BAG Urteil v. - 9 AZR 486/09

(Öffentlicher Dienst - Feuerwehrpersonal im Schichtdienst - Anspruch auf Zusatzurlaub gemäß § 46 Nr 7 TVöD BT-V)

Gesetze: § 46 Nr 7 TVöD BT-V, § 280 Abs 1 S 1 BGB, § 286 Abs 1 BGB, § 322 Abs 1 ZPO, § 27 Abs 5 TVöD, § 27 ProtErkl TVöD, § 46 Nr 4 Abs 3 TVöD BT-V, § 2 Abs 1 S 1 TVÜ-Bund

Instanzenzug: Az: 1 Ca 393/08 Ö Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 5 Sa 1996/08 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger begehrt von der Beklagten einen Tag Zusatzurlaub für das Jahr 2007.

Die Parteien verbindet seit dem ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte setzte den Kläger zuletzt im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung als Feuerwehrtruppführer am Fliegerhorst B ein. Der vom datierende Arbeitsvertrag der Parteien enthält ua. folgende Regelung:

Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom in der durch den Änderungstarifvertrag Nr. 1 vom geänderten Fassung lautet auszugsweise wie folgt:

In Abschnitt VIII - Sonderregelungen (Bund) - § 46 des TVöD - Besonderer Teil Verwaltung - (TVöD-BT-V [Bund]) finden sich ua. folgende Bestimmungen:

5Mit Ausnahme von 64 Kalendertagen, an denen der Kläger infolge Urlaubs von der Arbeitsleistung freigestellt war, setzte die Beklagte den Kläger vom 1. Januar bis zum ununterbrochen im Schichtdienst ein. Im Zeitraum vom 1. Januar bis zum leistete der Kläger Schichtdienst ohne Unterbrechung. An die Schichten, die jeweils 10,5 oder 24 Stunden dauerten, schloss sich Freizeit bis zum nächsten Schichtdienst an.

6Mit Schreiben vom verlangte der Kläger von der Beklagten drei Zusatzurlaubstage für das Jahr 2007. Die Beklagte bewilligte dem Kläger einen Tag Zusatzurlaub.

7Mit der Klage hat der Kläger zunächst zwei weitere Tage Zusatzurlaub für das Jahr 2007 und einen Tag Zusatzurlaub für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum geltend gemacht.

8Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD gelte auch für die spezielle Regelung des § 46 TVöD-BT-V (Bund). Das Regelungsziel beider Vorschriften, schichtdienstbedingte Belastungen auszugleichen, sei identisch.

Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht hat sich die Beklagte bereit erklärt, dem Kläger für das Jahr 2007 einen weiteren Tag und für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum einen Tag Zusatzurlaub zu gewähren. Die Parteien haben den Rechtsstreit bezüglich dieser Urlaubstage in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger hat seine Klage auf den gerichtlich angeregten Antrag beschränkt,

10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, es widerspreche einer an systematischen Gesichtspunkten orientierten Tarifauslegung, die Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD auf § 46 TVöD-BT-V (Bund) anzuwenden. Freistellungszeiten in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen, widerstreite dem Zweck des Zusatzurlaubs.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Berufung des Klägers mit dem Antrag,

hat das Landesarbeitsgericht unter wesentlicher Bezugnahme auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angegriffenen Entscheidung zurückgewiesen. Der Kläger begehrt mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision einen weiteren Tag Zusatzurlaub für das Jahr 2007.

Gründe

12Die Revision ist zulässig und begründet.

13A. Die Klage ist zulässig. Über den vom Kläger erhobenen Anspruch ist bislang nicht rechtskräftig entschieden. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts Berufung eingelegt. Dies ergibt eine Auslegung des vom Kläger gestellten Berufungsantrags.

14I. Nach § 322 Abs. 1 ZPO sind Urteile der materiellen Rechtskraft insoweit fähig, als über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden ist. Ist eine gerichtliche Entscheidung über einen Klageanspruch in Rechtskraft erwachsen, hat das Gericht eine Klage, die denselben Anspruch zum Gegenstand hat, als unzulässig abzuweisen (vgl. Senat - 9 AZR 297/96 - Rn. 27, AP BGB § 812 Nr. 21 = EzA BGB § 812 Nr. 5). Die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts erwächst in Rechtskraft, wenn der Kläger sie nicht mit der Berufung anficht. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Partei gegen ein Urteil Berufung eingelegt hat, ist anhand der Prozesserklärungen der Partei in der Berufungsinstanz zu bestimmen.

15II. Mit dem Urteil vom hat das Arbeitsgericht über den Klageantrag, dem Kläger „für das Jahr 2007 einen weiteren Zusatzurlaubstag zu gewähren“, befunden. Der Kläger hat das Urteil des Arbeitsgerichts unbeschränkt angefochten und für die Berufungsverhandlung den Antrag angekündigt, ihm „einen Tag Zusatzurlaub für die Monate Januar bis April 2008 zu gewähren“. Diese Erklärung ist dahin auszulegen, dass der Kläger den im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Klageantrag hat weiterverfolgen wollen.

161. Bei Klageanträgen, die Urlaubsansprüche zum Gegenstand haben, ist die Angabe, auf welchen Zeitraum sich der geltend gemachte Anspruch bezieht, zur Abgrenzung des Streitgegenstands wesentlich. Die Bestimmung des Referenzzeitraums oder des Referenzereignisses gewährleistet, dass über den Umfang der Rechtskraft des erstrebten Urteils keinerlei Unklarheiten entstehen (vgl. Senat - 9 AZR 677/07 - Rn. 14, BAGE 129, 131). Der von dem Kläger im Streitfall erhobene Anspruch auf Zusatzurlaub ist ein auf das Kalenderjahr befristeter Urlaubsanspruch. § 27 Abs. 5 TVöD verweist insofern auf § 26 Abs. 1 Satz 1 und 6 TVöD, wonach das Urlaubsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Von der Bezeichnung des Kalenderjahres, aus dem der Zusatzurlaub stammt, hängt die Bestimmung des streitgegenständlichen Urlaubs und damit die Abgrenzung der Rechtskraft der erstrebten gerichtlichen Entscheidung ab.

17Der Senat hat den Berufungsantrag als prozessuale Willenserklärung nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus objektiver Sicht nach dem tatsächlichen Vorbringen der klagenden Partei hat (Senat - 9 AZR 757/08 - Rn. 13, AP GewO § 106 Nr. 7 = EzA GewO § 106 Nr. 4). Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks festzuhalten, sondern der schriftsätzlich geäußerte Wille unter Berücksichtigung der gleichzeitig gegebenen Begründung und weiterhin abgegebener Erklärungen zu ermitteln (Senat - 9 AZR 636/02 - zu A II der Gründe, BAGE 108, 103). Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden entspricht ( - Rn. 18, NZA 2010, 576).

182. In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass der Kläger mit der Berufung an seinem erstinstanzlichen Antrag festgehalten und einen dritten Zusatzurlaubstag für im Jahr 2007 geleistete Schichtarbeit begehrt hat.

19Dem Wortlaut nach bezieht sich der Berufungsantrag des Klägers auf einen Tag Zusatzurlaub für das Jahr 2008. Diese Bezeichnung ist jedoch nicht entscheidend. Mit seinem in der Berufung gestellten Sachantrag wollte der Kläger - unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Ausgangsentscheidung - seinem in erster Instanz allein noch erfolglos gebliebenen Begehren im Rechtsmittelzug zum Erfolg verhelfen. In erster Instanz stand zuletzt nur noch der weitere, dritte Zusatzurlaubstag für Schichtarbeit im Jahr 2007 in Streit. Die insoweit klageabweisende Entscheidung hat der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen. Dieser Zusammenhang ist sowohl für das Landesarbeitsgericht als auch für die Beklagte ersichtlich gewesen. Denn das Urteil erster Instanz war dem Schriftsatz der Berufungsbegründung in beglaubigter Form beigefügt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den erledigten Streitgegenstand, den von der Beklagten in der Güteverhandlung zugesagten Zusatzurlaub für den Zeitraum von Januar bis April 2008, erneut ins streitige Verfahren hat einbringen wollen. Sowohl die Parteien als auch das Landesarbeitsgericht sind aus diesem Grunde im Berufungsverfahren zu Recht davon ausgegangen, dass den Gegenstand der Berufung allein der dritte Tag Zusatzurlaub für Schichtarbeit im Jahr 2007 bildete. Nur dieses Antragsverständnis entspricht der recht verstandenen Interessenlage des Klägers.

20B. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf einen weiteren Arbeitstag Ersatzzusatzurlaub für Schichtarbeit, die er im Jahr 2007 geleistet hat. Anspruchsgrundlage für den zu gewährenden Ersatz sind § 280 Abs. 1 Satz 1, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB iVm. § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) und § 27 TVöD.

21I. Der Kläger erwarb für die im Jahr 2007 gemäß § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) iVm. § 27 TVöD geleistete Schichtarbeit einen Anspruch auf drei Tage Zusatzurlaub.

221. Der TVöD findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

23In § 2 des Arbeitsvertrags vom unterstellten die Parteien ihr Arbeitsverhältnis dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für die Beklagte geltenden Fassung. Im Geltungsbereich des Bundes löste der TVöD den BAT ab (§ 2 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund iVm. Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A Nr. 1). Die Regelung des § 2 des Arbeitsvertrags, die ua. auf die den BAT ersetzenden Tarifverträge Bezug nimmt, erfasst - auch wenn es sich nicht um eine sog. große dynamische Verweisungsklausel handelt (vgl.  - Rn. 24 ff., AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41) - den TVöD. Da der Kläger Beschäftigter im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung ist, finden die in Abschnitt VIII § 46 Kapitel I TVöD-BT-V (Bund) normierten Sonderregelungen Anwendung.

242. § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) enthält eine Sonderregelung zu § 27 TVöD und bestimmt, dass für Beschäftigte, die unter seine Nr. 4 Abs. 3 fallen, der Zusatzurlaub für je vier Monate der Arbeitsleistung im Kalenderjahr einen Arbeitstag beträgt.

25a) Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen des § 46 Nr. 4 Abs. 3 TVöD-BT-V (Bund). Der Kläger erbrachte im Kalenderjahr 2007 insgesamt zwölf Monate Arbeitsleistungen iSd. § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund). Die Beklagte setzte den Kläger auf dem Fliegerhorst B im Schichtdienst der Berufsfeuerwehr ein. Die Arbeitszeitdauer betrug im Regelfall pro Schicht 24 Stunden, in die erhebliche Zeiten der Arbeitsbereitschaft fielen. Einer 24-Stunden-Schicht folgte eine entsprechende Freischicht. Soweit der Kläger seine Arbeitsleistung nicht ausschließlich in 24-Stunden-Schichten, sondern teilweise in verkürzten Schichten von 10,5 Stunden erbrachte, handelte es sich um einen modifizierten Zwei-Schicht-Dienst. Beide Formen des Dienstes erfüllen die Voraussetzungen des § 46 Nr. 4 Abs. 3 TVöD-BT-V (Bund) (vgl. Senat - 9 AZR 923/08 - Rn. 19, AP TVöD § 46 Nr. 1).

26b) Der Kläger erfüllte 2007 die weiteren tariflichen Voraussetzungen für drei Tage Zusatzurlaub. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeitstätigkeit des Klägers durch Urlaub unterbrochen war.

27aa) Wie der Senat in seinem Urteil vom (- 9 AZR 923/08 - Rn. 21, AP TVöD § 46 Nr. 1) klargestellt hat, verlangt § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) zwar eine „Arbeitsleistung“ als Voraussetzung für den Anspruch auf Zusatzurlaub. Entfällt die Verpflichtung zur Arbeitsleistung aus den in Satz 2 der Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD genannten Gründen, sind diese Zeiten jedoch einer tatsächlichen Arbeitsleistung mit der Folge gleichzustellen, dass diese den tariflichen Anspruch auf Zusatzurlaub nicht mindern. Satz 2 der Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD ist auch auf die Schichtarbeit des § 46 Nr. 4 Abs. 3 TVöD-BT-V (Bund) anzuwenden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

28Nach der Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD sind Unterbrechungen durch Arbeitsbefreiung, Freizeitausgleich, bezahlten Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit in den Grenzen des § 22 TVöD unschädlich. Obwohl es sich bei § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) um eine Sonderregelung zu § 27 TVöD handelt, haben die Tarifvertragsparteien die in § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) genannten Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen für den Zusatzurlaub nicht losgelöst von den im Allgemeinen Teil des TVöD (§ 27 TVöD) enthaltenen Bestimmungen zur Gewährung von Zusatzurlaub festgelegt. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Gewährung von Zusatzurlaub wegen Schichtarbeit ist davon auszugehen, dass die Anspruchsvoraussetzungen in § 27 Abs. 1 TVöD einerseits und in § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) andererseits identisch sind. Satz 2 der Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD verdeutlicht, dass es nicht ausschließlich auf die Belastung durch den tatsächlichen Einsatz ankommt. Der Zusatzurlaub stellt vielmehr auch eine Sozialleistung dar, die sicherstellt, dass der Arbeitnehmer, der aus den in Satz 2 der Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD genannten Gründen die Arbeitsleistung nicht erbringt, durch diese Fehlzeiten keine Nachteile erleiden soll. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb die Tarifvertragsparteien einen Beschäftigten, der ständig nach einem belastenden 24-Stunden-Schichtplan iSd. § 46 Nr. 4 Abs. 3 TVöD-BT-V (Bund) eingesetzt wird, beim Auftreten von Fehlzeiten iSd. Satzes 2 der Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD hinsichtlich der Gewährung des Zusatzurlaubs anders behandeln wollten als die Arbeitnehmer nach § 27 Abs. 1 TVöD, die durch Wechselschichtarbeit besonders belastet werden. Die von der Beklagten gewünschte Auslegung führte im Übrigen zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass der Anspruch auf Zusatzurlaub „für je vier Monate … einen Arbeitstag“ niemals die Höchstdauer von drei Tagen im Kalenderjahr erreichen könnte; denn schon durch die Inanspruchnahme des unabdingbaren Mindesturlaubs iSv. § 3 Abs. 1 BUrlG würde der Erwerb des dritten Zusatzurlaubstags im Kalenderjahr ausgeschlossen.

29bb) Der Kläger hat für das Kalenderjahr 2007 insgesamt drei Arbeitstage Zusatzurlaub erworben.

30(1) Er war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Kalenderjahr 2007 bis auf 64 Kalendertage durchgehend im Schichtdienst der Berufsfeuerwehr iSv. § 46 Nr. 4 Abs. 3 TVöD-BT-V (Bund) eingesetzt und arbeitete mit Ausnahme von Arbeitsfreistellungen wegen Urlaubs an den Tagen, an denen er nach dem Schichtplan zur Arbeit eingeteilt war.

31(2) Für die Berechnung des Zusatzurlaubs nach § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) kommt es nicht darauf an, auf wie viele Kalendertage die regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt pro Woche verteilt wird (vgl. Senat - 9 AZR 923/08 - Rn. 35, AP TVöD § 46 Nr. 1). Da die urlaubsbedingten Fehlzeiten unter Anwendung von Satz 2 der Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und 2 TVöD für die Frage, ob ein Arbeitnehmer in jedem Kalendermonat die Arbeitsleistung erbracht hat, ohne Belang sind, standen dem Kläger für das Kalenderjahr 2007 insgesamt drei Arbeitstage Zusatzurlaub zu.

32II. Der von dem Kläger begehrte dritte Zusatzurlaubstag ist spätestens mit Ablauf des längstmöglichen tariflichen Übertragungszeitraums am verfallen.

331. Der dritte Zusatzurlaubstag für das Jahr 2007 entstand am und ist daher dem Urlaubsjahr 2008 zuzurechnen.

34Zwar haben die Tarifvertragsparteien die vormalige Regelung des § 48a Abs. 9 Satz 2 BAT, der zufolge Zusatzurlaubsansprüche für Wechselschicht-, Schicht- oder Nachtarbeit erst im Folgejahr auf die Arbeitsleistung entstehen können, in § 27 TVöD nicht beibehalten. Der Senat hat indes für den vergleichbaren Zusatzurlaubstatbestand des § 41a BMT-G II entschieden, dass Urlaubsansprüche, die tatbestandlich an die Erbringung bestimmter Tätigkeiten bis zum Ablauf des 31. Dezember anknüpfen, nicht zum 31. Dezember des laufenden, sondern erst zum 1. Januar des anschließenden Jahres entstehen (vgl. Senat - 9 AZR 33/04 - zu II 2 b der Gründe, EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 38). Dies folgt zum einen aus der systematischen Angleichung des Urlaubstatbestands an den - nach Ablauf der Wartezeit - zu Beginn eines Kalenderjahres entstehenden jährlichen Erholungsurlaub (§ 26 Abs. 2 Einleitungssatz TVöD iVm. § 4 BUrlG), zum anderen daraus, dass erst nach Vollendung der 24-Stunden-Schicht am 31. Dezember feststeht, dass der dritte Zusatzurlaubstag entstanden ist.

352. Der letzte Tag des längstmöglichen Übertragungszeitraums war der . Auf den Zusatzurlaub nach § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V (Bund) und § 27 TVöD sind die Vorschriften über die Entstehung und Übertragung des gesetzlichen Mindesturlaubs anzuwenden (vgl. Senat - 9 AZR 923/08 - Rn. 16, AP TVöD § 46 Nr. 1). Dies ergibt sich aus § 27 Abs. 5, § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD.

363. Dem Verfall steht die Rechtsprechung des EuGH (vgl. - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Slg. 2009, I-179) nicht entgegen. In der Richtlinie 2003/88/EG sind keine Vorgaben für Zusatzurlaub bei Schichtarbeit enthalten.

37III. Die Beklagte hat für den verfallenen Urlaub Ersatz nach § 287 Satz 2 BGB zu leisten, weil sie sich gemäß § 286 BGB im Schuldnerverzug befand, als der Anspruch auf einen weiteren Tag Zusatzurlaub unterging. Der originäre Anspruch, der nach Ablauf des dritten Viermonatszeitraums des Jahres 2007 zu Beginn des Jahres 2008 entstand, erlosch frühestens am . Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger bereits mit Schreiben vom die Gewährung des vollen Zusatzurlaubs verlangt und so die Beklagte gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verzug gesetzt.

38IV. Der Kläger hat mit dem Schreiben vom auch die Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Ersatzzusatzurlaubs iSv. § 37 Abs. 1 TVöD gewahrt. Für die tarifgerechte Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber ausdrücklich die Leistung von Schadensersatz verlangt; es genügt die Aufforderung, den tariflichen Urlaub zu gewähren (vgl.  - Rn. 45, BAGE 128, 29).

C. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO), soweit hierüber nicht das Arbeitsgericht bereits abschließend gemäß § 91a Abs. 1 ZPO entschieden hat.

Fundstelle(n):
DAAAD-60884