BGH Beschluss v. - VIII ZR 296/08

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG Kassel, 1 S 132/08 vom AG Kassel, 412 C 148/08 vom

Gründe

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die sich hier stellende Frage, wann in den Fällen der Beratung von Schuldnern durch Schuldnerhilfe-Einrichtungen unter Einbeziehung von Rechtsanwälten die Grenze der erlaubnispflichtigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des mit Wirkung zum außer Kraft getretenen, auf den vorliegenden Fall noch anzuwendenden Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG überschritten wird, ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine erlaubnispflichtige geschäftsmäßige Rechtsbesorgung im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten (st. Rspr.; vgl. BGHZ 38, 71, 75; BGHZ 48, 12, 18 f.; , NJW 1995, 3122, unter II 2 a; Urteil vom - I ZR 14/99, WM 2002, 2022, unter II 2 b; Urteil vom - I ZR 7/04, NJW 2007, 596, Tz. 16). Bei der Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Daher ist zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht ( aaO.; Urteil vom , aaO.). Diese Definition begegnet auch aus verfassungsrechtlicher Sicht keinen Bedenken (BVerfG, NJW 2002, 3531, 3532). Insgesamt hält das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf Art. 12 GG eine zurückhaltende Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes für geboten (BVerfG, aaO.; BVerfGE 97, 12, 27; vgl. auch , NJW 2004, 2516, unter II 2).

Über diese Grundsätze hinaus hat der Bundesgerichtshof auch bereits Maßstäbe für die Beurteilung der Frage entwickelt, ab wann eine Dienstleistung für verschuldete Personen die Grenze der erlaubnispflichtigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten überschreitet. Gleiches gilt für die Fallkonstellation, dass im Zusammenhang mit einer solchen Dienstleistung die Beteiligung eines Rechtsanwalts erfolgt. Damit sind auch diese Rechtsfragen hinreichend geklärt.

Die Regulierung fremder Schulden stellt grundsätzlich eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar, da eine solche Tätigkeit ihrer Natur nach darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten und zu verändern. Darauf, ob es sich um rechtliche Tätigkeiten schwieriger oder einfacher Art handelt, kommt es für die Anwendung des Art. 1 § 1 RBerG nicht an (, NJW 1987, 3003, unter II 1). Von einer Schuldenregulierung in dem vorgenannten Sinne ist etwa auszugehen im Falle einer inhaltlichen Prüfung der gegen den Schuldner gerichteten Forderungen, der Vorbereitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nach den §§ 305 ff. InsO sowie der Geltendmachung eigener Forderungen des Schuldners gegen seine Gläubiger ( aaO.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den Erlaubnisvorbehalt nach dem RBerG nicht darauf an, ob der Vertragspartner des Rechtsuchenden sich zur Erfüllung seiner Beratungspflichten eines zugelassenen Rechtsberaters bedient ( aaO., unter II 4; Urteil vom - III ZR 260/07, NJW 2008, 3069, Tz. 19; Urteil vom - I ZR 166/06, WM 2009, 1953, Tz. 23). Wer fremde Rechtsangelegenheiten besorgt, muss hierzu in eigener Person befugt sein; die Einbeziehung eines Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfe des nicht zur Rechtsberatung berechtigten Auftragnehmers reicht nicht aus ( aaO., unter II 3, 4). Der Gesetzgeber hat erst kürzlich im Zusammenhang mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts eine Abkehr hiervon erwogen, soweit die Dienstleistung ausschließlich im Interesse des Rechtsuchenden und frei von Weisungen des Dienstherrn erfolge (BT-Drs. 16/3655, S. 38, 56 f.). Der Gesetzgeber hat letztlich davon jedoch Abstand genommen und eine Tätigkeit des zugelassenen Rechtsberaters als Erfüllungsgehilfe eines nicht anwaltlichen Unternehmens weiter nicht zugelassen. Die gesonderte Einschaltung eines Rechtsanwalts oder eines zugelassenen Rechtsberaters bleibt daher erforderlich (vgl. BT-Drs. 16/6634, S. 6, 51 f.; aaO., Tz. 20). Der Bundesgerichtshof hat deshalb auch unter der Geltung des am in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetzes an seiner oben genannten Rechtsprechung festgehalten ( aaO., Tz. 24).

Der Bundesgerichtshof hat auch bereits die Frage entschieden, wie bei der Auslegung vertraglicher Vereinbarungen, bei denen ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz jedenfalls bei einer bestimmten Auslegung anzunehmen wäre, zu verfahren ist. Da die Vertragschließenden in aller Regel eine von ihrem Willen unabhängige Gefährdung des Vertragszwecks nicht in Kauf nehmen wollen, ist nur die Auslegung nach beiden Seiten interessengerecht, die die Nichtigkeit des angestrebten Vertrages vermeidet (BGHZ 152, 153, 159).

Weitergehende, durch die hier entwickelten Grundsätze nicht abgedeckte Rechtsfragen wirft die Sache nicht auf.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat die oben aufgezeigten Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Es hat eine umfassende, an den vorgenannten Grundsätzen ausgerichtete Würdigung des Vertragsinhalts und des übrigen Parteivorbringens vorgenommen und hierbei auch die aus Sicht der Revision für eine unerlaubte Rechtsberatung und damit für einen möglichen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz sprechenden Gesichtspunkte einbezogen. Wenn das Berufungsgericht aufgrund dieser Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, die zu erbringende Dienstleistung habe lediglich eine vorbereitende Funktion, ihr Kern und Schwerpunkt liege daher in der Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange, während die eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten beinhaltenden Schritte von einem durch den Kunden gesondert zu beauftragenden, unter den gegebenen Voraussetzungen nicht als Erfüllungsgehilfe der Lizenzgeberin anzusehenden Rechtsanwalt vorzunehmen gewesen seien, so ist hiergegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Das Berufungsgericht hat angesichts des Ergebnisses seiner Würdigung folgerichtig einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und damit auch eine Nichtigkeit des Lizenzvertrags verneint.

Ohne Aussicht auf Erfolg ist die Revision auch, soweit sie eine Nichtigkeit des "Kooperations- und Lizenzvertrages" daraus ableiten will, dass ein zwischen dem Kläger und einer Kundin geschlossener Vertrag über die Durchführung einer Finanzanalyse wegen Vereinbarung einer sittenwidrig überhöhten Vergütung nichtig sei (§ 138 BGB). Die Annahme des Berufungsgerichts, wonach der mit der Klage geltend gemachte Anspruch, der das Verhältnis von Lizenzgeber und Lizenznehmer betrifft, hierauf nicht gestützt werden könne, begegnet revisionsrechtlich keinen Bedenken.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Fundstelle(n):
QAAAD-38071