BAG Urteil v. - 10 AZR 146/09

Zuordnung eines Tarifbeschäftigten im Wege der Personalgestellung nach dem VersÄmtEinglG NW 2007 - kein Mitbestimmungsrecht des abgebenden Personalrats

Gesetze: § 1 Abs 2 VersÄmtEinglG NW 2007, § 10 Abs 1 VersÄmtEinglG NW 2007, § 17 Abs 1 VersÄmtEinglG NW 2007, § 17 Abs 5 VersÄmtEinglG NW 2007, § 5 Abs 1 VersÄmtEinglG NW 2007, § 10 Abs 5 S 2 VersÄmtEinglG NW 2007, § 106 GewO, § 4 Abs 3 TV-L, Art 70 Abs 1 GG, Art 75 Abs 1 Nr 1 GG, Art 74 Abs 1 Nr 12 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 9 Abs 3 GG, § 66 Abs 8 PersVG NW 1974, § 72 Abs 1 Nr 5 PersVG NW 1974, § 72 Abs 2 Nr 5 PersVG NW 1974

Instanzenzug: ArbG Gelsenkirchen Az: 4 Ca 485/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 11 Sa 1131/08 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Berechtigung des beklagten Landes, die Klägerin im Wege der Personalgestellung der kreisfreien Stadt Bottrop zur Erbringung der Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen.

2Die 1966 geborene Klägerin ist seit 1985 für das beklagte Land als Sachbearbeiterin im gehobenen Dienst tätig mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,92 Stunden. Bis zum war sie im Versorgungsamt Gelsenkirchen mit Aufgaben nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz betraut. Die Klägerin ist verheiratet. Sie begleitet ihre bei Klageerhebung im März 2008 12 Jahre alte Tochter auf dem Schulweg bis zur Bushaltestelle und in der dunklen Jahreszeit bis zur Schule.

3Am trat das Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (VersÄmtEinglG) als Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom (Straffungsgesetz) in Kraft (GV NRW 2007 S. 482, ausgegeben am ).

Dort ist auszugsweise geregelt:

5Begleitend zum Gesetzgebungsverfahren wurde im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) ein Zuordnungsplan erarbeitet. Die endgültige Fassung war am erstellt. Das Zuordnungsverfahren wurde zunächst ohne die Beteiligung von Personalräten durchgeführt.

7Die Beschäftigten wurden innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des ehemaligen Versorgungsamts grundsätzlich dem jeweiligen Aufgabenbereich zugeordnet (Schwerbehindertenrecht, Soziales Entschädigungsrecht, Bundeselterngeld-/Elternzeitgesetz usw.). Anschließend fand eine Zuordnung innerhalb der Dienstgruppen (höherer Dienst, gehobener Dienst, mittlerer Dienst, Assistenzdienst) statt. Die örtliche Zuordnung wurde jeweils innerhalb dieser Gruppen anhand der individuell berechneten Sozialpunkte nach dem Punkteschema vorgenommen. Zu den fixen Sozialpunkten wurden für die einzelnen Zuordnungsziele die jeweiligen Entfernungskilometer als sog. Entfernungspunkte addiert.

8Die Zuordnung wurde sodann auf das Vorliegen eines Härtefalls überprüft. Das beklagte Land unterschied dabei zwischen sog. persönlichen Härtefällen und Entfernungshärtefällen. Es berücksichtigte sowohl Stellungnahmen der betroffenen Beschäftigten als auch des Hauptpersonalrats, der Hauptschwerbehindertenvertretung und der Amtsleitungen. Hinsichtlich der persönlichen Härtefälle wurden fünf Härtefallstufen gebildet. Berücksichtigung als persönliche Härtefälle fanden Beschäftigte der Stufen 3 bis 5. Die Berücksichtigung als Entfernungshärtefall setzte bei Vollzeitbeschäftigten im mittleren Dienst und im Assistenzdienstbereich ein Erreichen von mehr als 20 Sozialpunkten (ohne Entfernungspunkte) und eine Entfernung von mehr als 85 km voraus. Bei Teilzeitbeschäftigten im mittleren Dienst, im Assistenzdienstbereich und im gehobenen Dienst galten die entsprechenden Kriterien mit der Besonderheit, dass mehr als 50 - 85 Entfernungskilometer erreicht werden mussten und je nach Stellenanteil differenziert wurde. Insgesamt wurden 74 Beschäftigte als Härtefälle eingestuft, davon etwa 50 Beschäftigte als Entfernungshärtefälle.

9Die zur Erstellung des Zuordnungsplans erforderlichen Daten wurden im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens erhoben. Die Klägerin gab als Ortswünsche in der entsprechenden Reihenfolge Gelsenkirchen, Recklinghausen und Bottrop sowie Herne und Bochum an. Zur Begründung führte sie aus: „ortsnahe, da Betreuung meiner Tochter sonst nicht gewährleistet ist, außerdem Teilzeittätigkeit“.

10Für die Klägerin ergaben sich - ohne Entfernungskilometer - 30,15 Sozialpunkte. Die Klägerin wurde im Zuordnungsplan der kreisfreien Stadt Bottrop zugeordnet. Die Entfernung zu ihrem Wohnort beträgt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts 24,8 km. Die Klägerin hat Anspruch auf Trennungsentschädigung nach der TEVO NW. Der Gruppenleiter P (19,1 Sozialpunkte) wurde aufgrund seiner Führungsfunktion dem Kreis Recklinghausen zugeordnet, weil diesem das höchste Soll an Personal zusteht. Die weitere Sachbearbeiterin im Bereich „Elterngeld/Gehobener Dienst“ S (39,5 Punkte) wurde der Stadt Gelsenkirchen zugeordnet.

11Der Zuordnungsplan vom wurde an die Amtsleitungen der Versorgungsämter mit der Bitte übersandt, „die geplante Zuordnung“ den Beschäftigten in geeigneter Form zu übermitteln.

12Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschlüsse vom und vom (- 34 L 1750/07.PVL -) festgestellt hatte, dass der Zuordnungsplan als Sozialplan infolge einer Rationalisierungsmaßnahme der Mitbestimmung des Hauptpersonalrats gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG NW unterliege, leitete das beklagte Land ein Mitbestimmungsverfahren ein. Zudem ist der Zuordnungsplan am als vorläufige Regelung im Sinne des § 66 Abs. 8 LPVG NW bis zur endgültigen Entscheidung im laufenden Mitbestimmungsverfahren bis zum in Kraft gesetzt worden. Das Mitbestimmungsverfahren wurde in der Sitzung einer Einigungsstelle vom mit einem einstimmig angenommenen Beschluss abgeschlossen. In einer Anlage 1 sind 74 Mitarbeiter namentlich aufgeführt, die als Härtefälle in das Landesamt für Personaleinsatzmanagement (PEM) übergeleitet werden bzw. einen ortsnäheren Einsatz erfahren. Als Anlage 2 ist das unverändert gebliebene Punkteschema „Personalzuordnung: Punkteverteilung“ aufgenommen. In der Anlage 3 sind 90 Mitarbeiter ausgewiesen, die eine Entfernung von 80 km oder mehr zurückzulegen haben und denen zusätzlich zu evtl. bereits gegebenen Ansprüchen auf Trennungsentschädigung oder Auslagenersatz ein weiterer einmaliger Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro brutto zur pauschalen Entschädigung der durch die Arbeitsverlagerung entstehenden Aufwendungen zuerkannt wird. Eine darüber hinausgehende Beteiligung der Personalräte ist bei den jeweiligen Einzelmaßnahmen nicht erfolgt.

13Die Klägerin hat die Tätigkeit bei der Stadt Bottrop nicht aufgenommen. Sie ist ohne Anspruch auf Bezüge beurlaubt.

14Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das VersÄmtEinglG verstoße gegen höherrangiges Recht, nämlich Art. 12 GG, §§ 1, 3 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung (ErrG) und § 613 Satz 2 BGB iVm. § 4 Abs. 3 TV-L. Die Personalgestellung unterfiele der Mitbestimmung nach § 72 Abs. 2 Nr. 5 Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen (LPVG NW). Soziale Gesichtspunkte seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Ein angemessener Schutz von Ehe und Familie müsse dazu führen, dass sie einen Vorrang genieße, weil sie ihr Kind auf dem Schulweg begleiten müsse. Dass sie nach Abschaffung eines Pkws auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sei, könne ihr nicht vorgehalten werden.

Die Klägerin hat beantragt

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.

Gründe

17Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Personalgestellung der Klägerin zur kreisfreien Stadt Bottrop ist rechtswirksam.

18I. Die Klage ist zulässig.

19Die Klägerin begehrt mit dem Antrag zu 1. die Feststellung des Umfangs ihrer Leistungspflicht. Dies kann nach ständiger Rechtsprechung Gegenstand einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO sein (vgl. zB  - Rn. 24, NZA-RR 2007, 549). Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse besteht insoweit. Mit dem Antrag zu 2. verfolgt sie das Ziel, im Wege der Personalgestellung wohnortnäheren Dienstorten zugewiesen zu werden. Beide Anträge sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20II. Die Klage ist unbegründet.

211. Die Klägerin ist gemäß § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 5 VersÄmtEinglG rechtswirksam der kreisfreien Stadt Bottrop im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt worden. Sie ist damit im Rahmen ihres mit dem beklagten Land fortbestehenden Arbeitsverhältnisses verpflichtet, ihre Arbeitsleistung dort zu erbringen.

22a) § 1 Abs. 2 VersÄmtEinglG bestimmt, dass die tariflich Beschäftigten (und die Beamten) der Versorgungsämter nach Maßgabe des Gesetzes auf die kommunalen Körperschaften, die Bezirksregierungen oder das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergehen bzw. im Wege der Personalgestellung zur Verfügung gestellt werden. Die Grundsätze hierfür bestimmen sich nach § 10 VersÄmtEinglG. Hinsichtlich der Art und Weise des Übergangs und der aufnehmenden Institution wird - im Wesentlichen in Abhängigkeit von der bisher ausgeübten Tätigkeit - nach vier Kategorien unterschieden:

23Tarifbeschäftigte, die Aufgaben des Schwerbehindertenrechts, der Kriegsopferfürsorge, des Sozialen Entschädigungsrechts (einschl. der Kriegsopferversorgung), des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) und des Gesetzes über den Bergmannsversorgungsschein wahrgenommen haben, wurden gemäß § 10 Abs. 1 iVm. §§ 2 bis 5, § 8 Abs. 2 VersÄmtEinglG zunächst mit Wirkung zum in das MAGS übergeleitet und sodann nach weiteren Maßgaben mit Wirkung vom im Wege der Personalgestellung den für die zukünftige Aufgabenwahrnehmung jeweils zuständigen kommunalen Körperschaften zugewiesen.

24Die mit Aufgaben nach dem (früheren) Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit sowie mit bestimmten sonstigen Aufgaben betrauten tariflich Beschäftigten gingen - ohne vorherige Überleitung zum Ministerium - auf die Bezirksregierung Münster über (§§ 6, 8 Abs. 1, § 10 Abs. 2 VersÄmtEinglG). Ebenso gingen die mit Aufgaben aus dem Bereich der Arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Förderprogramme betrauten Beschäftigten direkt auf die verschiedenen Bezirksregierungen über (§§ 7, 10 Abs. 2 VersÄmtEinglG).

25Tariflich Beschäftigte, die nicht unmittelbar mit einer der genannten Aufgaben betraut waren, also insbesondere Querschnittsaufgaben oder allgemeine Verwaltungsaufgaben erfüllten, gingen nach Maßgabe des vom Ministerium gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG zu erstellenden Zuordnungsplans entweder auf die Bezirksregierungen oder - nach einer Überleitung in das Ministerium - auf eine der genannten kommunalen Körperschaften über, sofern sie nicht gemäß § 10 Abs. 4 VersÄmtEinglG in das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergegangen waren (§ 10 Abs. 3 VersÄmtEinglG).

26Schließlich bestimmt § 10 Abs. 4 VersÄmtEinglG als Auffangregelung, dass diejenigen tariflichen Beschäftigten, die nicht direkt auf die Bezirksregierungen übergehen und nicht von Personalgestellungsverträgen erfasst werden, auf das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergehen.

27b) Die Klägerin hat gemäß § 5 VersÄmtEinglG Aufgaben nach dem BEEG erfüllt. Damit unterfällt sie dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 VersÄmt-EinglG. Darüber herrscht zwischen den Parteien kein Streit; insbesondere macht die Klägerin nicht geltend, dass sie fehlerhaft zugeordnet worden oder kraft Gesetzes auf eine andere Behörde oder Körperschaft übergegangen sei.

28c) Das Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO umfasst grundsätzlich nicht das Recht zur Anordnung der Erbringung der Arbeitsleistung bei einem anderen Arbeitgeber. Hierfür bedarf es einer besonderen vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Grundlage. Allein der Übergang von Aufgaben auf einen anderen Rechtsträger kann ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nicht zu einer Verpflichtung zur Tätigkeit bei dem anderen Rechtsträger führen (vgl.  - zu I 1 der Gründe, AP UniversitätsG Saarland § 1 Nr. 5).

29§ 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 5 VersÄmtEinglG bilden die gesetzliche Grundlage für die Personalgestellung der Klägerin. Dies ergibt eine Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen. Ein Rückgriff auf andere Rechtsgrundlagen (wie zB § 4 Abs. 3 TV-L) ist nicht erforderlich (ebenso Welkoborsky Gestellung und Personalvertretung in Sozialer Dialog in der Krise 2009 S. 107, 108). Die Zuordnung zur kreisfreien Stadt Bottrop ist aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Zuordnungsplans gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 VersÄmtEinglG unter Berücksichtigung sozialer Kriterien und dienstlicher Belange erfolgt.

30aa) Die tariflich Beschäftigten wurden im Falle des § 10 Abs. 1 VersÄmtEinglG zunächst „kraft Gesetzes mit Wirkung vom “ auf das MAGS übergeleitet.

31Damit war unmittelbar weder eine Veränderung des Orts oder der Art der zu erbringenden Arbeitsleistung verbunden noch ein Wechsel des Arbeitgebers. Vielmehr trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass die Versorgungsämter als bisherige Beschäftigungsdienststelle zu diesem Zeitpunkt aufgelöst wurden (§ 1 Abs. 3 VersÄmtEinglG) und - anders als in den Fällen des § 10 Abs. 2 VersÄmtEinglG - keine andere Landesbehörde als zukünftige Dienststelle gesetzlich bestimmt war.

32bb) Sodann wurden diese zum MAGS übergeleiteten Beschäftigten nach § 10 Abs. 1 VersÄmtEinglG wiederum „kraft Gesetzes“ nach bestimmten Maßgaben mit Wirkung vom im Wege der Personalgestellung bestimmten kommunalen Körperschaften zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt.

33Nach dem eindeutigen Wortlaut ist damit von der Anordnung einer gesetzlichen Personalgestellung auszugehen. Auch die Systematik und der Gesamtzusammenhang der verschiedenen Regelungen machen deutlich, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz selbst sicherstellen wollte, dass alle Beschäftigten, die vorher bei den Versorgungsämtern tätig waren, zukünftig bei einer Bezirksregierung, einer kommunalen Körperschaft oder dem Personaleinsatzmanagement tätig werden, um die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben bei den zukünftigen Aufgabenträgern möglichst reibungslos fortzuführen.

Dies bestätigt die Entstehungsgeschichte: Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung war die Formulierung „kraft Gesetzes“ nicht enthalten, sondern der Entwurf des § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG sah eine „Entscheidung über die personalrechtlichen Einzelmaßnahmen … auf der Grundlage eines Zuordnungsplans“ vor (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4342 S. 7, 8). In der damaligen Begründung wurde § 10 Abs. 1 VersÄmtEinglG als „gesetzliche Regelung zur Personalgestellung auf der Grundlage des § 4 Abs. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)“ bezeichnet (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 27). Im Folgenden ist es aufgrund des Berichts des Ausschusses für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform zu der letztlich verabschiedeten Fassung gekommen. In der Begründung der Beschlussempfehlung (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/5208 S. 35, 36) heißt es dazu unter anderem:

35cc) Allerdings legt das Gesetz für die betroffenen tariflich Beschäftigten nicht selbst nach abstrakt-generellen Kriterien fest, wo sie zukünftig ihre Arbeitsleistung zu erbringen haben. Vielmehr bestimmt es lediglich Rahmenregelungen für das Verfahren und die Kriterien der Personalauswahl zur Umsetzung des gesetzlichen Übergangs (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/5208 S. 36 zu Ziffer 3, 4). Darüber hinaus gibt es vor, wie viel Personal bei den entsprechenden Behörden und Körperschaften jeweils zur Erfüllung der Aufgaben benötigt wird (§ 23 Abs. 6 iVm. Anlage 2 VersÄmtEinglG).

36Gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG hat die Bestimmung der konkreten Zuordnung und damit der zukünftigen Beschäftigungsdienststelle durch den vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu erstellenden Zuordnungsplan zu erfolgen. Dieser stellt damit das erforderliche Bindeglied zwischen dem angeordneten Übergang der tariflich Beschäftigten in ihrer Gesamtheit und dem des einzelnen Beschäftigten her. Erst mit Erstellung des Zuordnungsplans und der Bekanntgabe des den jeweiligen Beschäftigten betreffenden Inhalts kann das beklagte Land als Arbeitgeber den vom Gesetz vorgegebenen Erfolg, nämlich die Erbringung der Arbeitsleistung beim neuen Aufgabenträger, erreichen. Die Erstellung des Zuordnungsplans ist damit gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil der Überleitungsentscheidung, ohne dass damit der Zuordnungsplan selbst Bestandteil des Gesetzes wäre. Einer solchen Annahme steht schon der Wortlaut des § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG entgegen. Die Norm spricht lediglich von einer Vorbereitung durch das Ministerium, enthält aber keine hinreichend konkrete Verweisung, aus der sich eine Inkorporierung in das Gesetz entnehmen ließe. Vielmehr überlässt das Gesetz dem Ministerium gerade die notwendigen Schritte zur tatsächlichen Durchführung des gesetzlichen Übergangs, insbesondere die Auswahlentscheidung nach vorgegebenen Kriterien.

37Diese Zweiteilung führt nicht dazu, dass das Gesetz selbst zu unbestimmt wäre. Es legt sowohl den Übergang der Aufgaben als auch die Aufnahmedienststellen fest und bestimmt den Weg und die Methode, auf dem bzw. wie die konkrete Auswahlentscheidung zu treffen ist. Für die einzelnen tariflich Beschäftigten sind damit die jeweiligen Rechtsfolgen hinreichend deutlich erkennbar.

38d) Die Regelungen des VersÄmtEinglG verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

39aa) Ein Verstoß gegen landesverfassungsrechtliche Vorschriften ist nicht gegeben. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Verfassungsbeschwerden verschiedener kommunaler Körperschaften gegen das VersÄmtEinglG zurückgewiesen ( - VerfGH 19/08 ua. -).

40bb) Es kann dahinstehen, ob den verfassungsrechtlichen Bedenken zu folgen ist, die das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zu einem Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG bewogen haben ( - L 10 VG 20/03 -; Aktenzeichen beim BVerfG - 2 BvL 20/08 -). Das Gericht hat jedenfalls nur insoweit verfassungsrechtliche Bedenken gegen das VersÄmtEinglG geltend gemacht, als Aufgaben im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts und der Kriegsopferversorgung von der Versorgungsverwaltung auf die Landschaftsverbände übertragen wurden. Mit solchen Aufgaben war und ist die Klägerin nicht befasst. Im Übrigen sind dieser Entscheidung mehrere Senate des Bundessozialgerichts entgegengetreten ( - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291, betreffend Aufgaben nach dem BEEG; - B 9 VG 1/08 R - betreffend Opferentschädigung; - B 9 SB 3/08 R - SozialVerw 2009, 59, betreffend Schwerbehindertenrecht; - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149, betreffend Kriegsopferversorgung).

41cc) Das beklagte Land war gesetzgebungsbefugt.

42Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verliehen worden sind. Von der dem Bund gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG bis zum zustehenden Kompetenz, Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder über die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder stehenden Personen zu erlassen, hat dieser - soweit hier von Bedeutung - keinen Gebrauch gemacht. Auf die in Art. 125b Abs. 1 GG geschaffene Übergangsregelung kommt es daher nicht an.

43Dem Bund steht außerdem nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG das Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung im Arbeitsrecht zu. Von dieser Kompetenz hat der Bund, soweit es die gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen betrifft, ebenfalls keinen Gebrauch gemacht, sondern nur rechtsgeschäftliche Übergänge nach § 613a BGB geregelt (vgl.  - Rn. 27, BAGE 117, 184, und - 8 AZR 660/07 - Rn. 44, AP BGB § 613a Nr. 366). Gleiches gilt hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung über die Personalgestellung. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz trifft keine Regelungen zu der Frage, wann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zu erbringen. Ebenso wenig steht der gesetzlichen Regelung die Vorschrift des § 613 Satz 2 BGB entgegen. Diese enthält lediglich eine abdingbare Auslegungsregelung, die nicht ausschließt, dass der Landesgesetzgeber eine eigenständige Regelung für das bei ihm beschäftigte Personal trifft (zum gesetzlich angeordneten Übergang der Arbeitsverhältnisse  - Rn. 42, aaO).

44dd) Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt.

45(1) Mit den Regelungen des VersÄmtEinglG greift der Landesgesetzgeber in die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsausübungsfreiheit der bei den Versorgungsämtern Beschäftigten ein.

46(a) Die freie Wahl des Arbeitsplatzes der Klägerin wird durch das Gesetz nicht berührt, da es sich nicht um eine gesetzliche Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber handelt, sondern das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land gemäß § 10 Abs. 7 VersÄmtEinglG unter Beibehaltung der bisherigen tariflichen Regelungen aufrechterhalten bleibt. Es liegt aber ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin vor, da sie gegen ihren Willen und ohne Einräumung eines Widerspruchsrechts durch gesetzliche Regelung verpflichtet wird, ihre Arbeitsleistung zukünftig einem anderen Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen und sich dessen Direktionsrecht im Rahmen der Erbringung ihrer Aufgaben zu unterwerfen.

47(b) Solche die Berufsausübung einschränkenden Regelungen sind verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen dabei nicht weitergehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (vgl.  - zu B I 1 b der Gründe, BVerfGE 111, 10).

48(2) Daran gemessen bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die landesgesetzliche Regelung.

49(a) Mit dem VersÄmtEinglG verfolgt der Landesgesetzgeber das Ziel, Sonderbehörden soweit wie möglich aufzulösen, ihre Aufgaben zu kommunalisieren und in die allgemeine Verwaltung zu integrieren (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4342 S. 1). Er will damit die Verwaltungsstrukturen veränderten gesellschaftlichen Bedingungen anpassen, durch die Kommunalisierung der Aufgaben den Ortsbezug stärken und bestehendem Beratungsbedarf Rechnung tragen (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 23). Darüber hinaus sollen langfristig die Personal- und Sachausgaben deutlich sinken (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 2, 3). Durch die Übertragung bzw. Gestellung des „operativ tätigen Personals“ zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung soll ein reibungsloser Aufgabenübergang sichergestellt werden (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 30).

50Dabei handelt es sich um vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die im Rahmen des Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers eine Veränderung der Verwaltungsstruktur einschließlich notwendiger personeller Maßnahmen rechtfertigen können.

51(b) Die durch das VersÄmtEinglG erfolgenden Eingriffe in die Rechte der Beschäftigten sind nicht unverhältnismäßig.

52(aa) Die Maßnahme erscheint geeignet, einen reibungslosen Übergang der Aufgaben und deren nahtlose Erfüllung nach der Neustrukturierung der Verwaltung sicherzustellen.

53(bb) Es sind keine deutlichen Umstände erkennbar, die gegen eine Erforderlichkeit der gesetzlichen Regelung sprächen. Zwar hätte der Gesetzgeber insbesondere im Hinblick auf die Regelung des § 4 Abs. 3 TV-L auf personelle Einzelmaßnahmen zurückgreifen können. Abgesehen davon, dass der Eingriff in die Rechte der Beschäftigten nicht geringer gewesen wäre, wäre der Übergang aller Beschäftigten zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung nicht sichergestellt gewesen. Es besteht auf Seiten der Beschäftigten keine umfassende Tarifbindung an den TV-L, so dass in vielen Fällen nur auf vertragliche Bezugnahmeklauseln hätte zurückgegriffen werden können. Im Hinblick auf die Umstellung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes war aber noch im Jahre 2007 nicht unumstritten, ob alle Vertragsklauseln zu einer Anwendung des TV-L führen (vgl. dazu  - DB 2010, 1888; - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

54(cc) Die Regelung führt zu keinem unangemessenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, sie ist verhältnismäßig im engeren Sinn. Zwar kann die gesetzlich angeordnete Personalgestellung zu einer anderen Körperschaft erhebliche Veränderungen der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Hinblick auf den Ort und die Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung bewirken. Die rechtlichen, insbesondere tariflichen Bedingungen der Erbringung der Arbeitsleistung bleiben dabei aber unverändert. Dem Arbeitnehmer steht, da er entweder einer Landesbehörde (Bezirksregierung) oder einer kommunalen Körperschaft oder dem Personaleinsatzmanagement zugeordnet ist, ein vergleichbarer Dienstherr gegenüber. Darüber hinaus bestehen Regelungen zum Ausgleich ggf. auftretender Belastungen, zB durch die TEVO NW oder die Bereitstellung von Fahrdiensten. Schließlich hat der Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet, dass bei der Zuordnungsentscheidung soziale Kriterien neben dienstlichen Belangen zu berücksichtigen sind. Damit ist sichergestellt, dass bei der konkreten Zuordnungsentscheidung kein vermindertes Schutzniveau gegenüber den Regelungen des § 106 GewO oder des § 4 Abs. 3 TV-L besteht. Insoweit unterliegt die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den jeweiligen neuen Tätigkeitsfeldern der gerichtlichen Kontrolle. Für die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung spricht auch, dass sie sich im Kern an den einschlägigen tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes, insbesondere an § 4 Abs. 3 TV-L orientiert hat. Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner Einräumung eines gesetzlichen Widerspruchsrechts, da andernfalls die Gefahr bestanden hätte, dass gesetzlich geforderte Aufgaben der Verwaltung nach der Umstrukturierung zumindest vorübergehend nicht mehr in angemessener Weise erbracht werden können.

55(c) Die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit gehen nicht weiter als sie durch die genannten Gemeinwohlbelange gerechtfertigt sind. Der Gesetzgeber hat sich hinsichtlich der tariflich Beschäftigten auf die erforderliche Anordnung des Übergangs innerhalb der Landesbehörden bzw. der Personalgestellung zu kommunalen Körperschaften beschränkt.

56ee) Auch wenn in den Regelungen des VersÄmtEinglG ein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie liegt, ist dieser gerechtfertigt.

57(1) Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur den Einzelnen in seiner Freiheit, eine Vereinigung zur Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben oder sie zu verlassen. Geschützt ist auch die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Der Schutz ist nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigung beschränkt. Er erstreckt sich vielmehr auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionen. Zu den der Regelungsbefugnis der Koalitionen überlassenen Materien gehören insbesondere das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen (vgl. zuletzt , 1 BvR 897/95 - zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 100, 271; - 1 BvL 32/97 - zu B 1 der Gründe, BVerfGE 103, 293).

58(2) In diesen Schutzbereich könnte die durch § 10 VersÄmtEinglG angeordnete gesetzliche Personalgestellung eingreifen.

59Die Regelung zielt zwar nicht auf eine Beschränkung der Koalitionsfreiheit, sondern verfolgt den Zweck, eine nahtlose Erfüllung der Aufgaben der Verwaltung auch nach deren Umstrukturierung sicherzustellen. Sie könnte aber die praktische Wirksamkeit tariflicher Regelungen und damit ausgeübter Tarifautonomie beeinträchtigen, indem sie bestehende tarifliche Regelungen zur Personalgestellung unangewendet lässt und paralleles Gesetzesrecht schafft. Die Bedeutung der für das beklagte Land kraft Tarifbindung verbindlichen Regelungen wird damit geschmälert und damit unter Umständen die Verhandlungsposition der Gewerkschaften bei zukünftigen Tarifverhandlungen geschwächt.

60(3) Nimmt man einen solchen Eingriff an, so ist dieser durch verfassungsrechtlich legitimierte, überwiegende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.

61Die in Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Koalitionsfreiheit kann, obwohl sie ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist, jedenfalls zum Schutz von Gemeinwohlbelangen eingeschränkt werden, denen gleichermaßen verfassungsrechtlicher Rang gebührt. Dem Gesetzgeber ist es, wenn solche Gründe vorliegen, grundsätzlich nicht verwehrt, Fragen zu regeln, die Gegenstand von Tarifverträgen sein können. Der Grundrechtsschutz ist nicht für alle koalitionsmäßigen Betätigungen gleich intensiv. Die Wirkkraft des Grundrechts nimmt vielmehr in dem Maße zu, in dem eine Materie aus Sachgründen am besten von den Tarifvertragsparteien geregelt werden kann, weil sie nach den Vorstellungen des Verfassungsgebers die gegenseitigen Interessen angemessener zum Ausgleich bringen als der Staat. Das gilt vor allem für die Festsetzung der Löhne und anderer materieller Arbeitsbedingungen. Je gewichtiger der Schutz ist, den Art. 9 Abs. 3 GG gewährt, desto schwerwiegender müssen die Gründe sein, die einen Eingriff rechtfertigen sollen (, 1 BvR 897/95 - zu B II 1 c aa der Gründe mwN, BVerfGE 100, 271).

62(a) § 10 VersÄmtEinglG dient verfassungsrechtlich legitimierten Gemeinwohlbelangen. Durch die Gestellung des „operativ tätigen Personals“ zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung soll ein reibungsloser Aufgabenübergang und damit eine zeitnahe und sachgerechte Entscheidung über die durch das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG geschützten Ansprüche der Bürger sichergestellt werden.

63(b) Die Regelung ist - wie oben unter II 1 d) dd) (2) (b) (bb) ausgeführt - geeignet und erforderlich, um den reibungslosen Übergang der Aufgaben zu erreichen.

64(c) Sie ist verhältnismäßig im engeren Sinn. Ein Eingriff in die Tarifautonomie wäre nicht sehr weitgehend, da die tariflichen Regelungen selbst nicht beseitigt werden. Er ist auch auf einen einmaligen Sachverhalt im Zusammenhang mit der Auflösung der Versorgungsämter beschränkt. Die Weitergeltung der übrigen tarifvertraglichen Regelungen des TV-L wird durch die gesetzliche Regelung für die betroffenen Beschäftigten ausdrücklich sichergestellt. Der Gesetzgeber durfte daher trotz der bestehenden tariflichen Regelung selbst die Personalgestellung anordnen.

65e) Das beklagte Land hat bei der Gestellung der Klägerin zur kreisfreien Stadt Bottrop ihre soziale Situation ausreichend berücksichtigt. Der Zuordnungsplan entspricht den Vorgaben von § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG. Er ist unter Berücksichtigung sozialer Kriterien erstellt worden.

66aa) Mit dieser Norm hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass bei der Entscheidung über die konkrete Zuordnung der einzelnen Beschäftigten deren Interessen angemessen berücksichtigt werden. Er hat gleichzeitig unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Beschäftigten (Art. 12 Abs. 1 GG) begrenzt und einen Gleichklang mit den einschlägigen tariflichen und gesetzlichen Regelungen hergestellt (§ 4 Abs. 3 TV-L bzw. § 106 GewO). Sowohl im Rahmen der tariflichen Personalgestellung (vgl. dazu Preis/Greiner ZTR 2006, 290, 293) als auch bei der Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts findet eine Ausübungskontrolle dahingehend statt, ob die Interessen der Arbeitnehmer bei der konkreten Entscheidung angemessen berücksichtigt wurden. Nichts anderes gilt im Rahmen des § 10 VersÄmtEinglG.

67bb) Das beklagte Land bediente sich zur Erstellung des Zuordnungsplans eines Punkteschemas, wobei es bestimmte Angaben im Rahmen einer Interessenabfrage von den Beschäftigten ermittelte. Dies ist nicht zu beanstanden. Gerade bei der Umsetzung von personellen Maßnahmen, die eine größere Anzahl von Beschäftigten betreffen, können Auswahl- oder Punkteschemata dazu dienen, sich einen Überblick über die soziale Lage der betroffenen Beschäftigten zu verschaffen und durch eine Reihung eine Vorauswahl nach sozialen Kriterien zu treffen (vgl. bei Versetzungen  - Rn. 29 ff., AP AGG § 7 Nr. 1 = EzA AGG § 10 Nr. 2; zur Zulässigkeit bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG zB  - Rn. 63, BAGE 120, 115).

68cc) Weder gegen die vom beklagten Land berücksichtigten Kriterien noch gegen deren Gewichtung bestehen durchgreifende Bedenken.

69(1) Die Zuordnung zu den neuen Beschäftigungsdienststellen hat nach den Regelungen des VersÄmtEinglG auch nach sozialen Kriterien zu erfolgen. Damit ist die gesetzgeberische Zielsetzung verbunden, nur diejenigen Beschäftigten an weiter entfernten Beschäftigungsorten einzusetzen, denen die (örtliche) Veränderung zuzumuten ist.

70Bezogen auf diesen Zweck hat das beklagte Land alle wesentlichen Kriterien berücksichtigt, die typischerweise eine Rolle spielen. Es hat das Lebensalter, die Beschäftigungszeit, den Familienstand, das Vorhandensein von Kindern, den Umstand, ob ein Beschäftigter alleinerziehend ist, die Pflege von Angehörigen und die Frage, ob und in welchem Umfang ein Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt ist, ebenso berücksichtigt wie eine anerkannte Schwerbehinderung (nebst dem jeweiligen Grad). Darüber hinaus hat es - was bei einem Ortswechsel von besonderer Bedeutung ist - die Entfernung zu dem jeweils beabsichtigten Einsatzort einbezogen.

71(2) Die Gewichtung der einzelnen Kriterien ist ebenso wenig zu beanstanden. Sie verstößt auch nicht gegen die Regelungen des AGG.

72Bei der Bewertung der Punkteverteilung ist zu beachten, dass es nicht um die Frage der Auswahl zu kündigender Arbeitnehmer geht, sondern um die Zumutbarkeit eines Ortswechsels. Deshalb haben das Lebensalter und die Beschäftigungszeit im Hinblick auf die Veränderung des Tätigkeitsumfelds und die zukünftig zurückzulegende Entfernung nicht dieselbe Bedeutung wie andere Faktoren. Gerade eine zu starke Berücksichtigung des Lebensalters könnte vielmehr Bedenken im Hinblick auf die Regelungen des AGG hervorrufen (vgl. dazu  - Rn. 52 ff., AP AGG § 7 Nr. 1 = EzA AGG § 10 Nr. 2). Andere Faktoren, wie beispielsweise die Notwendigkeit der Nutzung einer ggf. nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Kinderbetreuungsmöglichkeit für Alleinerziehende, sind bei der Frage der örtlichen Versetzung von größerer Bedeutung. Gleiches gilt im Hinblick auf die Bewertung einer Teilzeitbeschäftigung. Es ist unmittelbar nachvollziehbar, dass einem Arbeitnehmer mit verkürzter täglicher Arbeitszeit weite Anfahrtsstrecken in geringerem Maße zuzumuten sind, da sich das Verhältnis von Arbeitszeit und Fahrtzeit erheblich zu Ungunsten des Arbeitnehmers verändern würde. Ebenso bestehen keine Bedenken gegen eine stärkere und nach dem Grad der Behinderung ansteigende Berücksichtigung einer Schwerbehinderung. Typischerweise kann davon ausgegangen werden, dass Schwerbehinderten die durch erhöhte Fahrtzeiten auftretenden körperlichen Belastungen weniger zuzumuten sind.

73In seiner Gesamtheit ist das angewandte Punkteschema geeignet, aber auch angemessen und erforderlich, um zu einem Ausgleich der Interessen der verschiedenen Beschäftigten zu kommen. Hiervon ist auch die im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG NW zusammengetretene Einigungsstelle ausgegangen. Bedenken gegen den erstellten Zuordnungsplan und die verwendeten Auswahlkriterien wurden dort nicht erhoben.

74dd) Die Ausübung billigen Ermessens erfordert allerdings über die Anwendung eines Punkteschemas hinaus stets eine Überprüfung des sich im Einzelfall ergebenden Ergebnisses. Damit wird sichergestellt, dass ggf. bisher unberücksichtigte Umstände Beachtung finden und die in jedem Punktesystem liegenden Härten und Vereinfachungen einer Überprüfung unterzogen werden.

75Das beklagte Land hat in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise eine solche Härtefallprüfung vorgenommen und dabei zwischen persönlichen Härtefällen und sog. Entfernungshärtefällen unterschieden. Im Rahmen der persönlichen Härtefälle hat es individuelle Faktoren berücksichtigt. Im Hinblick auf die Entfernungshärtefälle hat es allerdings wiederum auf das Punktesystem zurückgegriffen und eine bestimmte Mindestpunktzahl verlangt. Dies ist nicht unbedenklich, da die Berücksichtigung sozialer Kriterien nicht bloß schematisch erfolgen darf. So ist es durchaus denkbar, dass aufgrund individueller sozialer Faktoren, die im Punkteschema keinen Niederschlag gefunden haben und noch nicht zu einer Bewertung als persönlicher Härtefall führen, eine an sich zumutbare Fahrstrecke in der Gesamtwertung als unzumutbar angesehen werden muss. Deswegen bedarf es auch ohne das Erreichen dieser Punktzahl einer individualisierten Schlussprüfung, ob die getroffene Maßnahme dem Beschäftigten unter Berücksichtigung der dienstlichen Belange und sozialer Kriterien zuzumuten ist. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (zur Entscheidung über einen Altersteilzeitantrag  - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

76ee) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die in Bezug auf die Klägerin getroffene Zuordnungsentscheidung nicht zu beanstanden, wobei dahinstehen kann, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. zB  - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB - 5 AZR 1031/94 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; zu der Kontroverse GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.

77(1) Nach sozialen Kriterien hätte zwar die Klägerin (32,63 Sozialpunkte inkl. Entfernungspunkte) dem wohnortnäheren Kreis Recklinghausen zu-geordnet werden müssen und nicht ihr Gruppenleiter P (19,1 Sozialpunkte). Dessen Zuordnung zum Kreis Recklinghausen ist aber durch dienstliche Belange gerechtfertigt, die nach § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG bei der Erstellung des Zuordnungsplans angemessen zu berücksichtigen sind.

78Führt die Berücksichtigung dienstlicher Belange zu einer anderen Zuordnung, als sie bei ausschließlicher Anwendung sozialer Kriterien erfolgen würde, bedarf es der Abwägung zwischen den sozialen sowie den dienstlichen Belangen. Im Kreis Recklinghausen sind nach dem Verteilschlüssel BEEG (Anlage 2 zum VersÄmtEinglG) die meisten Mitarbeiter dieses Bereichs tätig (6,0 Kreis Recklinghausen, 3,0 Gelsenkirchen, 1,0 Bottrop). Es liegt aus dienstlichen Gründen nahe, eine Führungskraft dort zu beschäftigen, wo der überwiegende Teil der unterstellten Mitarbeiter arbeitet. Andererseits beträgt der Entfernungsunterschied für die Klägerin zwischen den Arbeitsstätten in Recklinghausen und Bottrop lediglich 8,1 km (16,7 km Recklinghausen, 24,8 km Bottrop). Die Zuordnungsentscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

79(2) Die Mitarbeiterin S weist 39,5 Sozialpunkte auf. Dies rechtfertigt gegenüber der Klägerin die vorrangige Zuordnung zur Stadt Gelsenkirchen.

80(3) Soweit das Landesarbeitsgericht erkannt hat, dass besondere Umstände, die im Einzelfall im Rahmen einer Härtefallregelung gegen eine Zuordnung zum neuen Dienstort Bottrop sprechen, nicht vorhanden sind, ist dies frei von Rechtsfehlern.

81Das beklagte Land war nicht verpflichtet, die Klägerin einem wohnortnäheren Dienstort zuzuordnen, weil sie ihre 12-jährige Tochter in der dunklen Jahreszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule bzw. sonst bis zur Bushaltestelle begleitet. Zwar gebietet Art. 6 Abs. 1 GG einen besonderen Schutz von Ehe und Familie und berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten ( - zu B I 4 b der Gründe, BVerfGE 80, 81). Diesem Schutzauftrag hat das beklagte Land bereits dadurch entsprochen, dass es im Zuordnungsplan minderjährige Kinder mit fünf Sozialpunkten bedacht hat.

82Es ist nicht dargelegt, dass darüber hinaus die Betreuung des minderjährigen Kindes eine Härtefallregelung zugunsten der Klägerin erforderte. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, jeder individuellen Betreuungsentscheidung einer Familie durch eine Härtefallregelung Rechnung zu tragen. Ein Härtefall kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn trotz eigener zumutbarer Bemühungen des Arbeitnehmers die Betreuung eines Kindes und die Berufstätigkeit nicht zu koordinieren sind. Eigene Bemühungen hat die Klägerin nicht dargelegt, insbesondere ist nicht zu erkennen, aus welchen besonderen Gründen nahe liegende Maßnahmen wie die erneute Anschaffung eines Pkw oder die Übernahme eines Teils der Betreuung durch den Vater nicht in Betracht kamen.

83f) Die Personalgestellung der Klägerin verstößt nicht gegen Regelungen des Landespersonalvertretungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (LPVG NW).

84aa) Es kann dahinstehen, ob es sich beim Zuordnungsplan gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG um einen Sozialplan iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG NW handelt (vgl. dazu VerwG Düsseldorf - 34 L 1750/07.PVL - zu C 2 der Gründe, SozialVerw 2009, 28) und welche Auswirkungen eine fehlende Mitbestimmung auf die Personalgestellung selbst hätte.

85Das beklagte Land hat das Mitbestimmungsverfahren nach vorläufiger Inkraftsetzung des Zuordnungsplans gemäß § 66 Abs. 8 LPVG NW durchgeführt und dieses im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens am zum Abschluss gebracht. Spätestens seit diesem Zeitpunkt liegt damit eine mitbestimmte Regelung vor.

86bb) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die zum gemäß § 10 Abs. 1 Halbs. 1 VersÄmtEinglG erfolgte Überleitung auf das MAGS der Mitbestimmung nach den Regelungen des LPVG NW unterlag, da diese Überleitung nicht streitgegenständlich ist.

87cc) Die Personalgestellung zur kreisfreien Stadt Bottrop ist keine Versetzung iSv. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW und unterlag daher nicht der Mitbestimmung des abgebenden Personalrats.

88(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für den Inhalt der im Rahmen des Personalvertretungsrechts gewählten Begriffe regelmäßig auf das einschlägige tradierte Verständnis des Dienstrechts, insbesondere des Beamtenrechts abzustellen. Verwendet der Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes Begriffe aus dem Dienstrecht, liegt es nahe, dass er sich auf den dienstrechtlichen Begriffsinhalt bezieht. Dies ist aber nicht zwingend. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, dienstrechtlichen Begriffen im Personalvertretungsgesetz eine vom Dienstrecht abweichende Bedeutung beizumessen. Davon kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn er hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, dass er von dem dienstrechtlichen Begriffsinhalt abweichen will. Enthält das Personalvertretungsrecht keine solchen Anhaltspunkte, ist grundsätzlich auf die dienstrechtliche Definition abzustellen. Es ist dann nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts zu ermitteln, ob der personalvertretungsrechtliche Gehalt in jeder Hinsicht dem dienstrechtlichen entspricht. Ein Auseinanderfallen der Begriffe darf nicht dazu führen, dass diese im Personalvertretungsrecht auf Sachverhalte angewandt werden, denen wesentliche Elemente des dienstrechtlichen Begriffsinhalts fehlen ( 6 P 11.01 - zu II 1 aa der Gründe, AP LPVG Berlin § 86 Nr. 2; - 6 P 12.82 - zu II der Gründe, Buchholz 238.36 PersVG ND § 6 Nr. 1).

89Ob ein Beschäftigter versetzt wird, beurteilt sich damit auf der Grundlage des auf sein Beschäftigungsverhältnis anzuwendenden Statusrechts und nach Maßgabe des verwaltungsorganisatorischen Aufbaus der Dienststelle, der er angehört ( - zu II 2 der Gründe, ZTR 1992, 128). Während bei Beamten unter Versetzung iSv. § 26 aF BBG (nunmehr: § 28 Abs. 1 BBG) die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amts im funktionellen Sinn bei einer anderen Behörde desselben oder eines anderen Dienstherrn zu verstehen ist ( 6 P 1.06 - Rn. 17, BVerwGE 127, 142), ist bei Arbeitnehmern des öffentlichen Diensts unter Versetzung grundsätzlich ein dauerhafter Wechsel auf einen Arbeitsplatz in einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers zu verstehen (vgl.  - zu II 2 b aa der Gründe, AP ZPO § 91a Nr. 25). Hieran hat sich auch nach Inkrafttreten des TV-L nichts geändert. Vielmehr definiert die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 4 Abs. 1 TV-L als Versetzung ausdrücklich die Zuweisung einer auf Dauer bestimmten Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses.

90(2) Bei den Personalgestellungen iSd. § 10 VersÄmtEinglG handelt es sich nicht um Versetzungen iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW.

91Als Personalgestellung im Sinne des TV-L wird gemäß Satz 1 der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TV-L die auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses bezeichnet. Keinen anderen Inhalt hat die Personalgestellung nach den Regelungen des VersÄmtEinglG; hinsichtlich deren Ausgestaltung wird ausdrücklich - wie in Satz 2 der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TV-L - auf den Abschluss von Personalgestellungsverträgen verwiesen. Damit unterscheidet sich die Personalgestellung von der Versetzung im tarifrechtlichen Sinne gerade dadurch, dass die Beschäftigung bei einem Dritten erfolgt.

92Dies schließt nicht grundsätzlich aus, dass bei der Schaffung neuer, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des entsprechenden Personalvertretungsgesetzes noch nicht existierender Tarifbegriffe diese nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts unter bestehende Normen subsumiert werden können oder dass eine analoge oder entsprechende Anwendung in Betracht kommt (vgl. zur Personalgestellung Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler BPersVG 6. Aufl. § 75 Rn. 78; Jordan Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD/TV-L PersR 2007, 378; Welkoborsky Gestellung und Personalvertretung in Sozialer Dialog in der Krise 2009 S. 107, 112 ff.; wohl auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Juni 2010 § 4 Rn. 46 [aus Gründen der Rechtssicherheit]; aA Sponer/Steinherr TV-L Stand Mai 2010 § 4 Rn. 144).

93Im Falle des § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW ist dies allerdings im Hinblick auf die mit Wirkung vom erfolgte Novellierung des Personalvertretungsrechts in Nordrhein-Westfalen nicht möglich (ebenso VerwG Münster - 22 L 667/07.PVL -; VerwG Minden - 12 L 555/07.PVL -; VerwG Köln - 34 L 1580/07.PVL -). Ziel der Gesetzesnovellierung war ua. die Anpassung an die Regelungen des Bundespersonalvertretungsrechts und an Bestimmungen des neuen Tarifrechts (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4239 S. 2, 85). Dementsprechend ist beispielsweise der Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 6 LPVG NW („… Zuweisung … von Arbeitnehmern gemäß tarifrechtlicher Vorschriften für eine Dauer von mehr als drei Monaten und ihre Aufhebung“) verändert worden. Zur Begründung wurde auf eine „Rechtsfolgeänderung infolge … des neuen Tarifrechts“ verwiesen (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4239 S. 98). Die Aufnahme eines Mitbestimmungstatbestands bei der Personalgestellung ist dagegen - trotz entsprechender Bestrebungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/5034 S. 62 und Stellungnahme 14/1211 zum Gesetzentwurf S. 13, 14) - unterblieben. Gleichzeitig ist ein vorher bestehender Mitbestimmungstatbestand im Zuge der Novellierung gestrichen worden, der sich auf Personalgestellungsverträge bezog (§ 72 Abs. 4 Nr. 19 LPVG NW aF). Danach muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Fehlen eines Mitbestimmungstatbestands hinsichtlich der Personalgestellung um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung und nicht um eine unbewusste Lücke handelt. Weder kann daher die Personalgestellung als Versetzung iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW angesehen werden noch ist eine analoge Anwendung dieser Vorschrift möglich (vgl. dazu  - Rn. 27, NZA 2010, 824). Soweit dadurch eine Schutzlücke für die Beschäftigten entstanden ist, die dauerhaft einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden, ist dies durch den Gesetzgeber gewollt.

94dd) Es kann dahinstehen, ob die Eingliederung der Klägerin in die Dienststelle der kreisfreien Stadt Bottrop als Einstellung iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NW anzusehen ist und deshalb der Beteiligung des dort bestehenden Personalrats bedurfte.

95Auch wenn dies der Fall war (vgl. etwa  6 P 32.92 - BVerwGE 96, 355; - 6 P 4.90 - BVerwGE 90, 194), steht die fehlende Beteiligung des Personalrats einem Einsatz der Klägerin in der kreisfreien Stadt Bottrop nicht entgegen. Die Mitbestimmung bei der Einstellung nach den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes oder der Personalvertretungsgesetze dient in erster Linie dem Schutz der bestehenden Belegschaft (vgl.  - zu II 2 c cc (2) und (3) der Gründe, BAGE 97, 276;  6 P 4.90 - zu II 2 b bb der Gründe, aaO). Ein Leistungsverweigerungsrecht des einzelnen Arbeitnehmers besteht deswegen nur dann, wenn der Betriebsrat oder Personalrat die Aufhebung der Beschäftigung des ohne seine Zustimmung Eingestellten begehrt ( - aaO). Dies ist von keiner Seite vorgetragen worden.

962. Aus vorstehenden Erwägungen ist auch der Antrag zu 2. unbegründet.

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Fundstelle(n):
BAAAD-57351