Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 3301/5-St 349a

Bedarfsbewertung; Arbeitshilfe der AG Bedarfsbewertung Grundbesitzbewertung nach dem ErbStRG

Zweifelsfragen und Lösungsvorschläge

Aufgrund der Erbschaftsteuerreform zum und der damit verbundenen Änderung des Bewertungsgesetzes sind durch die AG Bedarfsbewertung Zweifelsfragen und Lösungsvorschlage für die Bedarfsbewertung ausgearbeitet worden.

Die Arbeitshilfe „Grundbesitzbewertung nach dem ErbStRG - Zweifelsfragen und Lösungsvorschläge der AG Bedarfsbewertung mit Stand: ist für die dargestellten Zweifelsfragen uneingeschränkt anzuwenden.

Nutzung von Vergleichsfaktoren; § 183 BewG, Abschnitt 12 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Zu Ein- und Zweifamilienhäusern gibt es kaum Vergleichspreise/-faktoren (meist wenig Kauffälle).

    Ist die Unterscheidung zwischen Ein- und Zweifamilienhäuser, Reihenhäuser und Doppelhäuser zu berücksichtigen bzw. können vom örtlichen Gutachterausschusses (GAA) ermittelte Vergleichsfaktoren für Reihenhäuser beispielsweise auch für freistehende Einfamilienhäuser angewendet werden?

    Lösungsvorschlag:

    Den Vorgaben des GAA ist zu folgen. Die Unterscheidung ist mithin zu berücksichtigen. Vergleichsfaktoren für Reihenhäuser können nur zur Bewertung von Reihenhäusern herangezogen werden.

  2. Wohnungseigentum:

    Eine hinreichende Übereinstimmung der Zustandsmerkmale der Vergleichsgrundstücke liegt vor, wenn sie insbesondere hinsichtlich ihrer Lage, Art und Maß der baulichen Nutzung, Größe, Erschließungszustand und Gebäudealter mit dem zu bewertenden Grundstück weitgehend übereinstimmen bzw. die Abweichungen in sachgerechter Weise berücksichtigt werden können.

    1. Fehlt ein Merkmal (z. B. das Gebäudealter), sind die Vergleichsfaktoren dann immer noch oder nicht mehr geeignet?

      Lösungsvorschlag:

      Abschnitt 12 Abs. 2 Satz 2 AEBewGrV enthält nur eine beispielhafte Aufzählung wertrelevanter Zustandsmerkmale („insbesondere …”). Den Vorgaben des GAA ist grundsätzlich zu folgen. Der GAA wird nur die Zustandsmerkmale angeben, die für die Ermittlung des Vergleichsfaktors wertrelevant waren. Ermittelt der GAA allerdings für eine Grundstücksart nur einen Durchschnittspreis (Kaufpreismittel) aus allen Kaufpreisen ohne Berücksichtigung unterschiedlicher wertbeeinflussender Merkmale handelt es sich nicht um geeignete Vergleichsfaktoren (Abschnitt 12 Abs. 2 Satz 6 AEBewGrV).

      Für Wohnungseigentum (Eigentumswohnungen) sollten regelmäßig mindestens folgende Klassifizierungsmerkmale vorliegen: Baujahrsklasse, Wohnungsgröße der Vergleichswohnung (z. B. 75 m2) oder eine Wohnungsgrößenspanne (z. B. 60 bis 80 m2) und die Lage (z. B. einfach, mittel, gut, sehr gut). In ländlichen Bereichen (Dorfgebiete) ist die Angabe der Lage ggf. auch entbehrlich.

    2. Sind die vom GAA veröffentlichten Vergleichsfaktoren lückenhaft (z. B. nicht für alle Baualtersgruppen Vergleichsfaktoren ermittelt),

      • kann dann interpoliert werden oder

      • muss für die fehlenden Werte das Sachwertverfahren nach § 182 Abs. 4 BewG angewendet werden oder

      • sind die Tabellen gänzlich ungeeignet?

      Lösungsvorschlag:

      Den Vorgaben des GAA ist zu folgen. Eigenständige Interpolationen um fehlende Werte einzelner Baualtersgruppen rechnerisch zu ergänzen, sind nicht zulässig. Das Wohnungseigentum, welches der Baualtersgruppe zuzurechnen ist, für die vom GAA kein Vergleichsfaktor ermittelt wurde, ist im Sachwertverfahren zu bewerten. Die Anwendbarkeit der gesamten Tabelle bzw. der vom GAA für andere Baualtersgruppen ausgewiesenen Vergleichfaktoren bleibt hiervon unberührt. In Rücksprachen mit dem GAA bzw. vom Vertreter der zuständigen Finanzbehörde im GAA sollte die Notwendigkeit der Vergleichsfaktoren unterstrichen werden, um zukünftig ggf. eine weitere Minimierung der Lücken zu erreichen.

    3. In Stuttgart ist die Vergleichswohnung 75m2 groß. Muss für Wohnungen unter 60m2 und über 90m2 dann grundsätzlich das Sachwertverfahren angewendet werden?

      Lösungsvorschlag:

      Weichen die wertbeeinflussenden Merkmale des zu bewertenden Grundstücks um mehr als 20 Prozent vom Vergleichsgrundstück ab, kann eine hinreichende Übereinstimmung nicht mehr unterstellt werden (Abschnitt 12 Abs. 4 AEBewGrV). Infolgedessen wäre nicht das Vergleichs- sondern das Sachwertverfahren einschlägig. Hat der GAA allerdings – wie in Stuttgart – Umrechnungskoeffizienten für abweichende Wohnflächen ermittelt, ist die weitergehende Anwendung anhand dieser Umrechnungskoeffizienten zu prüfen.

    4. Sind Schaubilder mit Kurven geeignet, um Umrechnungsfaktoren (z. B. für die Wohnungsgröße) abzulesen?

      Lösungsvorschlag:

      Schaubilder mit Kurven sind geeignet, um Umrechnungskoeffizienten abzulesen. Bei Rücksprache mit dem GAA sollte jedoch auf die Ableseproblematik hingewiesen, die genauen Daten erfragt und ggf. Änderungen für die Zukunft angeregt werden.

    5. Oftmals gelten die Werte (Vergleichsfaktoren) nur für unvermietete Wohnungen. Für vermietete Wohnungen ist ein Abschlag von 10 bis 20 % zu machen. Fällt dies unter die 20 % Grenze (Abschnitt 12 Abs. 4 AEBewGrV)?

      Lösungsvorschlag:

      Den Vorgaben des GAA ist zu folgen. Der vom GAA ermittelte Vermietungsabschlag fällt nicht unter die Grenze des Abschnitts 12 Abs. 4 AEBewGrV.

Rohertrag, übliche Miete; § 186 BewG, Abschnitt 16 – 18 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. In weiten Teilen des Landes gibt es keine Mietspiegel (z. B. Karlsruhe, kleinere und mittlere Städte, Land). Wie kann in diesen Fällen die übliche Miete ermittelt werden? Hier müssten in Zusammenarbeit mit der Veranlagung und der BP/AP Mietverträge gesammelt und ausgewertet werden. Wer wäre dafür zuständig (großes Problem z. B. bei Betriebsaufspaltungen)?

    Lösungsvorschlag:

    Diese Problematik kann nur im konkreten Einzelfall gelöst werden. Eine Möglichkeit, generell in Zusammenarbeit mit den Veranlagungsstellen und der BP/AP Mietverträge zu sammeln und auszuwerten sieht die Arbeitsgruppe nicht.

  2. Übliche Miete (Abschn. 18 AEBewGrV) wird in Spannen angegeben

    Nach der ertragsteuerlichen BFH-Rechtsprechung () ist denkgesetzlich jeder Mietwert als ortsüblich anzusehen, wenn der Mietspiegel im Rahmen einer Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist. Dies führt (wie das , BStBl. 2006 II S. 71) dazu, dass im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung jeweils auf die niedrigste ortsübliche Miete abgestellt wird.

    Sind diese Urteile auch auf die Grundbesitzbewertung übertragbar (mit den weiteren Folgen für die 20 %-Grenze)? Wenn eine Übertragbarkeit nicht vorliegen sollte,

    1. welche Miete ist in diesen Fällen dann anzusetzen? und

    2. wann ist ein Mietgutachten anzufordern?

    Lösungsvorschlag:

    zu a) In Mietspiegeln wird regelmäßig der um Ausreißer bereinigte Durchschnitt aller erhobenen Mietwerte in Form des Mittelwertes und Mietspannen angegeben, um den Besonderheiten des Einzelfalls besser Rechnung tragen zu können.

    Die Begründung für die Angabe der Spannenwerte ist vielgestaltig. Im Mietspiegel für Hamburg wird hierzu u. a. ausgeführt:

    „Die Mietspannen stellen die höchsten und niedrigsten Werte von zwei Dritteln der um Ausreißer bereinigten Mieten als Orientierungshilfe dar. So wird aufgezeigt, innerhalb welcher Unter- und Obergrenze der größte Teil aller erhobenen Mietwerte liegt. Die Spannweite ergibt sich aus

    • Wohnwertunterschieden, die in der Feldeinteilung nicht berücksichtigt werden konnten; diese kann sich zum Beispiel aus der Ausstattung, dem unterschiedlichen Umfang von Modernisierungen, der Beschaffenheit und der Lage der Wohnung im Gebäude ergeben,

    • der Einbeziehung von Mieten aus neuen Mietvertragsabschlüssen und gleichzeitig aus älteren Mietverhältnissen,

    • unterschiedlichen Mieten gleichartiger Wohnlagen in verschiedenen Stadtteilen,

    • sonstigen Faktoren, die neben den im Gesetz genannten Kriterien die Miethöhe beeinflussen.”

    Grundsätzlich ist der im Mietspiegel ausgewiesene Mittelwert anzusetzen. Bei ausreichenden Anhaltspunkten für einen konkreten niedrigeren, oder höheren Wert ist dieser Wert anzusetzen.

    Für die Überprüfung auf die Ortsüblichkeit von tatsächlich erzielten Mieten ist auf den jeweils unteren Wert oder den jeweils oberen Wert der Spanne abzustellen. D. h. eine Miete, die mehr als 20 % niedriger ist als der untere Wert der Spanne, bzw. die mehr als 20 % höher ist als der Wert der oberen Spanne, ist nicht mehr ortsüblich.

    Im Zusammenhang mit immer mehr Mietspiegeln stehen Online-Berechnungsprogramme zur Verfügung, die eine weitere Konkretisierung der Spannenwerte mit vertretbarem Aufwand ermöglichen (vgl. z. B. Berlin und München).

    zu b) Aus § 182 Abs. 3 Nr. 2 BewG ergibt sich, dass für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke die Anwendung des Ertragswertverfahrens nach § 184 BewG nur in Betracht kommt, wenn eine übliche Miete ermittelbar ist. Kann das Finanzamt eine übliche Miete nicht ermitteln, so ist die Ermittlung des Grundbesitzwerts im Sachwertverfahren (als Auffangverfahren) vorzunehmen.

    Begehrt der Steuerpflichtige dennoch die Wertermittlung nach dem Ertragswertverfahren, so hat er die Möglichkeit, die übliche Miete mittels eines Mietgutachtens oder auf andere geeignete Art und Weise (u. a. Mietdatenbank) nachzuweisen. Das Finanzamt fordert kein Mietgutachten an. Eine Unterrichtung des Steuerpflichtigen durch das Finanzamt über das Vorliegen einer üblichen Miete erfolgt nicht.

Bewirtschaftungskosten; § 187 BewG, Abschnitt 19 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Anwendbarkeit der II. Berechnungsverordnung

    Handelt es sich i. S. des § 187 Abs. 2 BewG um geeignete Erfahrungssätze, wenn der örtliche GAA die Bewirtschaftungskosten der II. Berechnungsverordnung (II. BV) als regional üblich ansieht und diese in seinem Ableitungsmodell für die Liegenschaftszinssätze verwendet?

    Lösungsvorschlag:

    Die Bewirtschaftungskosten nach der II. BV betragen (aktueller Stand ):

    I. Verwaltungskosten nach § 26 Abs. 2 und 3 sowie § 41 Abs. 2 II. BV (zu Nr. 3.5.2.3 WertR):

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    bis 254,79 €
    jährlich je Wohnung, bei Eigenheimen, Kaufeigenheimen und
    Kleinsiedlungen je Wohngebäude
    bis 304,64 €
    jährlich je Eigentumswohnung, Kaufeigentumswohnung und
    Wohnung in der Rechtsform eines eigentumsähnlichen
    Dauerwohnrechts nach § 41 Abs. 2 II. BV
    bis 33,23 €
    jährlich für Garagen oder ähnliche Einstellplätze

    Die genannten Beträge verändern sich ab dem 1.1. eines jeden dem folgenden dritten Jahres um den Prozentsatz, um den sich der vom Statistischen Bundesamt festgestellte Verbraucherpreisindex für Deutschland für den der Veränderung vorausgehenden Monat Oktober gegenüber dem Verbraucherpreisindex für Deutschland für den der letzten Veränderung vorausgehenden Monat erhöht oder verringert hat.

    II. Instandhaltungskosten nach § 28 Abs. 2 und Abs. 5 II. BV (zu Nr. 3.5.2.4 WertR):

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    bis 7,87 €/m2
    Wohnfläche je Jahr für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit
    am Ende des Kalenderjahres weniger als 22 Jahre zurück
    liegt
    bis 9,97 €/m2
    Wohnfläche je Jahr für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit
    am Ende des Kalenderjahres mindestens 22 Jahre zurück
    liegt
    bis 12,74 €/m2
    Wohnfläche je Jahr für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit
    am Ende des Kalenderjahres mindestens 32 Jahre zurück
    liegt

    Im Falle einer Modernisierung der baulichen Anlage, die zu einer Verlängerung der Restnutzungsdauer geführt hat, ist im Rahmen der Verkehrswertermittlung von einem fiktiven Baujahr (Bezugsfertigkeit) auszugehen.

    Zu- und Abschläge:

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    abzüglich 0,22 €
    jährlich je m2 Wohnung, bei eigenständig gewerblicher
    Leistung von Wärme i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 der
    HeizkostenV
    abzüglich 1,17 €
    jährlich je m2 Wohnung, wenn der Mieter die Kosten der
    kleinen Instandhaltung i. S. d. § 28 Abs. 3 Satz 2 II. BV
    trägt
    zuzüglich 1,11 €
    jährlich je m2 Wohnung, wenn ein maschinell betriebener
    Aufzug vorhanden ist
    zuzüglich bis 9,41 €
    jährlich je m2 Wohnung, wenn der Vermieter die Kosten
    der Schönheitsreparaturen i. S. d. § 28 Abs. 4 Satz 2 II.
    BV trägt

    Die genannten Beträge verändern sich ab dem 1.1. eines jeden dem folgenden dritten Jahres nach Maßgabe des vorstehenden für die Verwaltungskosten maßgeblichen Grundsatzes.

    Die Instandhaltungskosten, einschließlich Schönheitsreparaturen, für Garagen oder ähnliche Einstellplätze betragen:

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    bis 75,33 €
    je Garagen- oder Einstellplatz im Jahr (§ 28 Abs. 5 II.
    BV)

    Die genannten Beträge verändern sich ab dem 1.1. eines jeden dem folgenden dritten Jahres nach Maßgabe des vorstehenden für die Verwaltungskosten maßgeblichen Grundsatzes.

    III. Mietausfallwagnis nach § 29 Abs. 2 II. BV (zu Nr. 3.5.2.5 WertR):

    Als Erfahrungssätze können angesetzt werden:

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    2 %
    der Nettokaltmiete bei Mietwohn- und gemischt genutzten
    Grundstücken
    4 %
    der Nettokaltmiete bei Geschäftsgrundstücken

    Die Bewirtschaftungskosten nach der II. BV können nur dann i. S. des § 187 Abs. 2 BewG als geeignete Erfahrungssätze angesehen werden, wenn

    • die Anwendung der II. BV durch den GAA im Grundstücksmarktbericht mit dem örtlichen Marktgeschehen begründet wird, ein alleiniger Hinweis auf die Ansätze der II. BV im Modell zur Ableitung des Liegenschaftszinssatzes genügt nicht und

    • die Spannenangaben der II. BV nachvollziehbar konkretisiert wurden (z. B. stets Ansatz der o. g. Höchstwerte, Verzicht auf die o. g. Zu- und Abschläge zu den Instandhaltungskosten, Festwerte bzw. andere nachvollziehbare feste Modellannahmen).

    In Rücksprache mit dem örtlichen GAA sollte diese Thematik erörtert und die Angabe von Festwerten angestrebt werden.

Bodenwertverzinsung; § 185 Abs. 2 BewG, Abschnitt 20 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Umgriffsfläche (Abschn. 20 Abs. 3 AEBewGrV)

    Ist das Grundstück wesentlich größer, als es einer den aufstehenden Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht, ist hinsichtlich der Ermittlung des Bodenwertverzinsungsbetrags von einer sogenannten Umgriffsfläche auszugehen. Eine genaue Definition für die Umgriffsfläche gibt der Gesetzgeber nicht vor. Sie ist auch nicht im Baurecht definiert.

    Lösungsvorschlag:

    Eine generelle Definition für die Umgriffsfläche ist nicht möglich. Es bleibt stets eine Einzelfallentscheidung.

    Für Grundstücke, die wesentlich größer sind als es einer den aufstehenden Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht (übergroße Grundstücke), greift bei der Berechnung des Bodenwertverzinsungsbetrages eine gesetzlich normierte Ausnahme. Ist danach für die übersteigende Grundstücksteilfläche eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung zulässig und möglich, ohne dass mehrere wirtschaftliche Einheiten vorliegen, ist diese Teilfläche bei der Verzinsung des Bodenwertes nicht zu berücksichtigen (§ 185 Abs. 2 S. 3 BewG).

    Nach Abschnitt 20 Abs. 3 AEBewGrV gilt, dass bei der Bodenwertverzinsung übergroßer Grundstücke nur die der jeweiligen Bebauung zurechenbare Grundstücksfläche anzusetzen ist. Letztere entspricht regelmäßig der bebauten Fläche einschließlich der sog. Umgriffsfläche.

    Ein übergroßes Grundstück wird regelmäßig zu verneinen sein, wenn die Grundstücksgröße nicht mindestens das Fünffache der bebauten Fläche übersteigt. Aber auch wenn die Grundstücksgröße das Fünffache der bebauten Fläche übersteigt, liegt nicht zwingend ein übergroßes Grundstück vor. Vielmehr muss die selbstständig nutzbare Teilfläche hinreichend groß und so gestaltet sein, dass eine Nutzung z. B. als Lagerfläche, Abstellfläche, Gartenfläche oder Schrebergarten möglich ist. Auf Grundstücke im Innenstadtbereich kann die vorgenannte Vereinfachungsregelung grundsätzlich nicht angewendet werden, da hier die Bebauung sehr viel dichter und somit die GFZ sehr viel höher ist. Im Innenstadtbereich ist regelmäßig von einer niedrigeren Umgriffsfläche auszugehen

    Bei der Prüfung, ob ein übergroßes Grundstück vorliegt, sind zudem die örtlichen Gewohnheiten (z. B. altes Baugebiet, in dem alle Grundstücke relativ groß ausfallen und bisher keine Nachverdichtungen durchgeführt wurden) und die allgemeinen Grundsätze der gewichtenden Arbeitsweise zu beachten.

Liegenschaftszinssatz; § 188 BewG, Abschnitt 22 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Liegenschaftszinssatz in Spannen (Anfrage beim GAA ohne Erfolg)

    Lösungsvorschlag:

    Es sind vorrangig die Liegenschaftszinssätze anzusetzen, die durch den örtlichen Gutachterausschuss ermittelt worden sind (§ 188 Abs. 2 S. 1 BewG). Stellt der örtliche Gutachterausschuss keine geeigneten Liegenschaftszinssätze zur Verfügung, gelten die typisierten Zinssätze des § 188 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 BewG. Problematisch kann die Anwendung der Liegenschaftszinssätze sein, wenn der Gutachterausschuss die Zinssätze in Wertspannen angegeben hat. In diesen Fällen ist nach Abschnitt 22 Abs. 3 AEBewGrV der für das zu bewertende Grundstück individuell anzuwendende Liegenschaftszinssatz beim örtlichen Gutachterausschuss zu erfragen.

    Sofern die Anfrage an den Gutachterausschuss nicht zum Erfolg führt bzw. eine zeitnahe Ermittlung des anzuwendenden Liegenschaftszinssatzes durch den GAA nicht zu realisieren ist, bestehen keine Bedenken, wenn die Finanzämter folgende Vereinfachungsregeln anwenden:

    • Liegt der gesetzliche Liegenschaftszinssatz nach § 188 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 BewG innerhalb der vom GAA angegebenen Spanne, ist der gesetzliche Liegenschaftszinssatz der Grundbesitzbewertung zu Grunde zu legen.

    • Liegt der gesetzliche Zinssatz außerhalb der Spanne, ist der Liegenschaftszinssatz innerhalb der Spanne zu wählen, der dem gesetzlichen Liegenschaftszinssatz am nächsten liegt. Dies ist der obere oder untere Grenzwert der Spanne.

    Trägt der Steuerpflichtige vor, dass der Liegenschaftszinssatz für das zu bewertende Grundstück von dem auf Grundlage der vorgenannten Vereinfachungsregeln angewendeten Liegenschaftszinssatz abweicht, steht ihm der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts für die gesamte wirtschaftliche Einheit nach § 198 BewG offen.

    Kein Liegenschaftszinssatz in Spannen liegt vor, wenn der GAA den Liegenschaftszinssatz als festen Wert (Mittelwert) vorgibt und zusätzlich nach oben und nach unten eine Standardabweichung benennt. In diesem Fall ist als Liegenschaftszinssatz der vorgegebene Festwert anzusetzen.

  2. Kann die vorgenannte Vereinfachungsregel bei Spannen in den Daten der GAA angewendet werden? Wenn Spannen und Mittelwerte angegeben sind (z. B. Beispiel GAA Karlsruhe: Gewerbe und Industriegrundstücke/Spanne 5,0 – 7,5 %, Mittelwert 5,1 %) ist dann der Mittelwert anzusetzen?

    Lösungsvorschlag:

    Ein veröffentlichter gewichteter Mittelwert des GAA ist zu berücksichtigen. Ist allerdings – wie in Karlsruhe – eine Zinsspanne vom GAA beschlossen worden, und die Anfrage an den GAA nach einem konkreten Zinssatz bleibt ohne Erfolg gelten die unter 1. genannten Vereinfachungsregelungen.

    In Rücksprachen mit den GAA sollte beispielsweise folgende Beschlussfassung und Darstellungsform angeregt werden (Quelle: Grundstücksmarktbericht 2009 des GAA für Stuttgart).

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
     
    Grundlagen
     
     
    Auswerteergebnisse
     
    Beschluss
    Grundstücks-
    typ
    Ver-
    trags-
    jahr
    RND
    (Klasse)
    An-
    zahl
    RND
    (Mittel)
    Zinsspanne der
    ausgewerteten
    Verkäufe
    in %
    Liegen-
    schafts-
    zins
    in %
    Viel-
    faches des
    Jahres-
    rohertrags
    Viel-
    faches
    Liegen-
    schafts-
    zins
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    2006
    bis 30
    52
    27
    1,8
    5,6
    3,4
    19,4
     
     
     
     
    31 – 40
    23
    37
    2,3
    5,5
    3,5
    19,9
     
     
     
     
    41 – 50
    1
    44
    4,7
    4,7
    4,7
    16,2
     
     
     
     
    über 50
    4
    60
    3,2
    4,5
    3,9
    18,9
     
     
     
    2007
    bis 30
    47
    27
    1,9
    5,0
    3,4
    19,3
     
     
     
     
    31 – 40
    26
    36
    2,3
    5,1
    3,4
    20,4
     
     
    Dreifamilien-
    wohnhäuser
     
    41 – 50
    5
    46
    2,5
    3,8
    3,3
    21,6
    18 – 21
    3,5 %
     
    über 50
    1
    76
    2,9
    2,9
    2,9
    25,3
     
     
     
    2008
    bis 30
    74
    26
    2,1
    5,5
    3,5
    18,6
     
     
     
     
    31 – 40
    20
    36
    2,6
    4,7
    3,6
    19,3
     
     
     
     
    41 – 50
    5
    47
    2,5
    4,8
    3,4
    20,7
     
     
     
     
    über 50
    2
    55
    2,6
    3,0
    2,8
    24,8
     
     
     
    2006
    bis 30
    62
    28
    2,6
    6,8
    4,6
    14,6
     
     
     
     
    31 – 40
    32
    36
    3,2
    6,7
    4,8
    15,1
     
     
     
     
    41 – 50
    1
    46
    4,9
    4,9
    4,9
    15,6
     
     
     
     
    über 50
    0
     
     
     
    2007
    bis 30
    61
    26
    2,7
    6,9
    4,9
    13,9
     
     
    Mehrfamilien-
    wohnhäuser
     
    31 – 40
    17
    36
    3,5
    6,1
    4,7
    15,7
    14 – 16
    4,5 %
     
    41 – 50
    6
    44
    3,3
    5,8
    4,8
    16,0
     
     
     
    über 50
    1
    66
    4,0
    4,0
    4,0
    19,0
     
     
     
    2008
    bis 30
    70
    27
    2,8
    6,3
    4,7
    14,3
     
     
     
     
    31 – 40
    13
    37
    3,5
    6,4
    4,6
    16,0
     
     
     
     
    41 – 50
    1
    43
    5,8
    5,8
    5,8
    14,0
     
     
     
     
    über 50
    4
    64
    4,3
    5,5
    4,8
    16,9
     
     
  3. Können Liegenschaftszinssätze aus Diagrammen (Kurven) abgelesen werden?

    Lösungsvorschlag:

    Diagramme (Kurven) sind geeignet, um Liegenschaftszinssätze abzulesen. Bei Rücksprache mit dem GAA sollte jedoch auf die Ableseproblematik hingewiesen, die genauen Daten erfragt und ggf. Änderungen für die Zukunft angeregt werden.

  4. Nach Abschnitt 22 Abs. 3 AEBewGrV ist für Liegenschaftszinssätze, die in Wertspannen veröffentlicht worden sind, der für das zu bewertende Grundstück anzuwendende Liegenschaftszinssatz von den Gutachterausschüssen zu erfragen.

    Es gibt Gutachterausschüsse, die die Liegenschaftszinssätze ausschließlich in Wertspannen angegeben, so zum Beispiel für den Bereich Salzgitter. Würde der Erlass konsequent angewendet, führte dies zu einer Vielzahl von Anfragen. Es ist fraglich, ob entsprechend dem Erlass verfahren werden soll.

    Im konkreten Einzelfall wurde dem FA vorgeschlagen, den betreffenden Gutachterausschuss anzuschreiben und anzufragen, für welche Gebiete innerhalb des Bezirks Salzgitter welche Liegenschaftszinssätze gelten sollen.

    Fraglich ist, wie grundsätzlich in diesen Fällen verfahren werden soll.

    Lösungsvorschlag:

    Nach Abschnitt 22 Abs. 3 AEBewGrV ist der für das zu bewertende Grundstück anzuwendende konkrete Liegenschaftszinssatz zunächst stets zu erfragen, wenn der GAA lediglich Liegenschaftszinssätze in Wertspannen veröffentlicht. In Rücksprachen mit den örtlichen GAA ist auf die Problematik hinzuweisen und zumindest zukünftig die Beschlussfassung und Veröffentlichung eindeutiger Liegenschaftszinssätze anzuregen.

Restnutzungsdauer; § 185 BewG, Abschnitt 23 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Bestimmung der Gesamtnutzungsdauer

    Wie ist die Gesamtnutzungsdauer im Ertrags- und Sachwertverfahren bei mehreren Gebäuden/Gebäudeteilen zu bestimmen? Wie sind die Gesamtnutzungsdauer und die Regelherstellungskosten für ein Mehrfamilienhaus, welches als Wohnunterkunft für die Arbeitnehmer des Betriebs genutzt wird, auf einem Geschäftsgrundstück zu bestimmen?

    Lösungsvorschlag:

    Die Bestimmung der typisierten wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer ist im Abschnitt 23 Abs. 2 AEBewGrV erläutert. Diese Grundsätze gelten für das Ertragswertverfahren und gem. Abschnitt 31 Abs. 1 Satz 2 AEBewGrV auch für das Sachwertverfahren.

    Für Mietwohngrundstücke bzw. gemischt genutzte Grundstücke gilt für alle Gebäude bzw. Gebäudeteile – unabhängig von ihrer Nutzung – zwingend die Gesamtnutzungsdauer von 80 bzw. 70 Jahren. Eine Bewertung von Mietwohngrundstücken ist nur im Ertragswertverfahren möglich.

    Bei Geschäftsgrundstücken ist Folgendes zu beachten:

    a)

    Gebäude mit nichtselbständigen Gebäudeteilen

    Es gilt grundsätzlich die Gesamtnutzungsdauer, die dem durch die Hauptnutzung des Gebäudes bestimmten Gesamtgepräge entspricht (A 23 Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 und Abschnitt 31 Abs. 1 Satz 2 AEBewGrV). Ist keine der Nutzungen prägend, ist für dieses Gebäude von durchschnittlichen Gesamtnutzungsdauern der jeweiligen Gebäudeklassen der Anlage 22 auszugehen (Abschnitt 24 Abs. 4 AEBewGrV – gilt entsprechend im Sachwertverfahren).

    b)

    Grundstück mit mehreren selbständigen Gebäuden oder Gebäuden mit mehreren selbständigen Gebäudeteilen

    Die Gesamtnutzungsdauer richtet sich nach der Gebäudeklasse für das jeweilige Gebäude bzw. den jeweiligen Gebäudeteil (Anlage 22 BewG). Zur Bestimmung der Restnutzungsdauer im Ertragswertverfahren bzw. der Alterswertermittlung im Sachwertverfahren wird in diesen Fällen ergänzend auf Abschnitt 24 Abs. 1 bis 3 bzw. Abschnitt 32 Abs. 1 AEBewGrV verwiesen.

    ba)

    Gesamtnutzungsdauer und Regelherstellungskosten für nicht aufgeführte Gebäudeklassen

    Befindet sich auf einem Geschäftsgrundstück ein selbständiges Gebäude/selbständiger Gebäudeteil für das bzw. den in den Anlagen zum BewG keine Gebäudeklasse ausgewiesen ist, sind die Gesamtnutzungsdauer aus der Gesamtnutzungsdauer vergleichbarer Gebäudeklassen (vgl. Abschnitt 23 Abs. 2 Satz 3 AEBewGrV) und die Regelherstellungskosten aus den Regelherstellungskosten vergleichbarer Gebäudeklassen (vgl. Abschnitt 27 Abs. 2 AEBewGrV) abzuleiten. Befindet sich auf einem Geschäftsgrundstück beispielsweise ein Mehrfamilienhaus, welches als Wohnunterkunft für die Arbeitnehmer des Betriebs genutzt wird, ist es sachgerecht, für dieses Gebäude die Gesamtnutzungsdauer für Mietwohngrundstücke (80 Jahre nach Anlage 22) und die Regelherstellungskosten für die Gebäudeklasse 2.11 heranzuziehen. Die Regelherstellungskosten für die Gebäudeklasse 2.11. (Wohneigentum) wurden aus den Regelherstellungskosten des Geschosswohnungsbaus abgeleitet.

  2. Begriff „durchgreifende Modernisierung” i. S. v. Abschn 23 Abs. 4 AEBewGrV

    In der Tabelle 1 werden die Begriffe „Erneuerung”, „Verbesserung” und „Änderung” verwendet. Wann kann man von „modernisiert” sprechen? Können die Punktzahlen der Tabelle 1 je nach Ausstattung anteilsmäßig aufgeteilt werden, wenn ein Modernisierungselement nicht vollständig renoviert wird (z. B. nur ein Teil der Fenster eines Gebäudes werden erneuert)? Kann begrifflich von einer Modernisierung ausgegangen werden, wenn die Erneuerung eines Modernisierungselements aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe erfolgt? Heute sollen mindestens 20 Prozent erneuerbare Energiequellen mit eingesetzt werden (Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien – EEG – v. ).

    Beispiel:

    In der Heizungsanlage werden der Heizkessel und der Schornstein erneuert.

    Lösungsvorschlag:

    Aus welchem Anlass die Modernisierungen durchgeführt werden, hat auf die Wertrelevanz keinen Einfluss. Hinsichtlich der durchgeführten Modernisierungsarbeiten ist auf die überwiegende Erneuerung/Verbesserung der jeweiligen einzelnen Bauteile abzustellen. Im vorliegenden Beispielsfall ist von einer Verbesserung der Heizungsanlage auszugehen. Der Punktwert nach Tabelle 1 (2 Punkte) für die Verbesserung der Heizungsanlage ist nicht aufzuteilen.

Bruttogrundfläche; § 190 Abs. 1, Anlage 24 BewG, Abschnitt 30 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Reicht es aus, die Brutto-Grundfläche (BGF) überschlägig aus der Akte zu ermitteln, wenn der Stpfl. keine oder eine falsche BGF angibt (Alternative: Akten im Bauamt einsehen)?

    Lösungsvorschlag:

    Hat der Steuerpflichtige die BGF nicht bzw. offensichtlich unzutreffend ermittelt ist zunächst die Rücksprache mit dem Steuerpflichtigen zu suchen und um entsprechende Nacherklärung bzw. Nachbesserung zu bitten. Konnte aus den Angaben des Steuerpflichtigen – trotz ggf. Nachfrage – keine BGF ermittelt werden kommt eine Schätzung im Sinne der nachfolgenden Antwort 3 in Betracht. Nur in Ausnahmefällen sollte die Mithilfe eines Bausachverständigen oder eine Akteneinsicht in die Bauakte erwogen werden.

  2. Nutzung elektronischer Verzeichnisse

    Die Steuerpflichtigen haben in der Regel keine Unterlagen zur Berechnung der BGF. Auch werden häufig keine oder falsche Angaben zur BGF gemacht (werden). Nur in wenigen Fällen kann die BGF überschlägig aus den Unterlagen der Einheitsbewertung abgeleitet werden.

    Da viele Gemeinden Daten zu Bauvorhaben digitalisiert haben und entsprechende Programme mit diesen Daten anbieten, wäre es sinnvoll, wenn die Bewertungsstellen auf diese Daten der Kommunen oder Vermessungsämter zugreifen könnten. So gibt es z. B. in Stuttgart das Geoauskunftsportal „GrundlS” bzw. „SIAS”. Mit diesen Daten könnte relativ einfach die BGF ermittelt werden.

    Liegen hierzu aus anderen Ländern andere/weitere Erkenntnisse vor? Ggf. bleibt das Ergebnis des zur Notwendigkeit und Verfügbarkeit von Geodäten abzuwarten.

    Lösungsvorschlag:

    Soweit Möglichkeiten zur Nutzung von elektronischen Verzeichnissen/Geoportalen besteht, sollten diese ausgeschöpft werden.

  3. Umrechnungsfaktoren Wohnfläche in BGF

    Lösungsvorschlag:

    Zur Ermittlung des Gebäuderegelherstellungswerts sind die Regelherstellungskosten mit der Bruttogrundfläche des Gebäudes zu multiplizieren. Dabei ist die Bruttogrundfläche vom Steuerpflichtigen zu erklären und bei fehlenden Angaben bei ihm zu erfragen.

    Es bestehen keine Bedenken, bei der überschlägigen Verprobung der vom Steuerpflichtigen angegebenen Bruttogrundfläche (BGF) oder bei nicht erklärter bzw. nicht ermittelbarer Bruttogrundfläche folgende Vereinfachungsregelungen anzuwenden:

    Sofern alle Ebenen (Keller, Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss) eines Gebäudes in etwa gleich groß sind, kann die Bruttogrundfläche des Gebäudes durch Multiplizierung der bebauten Grundfläche mit der Anzahl der Ebenen des Gebäudes ermittelt werden. Die bebaute Grundfläche kann ggf. mit Hilfe von Geoportalen ermittelt werden.

    Nachrangig zur vorgenannten Vorgehensweise kann die Bruttogrundfläche wie folgt geschätzt werden:

    • Laut Anmerkung zur Gebäudeklasse 2 der Anlage 24 BewG kann für Wohnungseigentum in Mehrfamilienhäusern (Mietwohngrundstücken) ein Umrechnungsfaktor von 1,55 auf die Wohnfläche (WF) zur Ermittlung der Bruttogrundfläche verwendet werden. Aus Vereinfachungsgründen kann dieser Umrechnungsfaktor grundsätzlich insgesamt auf das Wohnungs- und Teileigentum angewandt werden. Sofern das Wohnungs- und Teileigentum baulich wie ein Ein- oder Zweifamilienhaus gestaltet ist, sind hilfsweise die Umrechnungsfaktoren der nachfolgenden Tabelle für EFH und ZFH heranzuziehen.

    • Für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke kann ein Umrechnungsfaktor von der Nutzfläche (NF) auf die Bruttogrundfläche der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Das Vorhandensein von Keller- und/oder Dachgeschoss kann im Rahmen dieser Tabelle vernachlässigt werden.

      Tabelle in neuem Fenster öffnen
      Grundstücksart
      Umrechnungsfaktor
      Personal- und Schwesternwohnheime
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,65 m2 BGF
      Altenwohnheime
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,85 m2 BGF
      Hotels
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,8 m2 BGF
      Krankenhäuser
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 2,5 m2 BGF
      Kindergärten, Kindertagesstätten
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 2,0 m2 BGF
      Schulen, Berufsschulen
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,8 m2 BGF
      Hochschulen, Universitäten
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 2,05 m2 BGF
      Funktionsgebäude für Sportanlagen
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,55 m2 BGF
      Turnhallen, Sporthallen
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,4 m2 BGF
      Hallenbäder
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 2,0 m2 BGF
      Kur- und Heilbäder
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 2,05 m2 BGF
      Tennishallen
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,2 m2 BGF
      Reitsporthallen mit Stallungen
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,35 m2 BGF
      Kirchen
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,45 m2 BGF
      Gemeindezentren, Bürgerhäuser
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,65 m2 BGF
      Saalbauten, Veranstaltungszentren
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,45 m2 BGF
      Vereinsheime, Jugendheime, Tagesstätten
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,4 m2 BGF
      Einkaufsmärkte
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,3 m2 BGF
      Kaufhäuser, Warenhäuser
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,4 m2 BGF
      Ausstellungsgebäude
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,4 m2 BGF
      Bankgebäude
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 1,7 m2 BGF
      Gerichtsgebäude
      1 m2 NF erfordert durchschnittlich 2,05 m2 BGF

      Für die übrigen Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzten Grundstücke kann analog zum Wohnungs- und Teileigentum ein Umrechnungsfaktor von 1,55 mal der Wohn- und Nutzfläche (Wohnfläche der Wohnungen und die Nutzfläche der Gewerbeeinheiten, jedoch ohne Keller) hilfsweise zur Ermittlung der Bruttogrundfläche herangezogen werden.

    • Bei Wohngebäuden kann auf die nachfolgenden – in den Normalherstellungskosten 1995 (NHK 1995) genannten – Umrechnungsfaktoren von Wohnfläche auf Bruttogrundfläche zurückgegriffen werden. Die angegebenen Werte gelten für freistehende Einfamilien-Wohnhäuser und für Einfamilien-Reihenhäuser (Kopf- und Mittelhaus). Diese Werte können aus Vereinfachungsgründen hilfsweise auch bei Zweifamilienhäusern angewendet werden. Es ist zu beachten, dass hinsichtlich des Kellergeschosses lediglich darauf abgestellt wird, ob dieses vorhanden ist oder nicht; anders als beim Dachgeschoss hat der Ausbauzustand insoweit keinen Einfluss.

Regelherstellungskosten; § 190 Abs. 1, Anlage 24 BewG, Abschnitt 26 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Für landwirtschaftlich genutzte Gebäude gibt es nach der Tabelle in Anlage 24 II BewG keine passende GKL und damit keine direkt anwendbaren Regelherstellungskosten. Angeregt wird eine Erweiterung der Tabelle in Anlage 24 II entsprechend den NHK 2000 Typ 32.1 bis 33.4.2.

    Lösungsvorschlag:

    Regelherstellungskosten (RHK) für landwirtschaftlich genutzte Wirtschaftsgebäude hat der Gesetzgeber nicht für erforderlich gehalten. Nur in Ausnahmefällen, in Liquidationsfällen, kommt die Bewertung der Wirtschaftgebäude mit dem gemeinen Wert in Betracht. Für die Ermittlung des Liquidationswerts der Wirtschaftsgebäude gelten grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 des BauGB erlassenen Vorschriften (Abschnitt 32 Abs. 1 Satz 3 AEBewLuF). Insoweit kann unmittelbar auf die NHK 2000 (Typ 32.1 bis 33.4) zurückgegriffen werden.

    Die Erweiterung der Tabellen in Anlage 24 II BewG wurde auch auf der Fachtagung der Bausachverständigen vom 4. bis in Berlin angesprochen. Werden beispielsweise für ehemals landwirtschaftlich genutzte Scheunen RHK benötigt, kann entsprechend der Auffangklausel 6 (Anlage 24 II BewG) der Wert für diese Gebäude von den Gebäudeklassen 3.43 (Reithallen) und 4. (Kleingaragen und Carports) abgeleitet werden.

  2. Welche Gebäudeklasse (GKL) ist zur Bewertung von Teileigentum (TE) heranzuziehen?

    Lösungsvorschlag:

    Über GKL 5 ist TE in Abhängigkeit von der baulichen Gestaltung den vorstehenden Gebäudeklassen (Anlage 24 II BewG) zuzuordnen. Zur Bewertung eines TE (z. B. Rechtsanwalts- oder Arztpraxis) in einem mehrgeschossigen Wohnhaus kann es daher sachgerecht sein, die RHK der GKL 2.11 für Wohnungseigentum heranzuziehen.

  3. Ansatz eines fiktiven Baujahrs

    Bei der Alterswertminderung ist bei entsprechender Voraussetzung ein fiktives Baujahr anzusetzen (Abschnitt 31 Abs. 2 AEBewGrV). Trifft dies auch auf die Regelherstellungskosten zu?

    Lösungsvorschlag:

    Bei Ansatz eines fiktiven Baujahres nach Abschnitt 31 Abs. 2 muss bei der Ermittlung der Regelherstellungskosten entsprechend vom fiktiven Baujahr ausgegangen werden.

    Ein fiktiv späteres Baujahr ist anzunehmen, wenn in den letzten 10 Jahren durchgreifende Modernisierungen vorgenommen wurden, die nach dem Punktesystem in Abschnitt 31 Abs. 3 AEBewGrV eine überwiegende oder umfassende Modernisierung ergeben. Dieses Baujahr ist nicht nur bei der Ermittlung der Alterswertminderung zu berücksichtigen, sondern ebenfalls bei der Entscheidung, welche Regelherstellungskosten der Anlage 24 II BewG maßgeblich sind. Diese Regelung berücksichtigt, dass aufgrund der Modernisierung die originäre Bausubstanz in einem solchen Umfang verändert wurde, dass die Verwendung der Regelherstellungskosten des ursprünglichen Baujahres nicht mehr zutreffend ist.

    Die vorstehenden Ausführungen geltend gleichermaßen für ein fiktiv früheres Baujahr.

  4. Erweiterte Gebäudeklassensammlung

    Lösungsvorschlag:

    Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer (GND) der Grundstücksarten bzw. der verschiedenen Gebäudeklassen richtet sich nach Anlage 22 BewG. Die dort aufgeführten Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzten und sonstig bebauten Grundstücke sind ebenfalls den Gebäudeklassen der in Anlage 24 II BewG aufgeführten Regelherstellungskosten zu Grunde gelegt worden (vgl. Gebäudeklasse 3). Gemäß Tz. 6 der Anlage 24 II BewG gilt die Auffangklausel, wonach für nicht aufgeführte Gebäudeklassen die Regelherstellungskosten (sowie die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer) aus vergleichbaren Gebäudeklassen abzuleiten sind. Diese Auffangklausel ist dadurch bedingt, dass bei der Ableitung der Regelherstellungskosten aus den Normalherstellungskosten einige Gebäudeklassen typisierend zusammengefasst wurden.

    Der nachfolgenden Tabelle können einige Ableitungsbeispiele entnommen werden:

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    Nicht aufgeführte
    Gebäudeklasse
    Ist vergleichbar mit
    GND
    GKL
    Restaurant
    Hotel
    60 Jahre
    3.27
    Tankstellen
    Parkhäuser (offene
    Ausführung, Parkpaletten)
    50 Jahre
    3.351
    Discountermärkte
    Einkaufsmärkte,
    Großmärkte, Läden
    40 Jahre
    3.41
    Gemeindezentren,
    Bürgerhäuser
    Vereinsheime
    50 Jahre
    3.34
    Theater, Saalbauten,
    Veranstaltungszentren
    Vereinsheime
    50 Jahre
    3.34
    Jugendheime,
    Tagesstätten
    Vereinsheime
    50 Jahre
    3.34
    Turn- und Sporthallen
    Funktionsgebäude für
    Sporthallen
    50 Jahre
    3.36
    Kur- und Heilbäder
    Hallenbäder
    50 Jahre
    3.37
    Kirchen, Stadt-Dorfkirche,
    Kapelle, Moschee
    Vereinsheime
    50 Jahre
    3.34
    Pferdeställe
    Reitsporthallen
    40 Jahre
    3.43
    Tierställe allgemein
    Reitsporthallen
    40 Jahre
    3.43
    landwirtschaftliche
    Mehrzweckhallen u. ä.
    Reitsporthallen
    40 Jahre
    3.43

Alterswertminderung; § 190 Abs. 2, Abschnitt 31 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Ansatz eines fiktiven Baujahrs

    Bei der Alterswertminderung ist bei entsprechender Voraussetzung ein fiktives Baujahr anzusetzen (Abschnitt 31 Abs. 2 AEBewGrV). Trifft dies auch auf die Regelherstellungskosten zu?

    Lösungsvorschlag:

    vgl. Regelherstellungskosten: Lösungsvorschlag 3

Wertzahlen / Sachwertfaktoren; § 191 BewG, Abschnitt 33 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Können Sachwertfaktoren (Marktanpassungsfaktoren/MAF) aus Kurven in den Grundstücksmarktberichten der GAA abgeleitet werden bzw. sind dies geeignete MAF?

    Lösungsvorschlag:

    MAF, die aus Kurven in den Grundstücksmarktberichten der GAA ablesbar sind, sind als geeignete MAF anzusehen. Bei Rücksprache mit dem GAA sollte jedoch auf die Ableseproblematik hingewiesen, die genauen Daten erfragt und ggf. Änderungen für die Zukunft angeregt werden.

  2. Die Anwendung der Wertzahlen im Sachwertverfahren führt in Einzelfällen (Grenzfälle) zu ungewollten Wertverschiebungen.

    Beispiel:

    Bei einem vorläufigen Sachwert in Höhe von 200.000 € und einem BRW von 200 €/m2 ergibt sich eine Wertzahl von 1,0 und ein Grundbesitzwert von 200.000 €.

    Bei einem vorläufigen Sachwert von 201.000 € und einem BRW von 200 €/m2 beträgt die Wertzahl 0,9 und der Grundbesitzwert 180.900 €.

    Ergebnis:

    Bei einem geringfügig höheren Ausgangswert ergibt sich ein wesentlich niederer Bedarfswert. Dies erscheint ein unzutreffendes Ergebnis zu sein. Ist eine Härteausgleichsregelung angezeigt?

    Lösungsvorschlag:

    Anlage 25 BewG lässt keine andere Auslegung, insbesondere keine Interpolation zwischen den einzelnen Wertzahlen, zu. Die Eröffnung der Interpolation wäre mithin nur infolge einer Gesetzesänderung möglich. Eine gesonderte Härteausgleichsregelung würde der vom Gesetzgeber gewollten Typisierung widersprechen.

  3. Ist ein Grundstück in Vorder- und Hinterland aufzuteilen und stellte der örtliche GAA sowohl für Vorder- und Hinterland Bodenrichtwerte fest, stellt sich die Frage, welcher Bodenrichtwert für die Anwendung der Wertzahlen bzw. Sachwertfaktoren heranzuziehen ist (nur BRW für das Vorderland oder Durchschnittswert aus Vorder- und Hinterland).

    Lösungsvorschlag:

    Diese Thematik wurde auf der Fachtagung der Bausachverständigen vom 4. bis in Berlin mit folgendem Ergebnis erörtert:

    Für die Anwendung der Wertzahlen bzw. Sachwertfaktoren ist in diesen Fällen ausschließlich der Bodenrichtwert für das Vorderland heranzuziehen. Nur dieser Bodenrichtwert dient als Maßstab für die Wirtschaftskraft der Region bzw. der Kaufkraft der Nachfrager nach Grundstücken in dieser Lage. Dies entspricht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr.

    Der geringere Bodenrichtwert für das Hinterland hat sich bereits anteilig auf den Boden- bzw. den vorläufigen Sachwert ausgewirkt.

Erbbaurecht; § 192ff. BewG, Abschnitt 36, 37 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Prognose des Liegenschaftszinssatzes bei unbebauten Erbbaurechten

    Welcher Liegenschaftszinssatz ist bei unbebauten Erbbaurechten zu berücksichtigen?

    Lösungsvorschlag:

    Ist das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück unbebaut, besteht der Grundbesitzwert des Erbbaurechts nach Abschnitt 36 Abs. 2 AEBewGrV allein aus dem kapitalisierten Unterschiedsbetrag zwischen dem angemessenen Verzinsungsbetrags des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins am Bewertungsstichtag (§ 193 Abs. 4 BewG). Der angemessene Verzinsungsbetrag des Bodenwerts ergibt sich aus der Multiplikation des Bodenwerts nach § 179 BewG und des Liegenschaftszinssatzes.

    Sowohl die Bestimmung des Liegenschaftszinssatzes als auch des Vervielfältigers nach Anlage 21 BewG ist von der Eingruppierung in eine Grundstücksart abhängig. Grundsätzlich ist hierbei der Angabe des Steuerpflichtigen im Erklärungsvordruck zur beabsichtigten Nutzung zu folgen. Macht der Steuerpflichtige trotz ggf. mehrfacher Nachfragen insoweit keine Angaben werden folgende Vereinfachungsregelungen vorgeschlagen:

    Mangels tatsächlichen Vorhandenseins eines Gebäudes kann zunächst auf die geplante Nutzung seitens des Erbbaurechtsgebers bzw. -nehmers gemäß Erbbaurechtsvertrag abgestellt werden. Bestehen insoweit noch keine konkreten Pläne, kann von der vorgesehenen Bebauung und Nutzung laut Bauleitplan (Bebauungsplan/Flächennutzungsplan) auf die Grundstücksart geschlossen werden. Liegen auch insoweit keine Erkenntnisse vor, ist das für den Steuerpflichtigen günstigste Ergebnis zu wählen.

    Dies gilt in entsprechender Form auch für die Bewertung des Erbbaugrundstücks nach § 194 BewG, d. h. bei der Wahl des Abzinsungsfaktors nach Anlage 26 BewG und des Vervielfältigers nach Anlage 21 BewG.

Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts; § 198 BewG, Abschnitt 43 AEBewGrV

Problemstellung / Lösungsvorschlag

  1. Zeitpunkt

    Ab wann kann der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG erbracht bzw. verlangt werden?

    Lösungsvorschlag:

    Der Stpfl. hat bereits im Rahmen der Abgabe der Erklärung die Möglichkeit ein Verkehrswertgutachten vorzulegen.

    Die Grundbesitzbewertung nach Maßgabe des BewG ist stets durchzuführen. Ist der auf der Grundlage der Vorschriften nach § 199 BauGB nachgewiesener Wert niedriger, ist dieser festzustellen.

Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - S 3301/5-St 349a

Fundstelle(n):
QAAAD-58733