EuGH Urteil v. - C-230/08

Erlöschen von Zoll- und Steuerschulden - Unmittelbar nach ihrer Einfuhr beschlagnahmte und nicht wieder frei gewordene Waren

Leitsatz

1. Die Waren, die bei ihrem Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden in der Zone, in der sich die erste an einer Außengrenze der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet, in Verwahrung genommen und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, fallen unter den Tatbestand "beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen" des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 955/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom geänderten Fassung, so dass die Zollschuld gemäß dieser Bestimmung erlischt.

2. Die Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren in der durch die Richtlinie 96/99/EG des Rates vom 30. Dezember 1996 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei ihrem Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als nicht in die Gemeinschaft eingeführt anzusehen sind, so dass für diese Waren der Steuertatbestand nicht eintritt. Die Waren, die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet, d. h. nach dem Verlassen der Zone, in der sich die erste innerhalb dieses Gebiets liegende Zollstelle befindet, von diesen Behörden beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, gelten nicht als "unter Steueraussetzung stehend" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. a und Art. 98 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/99 geänderten Fassung und Art. 867a Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1662/1999 der Kommission vom 28. Juli 1999 geänderten Fassung, so dass hinsichtlich dieser Waren der Steuertatbestand eintritt und der Verbrauchsteueranspruch entsteht.

3. Die Art. 2 Nr. 2, Art. 7 und 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 1999/85/EG des Rates vom 22. Oktober 1999 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als nicht in die Gemeinschaft eingeführt anzusehen sind, so dass der Mehrwertsteuertatbestand hinsichtlich dieser Waren nicht eingetreten und der Mehrwertsteueranspruch daher nicht entstanden ist. Die Bestimmungen der Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. c dieser Richtlinie sowie Art. 867a der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 1662/1999 geänderten Fassung sind jedoch dahin auszulegen, dass hinsichtlich der Waren, die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet, d. h. von dem Zeitpunkt an, zu dem sie die Zone verlassen haben, in der sich die erste innerhalb der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet, von diesen Behörden beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, der Mehrwertsteuertatbestand und der Mehrwertsteueranspruch eingetreten sind, auch wenn die Waren später einer Zollregelung unterstellt werden.

4. Die Art. 202, 215 Abs. 1 und 3 und Art. 217 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/1999 geänderten Fassung sowie die Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 1999/85 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Behörden des Mitgliedstaats, der an der Außengrenze der Gemeinschaft gelegen ist, über welche Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind, für die Erhebung der Zölle und der Mehrwertsteuer zuständig sind, auch wenn diese Waren später in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden sind, wo sie entdeckt und dann beschlagnahmt worden sind. Die Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 92/12 in der durch die Richtlinie 96/99 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Behörden des letztgenannten Mitgliedstaats für die Erhebung der Verbrauchsteuern zuständig sind, vorausgesetzt, dass diese Waren sich dort zu gewerblichen Zwecken befinden. Es obliegt dem vorlegenden Gericht, zu entscheiden, ob diese Bedingung in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit erfüllt ist.

Instanzenzug: ,

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 955/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom (ABl. L 119, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex), der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1662/1999 der Kommission vom (ABl. L 197, S. 25) geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsverordnung), der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1) in der durch die Richtlinie 96/99/EG des Rates vom (ABl. 1997, L 8, S. 12) geänderten Fassung (im Folgenden: Verbrauchsteuerrichtlinie) und der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 1999/85/EG des Rates vom 22. Oktober 1999 (ABl. L 277, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Dansk Transport og Logistik (im Folgenden: DTL) und dem Skatteministerium (dänisches Finanzministerium) über Zölle, Verbrauchsteuer und Mehrwertsteuer, die von den Zoll- und Steuerbehörden für Zigaretten im Rahmen von TIR-Transporten erhoben wurden, für die DTL Carnets TIR ausgegeben und die Bürgschaft übernommen hatte.

Rechtlicher Rahmen

Auf den TIR-Versand anwendbare Bestimmungen

Das Zollübereinkommen über den internationalen Warentransport mit Carnets TIR (im Folgenden: TIR-Übereinkommen), unterzeichnet in Genf am , wurde mit der Verordnung (EWG) Nr. 2112/78 des Rates vom (ABl. L 252, S. 1) im Namen der Gemeinschaft genehmigt. Es trat für die Gemeinschaft am 20. Juni 1983 in Kraft (ABl. L 31, S. 13).

Art. 4 des TIR-Übereinkommens sieht vor, dass "[f]ür Waren, die im TIR-Verfahren befördert werden, ... eine Entrichtung oder Hinterlegung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben bei den Durchgangszollstellen nicht gefordert [wird]".

Art. 5 dieses Übereinkommens lautet:

"(1) Für Waren, die im TIR-Verfahren unter Zollverschluss mit Straßenfahrzeugen, Lastzügen oder Behältern befördert werden, wird eine Beschau bei den Durchgangszollstellen grundsätzlich nicht vorgenommen.

(2) Um Missbräuche zu verhindern, können die Zollbehörden jedoch in Ausnahmefällen und insbesondere, wenn der Verdacht einer Unregelmäßigkeit besteht, bei den Durchgangszollstellen eine Beschau der Waren vornehmen."

Gemäß Art. 6 Abs. 1 des TIR-Übereinkommens "[kann j]ede Vertragspartei ... gegen Sicherheiten und unter Bedingungen, die sie festsetzt, Verbänden die Bewilligung erteilen, entweder selbst oder durch die mit ihnen in Verbindung stehenden Verbände Carnets TIR auszugeben und die Bürgschaft zu übernehmen".

Art. 37 des TIR-Übereinkommens bestimmt, dass "[wenn] nicht ermittelt werden [kann], wo die Unregelmäßigkeit begangen worden ist, ... sie als im Gebiet der Vertragspartei begangen [gilt], in dem sie festgestellt worden ist".

Gemeinschaftsrecht

Die Zollregelung

Gemäß Art. 4 Nr. 16 Buchst. c des Zollkodex umfasst das Zollverfahren u. a. das Zolllagerverfahren.

Art. 84 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex unter Teil A ("Gemeinsame Vorschriften für mehrere Verfahren") des Abschnitts 3 betreffend Nichterhebungsverfahren und Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung sieht u. a. vor, dass "[im Sinne der Art. 85 bis 90] der Ausdruck 'Nichterhebungsverfahren' im Falle von Nichtgemeinschaftswaren ... das Zolllagerverfahren [bezeichnet]".

Art. 98 des Zollkodex bestimmt:

"(1) Im Zolllagerverfahren können folgende Waren im Zollgebiet der Gemeinschaft gelagert werden:

a) Nichtgemeinschaftswaren, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen;

...

(2) Als Zolllager gilt jeder von den Zollbehörden zugelassene und unter zollamtlicher Überwachung stehende Ort, an dem Waren unter den festgelegten Voraussetzungen gelagert werden können.

..."

Art. 202 des Zollkodex lautet:

"(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

a) wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird oder

...

Im Sinne dieses Artikels ist vorschriftswidriges Verbringen jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der Artikel 38 bis 41 und 177 zweiter Gedankenstrich.

(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht wird.

..."

Art. 215 des Zollkodex lautet:

"(1) Die Zollschuld entsteht:

- an dem Ort, an dem der Tatbestand eintritt, der die Zollschuld entstehen lässt;

- oder, wenn dieser Ort nicht bestimmt werden kann, an dem Ort, an dem die Zollbehörden feststellen, dass die Ware sich in einer Lage befindet, die eine Zollschuld hat entstehen lassen;

...

(3) Die Zollbehörden im Sinne von Artikel 217 Absatz 1 sind die Zollbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Zollschuld nach diesem Artikel entsteht oder als entstanden gilt.

..."

Gemäß Art. 217 Abs. 1 des Zollkodex "[muss j]eder einer Zollschuld entsprechende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag â^'nachstehend 'Abgabenbetrag' genannt â^'... unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zollbehörden berechnet und in die Bücher oder in sonstige statt dessen verwendete Unterlagen eingetragen werden (buchmässige Erfassung)".

Art. 233 des Zollkodex lautet:

"Unbeschadet der geltenden Vorschriften über die Verjährung der Zollschuld sowie über die Nichterhebung des Betrags der Zollschuld in den Fällen, in denen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gerichtlich festgestellt worden ist, erlischt die Zollschuld

...

c) wenn im Falle von Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben enthält,

...

- die Waren vor der Überlassung beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen werden, auf Anordnung der Zollbehörden vernichtet oder zerstört werden, gemäß Artikel 182 aufgegeben werden oder aus in ihrer Natur liegenden Gründen, durch Zufall oder höhere Gewalt vernichtet oder zerstört worden oder unwiederbringlich verlorengegangen sind;

d) wenn Waren, für die eine Zollschuld gemäß Artikel 202 entstanden ist, bei dem vorschriftswidrigen Verbringen beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen werden.

Bei Beschlagnahme und Einziehung der Ware gilt jedoch im Rahmen des auf Verstöße gegen Zollvorschriften anwendbaren Strafrechts die Zollschuld als nicht erloschen, wenn im Strafrecht eines Mitgliedstaats vorgesehen ist, dass die Zölle als Grundlage für die Verhängung von Strafmaßnahmen herangezogen werden oder dass aufgrund des Bestehens einer Zollschuld strafrechtliche Verfolgungen eingeleitet werden."

Art. 454 der Durchführungsverordnung enthält u. a. besondere Bestimmungen zum TIR-Übereinkommen und lautet:

"(1) Dieser Artikel gilt unbeschadet der die Haftung der bürgenden Verbände betreffenden besonderen Bestimmungen des TIR-Übereinkommens ...

(2) Wird im Zusammenhang mit einem Transport mit Carnet TIR ... in einem bestimmten Mitgliedstaat eine Zuwiderhandlung festgestellt, so erhebt dieser Mitgliedstaat die Zölle und anderen gegebenenfalls zu entrichtenden Abgaben unbeschadet strafrechtlicher Maßnahmen gemäß den gemeinschaftlichen oder innerstaatlichen Vorschriften.

(3) Kann nicht festgestellt werden, in welchem Gebiet die Zuwiderhandlung begangen worden ist, so gilt sie als in dem Mitgliedstaat begangen, in dem sie festgestellt worden ist, es sei denn, die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens oder der Ort, an dem die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde, wird den Zollbehörden innerhalb der gemäß Artikel 455 Absatz 1 vorgeschriebenen Frist glaubhaft nachgewiesen.

..."

Art. 867a dieser Verordnung lautet:

"(1) Zugunsten der Staatskasse aufgegebene, beschlagnahmte oder eingezogene Nichtgemeinschaftswaren gelten als in ein Zolllagerverfahren übergeführt.

(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Waren dürfen von den Zollbehörden nur unter der Voraussetzung veräußert werden, dass der Käufer unverzüglich die Förmlichkeiten vornimmt, um sie einer zollrechtlichen Bestimmung zuzuführen.

..."

Verbrauchsteuerrichtlinie

In Art. 4 der Verbrauchsteuerrichtlinie wird der Begriff "Verfahren der Steueraussetzung" als "die steuerliche Regelung, die auf die Herstellung, die Verarbeitung, die Lagerung sowie die Beförderung der Waren unter Steueraussetzung Anwendung findet", definiert.

Art. 5 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie lautet:

"(1) Die in Artikel 3 Absatz 1 genannten Waren werden verbrauchsteuerpflichtig mit ihrer Herstellung im Gebiet der Gemeinschaft, wie es in Artikel 2 festgelegt ist, oder mit ihrer Einfuhr in dieses Gebiet.

Als Einfuhr einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware gilt das Verbringen dieser Ware in die Gemeinschaft ...

Wird diese Ware jedoch bei ihrem Verbringen in die Gemeinschaft einem gemeinschaftlichen Zollverfahren unterworfen, so gilt ihre Einfuhr als zu dem Zeitpunkt erfolgt, an dem sie aus dem gemeinschaftlichen Zollverfahren entnommen wird.

(2) Unbeschadet der einzelstaatlichen oder gemeinschaftlichen Bestimmungen im Bereich der Zollregelungen gelten verbrauchsteuerpflichtige Waren als unter Steueraussetzung stehend,

- wenn ihr Herkunfts- oder Bestimmungsort in einem Drittland ... liegt und sie sich in einem der in Artikel 84 Absatz 1 Buchstabe a) [des Zollkodex] genannten Nichterhebungsverfahren oder in einer Freizone oder in einem Freilager befinden;

..."

Art. 6 dieser Richtlinie sieht vor:

"(1) Die Verbrauchsteuer entsteht mit der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr oder mit der Feststellung von Fehlmengen gemäß Artikel 14 Absatz 3.

Als Überführung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr gelten

a) jede - auch unrechtmäßige - Entnahme der Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung;

...

c) jede - auch unrechtmäßige - Einfuhr dieser Waren, sofern sie nicht einem Verfahren der Steueraussetzung unterstellt worden sind.

(2) Die Voraussetzungen für das Entstehen des Steueranspruchs und der maßgebende Verbrauchsteuersatz richten sich nach den Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs in dem Mitgliedstaat gelten, in dem die Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr stattfindet oder die Fehlmengen festgestellt werden. Die Verbrauchsteuer wird nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bestimmungen erhoben und eingezogen, wobei die Mitgliedstaaten auf im Inland hergestellte Waren und auf Waren mit Herkunft aus anderen Mitgliedstaaten dieselben Bestimmungen für die Erhebung und die Einziehung anwenden."

Art. 7 der Verbrauchsteuerrichtlinie bestimmt:

"(1) Befinden sich verbrauchsteuerpflichtige Waren, die in einem Mitgliedstaat bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind, zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat, so werden die Verbrauchsteuern in dem Mitgliedstaat erhoben, in dem sich die Waren befinden.

(2) Werden Waren, die bereits in einem Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr gemäß Artikel 6 übergeführt worden sind, innerhalb eines anderen Mitgliedstaats geliefert, zur Lieferung bestimmt oder für den Bedarf eines Wirtschaftsbeteiligten, der eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, oder einer öffentlich- rechtlichen Einrichtung bereitgestellt, so entsteht der Verbrauchsteueranspruch unbeschadet des Artikels 6 in diesem anderen Mitgliedstaat.

(3) Die Verbrauchsteuer wird je nach Fallgestaltung von der Person geschuldet, die die Lieferung vornimmt, oder die die zur Lieferung bestimmten Waren besitzt, oder von der Person, dem gewerblichen Wirtschaftsbeteiligten oder der öffentlich-rechtlichen Einrichtung, bei der die Waren innerhalb eines anderen Mitgliedstaats als dem, in dem sie bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind, bereitgestellt werden.

..."

Gemäß Art. 8 der Verbrauchsteuerrichtlinie "[werden f]ür Waren, die Privatpersonen für ihren Eigenbedarf erwerben und die sie selbst befördern, ... die Verbrauchsteuern nach dem Grundsatz des Binnenmarkts im Erwerbsmitgliedstaat erhoben".

Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

"Unbeschadet der Artikel 6, 7 und 8 entsteht die Verbrauchsteuer, wenn die in einem Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat in Besitz gehalten werden.

In diesem Fall wird die Verbrauchsteuer in dem Mitgliedstaat geschuldet, auf dessen Gebiet sich die Waren befinden, und von der Person, in deren Besitz sie sich befinden."

Sechste Richtlinie

Art. 7 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

"(1) Die Einfuhr eines Gegenstands liegt vor,

a) wenn ein Gegenstand, der nicht die Bedingungen der Artikel 9 und 10 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erfüllt ..., in die Gemeinschaft verbracht wird,

...

(2) Die Einfuhr eines Gegenstandes erfolgt in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Gegenstand zu dem Zeitpunkt befindet, in dem er in die Gemeinschaft verbracht wird.

(3) Bei einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe a), der vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Gemeinschaft an einer der Regelungen nach Artikel 16 Absatz 1 Teil B, Buchstaben a), b), c) und d) der Regelung der vorübergehenden Einfuhr bei vollständiger Befreiung von Eingangsabgaben oder dem externen Versandverfahren unterliegt, erfolgt abweichend von Absatz 2 die Einfuhr in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Gegenstand nicht mehr diesen Regelungen unterliegt.

..."

Art. 10 Abs. 3 dieser Richtlinie bestimmt:

"Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt. Unterliegen Gegenstände vom Zeitpunkt ihrer Verbringung in die Gemeinschaft an einer der Regelungen nach Artikel 7 Absatz 3, so treten der Steuertatbestand und der Steueranspruch erst zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Gegenstände diesen Regelungen nicht mehr unterliegen.

Unterliegen die eingeführten Gegenstände Zöllen, landwirtschaftlichen Abschöpfungen oder im Rahmen einer gemeinsamen Politik eingeführten Abgaben gleicher Wirkung, so treten der Steuertatbestand und der Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem der Tatbestand und der Anspruch dieser gemeinschaftlichen Abgaben entstehen.

In den Fällen, in denen die eingeführten Gegenstände keiner dieser gemeinschaftlichen Abgaben unterliegen, wenden die Mitgliedstaaten die für Zölle geltenden Vorschriften über den Steuertatbestand und den Steueranspruch an."

Art. 16 in der Fassung des Art. 28c Teil E Nr. 1 der Sechsten Richtlinie lautet:

"Unbeschadet der übrigen gemeinschaftlichen Steuerbestimmungen können die Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel 29 Sondermaßnahmen treffen, um folgende Umsätze oder einige von ihnen nicht der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, sofern diese nicht für eine endgültige Verwendung und/oder einen Endverbrauch bestimmt sind und sofern der beim Verlassen der nachfolgend in den Teilen A bis E bezeichneten Regelungen oder Sachverhalte geschuldete Mehrwertsteuerbetrag der Höhe der Abgabe entspricht, die bei der Besteuerung dieser Umsätze im Inland geschuldet worden wäre:

...

B. die Lieferungen von Gegenständen,

...

c) die einer Zolllagerregelung oder einer Regelung für den aktiven Veredelungsverkehr unterliegen sollen,

...

Die Orte im Sinne der Buchstaben a), b), c) und d) sind diejenigen, die in den geltenden Zollvorschriften der Gemeinschaft als solche definiert sind;

..."

Nationales Recht

Nationales Zollrecht

§ 83 des Zollgesetzes (Toldloven) in der Fassung der geänderten Gesetzesbekanntmachung Nr. 113 vom (im Folgenden: Zollgesetz) regelt die Verfahren zur Behandlung von Waren bei Schmuggel oder versuchtem Schmuggel.

Gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 des Zollgesetzes werden Waren, die bei Schmuggel oder versuchtem Schmuggel entdeckt werden, einschließlich der Waren, bei denen Reisende Einfuhrabgaben hinterziehen oder zu hinterziehen versuchen, von den staatlichen Zoll- und Steuerbehörden oder von der Polizei "in Verwahrung genommen". Nach § 83 Abs. 1 Satz 2 können im Übrigen eingeschmuggelte Waren oder andere Waren, bei denen Zoll oder Abgaben hinterzogen worden sind bzw. dies versucht worden ist, von diesen Behörden unter Beachtung der Bestimmungen in Kapitel 75b (Beschlagnahme) der dänischen Prozessordnung "in Verwahrung genommen oder beschlagnahmt werden".

§ 83 Abs. 2 des Zollgesetzes lautet:

"Wenn geschuldete Zoll-, Abgaben- und Bußgeldbeträge sowie Verfahrenskosten bezahlt worden sind, werden Waren, die in Verwahrung genommen oder beschlagnahmt worden sind, unter Beachtung der allgemeinen Einfuhrvorschriften an denjenigen, bei dem sie in Verwahrung genommen oder beschlagnahmt worden sind, oder an jeden anderen ausgeliefert, der nachweist, dass er ein Recht auf die Waren hat. Werden die Waren nicht innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Monats abgeholt, in dem die Angelegenheit abgeschlossen worden ist, werden sie von den staatlichen Zoll- und Steuerbehörden nach ordnungsgemäßer Bekanntgabe im Wege der öffentlichen Versteigerung verkauft. Waren, die nach der Einschätzung der staatlichen Zoll- und Steuerbehörden schwer oder nicht zu verkaufen sind, können jedoch nach Fristablauf unter zollamtlicher Aufsicht vernichtet werden. Mit dem Erlös aus der Versteigerung werden zunächst die Kosten der öffentlichen Hand für die Aufbewahrung und den Verkauf und danach geschuldete Zoll-, Abgaben- und Bußgeldbeträge und Verfahrenskosten gedeckt. Ein eventueller Überschuss wird an den Eigentümer ausgezahlt, sofern sich dieser innerhalb von drei Jahren nach der Versteigerung meldet und sein Eigentum an den verkauften Waren ordnungsgemäß nachweist."

Tabaksteuerrecht

Gemäß § 2 Abs. 1 des Tabaksteuergesetzes (Tobaksafgiftsloven) in der Fassung der geänderten Gesetzesbekanntmachung Nr. 635 vom war die Tabaksteuer auf Waren zum Verbrauch in Dänemark spätestens bei der Entgegennahme steuerpflichtiger Waren aus dem Ausland zu zahlen.

Nach § 12 Abs. 1 des Tabaksteuergesetzes "[ist] Steuer ... auf steuerpflichtige Waren zu entrichten, die von Orten außerhalb der [Europäischen Union] eingeführt werden".

Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht hervor, dass das Tabaksteuergesetz keine näheren Bestimmungen über die steuerliche Behandlung im Zusammenhang mit Schmuggel oder versuchtem Schmuggel von Tabakwaren oder mit Beschlagnahme, Einziehung oder Vernichtung solcher Waren enthält.

Mehrwertsteuergesetz

Gemäß § 12 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes (momsloven) in der Fassung der geänderten Gesetzesbekanntmachung Nr. 422 vom ist Mehrwertsteuer auf Waren zu entrichten, die von Orten außerhalb der Europäischen Union nach Dänemark eingeführt werden. Nach § 12 Abs. 2 dieses Gesetzes entsteht, wenn die Ware bei der Einfuhr im Freihafen von Kopenhagen, in einem Freilager oder in einem Zolllager gelagert wird, die Steuerpflicht jedoch erst dann, wenn die Ware nicht mehr unter eine dieser Lagerregelungen fällt.

§ 26 Satz 1 dieses Gesetzes sieht vor, dass die Steuerpflicht zum Zeitpunkt der Einfuhr der Ware entsteht. Nach § 26 Satz 2 entsteht die Steuerpflicht für Waren, die einer der Lagerregelungen im Sinne von § 12 Abs. 2 unterliegen, erst dann, wenn die Ware nicht mehr unter die betreffende Regelung fällt.

Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht hervor, dass dieses Gesetz keine näheren Bestimmungen über die steuerliche Behandlung bei Schmuggel oder versuchtem Schmuggel von Tabakwaren oder bei Beschlagnahme, Einziehung oder Vernichtung solcher Waren enthält.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

DTL darf aufgrund einer Bewilligung der dänischen Zoll- und Steuerbehörden gemäß Art. 6 des TIR-Übereinkommens Carnets TIR ausgeben und als bürgender Verband im Rahmen von TIR-Transporten auftreten.

Das vorlegende Gericht ist mit drei Streitigkeiten über Zoll- und Steuerschulden wegen Zigarettenschmuggels im Rahmen von TIR-Transporten befasst, für die DTL Carnets TIR ausgegeben und die Bürgschaft übernommen hatte. In zwei der Ausgangsfälle wurden die Waren auf dem Seeweg und im dritten auf dem Landweg nach Dänemark befördert.

Das Verbringen der auf dem Seeweg beförderten Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft wurde am durch die örtlichen Zoll- und Steuerbehörden festgestellt. Zwei Lastkraftwagen passierten die dänische Grenze mit der Fähre aus Klaipeda, Litauen, das zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens noch nicht Mitglied der Europäischen Union war. Beim Anlegen der Fähre in Åbenrå wurden diese Lastkraftwagen einer Kontrolle durch die Behörden unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass in den Sattelanhängern eine große Menge Zigaretten versteckt war, die nicht in den Carnets TIR aufgeführt waren.

Das Verbringen der Waren auf dem Landweg wurde am durch die örtlichen Zoll- und Steuerbehörden festgestellt. Ein litauischer Lastkraftwagen traf in Frøslev, einer dänischen Stadt an der dänisch-deutschen Grenze, ein, wo die Behörden außer den im Carnet TIR aufgeführten Waren eine große Menge Zigaretten entdeckten, die im Sattelanhänger versteckt waren. Diese Waren waren beim Grenzübertritt von Polen, das zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens noch nicht Mitglied der Europäischen Union war, nach Deutschland vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden. Sie waren dann von Deutschland nach Dänemark befördert worden, ohne von den deutschen Behörden bemerkt worden zu sein. Der Zollverschluss des Lastkraftwagens und des Sattelanhängers wurde erst bei der Zollkontrolle in Dänemark gebrochen.

In sämtlichen Ausgangsfällen nahmen die Zollbehörden die Zigaretten gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 des Zollgesetzes unverzüglich in Verwahrung. Die Zigaretten blieben von ihrer Sicherstellung bis zu ihrer Vernichtung zwischen November 2004 und März 2005 im Gewahrsam der Behörden.

Mit Schreiben zwischen Dezember 2001 und August 2002 forderten diese Behörden die Transportunternehmen, d. h. die litauischen Unternehmen, die Inhaber der drei Carnets TIR waren, zur Zahlung von Zoll, Verbrauchsteuer und Mehrwertsteuer für die eingeschmuggelten Zigaretten auf.

Da die Unternehmen diese Schreiben nicht beantworteten, erließen die Zoll- und Steuerbehörden am 4. Februar 2003 in zwei Ausgangsfällen und am im dritten Fall gegen DTL als bürgenden Verband im Sinne des TIR-Übereinkommens Zahlungsbescheide über einen Betrag, der der Haftungsobergrenze gemäß den von ihm für die Beförderungen ausgegebenen Carnets TIR entsprach. Dagegen erhob DTL Klage beim Landsskatteret (Finanzgericht), das die Bescheide bestätigte.

Gegen dieses Urteil legte DTL beim Østre Landsret Rechtsmittel ein und zahlte die in zwei Ausgangsfällen geforderten Beträge unter Vorbehalt, nicht aber den Betrag im dritten Fall.

Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts regelt § 83 des Zollgesetzes nicht ausdrücklich, ob die Zoll- und Steuerschulden für die eingeschmuggelten Waren auch fortbestehen und eingezogen werden können, wenn die Waren entsprechend dieser Bestimmung in amtliche Verwahrung genommen, beschlagnahmt oder vernichtet werden.

Unter diesen Umständen hat das Østre Landsret beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist die Wendung "beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen" in Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex so auszulegen, dass die Bestimmung Fälle erfasst, in denen Waren, die bei nicht vorschriftsmäßiger Einfuhr gemäß § 83 Abs. 1 des Zollgesetzes in Verwahrung genommen werden, von den Behörden gleichzeitig oder später vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind?

2. Ist die Verbrauchsteuerrichtlinie so auszulegen, dass nicht vorschriftsmäßig eingeführte Waren, die bei der Einfuhr beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von den Behörden vernichtet werden, als "unter Steueraussetzung" stehend gelten, mit der Folge, dass die Verbrauchsteuerpflicht nicht entsteht oder wegfällt (Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verbrauchsteuerrichtlinie in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. a und Art. 98 des Zollkodex sowie Art. 867a der Durchführungsverordnung)?

Ist es für die Antwort von Bedeutung, ob die bei einer solchen nicht vorschriftsmäßigen Einfuhr entstandene Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex erlischt?

3. Ist die Sechste Richtlinie so auszulegen, dass nicht vorschriftsmäßig eingeführte Waren, die von den Behörden bei der Einfuhr beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet werden, als "einem Zolllagerverfahren" unterliegend anzusehen sind, mit der Folge, dass die Mehrwertsteuerpflicht nicht entsteht oder wegfällt (Art. 7 Abs. 3, Art. 10 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. c der Sechsten Richtlinie sowie Art. 867a der Durchführungsverordnung)?

Ist es für die Antwort von Bedeutung, ob die bei einer solchen nicht vorschriftsmäßigen Einfuhr entstandene Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex erlischt?

4. Sind der Zollkodex, die Durchführungsverordnung, die Verbrauchsteuerrichtlinie und die Sechste Richtlinie so auszulegen, dass die Zollbehörden in einem Mitgliedstaat, in dem eine nicht vorschriftsmäßige Einfuhr von Waren auf einem TIR-Transport festgestellt wird, für die Erhebung von Zoll, Verbrauchsteuern und Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit dem Transport zuständig sind, wenn die Behörden in einem anderen Mitgliedstaat, wo die nicht vorschriftsmäßige Einfuhr in die Gemeinschaft stattgefunden hat, keine Unregelmäßigkeiten festgestellt haben und infolgedessen keinen Zoll, keine Verbrauchsteuern und keine Mehrwertsteuer erhoben haben (Art. 215 in Verbindung mit Art. 217 des Zollkodex, Art. 454 Abs. 2 und 3 der damals geltenden Durchführungsverordnung, Art. 7 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie sowie Art. 7 der Sechsten Richtlinie)?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Waren, die bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden in Verwahrung genommen und von diesen Behörden gleichzeitig oder später vernichtet werden, ohne dass sie im letztgenannten Fall dem Besitz dieser Behörden entzogen gewesen sind, unter den Tatbestand "beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen" des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex fallen.

DTL, die niederländische und die italienische Regierung sowie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften sind der Auffassung, dass derartige Waren unter diesen Tatbestand fallen, so dass die Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex für die Waren erlösche. Die dänische Regierung vertritt die gegenteilige Auffassung, da die Einziehung im Sinne dieser Bestimmung des Zollkodex nicht mit der Vernichtung der Waren gemäß § 83 Abs. 1 des Zollgesetzes gleichgestellt werden könne.

Vorab ist festzustellen, dass die Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex erlischt, wenn die Waren, für die die Schuld entstanden ist, gemäß Art. 202 des Zollkodex bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen werden.

Was erstens die Auslegung der Wendung "bei dem vorschriftswidrigen Verbringen" der Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft gemäß Art. 202 und 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex anbelangt, so ist das vorschriftswidrige Verbringen vollzogen, sobald die Waren über die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle hinaus gelangt sind, ohne dort gestellt worden zu sein (Urteil vom , Elshani, C-459/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 25).

Demnach sind solche Waren im Sinne des Art. 202 des Zollkodex "vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht" worden, die sich nach dem Überschreiten der Landaußengrenze der Gemeinschaft in diesem Gebiet jenseits der ersten Zollstelle befinden, ohne zu dieser befördert und dort gestellt worden zu sein, was bedeutet, dass die Zollbehörden von den dazu Verpflichteten keine Mitteilung über das Verbringen der Waren erhalten haben (Urteil Elshani, Randnr. 26).

Ferner hat der Gerichtshof entschieden, dass die Art. 202 und 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex dahin auszulegen sind, dass die Beschlagnahme von in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren nur dann zum Erlöschen der Zollschuld führt, wenn sie erfolgt, bevor die Waren über die erste innerhalb dieses Gebiets liegende Zollstelle hinaus gelangt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Elshani, Randnr. 38).

Diese Auffassung ist zum einen dadurch gerechtfertigt, dass die Beschlagnahme und Einziehung der Waren bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex einen eng auszulegenden Erlöschensgrund für die Zollschuld darstellen (vgl. Urteil Elshani, Randnr. 30). Diese Bestimmung trägt nämlich der Notwendigkeit Rechnung, die Eigenmittel der Gemeinschaft zu schützen, einem Ziel, das nicht durch die Einführung neuer Erlöschensgründe für die Zollschuld in Frage gestellt werden darf (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , SPKR, C-112/01, Slg. 2002, I-10655, Randnr. 31, und Elshani, Randnr. 31).

Zum anderen birgt das Vorhandensein von vorschriftswidrig verbrachten Waren im Zollgebiet der Gemeinschaft allein schon eine sehr große Gefahr, dass diese Waren letztlich Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Mitgliedstaaten finden; haben diese Waren erst einmal die Zone verlassen, in der sich die erste innerhalb dieses Gebiets liegende Zollstelle befindet, ist die Chance geringer, dass sie von den Zollbehörden im Rahmen von stichprobenartig durchgeführten Kontrollen zufällig entdeckt werden (Urteil Elshani, Randnr. 32).

Daher können die Beschlagnahme und die gleichzeitige oder spätere Einziehung solcher Waren gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex nur dann die Zollschuld zum Erlöschen bringen, wenn die Waren beschlagnahmt wurden, bevor sie die Zone verlassen haben, in der sich die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet.

Entgegen dem Vorbringen der dänischen Regierung lässt sich diese Auslegung auch auf die Beförderung von Waren mit Carnet TIR übertragen.

Auch wenn sich hierzu zum einen aus Art. 4 des TIR-Übereinkommens ergibt, dass für die im TIR-Verfahren beförderten Waren eine Entrichtung oder Hinterlegung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben bei den Durchgangszollstellen nicht gefordert wird, und zum anderen aus Art. 5 dieses Übereinkommens, dass für diese Waren grundsätzlich keine Beschau bei den Durchgangszollstellen vorgenommen wird, wird das Carnet TIR doch grundsätzlich beim Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft von der an der Außengrenze der Gemeinschaft gelegenen Zollstelle geprüft. Dabei werden auch die Zollverschlüsse überprüft.

Zudem ist, wie die Generalanwältin in Nr. 102 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, auch bei Transporten mit Carnets TIR ab dem Zeitpunkt, zu dem die vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren die Zone verlassen haben, in der sich die erste innerhalb dieses Gebiets liegende Zollstelle befindet, die Chance geringer, dass sie von den Zollbehörden im Rahmen von stichprobenartig durchgeführten Kontrollen zufällig entdeckt werden. Daher ist die Gefahr sehr groß, dass diese Waren letztlich Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Mitgliedstaaten finden.

Folglich erlischt auch bei Transporten mit Carnets TIR die Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex nur, wenn die Waren beschlagnahmt worden sind, bevor sie die Zone verlassen haben, in der sich die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet.

Die Waren wurden im vorliegenden Fall in den beiden Rechtssachen, in denen sie auf dem Seeweg in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurden, bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet offensichtlich von den örtlichen Zoll- und Abgabenbehörden gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex in Verwahrung genommen. In diesen Rechtssachen dürfte daher der Tatbestand dieser Bestimmung erfüllt sein.

In der Rechtssache, in der die Waren auf dem Landweg nach Dänemark befördert wurden, erfolgte, wie aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, das vorschriftswidrige Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft beim Überschreiten der polnisch-deutschen Grenze. Die Waren wurden jedoch bei Überschreiten der dänisch-deutschen Grenze, also nach und nicht bei ihrem "vorschriftswidrigen Verbringen", in Verwahrung genommen und vernichtet. Daher erfüllt der Sachverhalt dieser Rechtssache nicht den Tatbestand des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex.

Was zweitens die Auslegung der Begriffe "Beschlagnahme" oder "Einziehung" im Sinne des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex anbelangt, vertritt DTL die Auffassung, die Beschlagnahme und die Einziehung seien zwei aufeinander folgende Maßnahmen, wobei die Einziehung ein größerer Eingriff als die Beschlagnahme sei. Nach Auffassung der dänischen Regierung dagegen macht diese Bestimmung das Erlöschen der Zollschuld sowohl von einer Beschlagnahme als auch von einer Einziehung der vorschriftswidrig verbrachten Waren abhängig.

Hierzu ist festzustellen, dass die beiden Maßnahmen, auch wenn es sich um verschiedene Maßnahmen handelt, in der Praxis zeitlich zusammenfallen können. Wie nämlich die Generalanwältin in Randnr. 110 ihrer Schlussanträge hervorgehoben hat, ist die "Beschlagnahme" von Waren im Sinne des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex als ein Eingriff zur Übernahme der tatsächlichen Sachherrschaft durch die zuständigen Behörden zu verstehen, mit dem die Waren sichergestellt werden und ihr Eintritt in den Wirtschaftskreislauf der Mitgliedstaaten materiell verhindert wird.

Zu der Frage, ob die Vernichtung der Waren als "Einziehung" im Sinne des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex angesehen werden kann, führen DTL, die niederländische Regierung und die Kommission aus, die Einziehung setze den Untergang des Eigentumsrechts des Eigentümers voraus, nicht aber den Erwerb des Eigentums an diesen Waren durch die Behörden. DTL meint insbesondere, dass eine Einziehung von dem Zeitpunkt an vorliege, zu dem der ursprüngliche Eigentümer sein Eigentumsrecht an den beschlagnahmten Waren verliert. Nach Ansicht der dänischen Regierung dagegen setzt die Einziehung den Übergang von Vermögensrechten auf den Staat voraus. In den Rechtssachen des Ausgangsverfahrens sei der dänische Staat jedoch zu keinem Zeitpunkt Eigentümer der in Verwahrung genommenen Waren geworden.

Hierzu ist festzustellen, dass Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex zum einen keinen Hinweis auf einen möglichen Eigentumsübergang an den Waren enthält und zum anderen ausschließlich zum Ziel hat, dem ursprünglichen Eigentümer die Verfügungsmacht unwiderruflich zu entziehen und den Handel mit diesen Waren im Wirtschaftskreislauf der Gemeinschaft ohne Entrichtung der Steuern zu verhindern. Da die Vernichtung solcher Waren unter staatlicher Aufsicht ihren Eintritt in den Wirtschaftskreislauf endgültig verhindert, ist unerheblich, ob der Staat das Eigentum an den beschlagnahmten Waren erwirbt.

Entgegen dem Vorbringen der dänischen Regierung steht einer solchen Auffassung schließlich nicht entgegen, dass die Vernichtung der Waren in Art. 233 Abs. 1 Buchst. c zweiter Gedankenstrich des Zollkodex getrennt von ihrer Beschlagnahme und Einziehung genannt wird oder Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex nur die Einziehung erwähnt.

Art. 233 Abs. 1 Buchst. c zweiter Gedankenstrich des Zollkodex erfasst nämlich auch Fälle, in denen die zu einem Zollverfahren angemeldeten Waren dem Einführer weiterhin zur Verfügung stehen, da die Bestimmung Gründe für das Erlöschen der Zollschuld ebenfalls für angemeldete Waren vorsieht, über die die Zollbehörden keine Verfügungsgewalt besitzen und die auf Anordnung der Zollbehörden vernichtet werden. Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex betrifft dagegen nur Waren, die dem Einführer nicht zur Verfügung stehen.

Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass die Waren, die bei ihrem Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden in der Zone, in der sich die erste an einer Außengrenze der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet, in Verwahrung genommen und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, unter den Tatbestand "beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen" des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex fallen, so dass die Zollschuld gemäß dieser Bestimmung erlischt.

Zur zweiten Frage

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Waren, die bei ihrem Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von den zuständigen Behörden vernichtet werden, als "unter Steueraussetzung" im Sinne der Bestimmungen der Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verbrauchsteuerrichtlinie in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. a und Art. 98 des Zollkodex sowie Art. 867a der Durchführungsverordnung stehend gelten, so dass die Verpflichtung zur Entrichtung der Verbrauchsteuern nicht entsteht oder erlischt.

Das Gericht fragt auch, ob es für die Antwort von Bedeutung ist, ob die bei einem solchen Verbringen entstandene Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex erlischt.

Um die Bedeutung der Verwahrung und der Vernichtung der Waren für das Entstehen der Verbrauchsteuerschuld festzustellen, ist zunächst zu prüfen, ob der Steuertatbestand gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie eingetreten ist. Erst danach stellen sich die Fragen der Entstehung und Aussetzung des Verbrauchsteueranspruchs gemäß Art. 6 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie.

Was erstens den Steuertatbestand anbelangt, so tritt er gemäß Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie mit der Herstellung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Gebiet der Gemeinschaft oder ihrer Einfuhr in dieses Gebiet ein. Als "Einfuhr" gilt gemäß Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verbrauchsteuerrichtlinie "das Verbringen dieser Ware in die Gemeinschaft".

Um eine kohärente Auslegung der betreffenden Gemeinschaftsregelung sicherzustellen, ist diese Wendung im Licht des in Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex enthaltenen Begriffs "Verbringen" auszulegen.

Daraus folgt, dass die verbrauchsteuerpflichtigen Waren als in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie anzusehen sind, sobald sie über die Zone hinaus gelangt sind, in der sich die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet (vgl. entsprechend Urteil Elshani, Randnr. 25).

Waren, die in Fällen wie den beiden des Ausgangsverfahrens nach ihrer Beförderung auf dem Seeweg von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden beschlagnahmt und dann vernichtet worden sind, bevor sie die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle verlassen haben, sind demnach nicht in das Gebiet der Gemeinschaft eingeführt worden, so dass der Steuertatbestand gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie nicht eingetreten ist. Daher können diese Waren nicht der Verbrauchsteuer unterliegen.

Werden Waren dagegen von den Behörden beschlagnahmt und vernichtet, nachdem sie die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle verlassen haben, sind sie in die Gemeinschaft verbracht worden, so dass hier der Steuertatbestand gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie eingetreten ist. Dies scheint für denjenigen Ausgangsfall zuzutreffen, in dem die Waren in Deutschland vorschriftswidrig in das Gebiet der Gemeinschaft eingeführt, aber in Dänemark beschlagnahmt und später vernichtet worden sind.

Was zweitens die Frage anbelangt, ob und zu welchem Zeitpunkt der Verbrauchsteueranspruch entsteht, der sich auf den Tatbestand des Verbringens der Waren in das Gebiet der Gemeinschaft gründet, so entsteht diese Steuer gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie u. a. mit der Überführung der Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr. Gemäß Unterabs. 2 Buchst. c dieser Bestimmung gilt als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr "jede - auch unrechtmäßige - Einfuhr dieser Waren, sofern sie nicht einem Verfahren der Steueraussetzung unterstellt worden sind".

Wie vorstehend in den Randnrn. 71 und 72 festgestellt, setzt der Begriff "Einfuhr" von Waren im Sinne der Verbrauchsteuerrichtlinie voraus, dass die Waren die Zone verlassen haben, in der sich die erste im Zollgebiet der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet.

Was drittens denjenigen Ausgangsfall anbelangt, in dem die Waren auf dem Landweg befördert worden sind, so möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Entstehen des Steueranspruchs gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verbrauchsteuerrichtlinie ausgesetzt werden kann, da die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft beschlagnahmten und eingezogenen Waren gemäß Art. 867a der Durchführungsverordnung in ein Zolllagerverfahren übergeführt worden sind.

Hierzu ist festzustellen, dass das Verfahren der Steueraussetzung nach der Definition des Art. 4 Buchst. c der Verbrauchsteuerrichtlinie die steuerliche Regelung darstellt, die auf die Herstellung, die Verarbeitung, die Lagerung sowie die Beförderung der Waren unter Aussetzung der Verbrauchsteuern Anwendung findet. Eine solche Regelung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Verbrauchsteueranspruch für Waren, die unter diese Regelung fallen, noch nicht entstanden ist, obwohl der Steuertatbestand bereits erfüllt ist (Urteil vom , Cipriani, C-395/00, Slg. 2002, I-11877, Randnr. 42). In Bezug auf die verbrauchsteuerpflichtigen Waren bewirkt diese Regelung daher den Aufschub der Steuerpflicht, bis eine Voraussetzung des Steueranspruchs erfüllt ist.

Nach Art. 5 Abs. 2 der Verbrauchsteuerrichtlinie wird zwar die Steuer ausgesetzt, wenn sich die vorschriftswidrig verbrachten Waren in einem der in Art. 84 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex genannten Nichterhebungsverfahren befinden.

Aus den Randnrn. 75 und 76 dieses Urteils ergibt sich aber, dass der Verbrauchsteueranspruch in den Rechtssachen des Ausgangsverfahrens zu dem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem die Waren die Zone verlassen haben, in der sich die erste im Zollgebiet der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet.

Daher gelten die geschmuggelten Waren, die auf diese Weise vorschriftswidrig eingeführt worden sind, als in den steuerrechtlich freien Verkehr verbracht, so dass ihre Unterstellung unter ein Nichterhebungsverfahren gemäß Art. 867a der Durchführungsverordnung nach der Beschlagnahme und Einziehung für das Entstehen des Verbrauchsteueranspruchs ohne Bedeutung ist.

Art. 867a der Durchführungsverordnung in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex und Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie können das Entstehen des Verbrauchsteueranspruchs gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie nämlich nicht verhindern.

Was schließlich die Frage anbelangt, ob das Erlöschen der Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex Bedeutung für das Erlöschen des Verbrauchsteueranspruchs in Bezug auf diese Waren hat, so enthält die Verbrauchsteuerrichtlinie keine ausdrückliche Bestimmung zum Erlöschen des Verbrauchsteueranspruchs bei der vorschriftswidrigen Einfuhr von Waren.

Wegen der Ähnlichkeiten zwischen den Zöllen und der Verbrauchsteuer, die darin bestehen, dass die Ansprüche in beiden Fällen mit dem Verbringen der Waren in die Gemeinschaft und dem anschließenden Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Mitgliedstaaten entstehen, und zur Sicherstellung einer kohärenten Auslegung der in Rede stehenden Gemeinschaftsregelung ist somit festzustellen, dass Verbrauchsteueransprüche unter denselben Umständen wie Zollschulden erlöschen.

Wie aus Randnr. 50 dieses Urteils hervorgeht, führt die Beschlagnahme oder Einziehung der Waren nur dann zum Erlöschen des Verbrauchsteueranspruchs, wenn sie erfolgt, bevor die Waren die Zone verlassen, in der sich die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet.

Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass die Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 und Art. 6 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei ihrem Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als nicht in die Gemeinschaft eingeführt anzusehen sind, so dass für diese Waren der Steuertatbestand nicht eintritt. Die Waren, die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet, d. h. nach dem Verlassen der Zone, in der sich die erste innerhalb dieses Gebiets liegende Zollstelle befindet, von diesen Behörden beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, gelten nicht als "unter Steueraussetzung stehend" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verbrauchsteuerrichtlinie in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. a und Art. 98 des Zollkodex und Art. 867a der Durchführungsverordnung, so dass hinsichtlich dieser Waren der Steuertatbestand eintritt und der Verbrauchsteueranspruch entsteht.

Zur dritten Frage

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Bestimmungen der Art. 7 Abs. 3 und Art. 10 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. c der Sechsten Richtlinie sowie Art. 867a der Durchführungsverordnung dahin auszulegen sind, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei oder nach dem Verbringen in die Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als einem Zolllagerverfahren unterliegend anzusehen sind, so dass der Mehrwertsteuertatbestand nicht eintritt und der Mehrwertsteueranspruch nicht entsteht.

Das Gericht fragt auch, ob es für die Antwort von Bedeutung ist, ob die bei einem vorschriftswidrigen Verbringen entstandene Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex erlischt.

Was erstens den Steuertatbestand und den Steueranspruch hinsichtlich der Mehrwertsteuer für vorschriftswidrig in die Gemeinschaft verbrachte Waren anbelangt, so ist zunächst festzustellen, dass die "Einfuhr" gemäß Art. 2 Nr. 2 der Sechsten Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegt. Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie erfolgt die Einfuhr dadurch, dass die betreffende Ware "in die Gemeinschaft verbracht wird".

Ferner treten nach Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie, wenn die eingeführten Gegenstände u. a. Zöllen unterliegen, "der Steuertatbestand und der Steueranspruch ... zu dem Zeitpunkt [ein], zu dem der Tatbestand und der Anspruch dieser gemeinschaftlichen Abgaben entstehen".

Zudem geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Anwendbarkeit der Sechsten Richtlinie auf die unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln hervor, dass der Zolltatbestand und der Mehrwertsteuertatbestand sowie die Zollschuld und der Mehrwertsteueranspruch hinsichtlich solcher Fälle im Kern die gleichen sind. Beide Regelungen sind insofern hinsichtlich ihrer Hauptmerkmale vergleichbar, als die Tatbestände durch die Einfuhr in die Gemeinschaft und die sich anschließende Überführung in den Wirtschaftskreislauf der Mitgliedstaaten entstehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Einberger, 294/82, Slg. 1984, 1177, Randnr. 18, sowie vom , Witzemann, C-343/89, Slg. 1990, I-4477, Randnr. 18).

In Anbetracht dessen und unter Berücksichtigung der Ausführungen in Randnr. 48 dieses Urteils ist Art. 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass der Steuertatbestand und der Steueranspruch hinsichtlich der Mehrwertsteuer für beschlagnahmte und gleichzeitig oder später eingezogene Schmuggelwaren erst ab dem Zeitpunkt eintreten können, zu dem die Waren die Zone verlassen haben, in der sich die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet.

Folglich ist, wenn die eingeführten Waren beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von den zuständigen Behörden vernichtet worden sind, bevor sie die erste im Zollgebiet der Gemeinschaft liegende Zollstelle verlassen haben, davon auszugehen, dass weder der Mehrwertsteuertatbestand noch der Mehrwertsteueranspruch im Sinne dieser Bestimmung eingetreten sind. Dies scheint auf die beiden Ausgangsfälle zuzutreffen, in denen die Waren auf dem Seeweg befördert worden sind.

Sind die Waren dagegen, nachdem sie die erste im Zollgebiet der Gemeinschaft liegende Zollstelle verlassen haben, von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen worden, ist gemäß Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie der Mehrwertsteuertatbestand bereits eingetreten und der Mehrwertsteueranspruch daher entstanden. Dies scheint auf den dritten Ausgangsfall zuzutreffen, in dem die Waren auf dem Landweg befördert worden sind.

Zweitens geht aus der dem Gerichtshof vorgelegten Frage hervor, dass das vorlegende Gericht wissen will, ob Art. 867a der Durchführungsverordnung in dem Sinne Bedeutung für das Entstehen des Mehrwertsteueranspruchs hat, dass die beschlagnahmten Waren als "einem Zolllagerverfahren" gemäß Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. c der Sechsten Richtlinie unterliegend anzusehen sind und damit der Mehrwertsteuertatbestand nicht eingetreten und der Mehrwertsteueranspruch nicht entstanden ist. Das vorlegende Gericht will auch wissen, ob für solche Waren das Eintreten des Steuertatbestands und des Steueranspruchs gemäß Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 2 dieser Richtlinie aufgeschoben sein kann.

Hierzu ist festzustellen, dass in Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 2 der Sechsten Richtlinie, der den Fall regelt, dass "Gegenstände[, die] vom Zeitpunkt ihrer Verbringung in die Gemeinschaft an einer der Regelungen nach Artikel 7 Absatz 3 [unterliegen]", die Wendung "vom Zeitpunkt ihrer Verbringung" dahin zu verstehen ist, dass die Waren die erste Zollstelle nicht verlassen haben und daher nicht in das Gebiet der Gemeinschaft eingeführt worden sind. Wenn die Waren bei ihrem Verbringen an einer Außengrenze der Gemeinschaft beschlagnahmt und eingezogen worden sind, treten daher der Steuertatbestand und der Steueranspruch nicht ein, und es stellt sich nicht die Frage, ob Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 und Art. 16 Abs. 1 Teil B dieser Richtlinie oder Art. 867a der Durchführungsverordnung möglicherweise Bedeutung für das Entstehen des Steueranspruchs hat. Dies gilt für die zwei Ausgangsfälle, in denen die Waren auf dem Seeweg eingeführt worden sind.

Dagegen hindern, wie in den Randnrn. 81 und 82 dieses Urteils zum Entstehen des Verbrauchsteueranspruchs festgestellt, Art. 867a der Durchführungsverordnung und Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie im Fall vorschriftswidrig in die Gemeinschaft verbrachter Waren, die von den zuständigen Behörden beschlagnahmt und eingezogen worden sind, nachdem sie über die erste Zollstelle hinaus gelangt waren, die Entstehung des Mehrwertsteueranspruchs auch dann nicht, wenn die Waren später in ein Zolllagerverfahren übergeführt worden sind. Dies scheint auf die Waren des dritten Ausgangsfalls zuzutreffen, die auf dem Landweg befördert worden sind.

Was drittens die Bedeutung des Erlöschens der Zollschuld gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex für den Mehrwertsteuertatbestand und den Mehrwertsteueranspruch anbelangt, so sind wegen der in Randnr. 91 dieses Urteils festgestellten Parallelität, die aufgrund von Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie zwischen dem Zolltatbestand und dem Zollanspruch und dem Mehrwertsteuertatbestand und dem Mehrwertsteueranspruch bei der Einfuhr der Waren besteht, die Erlöschensgründe für die Zollschuld und für den Mehrwertsteueranspruch dieselben.

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass die Art. 2 Nr. 2, Art. 7 und 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen sind, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei ihrem Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als nicht in die Gemeinschaft eingeführt anzusehen sind, so dass der Mehrwertsteuertatbestand hinsichtlich dieser Waren nicht eingetreten und der Mehrwertsteueranspruch daher nicht entstanden ist. Die Bestimmungen der Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. c der Sechsten Richtlinie sowie Art. 867a der Durchführungsverordnung sind jedoch dahin auszulegen, dass hinsichtlich der Waren, die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet, d. h. von dem Zeitpunkt an, zu dem sie die Zone verlassen haben, in der sich die erste innerhalb der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet, von diesen Behörden beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, der Mehrwertsteuertatbestand und der Mehrwertsteueranspruch eingetreten sind, auch wenn die Waren später einer Zollregelung unterstellt werden.

Zur vierten Frage

Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Zollbehörden des Mitgliedstaats, in dem eine vorschriftswidrige Einfuhr von Waren im Rahmen eines Transports mit Carnet TIR festgestellt worden ist, gemäß den Bestimmungen der Art. 215 in Verbindung mit 217 des Zollkodex, Art. 454 Abs. 2 und 3 der Durchführungsverordnung, Art. 7 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie und Art. 7 der Sechsten Richtlinie für die Erhebung von Zoll, Verbrauchsteuern und Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit den Schmuggelwaren zuständig sind, wenn die Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Waren vorschriftswidrig in die Gemeinschaft verbracht worden sind, diesen Verstoß nicht festgestellt und weder den Zoll noch diese Steuern erhoben haben.

Vorab ist festzustellen, dass diese Frage angesichts der Antworten auf die vorangegangenen Fragen nur den Ausgangsfall betrifft, in dem die Zigaretten auf dem Landweg über die polnisch-deutsche Grenze in die Gemeinschaft verbracht und anschließend von den dänischen Behörden an der dänisch-deutschen Grenze entdeckt und beschlagnahmt worden sind.

Außerdem müssen, wie die niederländische Regierung und die Kommission geltend machen, die Zuständigkeiten für die Erhebung der Zölle, der Verbrauchsteuer und der Mehrwertsteuer getrennt betrachtet werden.

Was erstens die Zuständigkeit für die Erhebung der Zölle anbelangt, folgt zunächst aus Art. 215 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Zollkodex, dass die Zollschuld "an dem Ort [entsteht], an dem der Tatbestand eintritt, der die Zollschuld entstehen lässt".

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann durch die Bestimmung des Ortes der Entstehung der Zollschuld festgestellt werden, welcher Mitgliedstaat für die Erhebung der Abgaben zuständig ist. Die genannte Vorschrift zielt daher darauf ab, die örtliche Zuständigkeit auf dem Gebiet der Erhebung der Zölle zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Road Air Logistics Customs, C-526/06, Slg. 2007, I-11337, Randnr. 26).

Ferner "sind [gemäß Art. 215 Abs. 3 des Zollkodex d]ie Zollbehörden im Sinne von Artikel 217 Absatz 1 ... die Zollbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Zollschuld diesem Artikel zufolge entsteht oder als entstanden gilt".

Wie bereits vorstehend in Randnr. 48 festgestellt, entsteht die Zollschuld schließlich gemäß Art. 202 des Zollkodex an dem Ort, an dem die zollpflichtigen Waren über die erste innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft liegende Zollstelle hinaus gelangt sind, ohne dort gestellt worden zu sein.

Aus den vorstehenden Bestimmungen in ihrem Zusammenhang ergibt sich somit, dass unter Umständen wie denen des betreffenden Ausgangsverfahrens die Behörden des Mitgliedstaats, der an der Außengrenze der Gemeinschaft gelegen ist, über welche die Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind, d. h. im fraglichen Ausgangsfall die deutschen Behörden, für die Erhebung der Zölle zuständig sind, und zwar auch, wenn dieses vorschriftswidrige Verbringen der Waren später im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats festgestellt worden ist.

Außerdem geht, wie DTL ausgeführt hat, aus Art. 454 der Durchführungsverordnung hervor, dass die vorstehend erwähnte Zuständigkeitsverteilung auch bei Transporten mit Carnet TIR gilt.

Zweitens ist festzustellen, dass sich die Zuständigkeit für die Erhebung der Mehrwertsteuer aus Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ergibt.

Denn zum einen bestimmt Art. 7 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie, dass "[d]ie Einfuhr eines Gegenstands ... in dem Mitgliedstaat [erfolgt], in dessen Hoheitsgebiet sich der Gegenstand zu dem Zeitpunkt befindet, in dem er in die Gemeinschaft verbracht wird". Zum anderen sieht Art. 10 Abs. 3, wie bereits in Randnr. 90 dieses Urteils festgestellt, vor, dass "[d]er Steuertatbestand und der Steueranspruch ... zu dem Zeitpunkt [eintreten], zu dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt".

Folglich ist der Mehrwertsteueranspruch ebenso wie die Zollschuld in dem Mitgliedstaat entstanden, in den die Waren vorschriftswidrig in die Gemeinschaft verbracht worden sind; daher sind die Behörden dieses Mitgliedstaats, im fraglichen Ausgangsverfahren also die deutschen Behörden, für die Erhebung dieser Steuer zuständig.

Was schließlich die Zuständigkeit für die Erhebung der Verbrauchsteuern anbelangt, sieht Art. 7 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie u. a. vor, dass diese Steuern in dem Fall, dass die verbrauchsteuerpflichtigen Waren in einem anderen Mitgliedstaat bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind und sich zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat befinden, von diesem anderen Mitgliedstaat erhoben werden.

Im vorliegenden Fall befinden sich die Waren wahrscheinlich zu gewerblichen Zwecken in dem Mitgliedstaat, in dem sie entdeckt und beschlagnahmt worden sind. Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, das als einziges den bei ihm anhängigen Rechtsstreit unmittelbar kennt, zu prüfen, ob dies der Fall ist.

Wenn dies der Fall ist, ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie, dass die Behörden desjenigen Mitgliedstaats für die Erhebung der Verbrauchsteuer zuständig sind, in dem die vorschriftswidrig in die Gemeinschaft verbrachten Waren entdeckt und beschlagnahmt worden sind. Im angesprochenen Ausgangsfall sind das die dänischen Behörden.

Wenn dies nicht der Fall ist, bleibt gemäß Art. 6 der Verbrauchsteuerrichtlinie der erste Einfuhrmitgliedstaat, in der betreffenden Rechtssache also die Bundesrepublik Deutschland, für die Erhebung der Verbrauchsteuer zuständig, und zwar auch, wenn die vorschriftswidrig verbrachten Waren erst später von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats entdeckt worden sind.

Auf die vierte Frage ist daher zu antworten, dass die Art. 202, 215 Abs. 1 und 3 und Art. 217 des Zollkodex sowie die Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen sind, dass die Behörden des Mitgliedstaats, der an der Außengrenze der Gemeinschaft gelegen ist, über welche Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind, für die Erhebung der Zölle und der Mehrwertsteuer zuständig sind, auch wenn diese Waren später in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden sind, wo sie entdeckt und dann beschlagnahmt worden sind. Die Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie sind dahin auszulegen, dass die Behörden des letztgenannten Mitgliedstaats für die Erhebung der Verbrauchsteuern zuständig sind, vorausgesetzt, dass diese Waren sich dort zu gewerblichen Zwecken befinden. Es obliegt dem vorlegenden Gericht, zu entscheiden, ob diese Bedingung in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit erfüllt ist.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1. Die Waren, die bei ihrem Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden in der Zone, in der sich die erste an einer Außengrenze der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet, in Verwahrung genommen und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, fallen unter den Tatbestand "beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen" des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 955/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom geänderten Fassung, so dass die Zollschuld gemäß dieser Bestimmung erlischt.

2. Die Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren in der durch die Richtlinie 96/99/EG des Rates vom 30. Dezember 1996 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei ihrem Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als nicht in die Gemeinschaft eingeführt anzusehen sind, so dass für diese Waren der Steuertatbestand nicht eintritt. Die Waren, die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet, d. h. nach dem Verlassen der Zone, in der sich die erste innerhalb dieses Gebiets liegende Zollstelle befindet, von diesen Behörden beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, gelten nicht als "unter Steueraussetzung stehend" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. a und Art. 98 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/99 geänderten Fassung und Art. 867a Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1662/1999 der Kommission vom 28. Juli 1999 geänderten Fassung, so dass hinsichtlich dieser Waren der Steuertatbestand eintritt und der Verbrauchsteueranspruch entsteht.

3. Die Art. 2 Nr. 2, Art. 7 und 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 1999/85/EG des Rates vom 22. Oktober 1999 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als nicht in die Gemeinschaft eingeführt anzusehen sind, so dass der Mehrwertsteuertatbestand hinsichtlich dieser Waren nicht eingetreten und der Mehrwertsteueranspruch daher nicht entstanden ist. Die Bestimmungen der Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. c dieser Richtlinie sowie Art. 867a der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 1662/1999 geänderten Fassung sind jedoch dahin auszulegen, dass hinsichtlich der Waren, die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet, d. h. von dem Zeitpunkt an, zu dem sie die Zone verlassen haben, in der sich die erste innerhalb der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet, von diesen Behörden beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, der Mehrwertsteuertatbestand und der Mehrwertsteueranspruch eingetreten sind, auch wenn die Waren später einer Zollregelung unterstellt werden.

4. Die Art. 202, 215 Abs. 1 und 3 und Art. 217 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/1999 geänderten Fassung sowie die Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 1999/85 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Behörden des Mitgliedstaats, der an der Außengrenze der Gemeinschaft gelegen ist, über welche Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind, für die Erhebung der Zölle und der Mehrwertsteuer zuständig sind, auch wenn diese Waren später in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden sind, wo sie entdeckt und dann beschlagnahmt worden sind. Die Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 92/12 in der durch die Richtlinie 96/99 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Behörden des letztgenannten Mitgliedstaats für die Erhebung der Verbrauchsteuern zuständig sind, vorausgesetzt, dass diese Waren sich dort zu gewerblichen Zwecken befinden. Es obliegt dem vorlegenden Gericht, zu entscheiden, ob diese Bedingung in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit erfüllt ist.

Fundstelle(n):
UAAAD-45043