EuGH Urteil v. - C-140/08

Gefrorene Teile oder Schlachtnebenerzeugnisse von Hühnern - Verordnung (EG) Nr. 1972/2003

Leitsatz

1. Tarifierung gefrorener Teile oder Schlachtnebenerzeugnisse von Hühnern nach dem Gemeinsamer Zolltarif [Kombinierte Nomenklatur]; Separatorenfleisch; Erhebung einer Abgabe auf den überschüssigen Lagerbestand; Rakvere Lihakombinaat AS gegen Pollumajandusministeerium1. Die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Erzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die aus gefrorenem, durch maschinelles Entbeinen von Hühnern gewonnenem Separatorenfleisch bestehen und für die menschliche Ernährung bestimmt sind, in die Unterposition 0207 14 10 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen sind.

2. Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1972/2003 der Kommission vom 10. November 2003 über die aufgrund des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei zu treffenden Übergangsmaßnahmen für den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 230/2004 der Kommission vom 10. Februar 2004 geänderten Fassung steht einer nationalen Bestimmung wie § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Abgabe auf überschüssige Lagerbestände (Üleliigse laovaru tasu seadus) in der durch das Gesetz vom geänderten Fassung nicht entgegen, wonach der überschüssige Lagerbestand eines Marktteilnehmers so festgestellt wird, dass von dem am tatsächlich vorhandenen Lagerbestand der Übergangsbestand abgezogen wird, der als der mit einem Koeffizienten von 1,2 multiplizierte Durchschnitt der am 1. Mai der letzten vier Jahre vorhandenen Lagerbestände definiert ist, wobei dieser Koeffizient dem in dem betreffenden Mitgliedstaat in diesem Vierjahreszeitraum festgestellten Wachstum der landwirtschaftlichen Erzeugung entspricht.

3. Die Verordnung Nr. 1972/2003 steht der Erhebung einer Abgabe auf den überschüssigen Lagerbestand eines Marktteilnehmers auch dann nicht entgegen, wenn dieser nachweisen kann, dass er bei der Vermarktung dieses Lagerbestands nach dem keinen Gewinn erzielt hat.

Instanzenzug: Tallinna Halduskohus (Estland) - Entscheidung vom (Verfahrensverlauf),

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 (ABl. L 281, S. 1) geänderten Fassung sowie die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1972/2003 der Kommission vom über die aufgrund des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei zu treffenden Übergangsmaßnahmen für den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 293, S. 3) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 230/2004 der Kommission vom 10. Februar 2004 (ABl. L 39, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1972/2003).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Rakvere Lihakombinaat AS (im Folgenden: RLK) einerseits und dem Põllumajandusministeerium (Ministerium für Landwirtschaft) sowie dem Maksu- ja Tolliameti Ida maksu- ja tollikeskus (Steuer- und Zollamt, Steuer- und Zollzentrum Ost, im Folgenden: MTA) andererseits über die Erhebung von Abgaben auf überschüssige Lagerbestände an gefrorenem Hühnerfleisch.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Kombinierte Nomenklatur

Die durch die Verordnung Nr. 2658/87 eingeführte Kombinierte Nomenklatur (im Folgenden: KN) beruht auf dem weltweiten Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, ausgearbeitet und durch das am in Brüssel geschlossene internationale Übereinkommen eingeführt wurde, das im Namen der Europäischen Gemeinschaft mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom (ABl. L 198, S. 1) genehmigt wurde. Die KN übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS; nur die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen.

In der Fassung des HS von 2002 enthält die in Kapitel 2 aufgeführte Position 0207 ("Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse von Hausgeflügel der Position 0105, frisch, gekühlt oder gefroren") für die Einreihung von Hühnern die Unterposition 0207 14 ("Teile und Schlachtnebenerzeugnisse, gefroren").

Im Abschnitt "Allgemeines" der Erläuterungen zu Kapitel 2 des HS über Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse heißt es:

"Zu diesem Kapitel gehören Fleisch in Form von ganzen Tierkörpern (d. h. Tierkörper mit oder ohne Kopf), halben Tierkörpern ..., Vierteln, anderen Teilen usw., Schlachtnebenerzeugnisse, Mehl und Pulver von Fleisch und von Schlachtnebenerzeugnissen aller Tiere ..., soweit zur menschlichen Ernährung geeignet.

...

Schlachtnebenerzeugnisse können allgemein in vier Gruppen eingeteilt werden:

1) Solche, die hauptsächlich zur menschlichen Ernährung verwendet werden (z. B. Köpfe und Teile davon - einschließlich Ohren -, Füße, Schwänze, Herz, Zunge, Nierenzapfen, Saumfleisch, Bauchnetz, Schlunde, Thymusdrüsen).

2) Solche, die nur zur Herstellung pharmazeutischer Erzeugnisse verwendet werden (z. B. Gallenblase, Nebennieren, Placenta).

3) Solche, die zur menschlichen Ernährung oder zur Herstellung pharmazeutischer Erzeugnisse verwendet werden können, (z. B. Lebern, Nieren, Lungen, Hirn, Bauchspeicheldrüsen, Milz, Rückenmark, Eierstöcke, Gebärmutter, Hoden, Euter, Schilddrüsen, Hirnanhangdrüsen).

4) Solche, wie Häute, die zur menschlichen Ernährung oder zu anderen Zwecken (z. B. Herstellen von Leder) verwendet werden können.

...

Zu diesem Kapitel gehören nur Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse von nachstehend angegebener Beschaffenheit, wobei es unerheblich ist, ob sie eine wenig starke Wärmebehandlung durch heißes Wasser oder Wasserdampf (wie Überdämpfen oder Blanchieren) erfahren haben, die keinen wirklichen Kochprozess darstellt:

1) Frisch ...

2) Gekühlt ...

3) Gefroren ...

4) Gesalzen, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert.

...

Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse der vorstehend unter 1) bis 4) genannten Beschaffenheit bleiben auch dann in diesem Kapitel, wenn sie ... in Stücke oder Scheiben geschnitten oder gehackt sind."

Die auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbare Fassung der KN beruht auf der am in Kraft getretenen Verordnung Nr. 1789/2003. Teil II der KN enthält den Zolltarif. Dessen Abschnitt I ("Lebende Tiere und Waren tierischen Ursprungs") enthält ein Kapitel 2 ("Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse"), in dem die Position 0207 aufgeführt ist, die wie folgt lautet:

"0207 Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse von Hausgeflügel der Position 0105, frisch, gekühlt oder gefroren:

- von Hühnern:

...

0207 14 - - Teile und Schlachtnebenerzeugnisse, gefroren:

- - - Teile

0207 14 10 - - - - entbeint

...

- - - Schlachtnebenerzeugnisse:

0207 14 91 - - - - Lebern

0207 14 99 - - - - andere."

In den am veröffentlichten Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 256, S. 1) heißt es in den Nrn. 2, 4, und 5 des Abschnitts "Allgemeines" zu Teil II Abschnitt I Kapitel 2 der KN:

"2. Wegen der Begriffe 'Fleisch' und 'Schlachtnebenerzeugnisse' im Sinne dieses Kapitels wird auf die Erläuterungen zu Kapitel 2 des HS, Abschnitt 'Allgemeines' hingewiesen.

...

4. Wegen der Unterscheidung zwischen Fleisch und Schlachtnebenerzeugnissen dieses Kapitels und Erzeugnissen des Kapitels 16, wird ebenfalls auf die Erläuterungen zu Kapitel 2 des HS, Abschnitt 'Allgemeines' hingewiesen. Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse, roh, grob oder fein zerkleinert, jedoch nicht anders zubereitet, die lediglich zur besseren Handhabung und zu Transportzwecken in eine Kunststoff-Folie (auch in Form einer Wurst) abgefüllt sind, verbleiben im Kapitel 2.

5. Zu Zwecken der Unterscheidung zwischen Teilen ohne Knochen und Teilen mit Knochen gelten Knorpel und Sehnen nicht als Knochen."

Nach der Erläuterung zu den Unterpositionen 0207 14 10 bis 0207 14 99 gelten die Erläuterungen zu den Unterpositionen 0207 13 10 bis 0207 13 99 sinngemäß. Darin heißt es:

"0207 13 10 entbeint

Hierher gehört Fleisch von Hühnern, ohne Knochen, ohne Rücksicht auf den Teil des Tierkörpers, von dem es stammt.

...

0207 13 99 andere

Hierher gehören genießbare Schlachtnebenerzeugnisse, insbesondere Herzen, Kämme und Kehllappen, ausgenommen Lebern.

Hierher gehören auch Hühnerfüße."

Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN, die in deren Teil I Titel I Buchst. A enthalten sind, bestimmen:

"Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

2. ...

b) Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. ... Solche Mischungen ... werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht.

3. Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a) Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten ... Ware enthaltenen Stoffe ... bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b) Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

..."

Verordnung Nr. 1972/2003

Nach Art. 41 Abs. 1 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33) kann die Kommission der Europäischen Gemeinschaften Maßnahmen erlassen, um den Übergang auf die Regelung, die sich aus der Anwendung der gemeinsamen Agrarpolitik ergibt, für die neuen Mitgliedstaaten zu erleichtern. Nach dieser Vorschrift können diese Übergangsmaßnahmen "während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Beitritt erlassen werden, und ihre Anwendung ist auf diesen Zeitraum zu beschränken". Die Kommission hat die Verordnung Nr. 1972/2003 insbesondere auf der Grundlage dieser Bestimmung erlassen.

Nach ihrem ersten Erwägungsgrund dient die Verordnung Nr. 1972/2003 der "Vermeidung von Verkehrsverlagerungen, die die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte aufgrund des Beitritts von zehn neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Union am beeinträchtigen könnten". Angesichts dieser Gefahr heißt es im dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung, dass "abschreckende Abgaben auf Überschussbestände in den neuen Mitgliedstaaten erhoben werden" sollten.

Zu diesem Zweck schreibt Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1972/2003 den neuen Mitgliedstaaten vor, auf am 1. Mai 2004 bestehende Überschussbestände von Erzeugnissen im freien Verkehr eine Abgabe zu erheben. Art. 4 Abs. 5 bestimmt, dass diese Verpflichtung im Fall Estlands u. a. für Waren mit dem Code 0207 14 10 der KN gilt.

Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1972/2003 sieht vor:

"Bei der Bestimmung der Überschussbestände jedes Besitzers berücksichtigen die neuen Mitgliedstaaten insbesondere

a) die durchschnittlichen Bestände in den Jahren vor dem Beitritt,

b) die Handelsströme in den Jahren vor dem Beitritt,

c) die Umstände, unter denen die Bestände gebildet wurden.

Der Begriff Überschussbestände gilt sowohl für in die neuen Mitgliedstaaten eingeführte Erzeugnisse wie auch für Erzeugnisse mit Ursprung in den neuen Mitgliedstaaten. Er gilt auch für Erzeugnisse, die für den Markt der neuen Mitgliedstaaten bestimmt sind.

..."

Um die vorschriftsmäßige Anwendung der Abgabe auf die Überschussbestände zu gewährleisten, hatten die neuen Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 4 dieser Verordnung unverzüglich eine Bestandsaufnahme der zum verfügbaren Erzeugnisse durchzuführen und der Kommission bis spätestens die Mengen der Überschussbestände mitzuteilen.

Gemäß ihrem Art. 10 galt die Verordnung Nr. 1972/2003 vom bis zum .

Verordnung Nr. 853/2004

In Nr. 1.14 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139, S. 55, und Berichtigung ABl. 2004, L 226, S. 22) wird "Separatorenfleisch" wie folgt definiert:

"Erzeugnis, das durch Ablösung des an fleischtragenden Knochen nach dem Entbeinen bzw. an den Geflügelschlachtkörpern haftenden Fleisches auf maschinelle Weise so gewonnen wird, dass die Struktur der Muskelfasern sich auflöst oder verändert wird".

Nationales Recht

Am verabschiedete das estnische Parlament das Gesetz über die Abgabe auf überschüssige Lagerbestände (Üleliigse laovaru tasu seadus, RT I 2004, 30, 203).

Mit Urteil vom erklärte der Riigikohus (Staatsgerichtshof) § 6 Abs. 1 dieses Gesetzes für unanwendbar, da es nicht mit der Verordnung Nr. 1972/2003 vereinbar sei. Der Riigikohus war der Auffassung, dass die in dieser Vorschrift enthaltene Vorgabe, bei der Berechnung des Übergangsbestands einen Koeffizienten von 1,2 anzuwenden, keine hinreichend differenzierende Behandlung der einzelnen Marktteilnehmer erlaube.

Zur Durchführung dieser Entscheidung nahm das estnische Parlament mit Gesetz vom (RT I 2007, 12, 65) mehrere Änderungen an dem ursprünglichen Gesetz vor. Dieses trat in der geänderten Fassung (im Folgenden: ÜLTS) am 16. Februar 2007 in Kraft und regelt rückwirkend die seit dem entstandenen Sachverhalte.

Nach § 7 ÜLTS ist der überschüssige Lagerbestand die Differenz zwischen dem Lagerbestand am und dem Übergangsbestand.

§ 6 Abs. 1 ÜLTS definiert den Begriff "Übergangsbestand" als das 1,2-Fache des jährlichen Durchschnittsbestands der letzten vier Jahre vor dem Beitritt der Republik Estland zur Union (2000 bis 2003). Um die Schärfe dieser Bestimmung für diejenigen Unternehmer abzumildern, die in diesen vier Referenzjahren keine einschlägige Tätigkeit ausgeübt haben, sieht § 6 darüber hinaus zwei Sonderbestimmungen vor. Zum einen hat ein Unternehmer, der die Tätigkeit auf dem relevanten Markt nach 2003 aufgenommen hat, nachzuweisen, dass der Umfang seines Lagerbestands am "dem Umfang [entspricht], den er gewöhnlich erzeugen, verkaufen oder auf andere Weise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder erwerben kann". Zum anderen hat der Übergangsbestand bei denjenigen dieser Unternehmer, die am mindestens ein Jahr lang auf dem relevanten Markt tätig waren, gemäß § 6 Abs. 3 den Umfang des 1,2-Fachen "des Durchschnittsbestands am 1. Mai der letzten Tätigkeitsjahre" oder des Bestands am .

Nach § 10 ÜLTS werden der Übergangsbestand und der überschüssige Lagerbestand vom Landwirtschaftsministerium auf der Grundlage der Erklärung des Unternehmers berechnet. Auf begründeten Antrag dieses Unternehmers kann dieses Ministerium bestimmte Umstände berücksichtigen, die eine von Spekulationsgeschäften unabhängige Erhöhung der Lagerbestände erklären können, wie den Anstieg des Erzeugungs-, Verarbeitungs- oder Verkaufsvolumens des Unternehmers während des vorangegangenen Jahres, die Zeit für das Ausreifen der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, den Umstand, dass die Lagerbestände vor dem dritten Quartal 2003 gebildet wurden, eine Verringerung des Ausfuhr- oder Verkaufsvolumens aus vom Unternehmer unabhängigen Gründen oder andere Umstände, auf die dieser keinen Einfluss hat.

Die letztgenannten Bestimmungen werden durch § 23 ÜLTS ergänzt, in dem eine Reihe von Umständen festgelegt sind, unter denen ein höherer Übergangsbestand ausgesetzt werden kann, um der Entwicklung der Tätigkeit des Marktteilnehmers in der Zeit vom bis zum Rechnung zu tragen.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

RLK ist ein estnisches Unternehmen des Agrarnahrungsmittelsektors. Bei der Herstellung ihrer Produkte verwendet RLK gefrorene Teile von maschinell entbeintem Geflügelfleisch, sogenanntes Separatorenfleisch.

Mit Entscheidung vom setzte der Minister für Landwirtschaft den überschüssigen Lagerbestand der RLK an gefrorenen Teilen von Hühnern auf 83 462 kg fest. Am erließ das MTA daher einen Abgabenbescheid über 1 337 237 EEK (ca. 90 000 Euro nach dem aktuellen Wechselkurs) als Abgabe auf überschüssige Lagerbestände.

RLK macht im Rahmen der Klage, mit der sie beim vorlegenden Gericht gegen diesen Abgabenbescheid vorgegangen ist, geltend, die fraglichen Waren fielen nicht unter die Unterposition 0207 14 10, sondern unter die Unterposition 0207 14 99, so dass auf sie diese Abgabe nicht erhoben werden könne. Bei den Waren handele es sich nämlich nicht um gefrorene Teile von Hühnern, sondern um einen Brei aus Fleisch- und weichen Gewebeteilen, die durch eine maschinelle Behandlung der Hühnerknochen gewonnen worden seien. Außerdem stehe die Verordnung Nr. 1972/2003 bestimmten Vorschriften des ÜLTS über die Berechnung der überschüssigen Lagerbestände entgegen.

Da das Tallinna Halduskohus (Verwaltungsgericht Tallinn) Zweifel hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren und bezüglich der Auslegung der Verordnung Nr. 1972/2003 hat, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist gefrorenes, durch maschinelles Entbeinen von Hühnern gewonnenes Separatorenfleisch (der Begriff Separatorenfleisch ist erstmals in Nr. 1.14 des Anhangs I der Verordnung Nr. 853/2004 bestimmt worden) nach Stand vom in KN-Code 0207 14 10 oder KN-Code 0207 14 99 einzureihen?

2. Wenn das in Frage 1 beschriebene Erzeugnis in KN-Code 0207 14 10 einzureihen ist:

a) Ist es mit Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1972/2003 unvereinbar, den überschüssigen Lagerbestand eines Marktteilnehmers in der Weise zu bestimmen, dass (als Übergangsbestand) automatisch der um den Faktor 1,2 erhöhte durchschnittliche Lagerbestand des Marktteilnehmers abgezogen wird, der in den letzten vier Tätigkeitsjahren vor dem am 1. Mai vorhanden war?

b) Wenn die Frage zu bejahen ist, fiele dann die Antwort anders aus, wenn bei der Bestimmung des Übergangsbestands und des überschüssigen Lagerbestands auch ein Anstieg des Erzeugungs-, Verarbeitungs- oder Verkaufsvolumens des Marktteilnehmers, die Zeit für das Ausreifen des landwirtschaftlichen Erzeugnisses, die Zeit der Bildung der Lagerbestände sowie andere, von dem Marktteilnehmer unabhängige Umstände berücksichtigt werden können?

3. Steht es im Einklang mit dem Ziel der Verordnung Nr. 1972/2003, die Abgabe auf überschüssige Lagerbestände auch dann zu erheben, wenn bei dem Marktteilnehmer für den ein überschüssiger Lagerbestand festgestellt wird, er jedoch nachweist, dass er aus der Vermarktung des überschüssigen Lagerbestands nach dem keinen tatsächlichen Vorteil in Gestalt eines Preisunterschieds gezogen hat?

Vorfrage

RLK trägt vor, dass ihr die Verordnungen Nrn. 1789/2003 und 1972/2003 nicht entgegengehalten werden könnten, da diese zum Zeitpunkt des Beitritts der Republik Estland zur Union nicht in estnischer Sprache im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht gewesen seien. Sie beruft sich hierbei auf das Urteil vom , Skoma-Lux (C-161/06, Slg. 2007, I-10841).

Diese Unanwendbarkeit der Verordnung Nr. 1972/2003 stehe auch der Anwendung des ÜLTS entgegen, denn dieses in seiner ursprünglichen Fassung am amtlich bekannt gemachte Gesetz enthalte u. a. zahlreiche Bezugnahmen auf diese Verordnung. Durch die verspätete Bekanntmachung des ÜLTS sei es den Marktteilnehmern nicht möglich gewesen, rechtzeitig über die vom 1. Mai 2004 an geltende Regelung über die Erhebung von Abgaben auf Überschussbestände unterrichtet zu sein.

Obwohl diese Frage in der Vorlageentscheidung nicht angesprochen wird, ist das vorlegende Gericht darauf hinzuweisen, dass ein von einem Gemeinschaftsorgan erlassener Rechtsakt wie die Verordnung Nr. 1789/2003 oder die Verordnung Nr. 1972/2003 gegenüber natürlichen und juristischen Personen in einem Mitgliedstaat nicht angewandt werden darf, bevor diese die Möglichkeit hatten, von ihm durch eine ordnungsgemäße Veröffentlichung im Amtsblatt Kenntnis zu nehmen (Urteil Skoma-Lux, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Art. 58 der in Randnr. 10 des vorliegenden Urteils erwähnten Beitrittsakte bestimmt: "Die vor dem Beitritt erlassenen und vom Rat, der Kommission oder der Europäischen Zentralbank in tschechischer, estnischer, ungarischer, lettischer, litauischer, maltesischer, polnischer, slowakischer und slowenischer Sprache abgefassten Rechtsakte der Organe und der Europäischen Zentralbank sind vom Tag des Beitritts an unter den gleichen Bedingungen wie die Wortlaute in den elf derzeitigen Sprachen verbindlich. Sie werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, sofern die Wortlaute in den derzeitigen Sprachen auf diese Weise veröffentlicht worden sind."

Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass nach dieser Vorschrift Verpflichtungen aus einer Gemeinschaftsverordnung, die nicht im Amtsblatt der Europäischen Union in der Sprache eines neuen Mitgliedstaats veröffentlicht worden ist, obwohl diese Sprache eine Amtssprache der Union ist, Einzelnen in diesem Mitgliedstaat nicht auferlegt werden können, auch wenn diese Personen auf anderem Wege Kenntnis von der Regelung hätten nehmen können. Dass eine Gemeinschaftsverordnung gegenüber dem Einzelnen in einem Mitgliedstaat, in dessen Sprache sie nicht veröffentlicht worden ist, nicht anwendbar ist, hat jedoch keine Auswirkung darauf, dass sie als Bestandteil des gemeinschaftlichen Besitzstands für den betreffenden Mitgliedstaat ab dem Tag seines Beitritts verbindlich ist (Urteil Skoma-Lux, Randnrn. 51 und 59).

Mit dem Erlass des ÜLTS in der ursprünglichen Fassung am hat Estland die sich aus der Verordnung Nr. 1972/2003 ergebenden Verpflichtungen umgesetzt, indem es eine Abgabe auf überschüssige Lagerbestände an landwirtschaftlichen Erzeugnissen eingeführt und die Modalitäten für die Berechnung dieser Abgabe festgelegt hat. Das ÜLTS begründet damit in Estland Verpflichtungen zulasten der Einzelnen, ungeachtet der Tatsache, dass die genannte Verordnung nicht auf sie angewandt werden darf, bevor sie die Möglichkeit hatten, durch eine ordnungsgemäße Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in der Sprache dieses Mitgliedstaats von ihr Kenntnis zu nehmen.

Der Gerichtshof hat daher bereits entschieden, dass der aus dem Urteil Skoma-Lux hervorgegangene Grundsatz einer Anwendung der in das ÜLTS übernommenen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1972/2003 auf die Einzelnen nicht entgegensteht. Gleichwohl könnte diesem Grundsatz ein schmales Anwendungsfeld in dem Fall verbleiben, dass einzelne mit dem ÜLTS nicht durchgeführte Bestimmungen dieser Verordnung vor deren offizieller Veröffentlichung in estnischer Sprache von den estnischen Behörden gegenüber Einzelnen geltend gemacht würden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, gegebenenfalls das ÜLTS auszulegen, um zu prüfen, ob dies der Fall ist (Urteil vom , Balbiino, C-560/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 32).

Die Verordnung Nr. 1972/2003 bestimmt die Waren, die der Abgabe auf Überschussbestände unterliegen, durch Bezugnahme auf die Unterpositionen der KN, unter die diese Waren fallen. Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob und inwieweit das nationale Recht die auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbare KN, die sich aus der Verordnung Nr. 1789/2003 ergibt, vor der amtlichen Veröffentlichung dieser Verordnung in estnischer Sprache übernommen und es den Einzelnen damit ermöglicht hat, von Inhalt und Aufbau der im Ausgangsverfahren einschlägigen Unterposition 0207 14 Kenntnis zu nehmen.

Zur ersten Frage

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob gefrorenes Separatorengeflügelfleisch in die Unterposition 0207 14 10 oder 0207 14 99 einzureihen ist.

Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

RLK trägt vor, gefrorenes Separatorengeflügelfleisch könne nicht mit den entbeinten Geflügelfleischteilen der Unterposition 0207 14 10 gleichgesetzt werden. Angesichts der charakteristischen Merkmale von gefrorenem Separatorengeflügelfleisch und der Definition von Separatorenfleisch in Nr. 1.14 des Anhangs I der Verordnung Nr. 853/2004 sei dieses Erzeugnis in die Unterposition 0207 14 99 einzureihen.

In der Zeit zwischen dem 16. Februar und dem sei Separatorenfleisch nach einer nationalen Verordnung in eine Unterposition 0207 14 99 11 eingereiht worden. RLK habe daher nicht damit rechnen können, dass diese zolltarifliche Einreihung später in Frage gestellt würde.

Nach Ansicht der estnischen Regierung ist diese erste Frage allein mit Blick auf die KN zu prüfen, die am gegolten habe. Dass zwischen dem 16. Februar und dem eine nationale Verordnung gegolten habe, wonach gefrorenes Separatorengeflügelfleisch in eine Unterposition 0207 14 99 11 eingereiht worden sei, sei irrelevant. Die estnische Regierung weist gleichwohl darauf hin, dass sich die Zollbehörden im Jahr 2002 auf einen Antrag der RLK auf eine verbindliche Zolltarifauskunft hin für eine Einreihung von gefrorenem Separatorengeflügelfleisch in die Unterposition 0207 14 10 ausgesprochen hätten. Aufgrund dieser Entscheidung habe die Klägerin des Ausgangsverfahrens bis zum weiter Erzeugnisse dieser Art eingeführt, und zwar ungeachtet des am erfolgten Inkrafttretens der estnischen Verordnung, mit der diese Erzeugnisse in die Unterposition 0207 14 99 11 eingereiht worden seien.

Nach den Erläuterungen zur KN gehörten zur Unterposition 0207 14 99 u. a. "genießbare Schlachtnebenerzeugnisse, insbesondere Herzen, Kämme und Kehllappen, ausgenommen Lebern". Im Ausgangsrechtsstreit sei jedoch unstreitig, dass die in Rede stehenden Erzeugnisse keine Schlachtnebenerzeugnisse dieser Art enthielten. Die zolltarifliche Einreihung müsse anhand des wesentlichen Charakters der Erzeugnisse, hier Geflügelfleisch, vorgenommen werden. Folglich werde gefrorenes Separatorengeflügelfleisch von der Unterposition 0207 14 10 erfasst.

Die Kommission teilt diese Auffassung. Weder die Beschreibungen noch die Erläuterungen zu den Unterpositionen 0207 14 10 und 0207 14 99 enthielten genaue Angaben zur Unterscheidung zwischen Fleisch und Schlachtnebenerzeugnissen. Die Beschreibung der fraglichen Erzeugnisse, die das vorlegende Gericht gegeben habe, entspreche nicht dem Begriff der Schlachtnebenerzeugnisse, sondern falle in die Kategorie der gefrorenen, entbeinten Teile von Hühnern, die der Unterposition 0207 14 10 entsprächen.

Antwort des Gerichtshofs

Nach ständiger Rechtsprechung ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. u. a. Urteile vom , RUMA, C-183/06, Slg. 2007, I-1559, Randnr. 27, und vom , Medion und Canon Deutschland, C-208/06 und C-209/06, Slg. 2007, I-7963, Randnr. 34).

Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die Erläuterungen zur KN sowie die Erläuterungen zum HS jeweils erheblich zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen beitragen, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein. Der Inhalt dieser Erläuterungen muss daher mit den Bestimmungen der KN in Einklang stehen und darf deren Bedeutung nicht verändern (Urteile vom , Intermodal Transports, C-495/03, Slg. 2005, I-8151, Randnr. 48, vom , Possehl Erzkontor, C-445/04, Slg. 2005, I-10721, Randnr. 20, und vom 16. Februar 2006, Proxxon, C-500/04, Slg. 2006, I-1545, Randnr. 22).

Da der Wortlaut der Unterposition 0207 14 99 lediglich aus dem Wort "andere" besteht, ist die Position 0207 insgesamt zu betrachten. Aus deren Wortlaut "Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse von Hausgeflügel der Position 0105, frisch, gekühlt oder gefroren" ergibt sich, dass sie Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse von Geflügel erfasst, die für die menschliche Ernährung geeignet sind.

Hinsichtlich der gefrorenen Fleischteile und Schlachtnebenerzeugnisse der im vorliegenden Fall allein einschlägigen Unterposition 0207 14 unterscheidet die KN zwischen "Teilen" von Fleisch einerseits und Schlachtnebenerzeugnissen andererseits, wobei Letztere wiederum in zwei Unterkategorien unterteilt sind, von denen die eine speziell Lebern vorbehalten ist (0207 14 91) und die andere als Auffangkategorie alle übrigen Arten von Schlachtnebenerzeugnissen umfasst (0207 14 99).

Da die Unterposition 0207 14 neben den Kategorien der Fleischteile und der Schlachtnebenerzeugnisse keine weitere Kategorie vorsieht, kann ein unter diese Unterposition fallendes Erzeugnis, das von einer der beiden Kategorien nicht erfasst wird, nur in die andere eingereiht werden. Diese Struktur der Unterposition 0207 14 steht im Einklang mit dem normalen Wortsinn des Begriffs "Schlachtnebenerzeugnisse", der andere genießbare Teile von Tieren, die für die menschliche Ernährung bestimmt sind, bezeichnet als Fleisch.

Daher ist zu prüfen, ob Erzeugnisse wie diejenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, wie RLK behauptet, in die Kategorie der von der Unterposition 0207 14 99 erfassten Schlachtnebenerzeugnisse außer Lebern fallen.

In den Erläuterungen zur KN heißt es, dass diese Unterposition genießbare Schlachtnebenerzeugnisse wie Herzen, Kämme, Kehllappen und Hühnerfüße umfasst.

Im vorliegenden Fall geht sowohl aus der Vorlageentscheidung als auch aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen hervor, dass sich die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisse vor dem Gefrieren als Brei aus Fleisch- und Weichteilresten darstellen, der entsprechend der Definition von Separatorenfleisch in Nr. 1.14 des Anhangs I der Verordnung Nr. 853/2004 durch maschinelles Zermahlen fleischtragender Knochen gewonnen wird.

Daraus folgt, dass Erzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht in die Unterposition 0207 14 99 eingereiht werden können, da ihre objektiven Merkmale und Eigenschaften nicht mit denen der von dieser Unterposition erfassten Schlachtnebenerzeugnisse übereinstimmen.

Diese Erzeugnisse fallen daher unter die Unterposition 0207 14 10.

Der Umstand schließlich, dass die estnischen Zollbehörden diese Art von Erzeugnis vor dem Beitritt der Republik Estland nach einer nationalen Regelung in eine bestimmte andere Unterposition eingereiht haben, hat keine Auswirkung auf die Auslegung der Gemeinschaftsregelung, die seit dem in Estland gilt.

Angesichts dieser Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 1789/2003 geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass Erzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die aus gefrorenem, durch maschinelles Entbeinen von Hühnern gewonnenem Separatorenfleisch bestehen und für die menschliche Ernährung bestimmt sind, in die Unterposition 0207 14 10 der KN einzureihen sind.

Zum ersten Teil der zweiten Frage

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die im ÜLTS für die Berechnung des Überschussbestands eines Marktteilnehmers vorgesehene Methode, wonach auf den Übergangsbestand ein Multiplikationskoeffizient von 1,2 angewandt wird, mit Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1972/2003 unvereinbar ist.

Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

RLK ist der Ansicht, Art. 4 der Verordnung Nr. 1972/2003 stehe der in § 6 ÜLTS gewählten Methode für die Berechnung des Übergangsbestands entgegen, soweit danach die Anwendung eines Multiplikationskoeffizienten von 1,2 vorgesehen sei, da diese Methode es nicht erlaube, den Übergangsbestand genau zu bestimmen und die Verhältnismäßigkeit der Abgabe auf überschüssige Lagerbestände zu gewährleisten.

Die estnische Regierung vertritt hingegen die Auffassung, die Verwendung dieses Multiplikationskoeffizienten sei mit dem Ziel vereinbar, das mit der Verordnung Nr. 1972/2003 verfolgt werde. Sie trägt vor, dass diese Verordnung die Verwendung eines solchen Koeffizienten weder beschränke noch ausschließe und den Mitgliedstaaten die Freiheit lasse, die an die örtlichen Gegebenheiten angepasste Berechnungsmethode zu bestimmen. Der Koeffizient erlaube eine Erhöhung des Übergangsbestands aller Marktteilnehmer, um dem Wirtschaftswachstum in den Jahren vor dem Beitritt der Republik Estland zur Union Rechnung zu tragen.

Nachdem die Kommission in ihren Schriftsätzen den Standpunkt von RLK unterstützt hatte, hat sie sich in der Sitzung dem Standpunkt der estnischen Regierung angeschlossen.

Antwort des Gerichtshofs

Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1972/2003 keine Bestimmung enthält, wonach den Mitgliedstaaten vorgeschrieben oder verboten wäre, für die Zwecke der Berechnung des Überschussbestands einheitlich einen Multiplikationskoeffizienten auf den Übergangsbestand der Marktteilnehmer anzuwenden (Urteil Balbiino, Randnr. 47).

Diese Vorschrift sieht nämlich vor, dass die neuen Mitgliedstaaten bei der Bestimmung der Überschussbestände jedes Besitzers insbesondere "die durchschnittlichen Bestände in den Jahren vor dem Beitritt" berücksichtigen. In Ermangelung konkreterer Bestimmungen zum maßgebenden Zeitraum oder zur Methode für die Berechnung der durchschnittlichen Bestände räumt eine solche Formulierung den Mitgliedstaaten ein Ermessen bei der Festlegung der Kriterien ein, auf deren Grundlage diese Angaben unter Beachtung der mit dieser Verordnung verfolgten Ziele und der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts umgesetzt werden (Urteil Balbiino, Randnr. 37).

Dementsprechend werden in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1972/2003 in nicht abschließender Weise bestimmte Kriterien für die Berechnung der Überschussbestände der Marktteilnehmer aufgezählt, den Mitgliedstaaten wird aber gemäß dem ihnen zustehenden Ermessensspielraum die Freiheit belassen, diese Kriterien nach Maßgabe dessen, was sie für angebracht halten, zu ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteil Balbiino, Randnr. 47).

Die Anwendung eines Koeffizienten von 1,2 auf den Übergangsbestand ist auf den ersten Blick für die Marktteilnehmer vorteilhaft, denn er ist auf die Verringerung der Überschussbestände gerichtet. Aus den Erläuterungen der estnischen Regierung geht hervor, dass dieser Koeffizient auf der Grundlage der im Zeitraum zwischen 2000 und 2004 festgestellten Wachstumsrate der landwirtschaftlichen Erzeugung in Estland festgelegt wurde. Dieser Koeffizient ermöglicht somit, den Durchschnitt der zum 1. Mai der Jahre 2000 bis 2003 festgestellten Lagerbestände im Licht dieser Rate zu aktualisieren und einen Übergangsbestand - und infolgedessen einen Überschussbestand - festzulegen, der die im gesamten estnischen Landwirtschaftssektor zwischen dem und dem festgestellte Wachstumsentwicklung angemessen wiedergibt. Er trägt somit zur Festlegung einer Grundlage für den Vergleich zwischen dem Lagerbestand am und dem Durchschnitt der am 1. Mai der vier Vorjahre vorhandenen Lagerbestände bei (vgl. in diesem Sinne Urteil Balbiino, Randnr. 48).

In Anbetracht dieser Merkmale beeinträchtigt die Entscheidung für einen solchen Koeffizienten weder die mit der Verordnung Nr. 1972/2003 verfolgten Ziele noch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung (vgl. in diesem Sinne Urteil Balbiino, Randnr. 49).

Daher steht Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1972/2003 der Anwendung eines Multiplikationskoeffizienten wie dem, der nach § 6 Abs. 1 ÜLTS für die Zwecke der Berechnung des Übergangsbestands vorgesehen ist, nicht entgegen (Urteil Balbiino, Randnr. 50).

Demnach ist auf den ersten Teil der zweiten Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1972/2003 einer nationalen Bestimmung wie § 6 ÜLTS nicht entgegensteht, wonach der überschüssige Lagerbestand eines Marktteilnehmers so festgestellt wird, dass von dem am tatsächlich vorhandenen Lagerbestand der Übergangsbestand abgezogen wird, der als der mit einem Koeffizienten von 1,2 multiplizierte Durchschnitt der am 1. Mai der letzten vier Jahre vorhandenen Lagerbestände definiert ist, wobei dieser Koeffizient dem in dem betreffenden Mitgliedstaat in diesem Vierjahreszeitraum festgestellten Wachstum der landwirtschaftlichen Erzeugung entspricht.

Zum zweiten Teil der zweiten Frage

Angesichts der Antwort auf den ersten Teil der zweiten Frage ist der zweite Teil der zweiten Frage nicht zu prüfen.

Zur dritten Frage

Das vorlegende Gericht fragt, ob die Verordnung Nr. 1972/2003 der Erhebung einer Abgabe auf den überschüssigen Lagerbestand eines Marktteilnehmers entgegensteht, wenn dieser nachweisen kann, dass er aus der Vermarktung dieses Lagerbestands nach dem keinen Vorteil gezogen hat.

Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

RLK weist darauf hin, dass die Verordnung Nr. 1972/2003 die Bekämpfung von Spekulation zum Ziel habe. Im Ausgangsverfahren sei jedoch jegliche Spekulation ausgeschlossen. Zum einen stehe das Wesen der dort in Rede stehenden Erzeugnisse jeder spekulativen Preisarbitrage entgegen. Der Beitritt der Republik Estland habe sich nämlich nicht auf den Preis für gefrorenes Separatorengeflügelfleisch ausgewirkt. In der Gemeinschaft führten diese Erzeugnisse weder zu einer Ausfuhrerstattung noch zu einem anderen Unterstützungsmechanismus, der zu einem Kursunterschied zwischen dem Gemeinschafts- und dem Weltmarkt führen würde. Zum anderen seien sämtliche von RLK gekauften Mengen für ihren eigenen Bedarf bestimmt gewesen und hätten den normalen Lagerbeständen für die Produktion entsprochen.

Die Festsetzung der Abgabe auf überschüssige Lagerbestände müsse mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts in Einklang stehen; RLK verweist insoweit auf den Beschluss vom , William Hinton & Sons (C-30/00, Slg. 2001, I-7511). Mangels jeden Vorteils aus dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden überschüssigen Lagerbestand sei die Abgabe, die von ihr verlangt werde, unverhältnismäßig. Sollte die Verordnung Nr. 1972/2003 unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens zur Festsetzung einer Abgabe führen, müsste sie im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für ungültig erklärt werden. Es würde sich dann nicht mehr um ein System abschreckender Abgaben handeln, sondern um eine Sanktionsregelung zur Ahndung des Besitzes bestimmter Waren.

Die estnische Regierung und die Kommission sind der Ansicht, die Erhebung von Abgaben von einem Marktteilnehmer, der keinen Vorteil aus dem Verkauf seines überschüssigen Lagerbestands gezogen habe, sei mit dem Sinn und Zweck der Verordnung Nr. 1972/2003 vereinbar.

Nach Ansicht der Kommission soll mit dieser Verordnung nämlich nicht das Verhalten von Marktteilnehmern geahndet, sondern im Allgemeininteresse der Gemeinschaft das reibungslose Funktionieren der gemeinsamen Marktorganisation geschützt werden.

Antwort des Gerichtshofs

Die Verordnung Nr. 1972/2003 sollte nach ihren Erwägungsgründen 1 und 3 dem Schutz der gemeinsamen Marktorganisationen dienen, indem sie durch ein System abschreckender Abgaben auf Überschussbestände in den neuen Mitgliedstaaten vermied, dass bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse im Hinblick auf die Erweiterung künstlich in das Hoheitsgebiet dieser Staaten verbracht wurden. Es galt also, zu verhindern, dass anormale Handelsströme die gemeinsamen Marktorganisationen stören (Urteil Balbiino, Randnr. 57).

Diese Verordnung zielte nicht darauf ab, spekulative Verhaltensweisen der Marktteilnehmer zu ahnden, sondern zum einen darauf, durch ein System abschreckender Abgabenerhebung der Bildung von Lagerbeständen zu Spekulationszwecken entgegenzuwirken, und zum anderen darauf, die von den Besitzern solcher Bestände erwarteten wirtschaftlichen Vorteile zunichte zu machen (Urteil Balbiino, Randnr. 69).

Folglich gilt die mit der Verordnung Nr. 1972/2003 eingeführte und zum Schutz der gemeinsamen Agrarmarktorganisationen bestimmte Abgabe auf Überschussbestände für alle Überschussbestände im Sinne dieser Verordnung, unabhängig davon, ob ihre Besitzer tatsächlich einen Vorteil aus ihrer Vermarktung gezogen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Balbiino, Randnr. 71).

Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass die Verordnung Nr. 1972/2003 der Erhebung einer Abgabe auf den überschüssigen Lagerbestand eines Marktteilnehmers auch dann nicht entgegensteht, wenn dieser nachweisen kann, dass er bei der Vermarktung dieses Lagerbestands nach dem keinen Gewinn erzielt hat.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1. Die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Erzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die aus gefrorenem, durch maschinelles Entbeinen von Hühnern gewonnenem Separatorenfleisch bestehen und für die menschliche Ernährung bestimmt sind, in die Unterposition 0207 14 10 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen sind.

2. Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1972/2003 der Kommission vom 10. November 2003 über die aufgrund des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei zu treffenden Übergangsmaßnahmen für den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 230/2004 der Kommission vom 10. Februar 2004 geänderten Fassung steht einer nationalen Bestimmung wie § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Abgabe auf überschüssige Lagerbestände (Üleliigse laovaru tasu seadus) in der durch das Gesetz vom geänderten Fassung nicht entgegen, wonach der überschüssige Lagerbestand eines Marktteilnehmers so festgestellt wird, dass von dem am tatsächlich vorhandenen Lagerbestand der Übergangsbestand abgezogen wird, der als der mit einem Koeffizienten von 1,2 multiplizierte Durchschnitt der am 1. Mai der letzten vier Jahre vorhandenen Lagerbestände definiert ist, wobei dieser Koeffizient dem in dem betreffenden Mitgliedstaat in diesem Vierjahreszeitraum festgestellten Wachstum der landwirtschaftlichen Erzeugung entspricht.

3. Die Verordnung Nr. 1972/2003 steht der Erhebung einer Abgabe auf den überschüssigen Lagerbestand eines Marktteilnehmers auch dann nicht entgegen, wenn dieser nachweisen kann, dass er bei der Vermarktung dieses Lagerbestands nach dem keinen Gewinn erzielt hat.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
TAAAD-36784