragsparteien hätten die Parteien, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass der arbeitsvertraglich in Bezug genommene BAT durch andere Tarifwerke ersetzt werden könnte, sich für das Tarifwerk entschieden, das dem BAT entspricht oder ihm am nächsten kommt. Dies ist der TVöD in der Fassung des VKA. Insbesondere aus Ziff. 4 des Arbeitsvertrags, nach der sich die Höhe der Vergütung nach der VergGr. VIb des Vergütungstarifvertrags zum Bundes-Angestelltentarifvertrag der Gemeinden in der jeweils gültigen Fassung richtet, kann dies geschlossen werden. Dementsprechend ist die durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TVöD eingetretene Erhöhung der tariflichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden auf 39 Wochenstunden für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgeblich.

253. Die Bezugnahmeklausel in Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

26a) Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags enthält weder der äußeren Form nach noch wegen der inhaltlichen Gestaltung eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument verbreitet, ihre Aufnahme in Formularverträge ist nicht überraschend ( - Rn. 20 mwN, BAGE 128, 73). Dies gilt nicht nur, wenn arbeitsvertraglich auf ein Tarifwerk insgesamt Bezug genommen wird, sondern auch, wenn die Parteien nur für einen Regelungsgegenstand, wie der Dauer der Arbeitszeit, auf ein Tarifwerk verweisen. Im privaten Pflegebereich ist die Anwendung von Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes durchaus verbreitet.

27b) Auf die fehlende Möglichkeit des Arbeitnehmers, bei Vertragsschluss von den für ihn (künftig) geltenden Tarifverträgen inhaltlich Kenntnis zu nehmen, kommt es für die Einbeziehung der Tarifverträge durch eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel nicht an. § 305 Abs. 2 BGB findet bei der Kontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen im Arbeitsrecht keine Anwendung (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Eine analoge Anwendung der Regelung scheidet aufgrund der klaren gesetzgeberischen Entscheidung aus ( - Rn. 19, BAGE 128, 73; - 5 AZR 630/06 - Rn. 21, BAGE 122, 12).

28c) Die Bezugnahmeklausel ist nicht mehrdeutig iSd. § 305c Abs. 2 BGB. Bei Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsmethoden bestehen im Entscheidungsfall keine erheblichen Zweifel (vgl. Senat - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

29d) Die Bezugnahme auf eine andere tarifliche Regelung der Arbeitszeit hält auch der Inhaltskontrolle stand.

30aa) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sind gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot unwirksam. Dieser eingeschränkten Kontrolle unterliegen Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistungen festlegen. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt ( - Rn. 24, BAGE 122, 12; - 5 AZR 545/04 - Rn. 44, BAGE 115, 373; vgl. auch - 6 AZR 847/07 - Rn. 17, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15). Der inhaltlichen Überprüfung entzogen ist der Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht angenommen werden kann ( - Rn. 24, aaO). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den „gerechten Preis“ zu ermitteln ( - Rn. 44, aaO). Demgegenüber sind Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, inhaltlich zu kontrollieren ( - Rn. 44, BAGE 115, 274; - 5 AZR 535/04 - Rn. 34, BAGE 116, 267). Sie weichen von dem allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) ab. Jeder Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen sind für jede Seite bindend ( - Rn. 34, aaO; - 5 AZR 364/04 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 113, 140).

31bb) Mit der Verweisung auf die für Angestellte der kommunalen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes geltende Arbeitszeit haben die Parteien die von der Klägerin zu erbringende Hauptleistungspflicht ausgestaltet. Diese betrifft nicht nur die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Arbeitszeit, sondern auch die infolge der Tarifänderung modifizierte Dauer der Arbeitszeit. Das durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme bestimmte Hauptleistungsversprechen wird nicht dadurch näher kontrollfähig, dass die Parteien die „jeweils“ gültigen Arbeitszeitbestimmungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in Bezug genommen haben. Der Regelungsgehalt einer Bezugnahmeklausel beschränkt sich auf die dynamische Verweisung als solche. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses wird demgegenüber durch die Regelungen des Bezugnahmeobjekts bestimmt. Eine Abweichung von Rechtsvorschriften kann sich daher nur aus den in Bezug genommenen Regelungen, nicht jedoch aus der Verweisungsklausel selbst ergeben ( - Rn. 37; - 4 AZR 801/07 - Rn. 43 ff., BAGE 129, 1). Die in der Vereinbarung enthaltene Dynamik entspricht aber dem beiderseitigen Willen der Parteien zum Inhalt der Hauptleistungspflicht. Mit einer entsprechenden Verweisung steht der Umfang der vertraglichen Arbeitspflicht zwischen den Parteien fest. Der Umfang der Arbeitszeit steht nicht zur freien Disposition des Arbeitgebers, sondern ist an die Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien gebunden (vgl.  - Rn. 25, BAGE 122, 12).

32e) Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Wirksamkeit der Vereinbarung der Parteien nicht entgegen. Die von ihnen vereinbarte Geltung der jeweils gültigen tariflichen Arbeitszeit von Angestellten kommunaler Arbeitgeber im öffentlichen Dienst ist weder unklar noch unverständlich.

33aa) Eine Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerks ist grundsätzlich zulässig. Sie führt nicht zur Intransparenz, solange sich für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume eröffnen ( - Rn. 33; - 5 AZR 630/06 - Rn. 27, BAGE 122, 12).

34bb) Die Regelung ist wegen ihrer dynamischen Ausgestaltung nicht unverständlich. Dynamische Bezugnahmeklauseln sind üblich. Wegen der Zukunftsgerichtetheit der Arbeitsverhältnisse dienen sie den Interessen beider Parteien. Es ist ausreichend, wenn die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung in Bezug genommenen tariflichen Regelungen bestimmbar sind ( - Rn. 34; - 6 AZR 76/07 - Rn. 31, BAGE 128, 73; - 5 AZR 630/06 - Rn. 29, BAGE 122, 12), was für die in Bezug genommene tarifliche Regelung zur Dauer der Arbeitszeit ohne Weiteres anzunehmen ist.

35II. Der Klägerin steht für ihre ständige Wechselschicht- oder Schichtarbeit kein Anspruch auf Zusatzurlaub gemäß § 27 Abs. 1 TVöD zu. Die Tarifnorm findet weder aufgrund von Ziff. 6 Satz 2 des Arbeitsvertrags noch wegen einer betrieblichen Übung Anwendung.

361. Ziff. 6 des Arbeitsvertrags erfasst den Zusatzurlaub für Wechselschicht- oder Schichtarbeit nicht.

37a) Nach Ziff. 6 Satz 2 des Arbeitsvertrags soll sich die Weiterentwicklung des Urlaubsanspruchs im öffentlichen Dienst jeweils in gleicher Weise auch auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin auswirken. Diese Dynamisierung des Urlaubsanspruchs bezieht sich ausschließlich auf den Anspruch auf Erholungsurlaub. Dies belegt mit einer die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB ausschließenden Deutlichkeit die systematische Stellung der Dynamisierungsklausel im Rahmen der Ziff. 6 des Arbeitsvertrags.

38b) Satz 1 dieser Vertragsklausel legt die Höhe des Erholungsurlaubsanspruchs fest. Die Klägerin hat einen Jahresurlaub von 29 Arbeitstagen erhalten. Dies entsprach der Dauer des jährlichen tariflichen Erholungsurlaubs eines Angestellten in den VergGr. Ib bis X bis zum vollendeten 40. Lebensjahr nach § 48 Abs. 1 BAT. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin bei Vertragsbeginn. Die vereinbarte Höhe der Vergütung der Klägerin, die bei ihrer Einstellung 35 Jahre alt war, richtete sich nach der VergGr. VIb des Vergütungstarifvertrags zum BAT/VKA.

39c) Satz 3 der Vertragsklausel regelt die Wartezeit des Erholungsurlaubs. Diese ergab sich bei Vertragsschluss aus § 48 Abs. 3 BAT iVm. § 4 BUrlG. Die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Tarifregelung für den Zusatzurlaub bei Wechselschicht- und Schichtarbeit (§ 48a BAT) sah hingegen keine Wartezeit vor. Gemäß § 48a Abs. 9 BAT bemaß sich der Zusatzurlaub nach der bei demselben Arbeitgeber im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Arbeitsleistung. Der Anspruch auf Zusatzurlaub entstand erst mit Beginn des auf die Arbeitsleistung folgenden Urlaubsjahres.

40d) Beziehen sich somit die Sätze 1 und 3 der Vertragsklausel ausschließlich auf den Erholungsurlaub und lassen sich auch keine weiteren Anhaltspunkte im Vertragswerk dafür finden, Ziff. 6 Satz 2 des Arbeitsvertrags habe eine überschießende, sämtliche Formen des tariflichen Urlaubs erfassende Bedeutung, so rechtfertigt dies den Schluss, dass der den Zusatzurlaub betreffende § 27 Abs. 1 TVöD nicht von der Vertragsklausel erfasst wird.

412. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Gewährung von Zusatzurlaub für ständige Wechselschicht- oder ständige Schichtarbeit aufgrund einer betrieblichen Übung zu. Eine anspruchsbegründende, regelmäßig wiederholende Verhaltensweise des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2011 S. 1923 Nr. 34
BAAAD-98665