BFH Urteil v. - IV R 8/08

Nachholung der Feststellung eines Veräußerungsgewinns eines Mitunternehmers

Leitsatz

1. Ist in einem im Anschluss an eine Außenprüfung ergangenen endgültigen Gewinnfeststellungsbescheid ein Veräußerungsgewinn eines Mitunternehmers nicht festgestellt worden, kann dieser Fehler nicht gemäß § 129 AO berichtigt werden, wenn weder die Feststellungserklärung noch die Aufzeichnungen des Prüfers eine Zusammenstellung der zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns erforderlichen Besteuerungsgrundlagen enthalten. Das gilt auch, wenn anzunehmen ist, dass die Beamten des Finanzamts den in Frage stehenden Sachverhalt zutreffend beurteilt hätten.
2. Wird bei einer Mitunternehmerschaft lediglich ein laufender Gewinn (oder Verlust) festgestellt und erwächst der Bescheid mit diesem Inhalt in Bestandskraft, ist damit (stillschweigend) festgestellt, dass im Rahmen der Mitunternehmerschaft nur ein laufender Gewinn und - als negative Feststellung nicht noch zusätzlich ein Veräußerungsgewinn entstanden ist. Ein solcher Feststellungsbescheid ist nicht lückenhaft, sondern materiell unrichtig, wenn er einen tatsächlich angefallenen Veräußerungsgewinn nicht erfasst. Die (positive) Feststellung eines Veräußerungsgewinns kann dann nicht im Wege eines Ergänzungsbescheids gemäß § 179 Abs. 3 AO nachgeholt werden.

Gesetze: AO § 124 Abs. 1 Satz 1, AO § 129, AO § 158 Abs. 1, AO § 169, AO § 170, AO § 174, AO § 179 Abs. 3, AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a, AO § 181 Abs. 1, AO § 181 Abs. 5, FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1, FGO § 48 Abs. 1 Nr. 5, FGO § 60 Abs. 3, BGB § 157, EStG § 16

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

1I. An der S-KG (Beigeladene) waren zu Beginn des Streitjahrs (1997) neben der Komplementärin (W-GmbH) als Kommanditisten Herr W mit 49 % sowie die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) —B-KG— mit einem Anteil von 51 % beteiligt. Am hat die Klägerin das Angebot des W auf Erwerb ihres Kommanditanteils zum Preis von 2,86 Mio. DM angenommen. Der hierbei von der Klägerin erzielte Gewinn belief sich —wie zwischen Beteiligten unstreitig— auf 2.844.965 DM. Im Juli 1997 erwarben D und H jeweils 12 % des Kommanditanteils von W.

2Die S-KG erklärte unter Berücksichtigung von Ergänzungsbilanzansätzen (betreffend W, D und H) für 1997 einen Verlust in Höhe von insgesamt rund 1,536 Mio. DM. Auf die Klägerin (B-KG) entfiel hiernach ein laufender Gewinn in Höhe von 1.190 DM. In der Anlage FB „Angaben über die Feststellungsbeteiligten” ist in Zeile 13 zwar erläutert worden, dass die Klägerin am aus der KG ausgeschieden sei. Ein Veräußerungsgewinn wurde aber —trotz formularmäßiger Abfragetexte in den Anlagen ESt 1, 2, 3 B und GSE— nicht erklärt. Dementsprechend wurden die Einkünfte —ohne Ansatz des Veräußerungsgewinns der Klägerin— mit Bescheid vom unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der AbgabenordnungAO—) vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) festgestellt.

3Im Rahmen der bei der S-KG (Beigeladene) durchgeführten Außenprüfung hat der Prüfer (P1) verschiedene Positionen in der Gewinnermittlung des Streitjahrs beanstandet. Bezüglich der Veräußerung des Kommanditanteils der Klägerin, die sowohl in Teil A. (Tz. 10) als auch in Teil C. (Tz. 1.13) des Prüfungsberichts erwähnt und als Anwachsung qualifiziert wird, war P1 der Ansicht, dass ein Teil des Kaufpreises (490.000 DM) nicht sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden könne, sondern als weitere Anschaffungskosten in einer Sonderbilanz (gemeint: Ergänzungsbilanz) des W zu aktivieren sei (Teil C., Tz. 1.13: „Minderung des Abfindungsverlustes auf 1.001.160 DM”). Feststellungen zum Veräußerungsgewinn der Klägerin enthält der Bericht nicht. Zur Weiterveräußerung der Teilanteile an D und H legt der Prüfungsbericht jedoch dar, dass W —abweichend von der Feststellungserklärung der S-KG— einen Gewinn in Höhe von 250.000 DM erzielt habe.

4Dem Bericht folgend stellte das FA mit Änderungsbescheid vom den Verlust der S-KG in Höhe von 722.695 DM einschließlich des Veräußerungsgewinns des W (250.000 DM) fest. Der Klägerin (B-KG) wurden wie bisher —ohne Ansatz ihres Veräußerungsgewinns— Einkünfte in Höhe von 1.190 DM zugerechnet. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

5Mit Schreiben vom teilte die für die Außenprüfung der B-KG zuständige Groß- und Konzernbetriebsprüfungsstelle in K dem FA mit, dass in dem Feststellungsbescheid 1997 (betreffend die S-KG) kein Veräußerungsgewinn der Klägerin ausgewiesen sei. Dem Prüfer (P2) sei eine Veräußerungsgewinnermittlung der B-KG vorgelegt worden, aus der sich ein Gewinn in Höhe von 2.844.964,31 DM ergebe (Kaufpreis: 2,86 Mio. DM, abzüglich Kommanditkapital [25.500 DM], zuzüglich übernommenes Verrechnungskonto [10.464,31 DM]). Der Veräußerungsgewinn sei zutreffend ermittelt und in der Bilanz sowie der Gewinnfeststellungserklärung 1997 der Klägerin erfasst worden. Zur Anregung, den Feststellungsbescheid (betreffend die S-KG) entsprechend zu ändern, nahm P1 mit dem an P2 gerichteten Schreiben vom dahin Stellung, dass das Zusammenwirken von zwei Steuerberatern dazu geführt habe, dass der Veräußerungsgewinn in der Gewinnfeststellung 1997 „formal” nicht erfasst worden sei. Er sei jedoch bei der Betriebsprüfung dem Grunde und der Höhe nach (2.844.964,31 DM) immer unbestritten gewesen. Er bitte deshalb, den Veräußerungsgewinn bei der Betriebsprüfung der Firma B-KG entsprechend zu berücksichtigen.

6Mit weiterem Schreiben vom unterrichtete P2 die Betriebsprüfungsstelle des FA darüber, dass die B-KG (Klägerin) den Veräußerungsgewinn mangels formeller Feststellung (durch das FA) außer Ansatz lassen möchte. Daraufhin äußerte sich P1 gegenüber dem FA dahin, dass nach seiner Auffassung die Gewinnfeststellung 1997 nach §§ 129 und 181 Abs. 5 AO geändert werden könne. Der Veräußerungsgewinn sei dem Grunde und der Höhe nach korrekt ermittelt worden. Dass er in den erklärten Gewinn keinen Eingang gefunden habe, sei weder von der Veranlagungsstelle noch von der Betriebsprüfung bemerkt worden. Es handele sich hierbei um eine offenbare Unrichtigkeit (§ 129 AO).

7Dementsprechend änderte das FA die Gewinnfeststellung 1997 mit dem „nach § 129 Abgabenordnung” ergangenen und an den Steuerberater der S-KG adressierten Bescheid vom . Der Bescheid, in dem darüber hinaus —inhaltlich unverändert— die Feststellungen des Gewinnfeststellungsbescheids vom (betreffend die laufenden Gewinn- und Verlustanteile sowie den Veräußerungsgewinn des W) ausgewiesen werden, wurde damit begründet, dass der Veräußerungsgewinn der B-KG in der ursprünglichen Feststellung —obwohl unbestritten— nicht enthalten gewesen sei. Er wurde mit weiterem Bescheid vom der Vertreterin der Klägerin (B-KG) bekannt gegeben.

8Die Einsprüche der S-KG sowie der Klägerin blieben ohne Erfolg. Der nicht streitige Veräußerungsgewinn der Klägerin sei —so das FA— aus Unachtsamkeit des Prüfers (P1) nicht im Prüfungsbericht ausgewiesen und deshalb auch im Änderungsbescheid nicht erfasst worden. Hierin sei ein bloßes Versehen ohne rechtliche Überlegung zu sehen. Auch könne ein Denkfehler mit Rücksicht auf die verfahrensrechtliche Frage, ob der Veräußerungsgewinn der B-KG in die Gewinnfeststellung der S-KG einzubeziehen sei, ausgeschlossen werden, da P1 den Veräußerungsgewinn des W als Teil des festzustellenden Gewinns ermittelt habe.

9Mit ihrer Klage trug die B-KG zunächst vor, dass der Prüfungsbericht sich nicht zu ihrem Veräußerungsgewinn geäußert und P1 sich lediglich mit den Werten (Ergänzungsbilanzansätzen) der anderen Gesellschafter beschäftigt habe. Auch habe das FA selbst keine Ermittlungen zu Grund und Höhe ihres Veräußerungsgewinns angestellt. Dies lasse nur den Schluss zu, dass das FA —aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen Überlegung— der Ansicht gewesen sei, der Gewinn der Klägerin sei nicht im Gewinnfeststellungsbescheid der S-KG, sondern in ihrer eigenen Bilanz auszuweisen. Dass der Veräußerungsgewinn des W in die Gewinnfeststellung der S-KG einbezogen worden sei, stehe dem nicht entgegen, da dessen Anteil —im Gegensatz zur Beteiligung der Klägerin— nicht bilanziert worden sei.

10Die S-KG wurde vom Finanzgericht (FG) zum Klageverfahren beigeladen. In der —nach Erlass eines Gerichtsbescheids auf Antrag der Klägerin durchgeführten— mündlichen Verhandlung (§ 90a Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—) machte die Klägerin gemäß Sitzungsniederschrift ergänzend geltend, dass ein Denkfehler angesichts des Schreibens von P1 an das für die Prüfung der B-KG zuständige Finanzamt (bzw. P2) vom nicht ausgeschlossen werden könne.

11Das FG wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1255 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.

12Mit der Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass eine Berichtigung des Feststellungsbescheids vom nach § 129 AO ausgeschlossen sei, weil P1 die für die Bestimmung des von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinns notwendigen Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt habe und sie deshalb weder dem Prüfungsbericht noch den Handakten des Prüfers entnommen werden könnten (Hinweis z.B. auf das , BFH/NV 1989, 281). Darüber hinaus sei die Unrichtigkeit des Feststellungsbescheids auch nicht offenbar gewesen, da die Höhe des Veräußerungsgewinns weder aus der Feststellungserklärung noch aus den beigefügten Anlagen ersichtlich gewesen sei. Hinzu komme, dass P1 —wie sein Schriftverkehr mit dem für die Prüfung der Klägerin zuständigen Finanzamt (bzw. P2) zeige— offensichtlich von der Möglichkeit ausgegangen sei, den Veräußerungsgewinn bei der Klägerin auch ohne Feststellung auf der Stufe der S-KG anzusetzen. Entgegen der Auffassung des FG könne es nicht in Betracht kommen, hiermit nur die theoretische und damit für § 129 AO unbeachtliche Möglichkeit eines Rechtsirrtums zu verbinden. Im Übrigen rügt die Klägerin, die Vorinstanz habe ihrer Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde gelegt (Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten; § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) sowie ihre Sachaufklärungspflicht verletzt (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zudem sei der Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs insbesondere dadurch verletzt worden, dass sich das FG —für sie überraschend— mit dem in der mündlichen Verhandlung erörterten BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 281 nicht hinreichend auseinandergesetzt habe.

13Die Klägerin beantragt,

das Urteil der Vorinstanz sowie den Gewinnfeststellungsbescheid 1997 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.

14Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

15Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

16II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das vorinstanzliche Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass das FA seinen angefochtenen Änderungsbescheid auf § 129 AO stützen durfte (s. nachfolgend unter II.1.). Auch die Nachholung der Feststellung des Veräußerungsgewinns der Klägerin im Wege eines Ergänzungsbescheids (§ 179 Abs. 3 AO) scheidet aus (dazu nachfolgend unter II.2.). Das FG wird jedoch noch zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen einer Änderung nach § 174 Abs. 4 AO vorliegen (s. nachfolgend unter II.3.).

171. Entgegen der Ansicht des FG hat das FA seinen (Berichtigungs-)Bescheid vom , mit dem die Höhe des von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinns (erstmals) festgestellt wurde, zu Unrecht auf die Korrekturnorm des § 129 AO, die gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO auf die gesonderte Feststellung sinngemäße Anwendung findet, gestützt.

18a) Ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte einer KG (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO) kann —wie die differenzierenden Regelungen des § 352 Abs. 1 AO sowie des § 48 Abs. 1 FGO zur Einspruchs- und Klagebefugnis bei Gewinnfeststellungsbescheiden zeigen— eine Vielzahl selbständiger Regelungen (einzelne Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen) enthalten, die selbständig angefochten werden und in Rechtskraft erwachsen können (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544; aus jüngerer Zeit z.B. , BFHE 224, 340, BStBl II 2009, 798; vom IV R 3/07, BFHE 226, 62, BStBl II 2010, 182; vom IV R 34/07, BFH/NV 2010, 2246). Solche selbständigen Regelungen (Feststellungen) sind insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des Gesamtgewinns, des laufenden Gewinns (oder Verlusts) sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer, die Höhe des von einem Mitunternehmer erzielten Gewinns aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils oder die Höhe eines Sondergewinns (z.B. BFH-Urteile in BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und in BFH/NV 2010, 2246). Dass Gegenstand der selbständigen Feststellung eines Veräußerungsgewinns nicht die Gesamtheit der bei allen Mitunternehmern im Feststellungszeitraum angefallenen Veräußerungsgewinne ist, sondern die Aussage des Feststellungsbescheids zu dem Veräußerungsgewinn des einzelnen Mitunternehmers als eigenständige Regelung qualifiziert wird, hat zur Folge, dass bei einer Klage nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO gegen eine solche Einzel-Feststellung auch nur der hiervon persönlich betroffene Mitunternehmer (Veräußerer) am gerichtlichen Verfahren zu beteiligen ist (§ 48 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 60 Abs. 3 FGO); auch bei einer Klage des Veräußerers scheidet die Beiladung des Erwerbers eines Mitunternehmeranteils —wie im Übrigen das FG zutreffend erkannt hat— aus (vgl. , BFHE 228, 486, BStBl II 2010, 726, und in BFHE 226, 62, BStBl II 2010, 182).

19b) Demnach ist auch der vorliegend angefochtene (Berichtigungs-)Bescheid vom inhaltlich lediglich darauf gerichtet, den von der Klägerin (B-KG) erzielten Veräußerungsgewinn sowie die hierdurch bedingte Erhöhung des Gesamtgewinns der Mitunternehmerschaft festzustellen. Soweit der Bescheid vom darüber hinaus die —im Anschluss an die Außenprüfung bei der S-KG mit (Änderungs-)Bescheid vom angesetzten— laufenden Ergebnisanteile sowohl der Klägerin als auch der anderen Mitunternehmer erneut ausweist, handelt es sich um sog. wiederholende Verfügungen. Sie lassen aufgrund ihres lediglich verweisenden Charakters die in Bezug genommenen und —mangels Anfechtung— bestandskräftig gewordenen Regelungen zur Höhe und Zurechnung der laufenden Gewinn- und Verlustanteile unberührt (, BFHE 229, 71, BStBl II 2010, 1104; vom IV R 53/05, BFHE 216, 399, BStBl II 2007, 369, am Ende) und sind demnach auch nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. Gleiches gilt für den gegenüber W festgestellten Veräußerungsgewinn in Höhe von 250.000 DM.

20c) Abweichend von der Ansicht des FA und des FG war die Feststellung des von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinns (2.844.965 DM) nicht durch die Korrekturnorm des § 129 AO getragen. Die Vorschrift gestattet die Berichtigung eines Verwaltungsakts (hier: Feststellungsbescheids), bei dessen Erlass Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten unterlaufen sind.

21aa) Die hierfür maßgebliche Feststellungsfrist (§ 169 Abs. 1 Satz 2 AO) war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom noch nicht abgelaufen, da die Erklärung zur Gewinnfeststellung 1997 im September 1998 dem FA zuging und damit die allgemeine Frist zur Feststellung der im Streitjahr erzielten Einkünfte erst mit Ablauf des endete (§§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 181 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO). Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 181 Abs. 5 AO kommt es deshalb nicht an.

22bb) Nach Ansicht des VIII. Senats des , BFH/NV 2006, 1041, zu II.1.d) scheidet eine Berichtigung nach § 129 AO dann aus, wenn —wie im Streitfall— in einem Feststellungsbescheid (hier: Bescheid vom ) eine notwendige Feststellung (hier: in Bezug auf den Veräußerungsgewinn der Klägerin) unterblieben ist, da ein solcher Fehler nicht zur Unrichtigkeit der getroffenen (lückenhaften) Feststellungen führe, sondern „bei systematischer Betrachtung” nach § 179 Abs. 3 AO zur Nachholung der fehlenden Feststellung verpflichte. Der Senat lässt offen, ob er dem folgen könnte. Denn der Bescheid vom war jedenfalls im Hinblick darauf, dass er gegenüber der B-KG (Klägerin) keinen Veräußerungsgewinn festgestellt hat, nicht i.S. von § 129 Satz 1 AO offenbar unrichtig.

23cc) Die einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten können nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht nur die in dem Verwaltungsakt bekundete Willensäußerung des FA, sondern auch die dem Erlass des Verwaltungsakts vorausgehende Willensbildung betreffen. In der Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass eine solche Unrichtigkeit auch dann „beim Erlass eines Verwaltungsakts” unterlaufen kann, wenn das FA (Veranlagungsstelle) eine offenbare Unrichtigkeit der Steuer- oder Feststellungserklärung des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (, BFHE 149, 490, BStBl II 1987, 762, und vom X R 49/00, BFH/NV 2003, 2) oder eine Unrichtigkeit des Betriebsprüfungsberichts vom FA bei dessen Auswertung übernommen wird (, BFHE 106, 14, BStBl II 1972, 743). Dies gilt selbst dann, wenn die Unrichtigkeit des Prüfungsberichts darauf beruht, dass eine offenbare Unrichtigkeit der Steuer- oder Feststellungserklärung des Steuerpflichtigen vom Betriebsprüfer nicht erkannt wird (, BFH/NV 2004, 1505).

24dd) In allen genannten Fällen setzt der Tatbestand des § 129 AO jedoch zum einen voraus, dass es sich um die einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche Unrichtigkeit und damit um einen nur „mechanischen” Fehler handelt, der ebenso „mechanisch”, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden kann (, BFH/NV 1992, 711; vom IX R 31/91, BFH/NV 1995, 1). Zum anderen muss die Unrichtigkeit als mechanischer Fehler offenbar, d.h. für alle Beteiligten erkennbar, augenfällig und eindeutig sein (z.B. BFH-Urteile in BFHE 149, 490, BStBl II 1987, 762, zur Übernahme einer fehlerhaften Steuererklärung; in BFHE 106, 14, BStBl II 1972, 743, zur Übernahme eines fehlerhaften Betriebsprüfungsberichts). Ein mechanischer Fehler und damit eine offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 129 Satz 1 AO liegt deshalb nur vor, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls —vor allem nach Aktenlage— die Möglichkeit eines Rechtsirrtums oder einer unvollständigen Sachaufklärung ausgeschlossen werden kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2003, 2; vom IV R 84/06, BFH/NV 2009, 1394). Letzteres ist nicht nur dann zu verneinen, wenn dem FA ein Verstoß gegen seine Amtsermittlungspflicht (§ 88 AO) vorzuwerfen ist, weil es beispielsweise eine gebotene Nachfrage beim Steuerpflichtigen unterlassen hat (, BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785). Die Annahme, dass im Einzelfall die Möglichkeit einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung auszuschließen ist, erfordert nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus, dass in Fällen, in denen das FA (Veranlagungsstelle) eine fehlerhafte Erklärung des Steuerpflichtigen oder einen fehlerhaften Prüfungsbericht übernimmt, der Fehler aus den vorliegenden Unterlagen —sei es der Steuererklärung, den beigefügten Anlagen (einschließlich handschriftlichen Berechnungen etc.) oder etwaigen Kontrollmitteilungen, sei es dem Prüfungsbericht, den Handakten des Prüfers oder den ihm vorgelegten Belegen— ohne weiteres ersichtlich, d.h. klar dargestellt ist und berichtigt werden kann (vgl. BFH-Urteile in BFHE 149, 490, BStBl II 1987, 762; vom I R 26/90, BFH/NV 1992, 359; in BFH/NV 2003, 2, jeweils zu fehlerhafter Steuererklärung; in BFHE 106, 14, BStBl II 1972, 743; vom I R 93/98, BFH/NV 2000, 539; in BFH/NV 2004, 1505, jeweils zu fehlerhaftem Prüfungsbericht). Fehlt es hieran, so kommt eine Korrektur des Verwaltungsakts nach § 129 AO selbst dann nicht in Betracht, wenn anzunehmen ist, dass die Beamten des FA (oder der Prüfer) den in Frage stehenden Sachverhalt zutreffend beurteilt hätten (BFH-Urteile in BFHE 106, 14, BStBl II 1972, 743; in BFH/NV 2000, 539).

25ee) Nach diesen Grundsätzen muss auch im Streitfall eine Korrektur des im Anschluss an die Außenprüfung bei der S-KG ergangenen Feststellungsbescheids 1997 vom nach § 129 AO bereits deshalb ausscheiden, weil sowohl nach Aktenlage als auch nach den tatsächlichen Feststellungen des FG weder die Feststellungserklärung 1997 der S-KG (einschließlich der beigefügten Unterlagen) noch die Aufzeichnungen des Prüfers (P1) eine Zusammenstellung der zur Ermittlung des von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinns erforderlichen Besteuerungsgrundlagen enthalten. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Prüfer die für W —den Erwerber des Mitunternehmeranteils der Klägerin— erstellte Ergänzungsbilanz korrigiert hat, da sich auch hieraus die Höhe des Veräußerungsgewinns der Klägerin (2.844.965 DM) nicht unmittelbar —d.h. nicht ohne weitere Sachverhaltsermittlung sowie die hieran anknüpfenden rechtlichen Zwischenschritte (vgl. § 16 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes)— ergab. Demnach kann auch die —hypothetische— Erwägung der Vorinstanz, nach der es nicht „darstellbar” sei, dass der Prüfer (P1) sich darüber geirrt haben könnte, dass der Veräußerungsgewinn der B-KG in das Feststellungsverfahren betreffend die S-KG einzubeziehen sei, keine andere Beurteilung rechtfertigen.

26d) Nachdem die Voraussetzungen des § 129 AO im Streitfall nicht vorliegen, erübrigt es sich mangels Entscheidungserheblichkeit, auf die von der Klägerin im Zusammenhang mit dieser Änderungsnorm erhobenen Verfahrensrügen einzugehen.

272. Das FA kann die Feststellung des von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinns auch nicht im Wege eines Ergänzungsbescheids i.S. von § 179 Abs. 3 AO nachholen. Zwar ist für die Rechtmäßigkeit eines Bescheids grundsätzlich nicht (nur) die zu seiner Begründung herangezogene Vorschrift, sondern allein maßgebend, ob er zum Zeitpunkt seines Ergehens durch irgendeine Befugnisnorm gedeckt war (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFHE 175, 391, BStBl II 1995, 2; vom III R 53/93, BFHE 181, 547, BStBl II 1997, 269; vom IV R 50/05, BFHE 218, 564, BStBl II 2008, 129; vom IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593). Dieser Rechtsgrundsatz wäre auch dann zu beachten, wenn —wie vorliegend— ein zu Unrecht nach § 129 AO ergangener Berichtigungsbescheid den tatbestandlichen Anforderungen an den Erlass eines Ergänzungsbescheids gemäß § 179 Abs. 3 AO genügte. Die grundsätzlich auch für Ergänzungsbescheide zu beachtende allgemeine Feststellungsfrist (vgl. —einschließlich der Sonderregelung des § 181 Abs. 5 AO, BFHE 189, 309, BStBl II 1999, 747) war zudem —wie erläutert (s. oben zu II.1.c aa)— bei Erlass des Bescheids vom gewahrt. Indes liegen auch die Voraussetzungen des § 179 Abs. 3 AO im Streitfall nicht vor.

28a) Nach § 179 Abs. 3 AO ist, soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist, diese Feststellung in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen. Zwar kann ein solcher Bescheid jede Feststellung i.S. der §§ 179, 180 AO betreffen. Er darf jedoch nicht die Bestandskraft eines ergangenen Feststellungsbescheids durchbrechen, sondern nur einen lückenhaften Feststellungsbescheid vervollständigen; nachholbar sind nur solche Feststellungen, die in den vorausgegangenen Feststellungsbescheiden „unterblieben” sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 1989, 281, m.w.N.; vom IV R 129-130/88, BFH/NV 1990, 750; vom IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446; vom IV R 3/01, BFHE 199, 482, BStBl II 2003, 112). Für den Fall, dass bei einer Mitunternehmerschaft lediglich ein laufender Gewinn (oder Verlust) festgestellt wird und der Bescheid mit diesem Inhalt in Bestandskraft erwächst, geht der erkennende Senat davon aus, dass damit (stillschweigend) auch festgestellt ist, dass im Rahmen der Mitunternehmerschaft nur ein laufender Gewinn und —als negative Feststellung— nicht noch zusätzlich ein Veräußerungsgewinn entstanden ist (so ausdrücklich BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 281, unter 2.b bb der Entscheidungsgründe; vgl. auch BFH-Urteile in BFH/NV 1990, 750, und in BFHE 199, 482, BStBl II 2003, 112). Dies hat zur Folge, dass ein solcher Feststellungsbescheid nicht lückenhaft, sondern materiell unrichtig ist, wenn er einen tatsächlich angefallenen Veräußerungsgewinn nicht erfasst. Daher kann in dieser Situation die (positive) Feststellung eines Veräußerungsgewinns nicht im Wege eines Ergänzungsbescheids nachgeholt werden. Dies gilt auch im Streitfall, nachdem das FA in seinem geänderten Feststellungsbescheid vom (neben einem Veräußerungsgewinn des W) einen im Rahmen der Mitunternehmerschaft erzielten laufenden Verlust festgestellt hat. Dabei kann offenbleiben, ob bereits aus dem Umstand, dass das FA lediglich einen Veräußerungsgewinn des Feststellungsbeteiligten W festgestellt hat, die stillschweigende negative Feststellung hergeleitet werden könnte, dass die Klägerin keinen Veräußerungsgewinn erzielt hat.

29b) Der erkennende Senat braucht nicht zu entscheiden, ob Fallkonstellationen denkbar sind, in denen mit Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls von den vorgenannten Rechtsgrundsätzen abgewichen werden könnte, und ob die im Streitfall vorliegenden Umstände eine solche Ausnahme rechtfertigen könnten. Selbst wenn man davon ausginge, dass mit der bestandskräftigen Feststellung eines laufenden Verlusts nicht stets auch die stillschweigende Feststellung über den Nichtanfall eines Veräußerungsgewinns verbunden ist, könnte der angefochtene Bescheid vom nicht auf § 179 Abs. 3 AO gestützt werden.

30aa) Die Frage, ob ein Feststellungsbescheid lückenhaft ist, d.h. eine notwendig zu treffende Feststellung (hier des Veräußerungsgewinns eines Feststellungsbeteiligten) nicht enthält, ist durch Auslegung dieses Bescheids zu beantworten. Hierzu ist auch das Revisionsgericht befugt (z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 1446; vom X R 39/02, BFHE 218, 503, BStBl II 2008, 4). Da ein Verwaltungsakt und damit auch ein Feststellungsbescheid mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird (§ 124 Abs. 1 Satz 2 AO), ist bei dessen Auslegung entsprechend den §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs darauf abzustellen, wie der Adressat des Bescheids (Feststellungsbeteiligter; vgl. z.B. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 179 AO Rz 7 ff.) die Erklärungen der Behörde nach den ihm bekannten Umständen sowie den Grundsätzen von Treu und Glauben verstehen konnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1446, m.w.N.). In diesen sog. „objektiven Verständnishorizont” gehen deshalb auch die Begründung des Bescheids (z.B. die Bezugnahme auf einen Betriebsprüfungsbericht) sowie die dem Bescheid beigefügten Anlagen oder ein in Bezug genommener Erstbescheid ein. Bei Zweifeln ist jedoch —jedenfalls im Regelfall— die den Betroffenen weniger belastende Auslegung vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf (BFH-Urteile in BFHE 218, 503, BStBl II 2008, 4; in BFH/NV 2006, 1041; in BFH/NV 1990, 750, jeweils m.w.N.). Hierfür spricht im Zusammenhang mit der Bestimmung einer unterbliebenen Feststellung i.S. von § 179 Abs. 3 AO zudem, dass —wie ausgeführt (oben II.2.a)— mit einem Ergänzungsbescheid nur lückenhafte Regelungen vervollständigt, nicht aber Unrichtigkeiten eines Feststellungsbescheids korrigiert werden dürfen.

31bb) Nach den Feststellungen des FG hat die für die Außenprüfung der Klägerin (B-KG) zuständige Groß- und Konzernbetriebsprüfung mit Schreiben vom dem FA mitgeteilt, dass die Klägerin dem Prüfer (P2) eine Veräußerungsgewinnermittlung der B-KG vorgelegt habe. Der Veräußerungsgewinn sei zutreffend ermittelt und in der Bilanz sowie der Gewinnfeststellungserklärung 1997 der Klägerin erfasst worden. In den vorgenannten „objektiven Verständnishorizont” der Klägerin als an der Einkünfteerzielung der S-KG beteiligter Person wäre deshalb deren fehlerhafte, (auch) in der Abgabe einer Feststellungserklärung für die B-KG zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung einzubeziehen, einen von ihr erzielten Veräußerungsgewinn in einer eigenen Feststellungserklärung (für die B-KG) berücksichtigen zu müssen. Ausgehend hiervon wäre die fehlende positive Feststellung eines Veräußerungsgewinns der Klägerin in der Gewinnfeststellung der S-KG auch bei objektiver Betrachtungsweise als Bestätigung der genannten Rechtsauffassung der Klägerin und damit als entsprechend negative Feststellung zu verstehen. Folglich wäre eine Auslegung des geänderten Feststellungsbescheids vom dahin gehend ausgeschlossen, dass dieser hinsichtlich der Feststellung eines Veräußerungsgewinns der Klägerin lückenhaft ist. Es kommt hinzu, dass ein solches Verständnis bei verbleibenden Zweifeln auch zu einer die Klägerin weniger belastenden Auslegung führte. Auch aus diesen Gründen genügte der angefochtene Bescheid vom nicht den Anforderungen des § 179 Abs. 3 AO.

323. Das FG wird jedoch noch zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen einer Änderung nach den §§ 174 Abs. 4, 181 Abs. 1 Satz 1 AO vorliegen.

33a) Wie oben (unter II.2.) bereits ausgeführt, ist für die Rechtmäßigkeit eines Bescheids grundsätzlich nicht (nur) die zu seiner Begründung herangezogene Vorschrift, sondern allein maßgebend, ob er zum Zeitpunkt seines Ergehens durch irgendeine Befugnisnorm gedeckt war (für § 174 Abs. 4 AO ausdrücklich BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593, unter B.I.1.b aa). Hiernach wäre der zu Unrecht auf § 129 AO gestützte Berichtigungsbescheid gleichwohl rechtmäßig, wenn er den tatbestandlichen Anforderungen an den Erlass eines Änderungsbescheids nach § 174 Abs. 4 AO, der gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO auf die gesonderte Feststellung sinngemäße Anwendung findet (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 181 AO Rz 5; Klein/ Ratschow, AO, 10. Aufl., § 181 Rz 3), genügte. Wie bereits unter II.1.c aa erläutert, endete die allgemeine Feststellungsfrist erst mit Ablauf des , so dass dem Erlass des Bescheids vom schon ungeachtet der Voraussetzungen des § 181 Abs. 5 AO keine Feststellungsverjährung entgegensteht.

34b) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid (Feststellungsbescheid) ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO (für Feststellungsbescheide i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids (Feststellungsbescheids) die richtigen steuerlichen Folgen gezogen werden. Die Vorschrift regelt die Folgerungen aus einer vorherigen Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids (Feststellungsbescheids) auf Antrag des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten. Erst die Aufhebung oder Änderung löst —"nachträglich"— die Rechtsfolge des § 174 Abs. 4 AO aus, dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden kann (, BFHE 220, 324, BStBl II 2009, 35; in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593).

35c) Da in Gewinnfeststellungsbescheiden nur die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und nicht eine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Steuerbescheide auf Gewinnfeststellungsbescheide dazu, dass an die Stelle des Steuerschuldners i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO der Feststellungsbeteiligte als der Inhaltsadressat tritt. Im Anwendungsbereich des § 174 Abs. 4 AO ist deshalb der Feststellungsbeteiligte nicht „Dritter” i.S. des Abs. 5 dieser Vorschrift (ausführlich dazu , BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593). Dies führt vorliegend dazu, dass hinsichtlich eines Antrags i.S. von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO auf die Person der feststellungsbeteiligten Klägerin (B-KG) als Inhaltsadressat der Gewinnfeststellungsbescheide (für die S-KG) abgestellt werden kann.

36d) Nach den vorgenannten Maßstäben kommt es für eine Änderungsbefugnis des FA nach § 174 Abs. 4 AO im Streitfall darauf an, ob in einem die Klägerin (B-KG) betreffenden, von dem für diese zuständigen Finanzamt (FA B) erlassenen Gewinnfeststellungsbescheid 1997 auf Grund irriger Beurteilung der streitbefangene, von der Klägerin erzielte Veräußerungsgewinn zunächst erfasst, in einem nachfolgend durch das FA B geänderten Feststellungsbescheid die Berücksichtigung dieses Veräußerungsgewinns indes auf einen bei dem FA B gestellten Antrag der Klägerin hin unterblieben ist. Ein solcher Antrag könnte in einem gegen den Gewinnfeststellungsbescheid gerichteten Vorbringen gesehen werden, dass der Veräußerungsgewinn richtigerweise von dem beklagten FA bei der Gewinnfeststellung für die S-KG —also zunächst in einem Grundlagenbescheid— hätte erfasst werden müssen. Unter diesen Voraussetzungen müsste sich die Klägerin, wenn sie eine Änderung des sie betreffenden Feststellungsbescheids zu ihren Gunsten erwirkt hätte, an ihrem Rechtsstandpunkt in dem hier zu entscheidenden Streit auch insoweit festhalten lassen, als dies für sie zu nachteiligen steuerlichen Konsequenzen führte (vgl. auch Klein/Rüsken, a.a.O., § 174 Rz 51, m.w.N.).

37e) Die Sache ist nicht spruchreif. Nach den bisherigen Feststellungen des FG hat zwar die Klägerin den streitbefangenen Veräußerungsgewinn in ihrer Bilanz sowie ihrer Gewinnfeststellungserklärung 1997 erfasst. Auch hat nach den Feststellungen des FG der für die Klägerin zuständige Betriebsprüfer die Betriebsprüfungsstelle des (für die S-KG zuständigen) FA mit Schreiben vom darüber unterrichtet, dass die Klägerin den Veräußerungsgewinn mangels formeller Feststellung durch das FA außer Ansatz lassen möchte. Diese Umstände könnten darauf hindeuten, dass das für die Klägerin zuständige FA B einen erklärungsgemäßen Feststellungsbescheid erlassen, die Klägerin jedoch später die Nichtberücksichtigung des erklärten Veräußerungsgewinns beantragt hat. Eine abschließende Beurteilung des Streitfalls lassen diese Feststellungen jedoch nicht zu. Das FG wird deshalb noch aufzuklären haben, ob ein für die Klägerin erlassener Feststellungsbescheid 1997 auf einen bei dem für die Klägerin zuständigen FA B gestellten Antrag vorgenannten Inhalts hin geändert und dabei der zunächst dort erfasste, hier streitbefangene Veräußerungsgewinn nicht mehr berücksichtigt worden ist.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 1649 Nr. 10
HFR 2011 S. 1142 Nr. 10
ZAAAD-88266